Stammlager VII A

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Britische Kriegsgefangene im Oktober 1943
Britische Kriegsgefangene im Gespräch mit Neuankömmlingen
Britische Kriegsgefangene bei der Rast im November 1943
Erhaltene Baracke der Wachmannschaft des Stalag VIIA im Jahr 2013
Erkennungsmarke aus dem Lager

Das Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlager VII A (kurz: Stalag VII A) war ein Kriegsgefangenenlager der deutschen Wehrmacht, das im Herbst 1939 im Norden der Stadt Moosburg an der Isar (Oberbayern) zwischen Amper und Isar auf halbem Weg zwischen Freising und Landshut an der Eisenbahnlinie nach Regensburg (mit separater Bahnstation) errichtet wurde. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs waren dort und in den zugehörigen Nebenlagern 80.000 Kriegsgefangene vieler Nationalitäten interniert. Es gilt als größtes Kriegsgefangenenlager innerhalb des Deutschen Reiches. Auf einem Drittel des Lagergebiets waren sowjetische Offiziere untergebracht. Das Lager wurde am 29. April 1945 von in Richtung München vorstoßenden Truppen der 7. US-Armee befreit. Nach Kriegsende diente es als Internierungslager der amerikanischen Besatzungsmacht.

Geschichte

Die Planungen zur Errichtung des Kriegsgefangenenlagers wurden bereits im September 1939, kurz nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs, angestoßen. Das Generalkommando des Wehrkreises VII in München nahm dazu ein zwischen den Flüssen Isar und Amper gelegenes Areal nördlich von Moosburg an der Isar in Aussicht. Binnen 14 Tagen sollte hier ein Lager für 10.000 Kriegsgefangene entstehen.

Die ersten Gefangenen kamen am 19. Oktober 1939. Sie wurden zunächst provisorisch in Zelten untergebracht. In der Halle einer angrenzenden Kunstdüngerfabrik wurde eine Entlausungsanstalt errichtet. Ab 1940 wurden zusätzliche Baracken errichtet. Bis zum Sommer 1940 war die Fläche des Lagers auf 350.000 m² angewachsen.

Anfänglich wurden in dem Lager polnische Soldaten untergebracht, die im Krieg von 1939 gefangen genommen worden waren. Nach dem Westfeldzug wurden zunehmend französische Soldaten (und Angehörige der polnischen Streitkräfte in Frankreich) nach Moosburg deportiert. Nach dem Überfall auf die Sowjetunion ab Mitte 1941 folgte eine große Zahl Gefangener der Roten Armee. Bis Ende des Krieges wuchs die Zahl der Insassen auf 80.000 an (darunter zunehmend westalliierte Fliegersoldaten, die im Bombenkrieg über Deutschland abgeschossen worden waren, sowie alleine etwa 200 Generale); sie wurden in umliegenden Industriebetrieben, in der Landwirtschaft und im Gewerbe eingesetzt. Zehntausende Kriegsgefangene waren in Nebenlagern und Arbeitskommandos in der Umgebung untergebracht. Etwa 2000 deutsche Wachmannschaften des 512. Landesschützen-Bataillons waren in einem eigenen Kasernenbereich zwischen Moosburg und dem Stalag stationiert. Moosburg selbst zählte damals nur etwa 5.000 Einwohner.[1] Ab September 1941 wurden Tausende von sowjetischen Kriegsgefangenen aus Moosburg „ausgesondert“, ins KZ Dachau verbracht und auf dem nahegelegenen Schießplatz Hebertshausen von SS-Männern erschossen.[2]

Durch die Anwesenheit des Lagers blieb das gesamte Umland von Bombardierungen verschont.

Befreiung und Nachkriegszeit

Am 29. April 1945 wurde das Lager von einer Einheit der 14. Panzerdivision der United States Army unter General Charles H. Karlstad befreit, wobei die Übergabe relativ geordnet und nahezu kampflos vonstatten ging. Die Brücke über die Isar wurde von der Wehrmacht verteidigt und noch gesprengt.

Das Gelände wurde zu einem Internierungslager für deutsche Zivilisten umfunktioniert, die für ihre Tätigkeit während der Zeit des Nationalsozialismus zur Rechenschaft gezogen werden sollten; das „Civilian Internment Camp No. 6“. Zeitweilig waren bis zu 12.000 Deutsche auf dem Gelände in Haft. 1948 gab die US-Militärregierung das Lager auf und übertrug das Gelände an den Freistaat Bayern.

Er errichtete hier neue Wohnungen für zahlreiche Heimatvertriebene. Aus dieser Ansiedlung entstand ab 1948 der neue Moosburger Stadtteil Neustadt, so dass wenige Bauten noch an das Lager erinnern.[3] Drei verbliebene Baracken der Wachmannschaft wurden nach Abbruchplänen der Stadt Moosburg am 15. Februar 2013 in die Bayerische Denkmalliste aufgenommen.

