Straußenfarn

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Straußenfarn
Straußenfarn (Matteuccia struthiopteris)

Straußenfarn (Matteuccia struthiopteris)

Systematik
Farne
Klasse: Echte Farne (Polypodiopsida)
Ordnung: Tüpfelfarnartige (Polypodiales)
Familie: Onocleaceae
Gattung: Matteuccia
Art: Straußenfarn
Wissenschaftlicher Name
Matteuccia struthiopteris
(L.) Tod.
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Europäischer Straußenfarn in seiner natürlichen Umgebung, in Viken, Norwegen

Der Straußenfarn, Straußfarn oder Trichterfarn(Matteuccia struthiopteris) ist ein in Nord- und Mitteleuropa heimischer Farn aus der Familie der Onocleaceae. Er ist der einzige in Europa endemische Straußenfarn und bildet gemeinsam mit den beiden Arten Japanischer Straußenfarn (Matteuccia orientalis) und Amerikanischer Straußenfarn (Matteuccia pensylvanica), die beide nicht in Europa vorkommen, die Gattung Matteuccia. In Deutschland ist der Straußenfarn in freier Wildbahn mittlerweile vom Aussterben bedroht und steht unter Naturschutz.[1][2]

Beschreibung

Der Straußenfarn ist eine ausdauernde Pflanze mit einem kräftigen Rhizom. Die doppelt gefiederten Blätter bilden einen aufrechte und auffallend trichterförmige Rosette. Die Pflanze erreicht eine Wuchshöhe von 30 bis 150 Zentimetern.

Die sterilen Blätter (Trophophylle) sind hellgrün und breit-lanzettlich im Umriss. Die Hauptfiedern sind fiederspaltig bis fiederschnittig. Der jeweils innerste Abschnitt besonders der untersten Fiedern ist sichelförmig über die Blattspindel gebogen.

Illustration des Straußenfarnes aus Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz, 1885

Die Sporophylle sind von den sterilen Blättern deutlich unterschieden und sind bei der Sporenreife dunkelbraun und straußenfedernähnlich. Sie haben einen lineal-lanzettlichen Umriss, die Hauptfiedern sind fiederlappig, die einzelnen Abschnitte sind zusammengerollt. Die Sori stehen in zwei Reihen an reduzierten Wedeln.[3]

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 80.

Ökologie

Der Straußenfarn ist eine sommergrüne Rosettenpflanze, die bedingt durch ihr Rhizom in einer Reihe wächst. Er zeigt Heterophyllie d. h. die äußeren Blätter, die sogenannten Trophophylle, dienen der Photosynthese, inneren Blätter, Sporophylle genannt, dienen vor allem der Fortpflanzung.

Die Sporophylle sind zuerst grün, und sie werden später braun. Die Sporen unterliegen als Körnchenflieger der Windausbreitung oder sie breiten sich in Flussnähe als Wasserschwemmlinge aus.

Sporenreife ist von Juli bis August.

Es findet eine lebhafte vegetative Vermehrung durch über 0,5 m lange, unterirdische Ausläufer statt.

Der Straußenfarn wächst in Herden an zum Teil nur schwach beschatteten, frischen bis feuchten, meist etwas durchsickerten, nur selten überschwemmten, kalkarmen bis schwach sauren, meist basen- und zum Teil auch nährstoffreichen, sandig-kiesigen bis sandig-lehmigen Böden in Flussauenwäldern.

Straußenfarn im Austreiben
Wilder Straußenfarn in Norwegen

Verbreitung und Standorte

Die Art besitzt ein zirkumpolares Areal. Die Verbreitung wird als submeridional/ montan bis boreal mit subozeanischem Schwerpunkt beschrieben. Das Verbreitungsgebiet umfasst zahlreiche Länder Eurasiens, wobei Straußenfarn eine boreale bis kontinentale Art ist, die in Mitteleuropa die Westgrenze ihrer Verbreitung erreicht.

Der Europäische Straußenfarn fühlt sich vor allem im Norden wohl: in Skandinavien, in Finnland, und bis ins nördliche Norwegen; in Mitteleuropa ist er vor allem östlich des Rheins zu finden; im Süden reicht sein Areal bis zu den Westalpen und bis in die Poebene, weiterhin kommt er in Rumänien und in der Ukraine vor.

