Stiftskirche (Bonn)

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Stiftskirche St. Johann Baptist und Petrus (2010)
Stiftskirche, rechts Turmhauben der Namen-Jesu-Kirche

Die Stiftskirche ist eine römisch-katholische Pfarrkirche in Bonn, die den Namen St. Johann Baptist und Petrus trägt, lokal auch Kuhle Dom genannt, und von 1879 bis 1886 erbaut wurde. Sie liegt am Stiftsplatz an der Kölnstraße im Ortsteil Bonn-Zentrum und prägt das Bonner Stadtbild. Die Gemeinde der Pfarrkirche ist die älteste Bonner Kirchengemeinde. Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurde aus ihrem Pfarrgebiet mehrere Gemeinden sukzessive ausgegründet. 2010 wurden die Ausgründungen rückgängig gemacht, seitdem trägt die Pfarrei den Namen St. Petrus Bonn-Mitte und hat rund 9000 Mitglieder.[1] Das Kirchengebäude steht als Baudenkmal unter Denkmalschutz.[2]

Geschichte

Die heutige Pfarrkirche hat mehrere Vorgängerbauwerke, die bis auf spätrömische bzw. frühfränkische Zeit, vermutlich auf das 6. Jahrhundert, zurückgehen. Sie trugen wie die sie umgebende Siedlung den Namen „Dietkirche(n)“. Die 1971/72 ausgegrabenen Überreste dieser Urkirche – heute im Innenhof der Wohnanlage Graurheindorfer Straße/Am Römerkastell/Drususstraße – sind als archäologisches Denkmal ausgewiesen. Nach Entstehung des Bonner Münsters verlor die Dietkirche an Bedeutung. Ein zu dieser Kirche gehörender Benediktinerinnenkonvent ist ab 1015 nachgewiesen. Aus dem Konvent entwickelte sich im 15. Jahrhundert ein Damenstift, das Stift Dietkirchen (1802 aufgehoben). Um 1316/17 entstand ein Neubau der Kirche, der 1672/73 aus Verteidigungsgründen zerstört wurde. Die bereits zuvor aus Bonn vor der Pest aufs Land geflüchteten Stiftsdamen erhielten in der Stadt 1680 nach ihrer Rückkehr wieder eine feste Bleibe in einem Haus an der heutigen Stiftsgasse, an der sich auch der Hof Overstolz und die Kapelle St. Paul befanden, die ebenfalls dem Stift übertragen wurden. Anstelle dieser baufällig gewordenen Kapelle wurde am heutigen Standort der Stiftskirche St. Johann Baptist und Petrus 1729/30 ein Kirchenneubau als Pfarr- und Stiftskirche errichtet.

Christusbrunnen am Stiftsplatz vor der Kirche

Aus einer geplanten Erweiterung dieses Kirchenbaus gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich aufgrund seines schlechten baulichen Zustands ein kompletter Neubau. Von 1879 bis 1886 entstand dabei die heutige neugotische Pfarrkirche nach einem Entwurf von Heinrich Wiethase. Zunächst erfolgte die Erweiterung des später niedergelegten Altbaus, die ein dreischiffiges Langhaus sowie zwei quadratische Westtürme umfasste. Anschließend folgten an der Stelle des abgebrochenen Altbaus der Bau eines Querhauses, eines Chorjochs und dreier Apsiden in polygonaler Form. Die aus einem Doppelturm bestehende Fassade umfasst eine vorspringende Portalüberdachung, einen Söller, Spitzbogenfenster sowie ein Giebelmotiv.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Stiftskirche am 18. Oktober 1944 im alliierten Luftkrieg bei dem verheerendsten der Bombenangriffe auf Bonn durch in der Umgebung niedergegangene Sprengbomben und Minen schwer beschädigt, dabei brannte der Kapitelsaal bis zum ersten Obergeschoss aus. Von einem weiteren Bombenangriff am 6. Januar 1945 war das Mittelschiff betroffen, die Gewölbe zweier Joche sowie das der Vorhalle stürzten ein. Vollständig zerstört wurden die Orgel sowie ein Teil der Ausstattung. Der nachfolgende Wiederaufbau an Dächern, Mauerwerk und Strebewerk erfolgte im Wesentlichen bis 1964, weitere noch durch die Kriegsschäden bedingte Restaurierungen dauerten bis 1973 an.[3]

Ausstattung

Die Inneneinrichtung der Stiftskirche beinhaltet die sogenannte Dietkirchen-Madonna von 1320. Sie gilt als wertvollster Teil des Kirchenschatzes der heutigen Kirche. Die Skulptur der Madonna mit Kind ist aus Nussbaum- und Eichenholz gefertigt und weist noch Reste der ursprünglichen Fassung auf, wie sie für die „Kölner Meister“ jener Zeit charakteristisch war. Der Hauptaltar ist ein Flügelaltar, der nach einem Entwurf des Baumeisters Gerhard Franz Langenberg in der Werkstatt der Gebrüder J. A. Oor & Söhne in Roermond ausgeführt wurde. Die der hl. Maria und dem hl. Josef geweihten Seitenaltäre sind ein Werk des Kölner Bildhauers Jägers.[4]

Das Taufbecken der ehemaligen Dietkirche wird in das Jahr 1290 datiert. Die große Orgel wurde 1956 von der Firma Johannes Klais Orgelbau erstellt und von 1990 bis 1993 mit der Kirche restauriert und erweitert.[5]

Den Glasfenster-Zyklus schuf Hubert Berke im Jahr 1976.

Orgeln

Die Stiftskirche besitzt zwei Orgeln. Beide sind aus dem ebenfalls in Bonn an der Kölnstraße ansässigen Hause Klais. Die Hauptorgel wurde 1956 gebaut. Sie ist auf der Empore aufgestellt und besitzt 45 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Disposition ist wie folgt:[6]

I Rückpositiv C–g3
1. Stillgedackt 8′
2. Quintadena 8′
3. Praestant 4′
4. Rohrflöte 4′
5. Principal 2′
6. Sifflöte 113
7. Scharff III-IV
8. Sesquialter II
9. Krummhorn 8′
II Hauptwerk C–g3
10. Gedacktpommer 16′
11. Principal 8′
12. Rohrflöte 8′
13. Octav 4′
14. Koppelflöte 4′
15. Spitzquinte 223
16. Superoctav 2′
17. Mixtur IV-V
18. Cornett V
19. Bombarde 16′
20. Trompete 8′
III Schwellwerk C–g3
21. Holzflöte 8′
22. Gambe 8′
23. Vox coelestis 8′
24. Principal 4′
25. Singend Gedackt 4′
26. Quinte 223
27. Schwegel 2′
28. Mixtur IV-V
29. Septimcymbel III
30. Fagott 16′
31. Trompete 8′
32. Clairon 4′
Pedal C–f1
33. Untersatz (C-H akust.) 32′
34. Principalbass 16′
35. Subbass 16′
36. Zartbass 16′
37. Octavbass 8′
38. Gedacktbass 8′
39. Choralbass 4′
40. Bassflöte 4′
41. Nachthorn 2′
42. Hintersatz VI
43. Posaune 16′
44. Basstrompete 8′
45. Klarine 4′

Glocken

Nach der Säkularisierung wurde die Kirche St. Gangolf abgerissen und ihre Glocken aufgeteilt. Eine Glocke gelangte in die Stiftskirche. Sie hängt im Dachreiter und wird zu Taufgottesdiensten geläutet.[7] Im Jahre 1888 goss die Glockengießerei Petit & Gebr. Edelbrock unter Rudolf Edelbrock das erste Geläut aus fünf Glocken mit den Namen Maria, Joseph, Johannes Baptista, Petrus und Paulus (Disposition h0–d1–e1–fis1–g1), von dem die Petrusglocke (fis1) den Ersten Weltkrieg überstanden hat.[8] 1925 ergänzte die Glockengießerei Bachert aus Karlsruhe drei Glocken h0–d1–e1, die jedoch bald darauf im Zweiten Weltkrieg vernichtet wurden; die alte Legrosglocke von 1756 kam unversehrt zurück. Im Jahre 1958 schuf die Saarburger Glockengießerei Mabilon ein neues fünfstimmiges Geläut.[9] Die große Glocke hängt für sich im Nordturm mit der Turmuhr. Diese schlägt die Viertelstunden auf der dritten und die vollen Stunden auf der große Glocke. Zum Angelusläuten um 7, 12 und 19 Uhr wird die Petrusglocke verwendet. Überdies ist die gesamte Läuteordnung liturgisch sehr differenziert. Das Vollgeläut erklingt ausschließlich zum Hauptgottesdienst an den höchsten Festtagen und zu weiteren besonderen Anlässen.

Nr.
 
Name
(Funktion)
Gussjahr
 
Gießer, Gussort
 
Durchmesser
(mm)
Masse
(ca., kg)
Schlagton
(HT-1/16)
1 Christus Rex (Festtags-/Sterbeglocke) 1958 Glockengießerei Mabilon, Saarburg 1.662 2.850 h0 −1
2 Maria (Sonntagsglocke) 1.398 1.700 d1 −1
3 Johannes Baptista 1.242 1.150 e1 −1
4 Petrus (Angelusglocke) 1.043 680 g1 ±0
5 Pius X. (Laudesglocke) 931 480 a1 ±0
I Apollonia (Taufglocke) 1756 Martin Legros, Malmedy 562 110 f2

Literatur

  • Andreas Denk, Ingeborg Flagge: Architekturführer Bonn. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-496-01150-5, S. 60.
  • Peter Jurgilewitsch, Wolfgang Pütz-Liebenow: Die Geschichte der Orgel in Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis. Bouvier Verlag, Bonn 1990, ISBN 3-416-80606-9, S. 16–19.
  • Gisbert Knopp: In: Wilhelm Passavanti (Hrsg.): Bonner Kirchen und Kapellen. Geschichte und Kunst der katholischen Pfarreien und Gotteshäuser. F. Dümmler Verlag Bonn 1989, ISBN 3-427-85031-5.
  • Paul Clemen: Die Kunstdenkmäler der Stadt und des Kreises Bonn. L. Schwann, Düsseldorf 1905, S. 109/110 (=Provinzialverband der Rheinprovinz: Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Band 5, Abt. 3, S. 405/406). (Unveränderter Nachdruck Verlag Schwann, Düsseldorf 1981, ISBN 3-590-32113-X) (online)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 9 000 Gläubige gehen gemeinsame Wege, General-Anzeiger, 11. Januar 2010
  2. Denkmalliste der Stadt Bonn (Stand: 15. Januar 2021), S. 32, Nummer A 431
  3. Kriegsschicksale Deutscher Architektur. Verluste – Schäden – Wiederaufbau. Eine Dokumentation für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Band 1: Nord, Karl Wachholtz Verlag, Neumünster 1988, ISBN 3-529-02685-9, S. 382.
  4. Gisbert Knopp, Abschnitt St. Johann Baptist und Petrus, S. 19 f.
  5. Landeskonservator Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Jahrbuch der Rheinischen Denkmalpflege 39, Michael Imhof Verlag, Petersberg 2004, ISBN 3-937251-23-5, S. 221.
  6. Informationen und Fotos zur Orgel
  7. Baubeschreibung der Stiftskirche@1@2Vorlage:Toter Link/www.sankt-petrus-bonn.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  8. German Hubert Christian Maaßen: Geschichte der Pfarreien des Dekanates Bonn. I. Theil: Stadt Bonn. In: Karl Theodor Dumont (Hg.): Geschichte der Pfarreien der Erzdiöcese Köln. Bachem-Verlag, Köln 1894, S. 240–241.
  9. Gerhard Hoffs: Glockenmusik der Katholischen Kirchen Bonns, S. 31–37.

Koordinaten: 50° 44′ 19,7″ N, 7° 5′ 59,1″ O