Funkenlöschung
Von der Funkenlöschung ist in der elektrischen Schalttechnik die Rede, wenn durch spezielle Bauteile die Entstehung eines elektrischen Lichtbogens an den Schaltkontakten jedes schaltenden Bauteils verhindert bzw. dessen schnelles Zusammenbrechen erreicht wird.
Allgemeines
Bei jedem Öffnen eines Schaltkontaktes oder Durchschmelzen einer Überstromschutzeinrichtung entsteht ein Lichtbogen (umgangssprachlich: Funke, ein durch Gasionisation leitfähiger Kanal). Dieser kann Temperaturen von mehreren tausend Grad Celsius erreichen und zur thermischen Zerstörung der elektrischen Leiter und benachbarten Isolationsmaterials führen.
Der Lichtbogen beschädigt die Kontaktflächen und kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass Kontakte zusammengeschweißt werden. Der Schalter „klebt“ also und kann nicht mehr getrennt werden. Funkenbildung ist auch verantwortlich für den Abbrand der Kontakte und setzt somit die Lebensdauer eines Bauteils herab.[1]
Je höher die Stromstärke und/oder die Spannung ist, desto energiereicher wird der dabei entstehende Lichtbogen. Bei Gleichstrom ist die Funkenlöschung noch wichtiger, da es keinen Nullspannungsdurchgang wie bei Wechselstrom gibt, der den Lichtbogen von selbst löschen kann.
Die Funktion der Funkenlöschung basiert darauf, dass man den Lichtbogen künstlich verlängert und damit kühlt bzw. die ionisierten Gasschichten durch geeignete Vorrichtung aus dem Schaltbereich entfernt und den Lichtbogen quasi ausbläst. Dies kann auf verschiedene Arten geschehen. So ist es mit der geometrischen Form der Schaltelemente möglich, die Richtung des Lichtbogens vorzugeben. Mit Hilfe der Thermik oder eines Magnetfeldes (Blasmagnet) kann der Lichtbogen beschleunigt werden.[2] Auch ist es möglich, den Lichtbogen mit Druckgas wegzublasen. Eine weitere Möglichkeit ist, den Schaltvorgang unter Öl oder unter Schutzgas wie z. B. Schwefelhexafluorid (SF6) durchzuführen. Auch Vakuum behindert die Bildung von Lichtbögen. Bei Schmelzsicherungen höherer Leistung wird Sand benutzt, der durch den Lichtbogen geschmolzen wird und einen isolierenden Glaspfropfen bildet.
Löschung von Schaltlichtbögen
Bei der Löschung von Schaltlichtbögen unterscheidet man die Methoden der Funkenlöschung nach der Höhe der Spannung.
Niederspannungsbereich
Beim Schalten niedriger Leistungen und Wechselspannung verlischt der Schaltlichtbogen bei geringen Strömen beim nächsten Nulldurchgang der Wechselspannung von selbst (z. B. Netzschalter an Geräten oder Lichtschalter sowie Nockenschalter an Elektroherden und Maschinen).
Insbesondere bei Gleichspannung und Strömen ab etwa 1 A und Spannungen ab etwa 50 V verlöschen Schaltlichtbögen u. U. nicht von selbst. Die Ionisation der Trennstrecke kann auch bei 50-Hz-Netzwechselspannung bei großen Strömen so stark werden, dass sie nach einem Nulldurchgang zum Neuzünden des Bogens ausreicht, insbesondere, wenn die Kontakte in diesem Moment noch nicht weit genug voneinander entfernt sind. Man versucht daher, Schalter so zu konstruieren, dass sich die Kontakte durch eine Feder möglichst schnell voneinander entfernen. Diese Kontaktform wird auch als Sprungkontakt bezeichnet.
Die in induktiven Lasten gespeicherte Energie kann, wenn möglich, von den Schaltkontakten ferngehalten werden, indem der Stromfluss während des Schaltvorganges kurzzeitig umgeleitet wird. Die Umleitung kann bei Gleichspannung mit einer Freilaufdiode, bei Wechselspannung mit einem Boucherot-Glied oder in einfachen Fällen nur mit einem Kondensator oder einem Überspannungsableiter (Varistor oder Suppressordiode) geschehen. Details siehe Schutzbeschaltung.
Auch parallelgeschaltete, jedoch später als die Hauptkontakte öffnende Schaltkontakte können den Stromfluss bzw. Lichtbogen übernehmen (z. B. bei Hartgas-Lasttrennschaltern oder die sich berührenden Hornableiter an Schaltern der Straßenbahn-Oberleitung). Bei Hartgasschaltern läuft dieser verzögert öffnende Kontakt in einer Kammer aus einem Material („Hartgas“), welches bei Erhitzung Gase abgibt, die die Ionisierung behindern bzw. schneller abklingen lassen.