Gedenken

Tote des Stalag VII A wurden auf dem Friedhof Oberreit (Ortsteil in Richtung Thonstetten) bestattet. Es soll sich um 1000 bis 2000 Tote, davon 800 sowjetische Soldaten, gehandelt haben. 1958 wurden die verbliebenen Toten aus Oberreit auf den Soldatenfriedhof in Schwabstadl, Landkreis Landsberg, umgebettet. In Schwabstadl haben 756 Sowjetsoldaten, 59 Jugoslawen, 6 Polen, 5 Rumänen und ein Grieche ihre letzte Ruhestätte gefunden. Die Überreste von 33 italienischen Soldaten wurden auf die Italienische Kriegsgräberstätte auf dem Waldfriedhof von München umgebettet. 1982 wurde auf dem ehemaligen Lagerfriedhof ein Gedenkkreuz errichtet. Im Jahr 2014, anlässlich des 75. Jahrestages der Errichtung des Lagers, wurde die Gedenkstätte neu gestaltet und mit einem historischen Gedenkstein ergänzt.

Zum 70. Jahrestag der Befreiung des Lagers erhielt im April 2015 eine Grünfläche an der Böhmerwaldstraße offiziell den Namen Stalag-Gedenkplatz.[4] Hier befindet sich auch der so genannte Franzosenbrunnen, der von dem italienischstämmigen französischen Künstler Antoniucci Volti während seiner Zeit im Lager gestaltet wurde.

Eine noch erhaltene Baracke des Lagers wurde 2020 mit einer zusätzlichen Überdachung versehen, um sie vor Witterungseinflüssen zu schützen.[5]

Literatur

  • Dominik Reither: Stalag VII A, Moosburg - ein Kriegsgefangenenlager 1939 - 1945, 2. Auflage, Stalag Moosburg e.V., Moosburg 2015, 75 S., OCLC 926744154
  • Dominik Reither, Karl Rausch, Elke Abstiens, Christine Fößmeier: Auf den Spuren verlorener Identitäten. Sowjetische Kriegsgefangene im Stalag VII A Moosburg. Books on Demand, Norderstedt 2018, 303 S., ISBN 978-3-7460-9608-7.[6], Teil I: Zwischen Vernichtung und Widerstand: das Leben sowjetischer Gefangener im Stalag VII A Moosburg S. 9–171
  • Anton Neumaier: Das Kriegsgefangenen-Lager Moosburg in Oberbayern - STALAG VII A ; 5 1/2 Jahre Lagergeschichte 1939 - 1945 - 50 Jahre Versöhnung und Freundschaft 1945 - 1995, Stadt Moosburg a. d. Isar, Moosburg a. d. Isar 1995, 136 S., OCLC 644128473

Siehe auch

Weblinks

Commons: Stammlager VII A – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Verein Stalag Moosburg e.V (gegr. 2013) Aktuelle Aktivitäten zu den Stalag-Gedenkstätten in Moosburg, zentrale Zusammenfassung und Verlinkung verschiedener unten genannter Dokumentationen
  • Stalag VII A Moosburg (www.moosburg.org, mehrsprachig)
  • Ausführliche Informationen – Stalag VII A (bauerka.de; Grundriss; auch über die Zeit als ziviles Internierungslager nach Mai 1945)
  • Roger Devaux: Treize Qu'ils Etaient. Das Leben der französischen Kriegsgefangenen bei den Bauern in Niederbayern während des Zweiten Weltkrieges. Treize Qu'ils Etaient Editions Memoires et Cultures, 2007, ISBN 978-2-916062-51-8. (französisch)
  • Greg Hatton: STALAG 7a, auf der Site b24.net (englisch; nennt Belegungsstärken, Offiziere beider Seiten, Zugangszahlen am 2. Februar: 2000 Offiziere vom Stalag Luft III (aus Żagań, Polen) und am 7. Feb. 1945 weitere 2000 Gefangen von Nürnberg und weitere am 1. April; zwei Vermittler aus der Schweiz (als Schutzmacht), Kampfhandlungen bei der Befreiung am 28./29. April 1945)
  • Jim Lankford: Die Befreiung des Stalag VIIA (englisch, auf der Site 14tharmoreddivision.org bzw. zunächst in On Point: The Journal of Army History. 2005, mit Apparat und mit Luftbild des Stalag, der Isar und Moosburgs aus der Zeit)
  • Gedenkstätte Oberreit (Bei thonstetten.de)
  • Zeitungsbericht (28. Juni 1982) von der Einweihung der Gedenkstätte in Oberreit am 26. Juni 1982 und einer kurzzeitigen Ausstellung über das KG-Lager in der Stadthalle.
  • Moosburg tut sich schwer mit dem Erinnern

Einzelnachweise

  1. Michael Rademacher: Einwohnerzahl 1939. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
  2. SS-Schießplatz Hebertshausen. In: Gedenkstättenpädagogik-Bayern. Abgerufen am 14. Oktober 2020.
  3. Das Kriegsgefangenenlager Stalag VII A. auf: moosburg.org
  4. Im Gedenken an die Opfer des Stalag VII A auf www.merkur.de, 27. April 2015
  5. Christine Fößmeier: Kleiner Teil der Geschichte Moosburgs atmet auf auf www.idowa.de, 29. Mai 2020
  6. Andreas Hilger: Zwei Bände zur Geschichte sowjetischer Kriegsgefangener des Zweiten Weltkriegs. Rezension. In: Sehepunkte. 18, Nr. 7/8, 2018.

Koordinaten: 48° 28′ 50″ N, 11° 56′ 26″ O