Städtisches Museum Göttingen
Das Städtische Museum Göttingen ist eine Sammlung zur Geschichte und Kulturgeschichte der Stadt und Region Göttingen.
Gründung und Geschichte der Museumsgebäude
Das Städtische Museum Göttingen dokumentiert mit rund 150.000[1] Objekten die kulturgeschichtliche Entwicklung der Stadt von der ersten Besiedlung über die Gründung der Georg-August-Universität bis in die Gegenwart.
Die Gründung der „Städtische Alterthümersammlung“ geht auf die Initiative des Professors für Germanistik Moritz Heyne zurück, der vom Oberbürgermeister Georg Merkel unterstützt wurde.[2] Ein erstes Domizil fand die Sammlung ab 1889 im Grätzel-Haus (Goetheallee 8) und ab 1893 im Haus Velguth (Burgstraße 13), ebenfalls in der Göttinger Altstadt.[3]
Seit der Eröffnung am 28. November 1897 ist das Museum in dem einzigen erhaltenen Renaissance-Adelssitz der Stadt untergebracht, dem 1592 vom braunschweigischen Kanzler Johann von Jagemann errichteten Hardenberger Hof in der Altstadt (Ritterplan 7), der später von 1619 bis 1812 als Stadthof der Familie von Hardenberg diente. 1896 war das Baudenkmal von der Stadt erworben und nach Plänen von Stadtbaurat Heinrich Gerber umgebaut worden.[4][3] Auf diesen durchgreifenden Umbau des Hardenberger Hofs geht die Dachgestaltung mit dem großen Zwerchhaus und Dachgauben ebenso zurück wie der an der westlichen Schmalseite angebaute originelle Kapellenbau, der auf Wunsch Heynes zur Aufnahme kirchlicher Ausstellungsstücke diente.[5]
Zur ursprünglichen Museumskonzeption gehörten auch der vorgelagerte Museumsgarten und die seitlich an das linke Nachbarhaus befestigte ‚blinde‘ Fachwerkfassade des Siedentopf’schen Hauses, die nach dem Abbruch eines Altstadthauses aus dem 16. Jahrhundert in der Roten Straße als Anschauungsstück hierher transloziert wurde.[6]
Ab 1906 und nochmals seit 1912[7] wurden auch Räume des westlich anschließenden Fachwerkbaus der Alten Post durch das Museum mit genutzt. Später bis 1935[7] kam dazu auch das gesamte zweigeschossige langgestreckte Eckgebäude bis zur Jüdenstraße, das im 3. Viertel des 18. Jahrhunderts als Unterkunftsgebäude und Remise der Post angelegt worden war und von 1865 bis 1879 die Höhere Mädchenschule beherbergt hatte.[5]
1978–1979 wurden die Räumlichkeiten des Museums um das in der Jüdenstraße anschließende ehemalige Gebäude des Postverwalters (Jüdenstraße 39) erweitert, um hier die ausgelagerte Verwaltung unterzubringen.[8] Das Posthalterhaus ist ein dreigeschossiges Fachwerkhaus, das 1739 als kurfürstlich hannoversche Post erbaut wurde; es ist für die Göttinger Fachwerk-Gefügekunde bedeutend als eines der letzten Häuser, bei dem noch eine Geschoss-Vorkragung zur Ausführung kam.[5]
Seit 2009 sind beträchtliche Bauschäden in den Fachwerkbauten Alte Post und Alte Remise bekannt, sodass der größte Teil der Dauerausstellung schließen musste.[9] Eine Teilsanierung der beschädigten Gebäude wurde 2017 abgeschlossen. Eine Gesamtwiedereröffnung des Städtischen Museums lässt weiter auf sich warten, da (Stand Sommer 2021) noch Unklarheiten über eine sinnvolle Instandsetzung des Kerngebäudes Hardenberger Hof sowie die Planung von benötigten Ergänzungsbauten auf der rückwärtigen Hofseite bestehen.[10][11]
Während der lang andauernden Museumsschließungen sind – außer Sonderausstellungen – nur die Sammlung kirchlicher Kunst aus dem 12. bis 19. Jahrhundert sowie Teile des Hardenberger Hofs mit Zeugnissen der Göttinger Bau- und Kulturgeschichte und der am Ritterplan liegende Museumsgarten zu besichtigen.