Mit Hornableitern erreicht man, dass der Schaltlichtbogen durch dessen eigenes Magnetfeld aus dem Bereich der Kontakte in Richtung der sich weitenden Hörner läuft, dadurch seine Länge vergrößert und ggf. durch zusätzliche Kühlung mit Blechen oder Keramikteilen, der so genannten Deionkammer zur Lichtbogenlöschung, verlöscht. Dies wird z. B. in Schaltschützen oder Leitungsschutzschaltern im Niederspannungsbereich angewendet. Bei sich nach oben weitenden Hornableitern wie der Jakobsleiter trägt zusätzlich der thermische Auftrieb des Bogens zu seiner Bewegung bei.
Hochspannungsbereich
Maßnahmen zur Lichtbogenlöschung müssen den Schaltlichtbogen möglichst schnell löschen, um Schäden an den Kontakten und Isolierstoffen zu vermeiden. Das kann geschehen, indem die Länge der Wegstrecke des Lichtbogens stark verlängert wird. Lasttrenn- und Leistungsschalter für hohe Spannungen nach diesem Prinzip arbeiten mit Druckluft, die die ionisierte Luft (Lichtbogen) wegbläst. Eine weitere Maßnahme ist die Erzeugung eines Magnetfeldes mit einem Blasmagneten, welcher auch in Form einer Spule ausgeführt sein kann und vom Laststrom durchflossen wird: das Magnetfeld lenkt den Schaltlichtbogen aus, vergrößert seine Länge und bringt ihn zum Verlöschen.
Weiterhin kommen auch gekapselte Schaltanlagen zur Anwendung: Durch die Kapselung der Kontakte wird Luft im Bereich der Kontakte vermieden. Statt Luft ist im Bereich der Kontakte ein Vakuum vorhanden. Vakuum-Leistungstrennschalter werden vor allem in Mittelspannungsnetzen bei Spannungen von 5 kV bis 30 kV bei häufigem Schalteinsatz eingesetzt und sind praktisch wartungsfrei.
Neben Vakuum kommt bei Leistungsschaltern auch Schwefelhexafluorid (SF6) als Löschgas zur Anwendung. Wegen seiner sehr reaktionsträgen Eigenschaften und einer gegenüber Luft fast dreimal so hohen Durchschlagsfestigkeit kann SF6 dazu dienen, Schaltlichtbögen wirksam zu verringern und zu unterbrechen. Der Einsatz von SF6, in Kombination mit hohem Druck, um die Ionisation zu reduzieren, erfolgt in komplett gekapselten Schaltanlagen wie in Selbstblasschaltern, welche für Spannungen von 6 kV bis zu 1 MV ausgelegt sind. SF6 ist allerdings auch das stärkste bekannte Treibhausgas, sein Treibhauspotenzial ist etwa 22.800-mal so groß wie das von Kohlenstoffdioxid (CO2). Die bei Produktion und Wartung entweichenden Mengen sind vergleichsweise gering, erscheinen aber durch extrem hohe Halbwertszeiten beim natürlichen Abbau und bei wahrscheinlich zunehmenden weltweiten Einsatz für den Treibhauseffekt langfristig negativ relevant.
Die Löschung des Schaltlichtbogens in Ölschaltern beruht auf dem Effekt, dass ein Teil des Öls im Bereich des Lichtbogen chemisch zersetzt wird. Die Schaltkammer und die Schaltkontakte befinden sich vollständig unter Öl in einem luftdichten Gehäuse. Durch den Lichtbogen wird im Öl Wasserstoffgas bei hohem Gasdruck und mit sehr hoher Wärmeleitfähigkeit gebildet, welches dem Lichtbogen Wärme entzieht und so, neben den elektrisch isolierenden Eigenschaften des Öls, zur Löschung führt. Das Öl muss als Verbrauchsmittel laufend erneuert werden und die bei den Schaltvorgängen entstehenden Zersetzungsprodukte und Verunreinigungen im Öl beseitigt werden. Ölschalter werden durch die seit Mitte der 1970er-Jahre bekannten wartungsfreundlicheren und elektrisch leistungsfähigeren SF6-Schalter ersetzt, bei denen das Öl durch komprimiertes Schwefelhexafluorid ersetzt ist. Das Gas ist jedoch sehr langlebig (persistent) und klimaschädlich. Es können alternativ Vakuumschalter eingesetzt werden.