Staatsvertrag über Mediendienste

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Der Staatsvertrag über Mediendienste (kurz Mediendienste-Staatsvertrag oder MDStV) war ein Staatsvertrag zwischen allen deutschen Bundesländern. Er trat 2007 außer Kraft mit Inkrafttreten des Telemediengesetzes (kurz TMG). Er sollte seinerzeit – zusammen mit dem Teledienstegesetz (TDG) des Bundes – einheitliche Regelungen für die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten von elektronischen Informations- und Kommunikationsdiensten schaffen und damit die Internetentwicklung seit Anfang der 1990er Jahre rechtlich nachvollziehen. In 2007 wurden das Teledienstegesetz und der Mediendienste-Staatsvertrag durch das Telemediengesetz und den flankierenden Rundfunkstaatsvertrag (kurz RStV bzw. in lang Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien) ersetzt.

Der MDStV darf nicht verwechselt werden mit dem im November 2020 in Kraft getretenen Medienstaatsvertrag (kurz MStV), der seinerseits den bis dahin geltenden Rundfunkstaatsvertrag ablöste. Der MDStV ist insoweit ein früher Vorgänger des MStV.

Geschichte

Der Mediendienste-Staatsvertrag vom 31. Januar 1997 trat am 1. August 1997 in Kraft; gleichzeitig trat der Staatsvertrag über Bildschirmtext außer Kraft.[1] Vorausgegangen war eine intensive Debatte zwischen Ländern und Bund. Dem gemeinsamen Ziel, einen einheitlichen Rechtsrahmen für Internet-Dienste zu schaffen, standen unterschiedliche Vorstellungen über die jeweiligen Gesetzgebungskompetenzen gegenüber.[2] Der MDStV und das Teledienstegesetz enthielten deshalb teilweise parallele Regelungen, was ihre Anwendung erschwerte.

Der Mediendienste-Staatsvertrag wurde dreimal geändert.[3] Am 1. März 2007 trat er außer Kraft.[4] Soweit der MDStV Doppelregelungen zum TDG enthielt, finden sich die Nachfolgeregelungen jetzt ausschließlich auf Bundesebene im Telemediengesetz.[5]

Regelungsgebiete

Der Mediendienste-Staatsvertrag galt nur für Mediendienste, nicht für Teledienste im Sinne des Teledienstegesetzes und nicht für Rundfunk im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages (vgl. § 2 MDStV).

Wesentliche Inhalte des MDStV waren:[6]

  • Zulassungs- und Anmeldefreiheit von Mediendiensten (§ 4 MDStV)
  • Regelungen zur Haftung der Diensteanbieter (§§ 6 bis 9 MDStV), insbes. Providerhaftung
  • Informationspflichten von Diensteanbietern (§ 10 MDStV)
  • Sorgfaltspflichten von Diensteanbietern (§ 11 Abs. 2 MDStV)
  • Pflicht zur Gegendarstellung (§ 14 MDStV)
  • Auskunftsrechte von Diensteanbietern (§ 15 MDStV)
  • Datenschutzregelungen (§§ 16 bis 21 MDStV)

Analog zur presserechtlichen Verantwortlichkeit wurde der Verantwortliche im Sinne des Mediendienste-Staatsvertrags als V.i.S.d.M. abgekürzt.[7]

Anwendungspraxis

Der Geltungsbereich des MDStV war von Beginn an umstritten. Unklar war vor allem die Abgrenzung zwischen den zulassungsfreien Mediendiensten und den zulassungspflichtigen Rundfunkangeboten nach dem Rundfunkstaatsvertrag vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund von Rundfunkrecht und Presserecht (Stichworte: Rundfunkbegriff, elektronische Presse). Schwierigkeiten bereitete beispielsweise die Einordnung von Video-on-Demand, Near-Video-on-Demand und Streaming Media.[8]

Im Jahr 2001 wurden in Nordrhein-Westfalen auf Behördenanordnung nach § 22 Abs. 3 MDStV mehrere Webseiten gesperrt, was über den juristischen Bereich hinaus in der Öffentlichkeit zu Diskussionen führte.[9]

