St. Katharinen (Osnabrück)

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Blick auf den Turm von St. Katharinen
Chor
Kreuzigungsrelief an der Chorseite
Blick zum Altarraum

Die evangelisch-lutherische Kirche St. Katharinen ist eine spätgotische Hallenkirche in der Osnabrücker Altstadt. Ihr weithin sichtbarer Turm, der seit Jahrhunderten das Stadtbild prägt, ist 103 m hoch.

Baugeschichte

In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstand vor den Mauern der Osnabrücker Binnenburg im Bereich der Stadthöfe des Adels eine kleine Kirche, die anfangs noch zum Kirchspiel des Domes gehörte und 1248 erstmals namentlich als „St. Katharinen“ erwähnt wird. Die Wahl des Patroziniums verdankt sich vermutlich der Katharinenverehrung, die aus dem Heiligen Land zurückgekehrte Pilger in Osnabrück eingeführt hatten.[1] Der heutige Bau wurde ab etwa 1300 mit mehreren Unterbrechungen errichtet und um 1500 weitgehend vollendet. 1543 wurde in St. Katharinen die Reformation eingeführt. Während der Friedensverhandlungen von 1643 bis 1648 bot sie der schwedischen Gesandtschaft Raum für Gottesdienste und Begegnungen. Die Nähe des seit 1669 errichteten Schlosses, das von 1673 an als Residenz der evangelischen Fürstbischöfe von Osnabrück diente, war Anlass, St. Katharinen auch als Hofkirche zu nutzen.

1868 gerät die barocke Spitze des Kirchturms bei Renovierungsarbeiten in Brand. Der Bau der neuen Kirchturmspitze zieht sich bis 1880 hin.[2]

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde St. Katharinen beim letzten der Luftangriffe auf Osnabrück am 25. März 1945, einem Palmsonntag, infolge der Bombardierung ein Opfer der Flammen. Die Kirche konnte 1950 wieder eingeweiht werden. 1990 musste sie für eine notwendig gewordene Grundinstandsetzung des Innenraums geschlossen werden. Nach aufwendigen Renovierungsarbeiten konnte im November 1992 das Gotteshaus wiedereröffnet werden und zeichnet sich heute durch eine schlichte, klare Architektur aus. Zusammen mit dem Schloss, der Poggenburg, dem Ledenhof, den Klostermauern des Barfüßerklosters und den alten Pfarrhäusern bildet die Kirche ein bemerkenswertes Ensemble aus alten Zeiten. Der Innenraum ist geprägt vom Formenwillen der Gotik. Eine verhaltene moderne Ausgestaltung setzt besondere Akzente und lädt zur Einkehr und Meditation ein. Neben den Gottesdiensten finden in St. Katharinen immer wieder Kunstausstellungen und Konzerte statt. Für kirchenpädagogische Erkundungen stehen Handreichungen zur Verfügung.

Im Glockenturm hängt ein 4-stimmiges Geläut des Bochumer Vereins (g0–c1–d1–e1).[3]

Orgel

Die ehemalige Ott-Orgel im Dezember 2014

Die Orgel von St. Katharinen errichtete die Werkstatt Paul Ott im Jahre 1961.

I Oberwerk C–g3

Rohrflöte 8′
Dolkan 8′
Praestant 4′
Koppelflöte 4′
Trichterflöte 4′
Nasat 223
Waldflöte 2′
Terz 135
Septime 117
Sifflöte 1′
Mixtur IV-V
Dulcian 16′
Krummhorn 8′
Tremulant
II Hauptwerk C–g3
Quintadena 16′
Prinzipal 8′
Spillflöte 8′
Octave 4′
Nachthorn 4′
Prinzipalquinte 223
Superoctave 2′
Mixtur V-VI
Terzcymbel III
Trompete 16′
Trompete 8′
III Brustwerk C–g3
Gedackt 8′
Blockflöte 4′
Prinzipal 2′
Quinte 113
Scharff III-IV
Vox humana 8′
Regal 4′
Tremulant
Pedal C–f1
Prinzipal 16′
Subbass 16′
Octave 8′
Gedackt 8′
Superoctave 4′
Tenorflöte 4′
Nachthorn 2′
Mixtur IV-VI
Posaune 16′
Trompete 8′
Schalmey 4′

Friedensorgel

Die alte Ott-Orgel ist nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll zu überholen. In der Planung steht daher der Bau einer neuen Orgel mit dem Namen Friedensorgel.
Für die Friedensorgel wurde ein Förderverein gegründet, welcher die Planung und Finanzierung gemeinsam mit der St. Katharinenkirche umsetzen soll. Schirmherren des Orgelbauprojektes sind der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff und Landesbischof Ralf Meister.[4] Die neue Orgel wird von der Schweizer Firma Metzler Orgelbau aus Dietikon erbaut und sollte ursprünglich 2018 fertiggestellt werden. Immer wieder auftretende Schwierigkeiten mit der Finanzierung haben den Beginn des Baus regelmäßig verzögert. Nun wird mit einer Fertigstellung zu 2023 gerechnet.[5] Die alte Ott-Orgel wurde dazu Anfang Februar 2022 abgebaut und in eine Stadt nach Litauen verkauft, wo sie eine neue Heimat findet.[6]

