Stattreisen

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Stattreisen (Eigenschreibung: StattReisen) ist der Name für Stadtführungen mit geschichtlichem, sozialem und umweltverträglichem Profil. Organisatorisch sind die etwa 20 lokalen StattReisen-Teams aus Deutschland und der Schweiz in dem Dachverband Forum Neue Städtetouren zusammengeschlossen.

Geschichte

Die erste StattReisen-Organisation ging 1983 in Berlin als alternatives Projekt aus der Geschichtswerkstatt Pankehallen[1] hervor. In etlichen Städten gründeten die lokalen Teams Städtetourenangebote und gestalteten sich dabei meist als gemeinnütziger Verein. 1987 wurde in Hamburg der gemeinnützige Verein Stattreisen Hamburg[2] und 1989 der Verein Stattreisen München gegründet. Im Anschluss gründeten sich immer mehr Stattreisenteams in unterschiedlichen Städten mit ähnlichem Profil. Da sich alle Organisationen auf gemeinsame Standards verpflichteten, wurde 2000 aus dem losen Zusammenschluss[3] der Dachverband Forum Neue Städtetouren e.V. gegründet.

Profil

Das Motto der Stattreisenteams ist, statt zu verreisen, „die eigene oder fremde Stadt und ihre Umgebung zu entdecken und zu verstehen“,[4] und prägt die verschiedenen Formen von Stadtführungen, die sich als Alternative und Ergänzung zu den rein touristischen Angeboten verstehen:

Stattreisen verbindet ihre Rundgänge mit dem Konzept der Geschichtswerkstätten, die mit dem Leitspruch „Grabe, wo du stehst.“[5] in den 1980er Jahren begannen, die Alltagswelt auch zum Thema der Geschichte, der Forschung und Wissenschaft zu machen. Im Mittelpunkt stehen dabei Arbeits- und Lebenswelten der einfachen Leute, die mit stadt- und sozialgeographischen Fragestellungen sowie Entwicklungen in der Stadtplanung verbunden werden.

Die Alternativen Reiseveranstalter reagieren auf rechtsradikale Stimmungen und weisen mit Rundgängen auf die Geschichte der Fremden in der eigenen Stadt hin.[6] Auch das Institut Geschichte Für Alle – Institut für Regionalgeschichte aus der Metropolregion Nürnberg hat sich dem Stattreisenkonzept und der Dachorganisation angeschlossen.

Stattreisen folgt dem Konzept des sanften Tourismus. Ein Aspekt davon zeigt sich in dem oben erwähnten Motto: Zu Hause zu bleiben statt wegzufahren und die eigene Stadt als touristisches Terrain zu entdecken.

Der Verband hat sich die Förderung von Schul- und Jugendfahrten zum Ziel gesetzt.[7] 2005 wurde das Stattreisen-Projekt „nachhaltige Klassenreisen“ von der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ zum offiziellen Dekade-Projekt ernannt.[8]

Der Verband Forum Neue Städtetouren prüft die Qualität seiner Mitglieder bei Neuaufnahme gemäß dem Profil. Die Namen Stattreisen® und StattReisen® sind patentrechtlich von diesem Dachverband geschützt. Ausnahme ist Stattreisen Zürich[9], das Züricher Team gab es schon vor der Patentierung des Namens.

Literatur

  • Katrin Bielefeldt u. a.: Spaziergänge in die Vergangenheit Nürnbergs mit Fürth und Erlangen. Ars Vivendi, Cadolzburg 2005, ISBN 3-89716-693-3.
  • Gerhard Ongyerth: Ferien im Alltag. Freizeitpädagogische Wege zur eigenen Stadt. In: animation.[10] Vincentz, Hannover Juli/August 1989, S. 110–113.
  • Klaus Simon: Völkerkundlicher Impetus, soziologisches Interesse. Mit „StattReisen“ zu Fuß durch Köln und andere Städte. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. September 1992.
  • StattReisen Bremen e.V. (Hrsg.): Bremen – Rundgänge durch die Geschichte. Sutton Verlag, Erfurt 2008, ISBN 978-3-86680-330-5.
  • Stattreisen Hamburg (Hrsg.): Fundort Geschichte Region Hamburg. Ars Vivendi, Cadolzburg 2004, ISBN 3-89716-520-1
  • Stattreisen München e.V. (Hrsg.): Spaziergänge in die Vergangenheit Münchens. 2. Auflage. Ars Vivendi, Cadolzburg 2007, ISBN 978-3-89716-497-0.
  • Stefan Wimmer: Vergangene Tage – neues Erwachen. Jüdisches Leben in München. Ein Stadtrundgang. Hrsg. Stattreisen München e.V., München Verlag, München 2006, ISBN 3-937090-18-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Lothar Heinke: 30 Jahre „Stattreisen“. Auf Entdeckungstour in der eigenen Stadt. Die ersten organisierten Stadtführer Berlins feiern sich: Seit 30 Jahren führen die Berlin-Erklärer von „Stattreisen“ durch die Straßen. Sie wollen vor allem eins: den Einwohnern ihre Stadt näher bringen. In: tagesspiegel.de. 15. März 2013, abgerufen am 28. März 2022.
  2. Karin Bräuer: Mit Stattreisen den Überblick gewinnen In: Süddeutsche Zeitung. 11. Mai 1999.
  3. zunächst unter dem Namen Arbeitskreis Neue Städtetouren
  4. Website des Dachverbands
  5. Sven Lindqvist: Gräv där du står (1978, deutsch 1989: Grabe, wo du stehst. Handbuch zur Erforschung der eigenen Geschichte)
  6. Die Zeit: Städteführungen gegen Ausländerfeindlichkeit. 9. Juli 1993
  7. Zweck des Vereins aus der Satzung Forum Neue Städtetouren e.V. - Der StattReisen-Verband. Hamburg 10. April 2005
  8. Projekt bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt
  9. Website Stattreisen Zürich
  10. Animation: Fachzeitschrift Freizeit.