Soziales Netzwerk (Systemtheorie)

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Ein Soziales Netzwerk wird in der Systemtheorie oft als System verstanden.

Die Wahrnehmung der Lebenswelt als der eines Netzwerks, das Denken in Netzwerken, ist auch ein Aspekt des Systemdenkens, das sich in den letzten Jahrzehnten in allen Bereichen als ein vorrangiges Paradigma modernen Denkens hervorgearbeitet hat. Stand hier zunächst die Komposition des Systems aus seinen Teilen, und die Feststellung der Eigenschaften der Systemteile und des Gesamtsystems im Vordergrund des Interesses, so traten doch bald die Beziehungen der Systemteile zueinander als eigenständige Dimension hervor.

Es stellte sich aber heraus, dass die Summe der Eigenschaften der Teile (die Summe der Netzwerke der Einzelakteure) nicht die Eigenschaften des Ganzen (eines Systems „Gesellschaft“) ergibt. Denn die systemischen Eigenschaften sind nicht bei einem einzelnen Systemteil vorhanden, sondern ergeben sich durch die prozesshaften Beziehungen der Teile. In der Technik vermag dies sogar eine neuartige Klasse von „Fehlern“ (von der Ingenieurwissenschaft her gesehen: von „systemischen Fehlern“) vor Augen rücken, die im Extremfall sogar das System (z. B. eine Fabrikanlage) katastrophal gefährden können (Systemzerstörung).

Inzwischen entfernt sich der systemtheoretische „Netzwerk“-Begriff von der Soziologie und nähert sich der Betriebswirtschaftslehre an. Bei näherer Betrachtung lösen sich diese Teile dann wiederum in kleinere netzwerkartig organisierte „Systeme“ auf, so dass schließlich die Zusammenhänge, Beziehungen und Prozesse als eigenständige Ebene primär in den Blick geraten.

Konkretisiert auf den (zumeist) wirtschaftlichen Bereich bedeutet der systemtheoretische Ansatz eine Abkehr von herkömmlichen, hierarchisch-dirigistisch gesetzten Organisationsstrukturen und eine Hinwendung zu Kooperation und Koordination in Netzwerken in Wirtschaft und Gesellschaft. Die vernetzt handelnden Akteure agieren im Rahmen von Organisationen, Unternehmen oder als Einzelpersonen in unterschiedlichen Netzwerken. Unternehmen und Organisationen bilden selber eigene Netzwerke und werden in größere Netzwerkstrukturen eingebunden. Von den damit verbunden diskursiven Prozessen wird (meist in der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre) viel erwartet, werden synergetische Effekte postuliert und Innovationen in Aussicht gestellt. Auch wenn gleichzeitig die Schwierigkeiten dieser Entwicklung deutlich werden, so ist 2003 der Trend doch ungebrochen gewesen und ein Umdenken in Gang gesetzt worden, das seine Anfänge in Formen von Netzwerk-Marketing findet.

Klassifikation

Nach Weyer[1] können (systemische) soziale Netzwerke entsprechend den Handlungsbereichen in vier Kategorien eingeteilt werden:

  • Strategische Netzwerke - Unternehmensnetzwerke
  • Regionale Netzwerke
  • Policy-Netzwerke
  • Innovationsnetzwerke

Literatur

  • Albert-Laszlo Barabasi: Linked: How Everything Is Connected to Everything Else and What It Means for Business, Science, and Everyday Life, ISBN 0-452-28439-2
  • Hermann Bullinger/Jürgen Nowak: Soziale Netzwerkarbeit. Eine Einführung. Freiburg im Breisgau: Lambertus-Verlag 1998
  • Burt, R. 1992: Structural Holes, Cambridge, MA.: Harvard University Press,
  • Mark Granovetter, 1973: „The strength of weak ties“, in: American Journal of Sociology, 1973, Bd. 78, 6, 1360-1380.
  • Michael Kunze: Verflochtenes Leben. Web 2.0 - der nächste Schritt, in: c't 1/2006 S. 174, ISSN 0724-8679
  • Niklas Luhmann: Soziale Systeme, Suhrkamp, Frankfurt am Main, mehrere Auflagen
  • J. Clyde Mitchell: Social Networks in urban situations: Analyses of personal relationships in Central African towns, Manchester: University Press, 1969
  • Wouter de Nooy, Andrej Mrvar, Vladimir Batagelj: Exploratory Social Network Analysis with Pajek, Cambridge University Press, 2005
  • Penny Power, Thomas Power with Andy Coote (2005): A Friend in Every City. One Global Family - A Networking Vision for the Twenty First Century, ISBN 0-9545093-7-4, Ecademy Press
  • Alexander Richter und Michael Koch: Social Software – Status quo und Zukunft, Technischer Bericht Nr. 2007-01, Fakultät für Informatik, Universität der Bundeswehr München, 2007.
  • Hillard von Thiessen/Christian Windler (Hg.), Nähe in der Ferne. Personale Verflechtung in den Außenbeziehungen der frühen Neuzeit, Berlin: Duncker & Humblot 2005
  • Martin J. Waibel, (2004): Konzepte des Sozialen Netzwerks, des sozialen Rückhalts sowie des sozioemotionalen Rückhaltes für die Praxis der Integrativen Supervision In: SUPERVISION: Theorie – Praxis – Forschung. Eine interdisziplinäre Internet-Zeitschrift - 11/2004.
  • Stanley Wassermann, Katherine Faust: Social Network Analysis. Methods and Applications, Cambridge u. a.: Cambridge University Press 1994
  • Cai Ziegler: Schöne kleine Welt. Vom Wesen natürlicher Vernetzung, in: c't 24/2005, S. 188, ISSN 0724-8679

Weblinks

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Johannes Weyer: Soziale Netzwerke, München: Oldenbourg 2000, ISBN 3-486-25257-7