Sokolow-Zwerghamster

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Sokolow-Zwerghamster
Systematik
Unterordnung: Mäuseverwandte (Myomorpha)
Überfamilie: Mäuseartige (Muroidea)
Familie: Wühler (Cricetidae)
Unterfamilie: Hamster (Cricetinae)
Gattung: Graue Zwerghamster (Cricetulus)
Art: Sokolow-Zwerghamster
Wissenschaftlicher Name
Cricetulus sokolovi
Orlov & Malygin, 1988

Der Sokolow-Zwerghamster (Cricetulus sokolovi) ist eine zu den Grauen Zwerghamstern gehörende Art der Hamster und vermutlich eng mit dem Daurischen Zwerghamster verwandt. Er bewohnt strauchige Sandgebiete in der Mongolei und im angrenzenden China und ist einschließlich des Schwanzes 9,5 bis 14,6 Zentimeter lang.

Körpermerkmale

Die Kopf-Rumpf-Länge des Sokolow-Zwerghamsters beträgt 77 bis 114 Millimeter, die Schwanzlänge 18 bis 32 Millimeter, die Hinterfußlänge 13 bis 18 Millimeter, die Ohrlänge 13 bis 19 Millimeter und die größte Schädellänge 23 bis 26 Millimeter.[1]

Das Fell der Oberseite ist grau mit einem braungelben oder walnussfarbenen Ton. Es ist heller als das des Transbaikal-Zwerghamsters. Vom Nacken bis zur Schwanzwurzel verläuft ein Aalstrich, der bei jungen Hamstern am markantesten ist und bei älteren Hamstern allmählich zu einem Schatten verblasst. Das Fell der Unterseite ist hellgrau und farblich deutlich von dem der Oberseite abgegrenzt. Die Ohrmuscheln haben die gleiche Farbe wie die Oberseite, jedoch mit einem dunkelbraunen Fleck in der Mitte. Oberseits hat der Schwanz eine ähnliche Farbe, unterseits ist er heller, jedoch ohne scharfe farbliche Trennung. Die Pfoten sind weiß und nicht flach, da die Zehen dazu neigen, sich zusammenzurollen.[1]

Karyotyp
2n = 20 NF = 36 NFa = 32

Die Chromosomenzahl beträgt 20 und die Gesamtarmzahl der Autosomen 32.[2] X-Chromosom und Y-Chromosom sind submetazentrisch und die Gesamtarmzahl der Chromosomen beträgt 36.[3] Laut Romanenko und Mitarbeitern unterscheidet sich der Karyotyp des Sokolow-Zwerghamsters durch eine Chromosomenspaltung und vier Chromosomenverschmelzungen vom angenommenen ursprünglichen Karyotyp der Cricetus-Gruppe.[2]

Vom Langschwanz-Zwerghamster, von den Tibetanischen Zwerghamstern und vom Grauen Zwerghamster unterscheidet sich der Sokolow-Zwerghamster durch den kürzeren Schwanz, der gewöhnlich kürzer als drei Zentimeter ist. Mit dem Daurischen Zwerghamster hat er dieses Merkmal gemeinsam, unterscheidet sich von ihm jedoch durch die grauen Ohrmuscheln mit dem dunkelbraunen Fleck in der Mitte.[1]

Lebensweise, Verbreitung und Bestand

Sokolow-Zwerghamster (Volksrepublik China)
Fundorte des Sokolow-Zwerghamsters:
  • rot: Fundort des Typusexemplars[4]
  • schwarz: weitere Fundorte in China[1]
Weitere Fundorte in der Mongolei sind nicht dargestellt.

Der Lebensraum des Sokolow-Zwerghamsters sind strauchige Sandgebiete. Seine selbstgegrabenen Baue befinden sich gewöhnlich unter Wüstensträuchern. Die Fortpflanzung beginnt Mitte Mai und jährlich werden drei bis vier Würfe mit vier bis neun Jungtieren je Wurf zur Welt gebracht.[1]

Das Verbreitungsgebiet des Sokolow-Zwerghamsters sind das Tal der Seen, die Große Seensenke, die Alashan-Gobi, die Nordgobi und die Ostgobi[5] im Westen und Süden der Mongolei und das Zentrum der Inneren Mongolei in China.[6] Die Weltnaturschutzunion IUCN stuft ihn als weltweit nicht gefährdet ein.[7] Für die Roten Listen der Mongolei[5] und Chinas[8] liegen keine ausreichenden Daten vor.

