Stelldichein
Ein Stelldichein ist die von Joachim Heinrich Campe (1746–1818) eingedeutschte französische Bezeichnung
im Sinne einer (romantischen) Verabredung. Im modernen Sprachgebrauch ist der Ausdruck in dieser Bedeutung verblasst und wird so heute nicht mehr benutzt.[1] Früher auch für neutrale Zusammenkünfte mehrerer Personen verwendet (z. B. ‚Stelldichein der Prominenz‘). Für die romantische Verabredung bürgerte sich neben Rendezvous in der Umgangssprache, insbesondere in der Jugendsprache, der Anglizismus Date ein.[2]
Geschichte
Der französische Begriff
(„begebt euch dahin“) war zunächst fast ausschließlich militärisch von Bedeutung. Es war die Bestellung von Truppenteilen an einen bestimmten Ort. Auch dieser Ort selbst und ebenfalls die Zusammenkunft sowie der Sammelplatz der für einen taktischen Zweck zu vereinigenden Truppenteile (Marsch- oder Gefechtsrendezvous) wurde als solches bezeichnet.
Stelldichein bezeichnete im Deutschen fast ausschließlich eine Verabredung für Liebespaare. Man traf sich heimlich oder offen mit der oder dem Geliebten. Bestimmte Höflichkeitsregeln der Etikette waren einzuhalten. Bei offenen, von den Erziehungsberechtigten gestatteten Stelldicheins wurde das Paar manchmal von einer Anstandsdame (Tante, Schwester, ältere Person etc.) begleitet. Diese wurde oft ob ihres Aufpasserstatus als Anstandswauwau tituliert. Erste Treffen endeten meist weit vor der Kussphase mit der Ablieferung der Dame an der elterlichen Haustüre. Als heimliche Stelldicheins galten auch das Fensterln oder der Kiltgang. In Gedichten und Liedern wurden Stelldicheins romantisch verklärt.
Abgrenzung zum französischen rendez-vous
Für einen Deutschsprachigen klingen die „
“ der Franzosen mit dem Zahnarzt, dem Frisör oder mit dem Steueramt leicht befremdlich, da dem Begriff noch immer die Bedeutung des trauten Beisammenseins mit einem potenziellen Liebespartner konnotiert. Doch war der Begriff „
“ im Französischen ursprünglich militärisch belegt. Das Stelldichein wird erweitert als „
“ bezeichnet. Rendezvous wird in Frankreich auch als „einen Termin haben“ verstanden.
Jagdreiten
Beim Jagdreiten ist Stelldichein die Bezeichnung für das Treffen von Reitern und Pferden ungefähr eine Stunde vor dem Aufbruch zur Jagd.
Literatur
- Edgar Allan Poe schrieb eine Kurzgeschichte mit dem deutschen Titel Das Stelldichein.[3]
- Detlev von Liliencron verfasste eine kurze Erzählung mit dem Titel Stelldichein. Darin schreibt er über ein heimliches Stelldichein: Seffi hatte mir das erste Stelldichein um elf Uhr vormittags im Englischen Garten versprochen für den nächsten Tag. Wir hatten die erste Bank südlich von der Schwabinger Brücke bestimmt. Schon um zehn Uhr, in brennender Erwartung, war ich an Ort und Stelle. Wir hatten verabredet, uns, wenn der Sitz besetzt sei, aneinander zu schließen und weiter zu gehen. Der herrliche Englische Garten ist von solcher Ausdehnung, daß sich viele hundert einsame Stellen finden. Und richtig, die Bank war besetzt; zu meinem großen Ärger ...[4]
- Ebenfalls von Dichter Detlev von Liliencron ist eine Kurzgeschichte mit dem Titel Stelldichein in einer großen Stadt.[4]
- Richard Dehmels Gedicht Ein Stelldichein ist von morbider Tristesse.[5]
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Stelldichein | Duden. Abgerufen am 15. Februar 2022.
- ↑ DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 4. August 2021.
- ↑ Das Stelldichein von Poe (Memento vom 26. Dezember 2005 im Internet Archive)
- ↑ a b Detlev von Liliencron: Roggen und Weizen. Abgerufen am 4. August 2021.
- ↑ Richard Dehmel: Gedichte. Abgerufen am 4. August 2021.