In Deutschland ist er selten zu finden, in etlichen Bundesländern gilt die Art als gefährdet. Deshalb zählt der Straußenfarn in Deutschland zu den besonders geschützten Arten. In Österreich kommt er zerstreut vor; er fehlt jedoch in Wien und Vorarlberg, desgleichen in Liechtenstein.

Er wächst in Auwäldern, Hochstaudenfluren und an Bachufern der (collin-)submontanen bis montanen(-subalpinen) Höhenstufe. Er ist kalkmeidend und bevorzugt sickernasse, nährstoffreiche, sandige bis kiesige Schwemmböden. Er ist eine Charakterart des Stellario-Alnetum, kommt aber auch in anderen Gesellschaften des Verbands Alno-Ulmion und im Tilio-Acerion vor.[4] Amerikanischer Straußenfarn (Matteuccia pensylvanica) ist dagegen in Nordamerika anzutreffen, während der Japanische Straußenfarn (Matteuccia orientalis) in Asien heimisch ist.

Datei:Fiddleheads Crosses de fougère.jpg
Frische Farnspitzen des Straußenfarns werden in Nordamerika als Fiddleheads verzehrt.[5]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 3+w (feucht aber mäßig wechselnd), Lichtzahl L = 2 (schattig), Reaktionszahl R = 3 (schwach sauer bis neutral), Temperaturzahl T = 4 (kollin), Nährstoffzahl N = 4 (nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).[6]

Nutzung

Fiddleheads in einem Supermarkt in Tokyo, 2020

In Europa wird Straußenfarn von Gärtnern gern als Zierpflanze genutzt, da er winterhart ist und auch mit schattigen Standorten kein Problem hat.[1] Ein weiterer Grund für seine Beliebtheit ist seine hohe Resistenz gegen Schädlinge und Krankheiten. Im Frühjahr, vor dem Austreiben, lässt sich Straußenfarn durch Teilung des Rhizoms vermehren.[2]

In Nordamerika werden frische Farnspitzen des Straußenfarns als Wildgemüse genutzt. Man nennt sie Fiddleheads oder, im französischen Teil Kanadas, Tête de violon und verwendet sie, ähnlich wie Spinat, als Beilage.[7] In Großstädten sind Farnspitzen zum Teil im Fachhandel erhältlich. Werden Farnspitzen roh oder unzureichend gekocht genossen, so kann es zu Vergiftungen kommen.[5][8][9]

In asiatischen Ländern wie China und Japan sind unterschiedliche Arten von Farm bereits seit 3000 Jahren Teil des Speiseplans. Neben Straußenfarn, werden in der asiatischen Küche auch sämtliche Teile des Adlerfarns (einschließlich des Rhizoms) so zubereitet, dass sie bekömmlich sind.[10]

Systematik und Taxonomie

Straußenfarn mit abgestorbenen Trophophyllen

Man kann beim Straußenfarn zwei Unterarten und mehrere Varietäten unterscheiden:[11]

  • Matteuccia struthiopteris subsp. struthiopteris: Mit den Varietäten:
    • Matteuccia struthiopteris var. acutiloba Ching: Sie kommt in Henan, Hubei, Shanxi und Sichuan vor in Höhenlagen von 1500 bis 3800 Metern Meereshöhe.[12]
    • Matteuccia struthiopteris var. pensylvanica (Willd.) Morton (Syn.: Struthiopteris pensylvanica Willd., Matteuccia pensylvanica (Willd.) Raymond): Sie kommt in Alaska, Kanada und in den Vereinigten Staaten vor.[11]
    • Matteuccia struthiopteris var. struthiopteris: Sie kommt in Eurasien vor.[11]
  • Matteuccia struthiopteris subsp. sinuata (Thunb.) Á. & D.Löve (Syn.: Pteris sinuata Thunb.): Sie kommt in Japan vor.[11]

Der Straußenfarn wurde 1753 von Carl von Linné in Species Plantarum unter dem Basionym Osmunda struthiopteris erstveröffentlicht.[13] Das Art-Epitheton struthiopteris wurde von Linné nach den straußenfederartigen fertilen Wedeln gewählt (spätlateinisch struthio und griechisch strouthion = Strauß und griechisch pteris = Farn).