Museumsleiter
- 1889–1906: Moritz Heyne
- 1906–1933: Bruno Crome[12]
- 1933–1936: Herbert Krüger[13]
- 1936–1954: Otto Fahlbusch[14]
- 1954–1961: Walther Hellige[15]
- 1964–1966: Wolfgang Rabe[16]
- 1967–1976: Waldemar R. Röhrbein[17][18]
- 1977–1992: Hans-Georg Schmeling[19]
- 1992–2005: Jens-Uwe Brinkmann
- 2005–2020: Ernst Böhme[1]
- seit 2020: Andrea Rechenberg[1]
- Goe Ritterplan pano.jpg
Fachwerk-Nebengebäude der ehemaligen Post-Remise, Jüdenstraße, Ecke Ritterplan (Aufnahme 2007)
- Jüdenstraße 39 (Göttingen) jm20382.jpg
Museumsverwaltung im ehemaligen Posthof, Jüdenstraße 39 (Aufnahme 2014)
Literatur
- Hans-Georg Schmeling: Das Städtische Museum Göttingen 1889 bis 1989. In: 100 Jahre Göttingen und sein Museum. Texte und Materialien zur Ausstellung im Städtischen Museum und im Alten Rathaus, 1. Oktober 1989 – 7. Januar 1990. Redaktion Jens-Uwe Brinkmann, Hans-Georg Schmeling. Druckhaus Göttingen, Göttingen 1989, S. 7–34. (In diesem Sammelband weitere Aufsätze zur Teilaspekten der Museumsarbeit.)
- Jan Volker Wilhelm, Betty Arndt: Mittelalterliche Steinwerke in Göttingen – eine Bestandsaufnahme. In: B. Zehm, B. Switala, M. J. Hurst (Hrsg.): Steinwerke – ein Bautyp des Mittelalters? Bramsche 2008, S. 122–123.
- Ernst Böhme: Das Denkmal im Denkmal. Bauteile abgebrochener Häuser im Städtischen Museum Göttingen. In: Göttinger Jahrbuch. Bd. 63 (2015), S. 259–272.
Weblinks
- Literatur von und über Städtisches Museum Göttingen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Homepage des Städtischen Museums Göttingen
- Städtisches Museum Göttingen auf mvnb.de
- Städtisches Museum Göttingen auf goest.de (Unter anderem mit Bildern aus der ehemaligen Dauerausstellung und Informationen zu den Problemen der Gebäudesanierung seit 2009)
Einzelnachweise
- ↑ a b c Peter Krüger-Lenz: Museumsleiter und Stadtarchivar in Göttingen. Ernst Böhme geht in Ruhestand. In: goettinger-tageblatt.de. Göttinger Tageblatt (Online-Ausgabe), 14. Februar 2021, abgerufen am 6. August 2021.
- ↑ Hans-Georg Schmeling: Das Städtische Museum Göttingen 1889 bis 1989. In: 100 Jahre Göttingen und sein Museum. Texte und Materialien zur Ausstellung im Städtischen Museum und im Alten Rathaus, 1. Oktober 1989 – 7. Januar 1990. Redaktion Jens-Uwe Brinkmann, Hans-Georg Schmeling. Druckhaus Göttingen, Göttingen 1989, S. 7–34, hier S. 9.
- ↑ a b Hans-Georg Schmeling: Das Städtische Museum Göttingen 1889 bis 1989. In: 100 Jahre Göttingen und sein Museum. Texte und Materialien zur Ausstellung im Städtischen Museum und im Alten Rathaus, 1. Oktober 1989 – 7. Januar 1990. Redaktion Jens-Uwe Brinkmann, Hans-Georg Schmeling. Druckhaus Göttingen, Göttingen 1989, S. 7–34, hier S. 11.
- ↑ Geschichte. In: museum.goettingen.de. Städtisches Museum Göttingen, abgerufen am 6. August 2021.
- ↑ a b c Ilse Röttgerodt-Riechmann: Stadt Göttingen. In: Christiane Segers-Glocke (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Baudenkmale in Niedersachsen. Band 5.1. Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1982, ISBN 3-528-06203-7, S. 31.
- ↑ Wittler: Das Siedentopfsche Haus in Göttingen. In: Die Denkmalpflege. Nr. 10, 2. August 1905, S. 80–81.
- ↑ a b Hans-Georg Schmeling: Das Städtische Museum Göttingen 1889 bis 1989. In: 100 Jahre Göttingen und sein Museum. Texte und Materialien zur Ausstellung im Städtischen Museum und im Alten Rathaus, 1. Oktober 1989 – 7. Januar 1990. Redaktion Jens-Uwe Brinkmann, Hans-Georg Schmeling. Druckhaus Göttingen, Göttingen 1989, S. 7–34, hier S. 13, 16.