Nomenklatur und Systematik

Das Typusexemplar des Sokolow-Zwerghamsters stammt von der Südwestküste des Orog-Sees. Benannt nach Wladimir Jewgenjewitsch Sokolow, wurde es 1988 von Wiktor Nikolajewitsch Orlow und Wassili Michailowitsch Malygin als Cricetulus sokolovi beschrieben.[4]

Die bekannten Exemplare wurden zunächst dem Gobi-Zwerghamster zugeordnet[1] (Orlow und Mitarbeiter, 1978;[3] Sokolow und Orlow, 1980;[9] Král und Mitarbeiter, 1984).[10] Aufgrund der ausgeprägten Merkmale der Chromosomen und des Fells der Exemplare[4][11] wurde dieser daraufhin in Systematiken als eigenständige Art der Grauen Zwerghamster geführt (Honacki und Mitarbeiter, 1982;[12] Corbet und Hill, 1986;[13] Corbet und Hill, 1991;[14] Nowak, 1991).[15] In neueren Systematiken wird dagegen der Sokolow-Zwerghamster als eigenständige Art geführt (Musser und Carleton, 1993;[16] Nowak, 1999;[17] Pawlinow, 2003;[18] Musser und Carleton, 2005;[6] Smith und Hoffmann, 2008).[1] Er wird mit dem Daurischen Zwerghamster und dem Langschwanz-Zwerghamster in der Untergattung Cricetulus (Pawlinow, 2003)[18] oder mit dem Daurischen Zwerghamster in der Cricetulus barabensis-Gruppe zusammengefasst (Neumann und Mitarbeiter, 2006;[19] Lebedew und Lissowski, 2008).[20]

Morphologische Untersuchungen des Schädels bestätigen den Status als Schwesterart des Daurischen Zwerghamsters.[20] Zytogenetische Untersuchungen mittels Giemsa-Bänderung lassen dagegen eine nähere Verwandtschaft mit den Mittelgroßen Zwerghamstern vermuten.[2]

Literatur

Weiterführende Literatur:

  • Wiktor Nikolajewitsch Orlow, Wassili Michailowitsch Malygin: [A new species of hamsters – Cricetulus sokolovi sp. n. (Rodentia, Cricetidae) from People’s Republic of Mongolia]. In: Soologitscheski schurnal. Band 67, Nr. 2, 1988, ISSN 0044-5134, S. 304–308 (englisch, russisch: Новый вид хомячков – Cricetulus sokolovi sp. n. (Rodentia, Cricetidae) из Монгольской Народной Республики. Abstract).

Hauptsächlich verwendete Literatur:

  • James H. Honacki, Kenneth E. Kinman, James W. Koeppl (Hrsg.): Mammal Species of the World. A Taxonomic and Geographic Reference. Allen Press / Association of Systematics Collections, Lawrence (Kansas) 1982, ISBN 0-942924-00-2 (englisch, 694 S.).
  • Guy G. Musser, Michael D. Carleton: Superfamily Muroidea. In: Don E. Wilson, DeeAnn M. Reeder (Hrsg.): Mammal Species of the World. A Taxonomic and Geographic Reference. 3. Auflage. Johns Hopkins University Press, Baltimore 2005, ISBN 0-8018-8221-4, S. 894–1531 (englisch, Volltext des Sammelwerks).
  • Andrew T. Smith, Robert S. Hoffmann: Subfamily Cricetinae. In: Andrew T. Smith, Xie Yan (Hrsg.): A Guide to the Mammals of China. Princeton University Press, Princeton/Oxford 2008, ISBN 978-0-691-09984-2, S. 239–247 (englisch).