Umstritten waren auch die Anbieterkennzeichnung nach § 10 Abs. 2 MDStV[10] und die Haftung der Betreiber von Meinungsforen im Internet, § 9 Nr.2 MDStV.[11]

Literatur

  • Klaus Beucher, Ludwig Leyendecker, Oliver von Rosenberg: Mediengesetze. Rundfunk – Mediendienste – Teledienste. Kommentar zum Rundfunkstaatsvertrag, Mediendienste-Staatsvertrag, Teledienstegesetz und Teledienstedatenschutzgesetz. München 1999 ISBN 3-8006-2387-0
  • Martin Bullinger, Ernst-Joachim Mestmäcker: Multimediadienste. Baden-Baden 1997. ISBN 3-7890-4633-7
  • Wolfgang Lent: Rundfunk-, Medien-, Teledienste. Studien zum deutschen und europäischen Medienrecht, Band 6, hrsg. von Dieter Dörr. Frankfurt a. M. u. a. 2001. ISBN 3-631-36960-3
  • Urban Pappi: Teledienste, Mediendienste und Rundfunk. Schriftenreihe des Archivs für Urheber- und Medienrecht (UFITA), Band 182, hrsg. von Manfred Rehbinder. Baden-Baden 2000. ISBN 3-7890-6954-X

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. § 27 Abs. 1, Abs. 3 MDSTV. Ratifizierung z. B. in Niedersachsen durch Gesetz vom 19. Juni 1997 (NdsGVBl. 1997, S.280)
  2. Siehe dazu das Gutachten von Martin Bullinger, Ernst-Joachim Mestmäcker: Multimediadienste. Baden-Baden 1997.
  3. Änderungs-Staatsverträge vom 20. Dezember 2001 (Ratifizierung z. B. in Niedersachsen durch Gesetz v. 19. Juni 2002, NdsGVBl. 2002, S.175), 10. September 2002 (NdsGVBl.S.705) und 8. Oktober 2004 (NdsGVBl. 2005, S.61).
  4. Vgl. Art. 2 des 9. Rundfunkänderungs-Staatsvertrages vom 31. Juli 2006. Ratifizierung z. B. in Niedersachsen durch Gesetz vom 26. Januar 2007 (NdsGVBl. 2007, S. 54).
  5. Zur Aufhebung des MDStV und den Nachfolgeregelungen siehe z. B. Thorsten Held, in: Werner Hahn, Thomas Vesting: Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht. 2. Aufl., München 2008, § 54 RStV Rdnr. 3ff.
  6. Zu den Einzelheiten der Regelungen siehe die Kommentierung des MDStV i. d. F. v. 31. Januar 1997 in Klaus Beucher, Ludwig Leyendecker, Oliver von Rosenberg: Mediengesetze. Rundfunk - Mediendienste - Teledienste. Kommentar zum Rundfunkstaatsvertrag, Mediendienste-Staatsvertrag, Teledienstegesetz und Teledienstedatenschutzgesetz. München 1999
  7. Medienstaatsvertrag - Infos und Rechtsberatung. Deutsche Anwaltshotline AG, 7. September 2009, abgerufen am 9. Juli 2019.
  8. Zu den Abgrenzungsfragen siehe die drei Strukturpapiere der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten von 1997, 1998 und 2003 sowie aus der Literatur Wolfgang Lent: Rundfunk-, Medien-, Teledienste. Frankfurt a. M. u. a. 2001; Urban Pappi: Teledienste, Mediendienste und Rundfunk. Baden-Baden 2000, jeweils mit weiteren Nachw.
  9. Siehe dazu VG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Dezember 2002, MMR 2003, 205 mit Anm. Thomas Stadler; VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Mai 2005, CR 2005, 885 sowie OVG Münster, Beschluss vom 19. März 2003, MMR 2003 348 mit Anm. Gerald Spindler/Christian Volkmann und den Artikel Sperrungen von Internetinhalten in Deutschland.
  10. Vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2006, NJW 2006, 3633.
  11. Dazu BGH, Urteil vom 27. März 2007, ZUM 2007, 533 mit Anm. Christoph Schmelz.