- ↑ Hans-Georg Schmeling: Das Städtische Museum Göttingen 1889 bis 1989. In: 100 Jahre Göttingen und sein Museum. Texte und Materialien zur Ausstellung im Städtischen Museum und im Alten Rathaus, 1. Oktober 1989 – 7. Januar 1990. Redaktion Jens-Uwe Brinkmann, Hans-Georg Schmeling. Druckhaus Göttingen, Göttingen 1989, S. 7–34, hier S. 29.
- ↑ bib: Marodes Museum. 7,5 Millionen Euro für Sanierung. In: goettinger-tageblatt.de. Göttinger Tageblatt (Online-Ausgabe), 15. September 2009, abgerufen am 6. August 2021.
- ↑ Michael Brakemeier: Städtisches Museum Göttingen: Geschichtsverein wirft Stadtverwaltung Untätigkeit vor. In: goettinger-tageblatt.de. Göttinger Tageblatt (Online-Ausgabe), 14. Juli 2021, abgerufen am 6. August 2021.
- ↑ Neues zum Städtischen Museum. In: geschichtsverein-goettingen.de. Geschichtsverein für Göttingen und Umgebung e. V., abgerufen am 6. August 2021 (Mit umfangreicher Dokumentation zu den Umbau- und Sanierungsplanungen seit 2014).
- ↑ Hans-Georg Schmeling: Das Städtische Museum Göttingen 1889 bis 1989. In: 100 Jahre Göttingen und sein Museum. Texte und Materialien zur Ausstellung im Städtischen Museum und im Alten Rathaus, 1. Oktober 1989 – 7. Januar 1990. Redaktion Jens-Uwe Brinkmann, Hans-Georg Schmeling. Druckhaus Göttingen, Göttingen 1989, S. 7–34, hier S. 13 f. und S. 17.
- ↑ Hans-Georg Schmeling: Das Städtische Museum Göttingen 1889 bis 1989. In: 100 Jahre Göttingen und sein Museum. Texte und Materialien zur Ausstellung im Städtischen Museum und im Alten Rathaus, 1. Oktober 1989 – 7. Januar 1990. Redaktion Jens-Uwe Brinkmann, Hans-Georg Schmeling. Druckhaus Göttingen, Göttingen 1989, S. 7–34, hier S. 17.
- ↑ Hans-Georg Schmeling: Das Städtische Museum Göttingen 1889 bis 1989. In: 100 Jahre Göttingen und sein Museum. Texte und Materialien zur Ausstellung im Städtischen Museum und im Alten Rathaus, 1. Oktober 1989 – 7. Januar 1990. Redaktion Jens-Uwe Brinkmann, Hans-Georg Schmeling. Druckhaus Göttingen, Göttingen 1989, S. 7–34, hier S. 19–23.
- ↑ Hans-Georg Schmeling: Das Städtische Museum Göttingen 1889 bis 1989. In: 100 Jahre Göttingen und sein Museum. Texte und Materialien zur Ausstellung im Städtischen Museum und im Alten Rathaus, 1. Oktober 1989 – 7. Januar 1990. Redaktion Jens-Uwe Brinkmann, Hans-Georg Schmeling. Druckhaus Göttingen, Göttingen 1989, S. 7–34, hier S. 23–25.
- ↑ Hans-Georg Schmeling: Das Städtische Museum Göttingen 1889 bis 1989. In: 100 Jahre Göttingen und sein Museum. Texte und Materialien zur Ausstellung im Städtischen Museum und im Alten Rathaus, 1. Oktober 1989 – 7. Januar 1990. Redaktion Jens-Uwe Brinkmann, Hans-Georg Schmeling. Druckhaus Göttingen, Göttingen 1989, S. 7–34, hier S. 25–28.
- ↑ Hans-Georg Schmeling: Das Städtische Museum Göttingen 1889 bis 1989. In: 100 Jahre Göttingen und sein Museum. Texte und Materialien zur Ausstellung im Städtischen Museum und im Alten Rathaus, 1. Oktober 1989 – 7. Januar 1990. Redaktion Jens-Uwe Brinkmann, Hans-Georg Schmeling. Druckhaus Göttingen, Göttingen 1989, S. 7–34, hier S. 27 f.
- ↑ Ernst Böhme: Nachruf auf Waldemar R. Röhrbein. In: Göttinger Jahrbuch. Bd. 62 (2014), S. 5f.
- ↑ Chronik für das Jahr 1992 (siehe dort Eintrag für das Datum 30. September 1992). In: stadtarchiv.goettingen.de. Stadtarchiv Göttingen, abgerufen am 6. August 2021.
Koordinaten: 51° 32′ 9,5″ N, 9° 56′ 12,9″ O