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Smith und Hoffmann, 2008 (S. 242, S. 244).
  2. a b c Swetlana Anatoljewna Romanenko, Vitaly T. Volobouev, Polina Lwowna Perelman, Wladimir Swjatoslawowitsch Lebedew, Natalija A. Serdjukowa, Wladimir Alexandrowitsch Trifonow, Larissa Semenowna Biltuijewa, Nie Wen-Hui, Patricia C. M. O’Brien, Nina Schamiljewna Bulatowa, Malcolm Andrew Ferguson-Smith, Yang Feng-Tang, Alexander Sergejewitsch Grafodatski: Karyotype evolution and phylogenetic relationships of hamsters (Cricetidae, Muroidea, Rodentia) inferred from chromosomal painting and banding comparison. In: Chromosome Research. Band 15, Nr. 3, 2007, ISSN 0967-3849, S. 283–297, 284, 287, Abb. 6, doi:10.1007/s10577-007-1124-3 (englisch).
  3. a b Wiktor Nikolajewitsch Orlow, Sewili Ibragimowne Radschabli, Wassili Michailowitsch Malygin, N. Chotolchu, Ju. M. Kowalskaja, Nina Schamiljewna Bulatowa, M. I. Baskewitsch: [Karyotypen der Säugetiere der Mongolei]. In: [Geografie und Dynamik der Flora und Fauna der MVR]. Verlag der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften, Moskau 1978, S. 149–164 (russischer Originaltitel des Werks: Кариотипы мелкопитающих Монголии, russischer Originaltitel des Sammelwerks: География и динамика растительного и животного мира МНР). Zitiert in: Diploid numbers of Mammalia. (englisch, bionet.nsc.ru).
  4. a b c Orlow und Malygin, 1988. Zitiert in: Musser und Carleton, 2005, S. 1043.
  5. a b Mongolian Red List of Mammals. In: Emma L. Clark, Munkhbat Javzansuren, Dulamtseren Sanduin, Jonathan E. M. Baillie, Batsaikhan Nyamdash, Samiya R., Michael Stubbe (Hrsg.): Regional Red List Series. Band 1. Zoological Society of London, 2006, ISSN 1751-0031, S. 49 (englisch, 159 S., Volltext [PDF; 16,1 MB]). Volltext (Memento des Originals vom 9. Februar 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/regionalredlist.com
  6. a b Musser und Carleton, 2005, S. 1043.
  7. Jonathan E. M. Baillie: Cricetulus sokolovi. In: IUCN 2007 (Hrsg.): 2007 IUCN Red List of Threatened Species. 1996 (englisch).
  8. Wang Sung, Xie Yan (Hrsg.): [China Species Red List. Volume 1: Red List]. Higher Education Press, Peking 2004 (chinesisch). Zitiert in: Smith und Hoffmann, 2008, S. 244.
  9. Wladimir Jewgenjewitsch Sokolow, Wiktor Nikolajewitsch Orlow: [Bestimmung der Säugetiere der Mongolischen Volksrepublik]. Verlag der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften, Moskau 1980, S. 123 (351 S., russisch: Определитель млекопитающих Монгольской Народной Республики.). Zitiert in: Honacki und Mitarbeiter, 1982, S. 406.
  10. B. Král, Sewili Ibragimowne Radschabli, Alexander Sergejewitsch Grafodatski, Wiktor Nikolajewitsch Orlow: Comparison of karyotypes, G-bands, NORs in three Cricetulus spp. (Cricetidae, Rodentia). In: Folia Zoologica. Band 33, 1984, ISSN 0139-7893, S. 85–96 (englisch).
  11. Wassili Michailowitsch Malygin, N. W. Starzew, Jan Zima: [Karyotypen und Verbreitung der Streifenhamster der barabensis-Gruppe (Rodentia, Cricetidae)]. In: Westnik Moskowskowo uniwersiteta. Serija 16: Biologija. Band 2, 1992, ISSN 0137-0952, S. 32–39 (russisch: Кариотипы и распространение видов хомячков из группы barabensis (Rodentia, Cricetidae).). Zitiert in: Musser und Carleton, 2005, S. 1043.
  12. Honacki und Mitarbeiter, 1982, S. 406.
  13. Gordon Barclay Corbet, John Edwards Hill: A World List of Mammalian Species. 2. Auflage. Facts on File Publications / British Museum (Natural History), New York / London 1986, ISBN 0-8160-1548-1, S. 175 (englisch, 254 S., auch als ISBN 0-565-00988-5).
  14. Gordon Barclay Corbet, John Edwards Hill: A World List of Mammalian Species. 3. Auflage. Natural History Museum Publications / Oxford University Press, London / New York 1991, ISBN 0-19-854017-5, S. 165 (englisch, 243 S.).
  15. Ronald M. Nowak: Walker’s Mammals of the World. 5. Auflage. Johns Hopkins University Press, Baltimore/London 1991, ISBN 0-8018-2525-3, S. 705 (englisch, 1630 S.).
  16. Guy G. Musser, Michael D. Carleton: Family Muridae. In: Don E. Wilson, DeeAnn M. Reeder (Hrsg.): Mammal Species of the World. A Taxonomic and Geographic Reference. 2. Auflage. Smithsonian Institution Press, Washington 1993, ISBN 1-56098-217-9, S. 501–755, hier S. 538 (englisch).
  17. Ronald M. Nowak: Walker’s Mammals of the World. 6. Auflage. Johns Hopkins University Press, Baltimore/London 1999, ISBN 0-8018-5789-9, S. 1421 (englisch, 1936 S.).
  18. a b Igor Jakowlewitsch Pawlinow: [Systematik rezenter Säugetiere]. Verlag der Staatlichen Universität Moskau, Moskau 2003 (297 S., Volltext – russisch: Систематика современных млекопитающих.).
  19. Karsten Neumann, Johan Michaux, Wladimir S. Lebedew, Nuri Yigit, Ercüment Çolak, Natalja W. Iwanowa, Andrei B. Poltoraus, Alexei Surow, Georgi Markow, Steffen Maak, Sabine Neumann, Rolf Gattermann: Molecular phylogeny of the Cricetinae subfamily based on the mitochondrial cytochrome b and 12S rRNA genes and the nuclear vWF gene. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Band 39, Nr. 1, 2006, ISSN 1055-7903, S. 135–148, doi:10.1016/j.ympev.2006.01.010 (englisch).
  20. a b Wladimir Swjatoslawowitsch Lebedew, Andrei Alexandrowitsch Lissowski: [Geografische Variabilität der Schädelmaße und die Taxonomie der Zwerghamster der Cricetulus barabensis-Gruppe (Rodentia, Cricetidae)]. In: Soologitscheski schurnal. Band 87, Nr. 3, 2008, ISSN 0044-5134, S. 361–374 (Abstract – russisch: Географическая изменчивость метрических признаков черепа и таксономическая структура хомячков Cricetulus группы barabensis (Rodentia, Cricetidae). englisch – Volltext lizenzpflichtig.).