Glocken

Die Katharinenkirche verfügt über das zweitgrößte Geläut der Stadt Osnabrück. Gegossen wurden sie 1955 vom Gussstahlwerk Bochumer Verein und ertönten das erste Mal am 11. Dezember 1955.[7]

Glocke 1, Ton: g°

Glocke 2, Ton: c'

Glocke 3, Ton: d'

Glocke 4, Ton: e'

Uhrglocken: Glocke 2/5, Ton: fis'' und Glocke 3,/6, Ton: b'' von Petit & Edelbrock.

Patrozinium

Die Kirche trägt den Namen der heiligen Katharina. Der Legende nach wandte sich die gelehrte Fürstentochter aus Alexandrien zu Beginn des 4. Jahrhunderts dem Christentum zu. Katharina bekehrte fünfzig der berühmtesten Gelehrten des römischen Kaisers zum christlichen Glauben und warf dem Kaiser Maximus vor: „Deine Götter sind leerer Wahn“. Darauf ließ er sie durch das Schwert töten.

Kirchengemeinde

Zur Kirchengemeinde zählen etwa 7.000 Mitglieder. Sie ist in zwei Pfarrbezirke mit je einer Pfarrstelle eingeteilt. Die Pfarrstellen sind derzeit auf vier Pastoren mit unterschiedlichen Stellenanteilen verteilt. Ebenso ist eine hauptamtliche Diakonin/Sozialarbeiterin, ein Küster, ein Kantor und mehrere Ehrenamtliche tätig.[8] Eine Tochterkirche von St. Katharinen war bis 1927 die Lutherkirche in der Neustadt, die von 1907 bis 1909 erbaut wurde und mit Malereien im Jugendstil geschmückt ist. Diese ist nunmehr eigenständig.

Kindertagesstätte

Die St. Katharinenkirchengemeinde betreibt in Osnabrück eine eigene Kindertagesstätte und Kinderkrippe. In vier Regelgruppen werden 25 Kinder im Alter von drei Jahren bis zur Einschulung von je zwei pädagogischen Fachkräften betreut.[9]

Katharinen-Garten

Neben der Kindertagesstätte bewirtschaftete die Kirchengemeinde ein Urban-Gardening-Projekt. In mehrere Hochbeeten haben Osnabrücker Bürger die Möglichkeit ihr eigenes Obst und Gemüse anzubauen.[10]

Literatur

  • Karsten Igel: Die Heilige Katharina, das Rad, die Bürger und der Bischof. Das Osnabrücker Stadtsiegel und die Katharinenkirche – auch in Osnabrück war Jerusalem. In: Osnabrücker Mitteilungen, 2006, 111, S. 27–60.
  • Heinrich Koch: Ev.-luth. St. Katharinen-Kirche Osnabrück (Schnell, Kunstführer Nr. 2151). 2. Auflage, Regensburg 2008
  • Siegfried Salzmann: Die Katharinen-Kirche (Osnabrück, Heft 11). Osnabrück o. J.

Einzelnachweise

  1. Dagmar Jestrzemski: Katharina von Alexandrien. Die Kreuzritter und ihre Heilige. Lukas-Verlag, Berlin 2010. ISBN 978-3-86732-086-3. S. 137.
  2. Ludwig Hoffmeyer, Ludwig Bäte, Heinrich Koch: Chronik der Stadt Osnabrück. 4. Auflage. Meinders & Elstermann, Osnabrück 1982, ISBN 3-88926-004-7, S. 827
  3. Aufnahme des Geläuts
  4. Homepage der Friedensorgel, abgerufen am 28. Juni 2022
  5. Homepage St. Katharinen - "Friedensorgel wird gebaut", abgerufen am 28. Juni 2022
  6. Homepage der Friedensorgel - "Abbau der Ott-Orgel", abgerufen am 28. Juni 2022
  7. noz.de: Glocken läuten ebenso schön wie die von Big Ben, abgerufen am 24. Februar 2020
  8. Homepage der Gemeinde - "Menschen in St. Katharinen"; abgerufen am 28. Juni 2022
  9. Kindertagesstätte von St. Katharinen, abgerufen am 28. Juni 2022
  10. Katahrinen-Garten von St. Katharinen, abgerufen am 28. Juni 2022

Weblinks

Commons: St. Katharinenkirche (Osnabrück) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 52° 16′ 23,3″ N, 8° 2′ 34″ O