Agostino Todaro stellte den Straußenfarn 1866 in die neu geschaffene Gattung Matteuccia, die zu Ehren von Carlo Matteucci (1811–1868), einem italienischen Naturwissenschaftler, der 1862 Unterrichtsminister in Italien war, benannt wurde.[14]

Weitere Synonyme sind Onoclea struthiopteris (L.) Roth, Struthiopteris germanica Willd. und Struthiopteris filicastrum All.

Quellen

Literatur

  • Rudolf Schubert, Klaus Werner, Hermann Meusel (Hrsg.): Exkursionsflora für die Gebiete der DDR und der BRD. Begründet von Werner Rothmaler. 13. Auflage. Band 2: Gefäßpflanzen. Volk und Wissen, Berlin 1987, ISBN 3-06-012539-2.
  • Oskar Sebald, Siegmund Seybold, Georg Philippi (Hrsg.): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Band 1: Allgemeiner Teil, Spezieller Teil (Pteridophyta, Spermatophyta): Lycopodiaceae bis Plumbaginaceae. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1990, ISBN 3-8001-3309-1, S. 158–160.
  • Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. Unter Mitarbeit von Theo Müller. 7., überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1994, ISBN 3-8252-1828-7.
  • Siegmund Seybold (Hrsg.): Schmeil-Fitschen interaktiv. CD-ROM, Version 1.1. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2002, ISBN 3-494-01327-6.
  • Manfred A. Fischer, Wolfgang Adler, Karl Oswald: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 2., verbesserte und erweiterte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2005, ISBN 3-85474-140-5.
  • Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Portrait. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
  • Oskar Sebald, Siegmund Seybold, Georg Philippi (Hrsg.): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Band 1: Allgemeiner Teil, Spezieller Teil (Pteridophyta, Spermatophyta): Lycopodiaceae bis Plumbaginaceae. 2., ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart 1993, ISBN 3-8001-3322-9.

Einzelnachweise

  1. a b Straußenfarn. Matteuccia struthiopteris Mein schöner Garten, aufgerufen am 6. April 2022
  2. a b Europäischer Straußenfarn – alle Pflanz- und Pflegetipps auf einen Blick Gartentipps, aufgerufen am 6. April 2022
  3. Bestimmungshilfe für häufigere Waldfarne (Jörg Ewald) offene-naturfuehrer.de, aufgerufen am 6. April 2022
  4. Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 74–75.
  5. a b Bulletin #2540, Ostrich Fern Fiddleheads, Matteuccia struthiopteris University of Maine, aufgerufen am 6. April 2022
  6. Matteuccia struthiopteris (L.) Tod. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 28. Februar 2022.
  7. Tête de violon. Wikibouffe (französisch, abgerufen am 20. Mai 2016).
  8. Bulletin #4198, Facts on Fiddleheads University of Maine, aufgerufen am 6. April 2022
  9. Ist der Farn essbar? Gartenjournal.net, aufgerufen am 6. April 2022
  10. Yujing Liu & Wujisguleng Wujisguleng (2012): Food uses of ferns in China: A review. Acta Societatis Botanicorum Poloniae 81(4):263-270 doi:10.5586/asbp.2012.046
  11. a b c d Michael Hassler: Taxon in Suchmaske eintragen bei World Ferns. - Synonymic Checklist and Distribution of Ferns and Lycophytes of the World. Version 12.10 vom Februar 2022.
  12. Fuwu Xing, Wang Faguo & Masahiro Kato: Onocleaceae. In: Flora of China, vol. 2-3, Onocleaceae. Berberis
  13. Carl von Linné: Species Plantarum. Band 2, Lars Salvius, Stockholm 1753, S. 1066, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttp%3A%2F%2Fwww.biodiversitylibrary.org%2Fopenurl%3Fpid%3Dtitle%3A669%26volume%3D2%26issue%3D%26spage%3D1066%26date%3D1753~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D.
  14. Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen. Erweiterte Edition. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin Berlin 2018. [1]

Weblinks

Commons: Straußenfarn – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien