Systematik der Nachtschatten

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Die Typusart der Gattung: der Schwarze Nachtschatten (Solanum nigrum)

Die Systematik der Nachtschatten bietet einen Überblick über die anerkannten Arten der Gattung Nachtschatten (Solanum) und ihre phylogenetische Stellung innerhalb der Gattung. Einer Hochrechnung zufolge, die das Verhältnis der akzeptierten und insgesamt veröffentlichten Namen aus aktuellen Monographien einzelner Gruppen innerhalb der Gattung beachtet, gehören etwa 1328 Arten zu den Nachtschatten.[1] Damit ist sie eine der größten Pflanzengattungen überhaupt.

Die hier dargestellte Systematik basiert auf molekularbiologischen Untersuchungen, auf deren Grundlage Lynn Bohs 2005 die Gattung in zwölf Kladen unterteilt. Die Zuordnung der Arten zu den einzelnen Kladen ist aus den referenzierten wissenschaftlichen Arbeiten übernommen. Die durch diese Arbeiten ermittelten verwandtschaftlichen Verhältnisse zwischen den Kladen sind im folgenden Kladogramm dargestellt:[2]


Thelopodium-Klade


   

Regmandra-Klade


   

Archaesolanum-Klade


   

Normania-Klade


   

Afrikanische, nicht-stachelige Klade


   

Kartoffel-Klade


   

Morelloid-Klade


   

Dulcamaroid-Klade



   

Wendlandii/Allophyllum-Klade


   

Cyphomandra-Klade


   

Geminata-Klade


   

Brevantherum-Klade


   

Leptostemonum-Klade


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Thelopodium-Klade

Die drei Arten der Thelopodium-Klade zeichnen sich durch vergrößerte Wurzeln, einen Wuchs mit einem einzigen Stamm mit wenigen Sympodien und Blüten mit schmalen, zugespitzten und zweigestaltigen Staubbeuteln aus.

Arten innerhalb der Klade:[3]

Regmandra-Klade

In traditionellen Systematiken als Sektion Regmandra entweder in die Untergattung Potatoe oder der Untergattung Solanum zugeordnet, bildet die Regmandra-Klade eine eigenständige, relativ basal stehende Klade innerhalb der Nachtschatten. Sie haben einen krautigen Wuchs und oftmals fiederartig geteilte, dicke Laubblätter mit manchmal geflügelten Blütenstielen und Stängeln.

Arten innerhalb der Klade:[4]

Archaesolanum-Klade

Die Arten der in traditionellen Systematiken als Untergattung Archaesolanum anerkannte Archaesolanum-Klade kommen ausschließlich in Australien, Neuguinea und Neuseeland vor. Als einzige Vertreter der Gattung besitzen sie eine Basischromosomenzahl von n=23. Ihre charakteristischen morphologischen Merkmale sind sympodiale Einheiten aus mehreren Blättern, radförmige Blütenkronen mit einem stark ausgeprägten zusätzlichen Gewebe zwischen den Kronblättern, relativ lange Staubfäden und Früchte mit vielen Steinzellen.

Arten innerhalb der Klade:[5]

Normania-Klade

Die Arten der Normania-Klade wurden lange Zeit in die eigenständigen Gattungen Normania und Triguera gestellt, konnten aber durch molekularbiologische Untersuchungen zu den Nachtschatten gestellt werden. Die Vertreter sind Endemiten Makaronesiens und der naheliegenden Gebiete Spaniens und Nordafrikas. Sie wachsen als krautige oder schwach verholzende Pflanzen, haben laubblattartige, sich vergrößernde Blütenkelche, zygomorphe Kronen und fast gleichgestaltige bis stark ungleichgestaltige Staubblätter. Ihre Staubbeutel besitzen hornartige Anhänge und springen sowohl durch Poren an Spitzen als auch durch Längsschlitze auf. Die Früchte sind trocken oder beinhalten nur wenig Fruchtfleisch und wenige, große Samen. Die Kolpen der Pollenkörner sind an den Polen vereint.

Arten innerhalb der Klade:[6]

Afrikanische, nicht-stachelige Klade

In dieser Klade befindet sich neben den traditionell in die Sektionen Afrosolanum, Quadrangulare und Benderianum gestellten Arten der Untergattung Solanum auch die als monotypisch geführte Untergattung Lyciosolanum mit Solanum guineense. Gemeinsame morphologische Merkmale sind nur wenig bekannt, dazu gehören möglicherweise der Wuchs als Strauch oder Kletterpflanze, die ungeteilten oder gegabelten Trichome und purpurne oder weiße, sternförmige Blütenkronen.

Arten innerhalb der Klade:[7]

Kartoffel-Klade

Die Kartoffel-Klade enthält nur einen Teil der als Untergattung Potatoe geführten Arten, nämlich die Sektionen Petota, Anarrhichomenum, Basarthrum, Lycopersicon, Neolycopersicon, Juglandifolia, Etuberosum, Articulatum und Taeniotrichum. Hinzu kommen die Sektionen Herpystichum und Pteroidea, die traditionell zur Untergattung Bassovia gezählt wurden. Gemeinsam ist den Arten der krautige bis schwach holzige, oft kletternde Wuchs und das Auftreten von ausschließlich unverzweigten Trichomen. Zudem bilden die Wurzeln vieler Arten Knollen; Steinzellen fehlen in den Früchten. Eine weitere Gemeinsamkeit und Alleinstellungsmerkmal der Klade könnte das Auftreten von Solanidin- und Tomatidin-Alkaloiden sein.

Arten innerhalb der Klade:[8]

Morelloid/Dulcamaroid-Klade

Die Morelloid- und die Dulcamaroid-Klade bilden zusammen wiederum eine monophyletische Klade. Beide Gruppen werden jedoch aufgrund ihrer Eigenständigkeit einzeln geführt.

Morelloid-Klade

Innerhalb der Morelloid-Klade befinden sich Arten, die den Sektionen Solanum, Campanulisolanum, Parasolanum, Episarcophyllum und Chamaesarachidium innerhalb der Untergattung Solanum zugeordnet wurden. Mit Ausnahme der Vertreter der Sektion Parasolanum sind sich die Arten morphologisch sehr ähnlich, so dass eine klare Trennung der Sektionen nicht möglich ist. Zudem zeigen phylogenetische Untersuchungen, dass auch die drei Vertreter der Sektion Parasolanum keine monophyletische Einheit bilden, also jeweils näher mit anderen Arten der Klade verwandt sind. Morphologische Gemeinsamkeiten sind ein krautiger bis schwach holziger Wuchs, zwei- bis dreiblättrige sympodiale Einheiten, oftmals behaarte Staubfäden und Griffel, sowie kleine Steinzellen in den Früchten.

Arten innerhalb der Klade:[10]

Dulcamaroid-Klade

Die Dulcamaroid-Klade setzt sich aus Arten zusammen, die nach traditioneller Sichtweise Teil von drei verschiedenen Untergattungen (Potatoe, Solanum und Minon) waren. Ebenso wie in der Morelloid-Klade sind die Grenzen zwischen den beschriebenen Sektionen nur schwer zu ziehen, oftmals sind sie nicht monophyletisch. Gemeinsam ist den Vertretern der oftmals kletternde Wuchs, die unverzweigten, gegabelten oder seeigelartig verzweigten Trichome und das Fehlen von Steinzellen in den Früchten.

Arten innerhalb der Klade:[13]

Wendlandii/Allophyllum-Klade

Diese Klade besteht aus den Arten, die traditionell den Sektionen Allophyllum und Aculeigerum zugeordnet waren. Da die morphologischen Ähnlichkeiten zwischen beiden Sektionen nicht sonderlich stark sind, wurden sie dementsprechend meist weit entfernt voneinander in die Unterteilung der Gattung gruppiert. Einige Arten der Sektion Allophyllum wurden beispielsweise in die Gattung Cyphomandra (jetzt: Solanum sect. Pachyphylla) eingeordnet. Die Sektion Aculeigerum wurde meist der Untergattung Leptostemonum zugeordnet, obwohl den Arten die typischen sternförmigen Trichome fehlen. Gemeinsam haben alle Arten der Klade nur die spitz zulaufenden Staubbeutel, die sich durch kleine endständige Poren öffnen, die ausschließlich unverzweigten Trichome und oftmals fiederig gelappte Laubblätter.

Arten innerhalb der Klade:[14]

Cyphomandra-Klade

Die Cyphomandra-Klade vereint die Arten der Sektionen Pachyphylla, Cyphomandropsis und Glaucophyllum. Die Sektion Pachyphylla wurde bis 1995 oft als eigenständige Gattung Cyphomandra geführt, manche Autoren führten die Sektion innerhalb der Nachtschatten, jedoch mit unterschiedlicher Einordnung innerhalb der Gattung. 1995 jedoch zeigten molekularbiologische Untersuchungen die Zugehörigkeit zu den Nachtschatten. Alle Arten der Klade sind verholzende Sträucher oder Bäume. Die Staubbeutel besitzen oftmals ein vergrößertes oder hervorstehendes Konnektivgewebe oder ebensolche Rückseiten.

Arten innerhalb der Klade:[16]

Geminata-Klade

Die Geminata-Klade setzt sich aus Arten zusammen, die nach traditioneller Systematik den Untergattungen Solanum (dort Sektionen Geminata, Delitescens und Diamonon) oder Minon (dort Sektion Pseudocapsicum und Teile der Sektion Holophylla) zugerechnet wurden. Die Arten sind verholzend, haben unverzweigte oder baumförmig verzweigte Trichome, langgestreckte Staubbeutel, die sich über große Poren an den Spitzen öffnen und Früchte, in denen keine Steinzellen vorkommen.

Arten innerhalb der Klade:[17]

Brevantherum-Klade

Traditionell werden die meisten Arten der Klade der Untergattung Minon zugeordnet. Da die Typusart der Untergattung (Solanum pseudocapsicum) jedoch nach molekularbiologischen Erkenntnissen der Geminata-Klade angehört, wäre der korrekte Name für eine Untergattung, die dem hier beschriebenen Umfang entspricht Brevantherum. Zu den weiterhin hier eingeordneten Sektionen dieser Untergattung (Brevantherum, Extensum, Stellatigeminatum und Cernuum) gruppiert sich die ehemals der Untergattung Solanum zugeordnete Sektion Gonatotrichum, die sich jedoch morphologisch stark von den restlichen Teilen der Klade unterscheidet. Bis auf diese zuletzt genannte Gruppe besitzen die meisten Arten sternförmige Trichome oder feine Schuppen, langgestreckte Staubbeutel, die sich mit großen Poren an den Spitzen öffnen und grüne, gelbe oder purpurn gefärbte Früchte.

Arten innerhalb der Klade:[18]

Leptostemonum-Klade

Die Leptostemonum-Klade umfasst alle Arten, die auch traditionell zur Untergattung Leptostemonum gezählt wurden, mit Ausnahme der Sektion Aculeigerum. Ob die Sektion Herposolanum ebenfalls dieser Klade zugehörig ist, konnte bisher noch nicht ermittelt werden. Fast alle Vertreter der Leptostemonum-Klade besitzen sternförmige Trichome und sind mit Stacheln besetzt. Die Staubbeutel sind schmal und zugespitzt, sie öffnen sich über kleine Poren an den Spitzen, die sich nicht zu Schlitzen verlängern.

Arten innerhalb der Klade:[21]

Alte-Welt-Klade[22]
Elaeagnifolium-Klade[22]
Micracantha-Klade[22]
Torva-Klade[22]
Carolinense-Klade[22]
Bahamense-Klade[22]
Androceras/Crinitum-Klade[22]
Acanthophora-Klade[22]
Lasiocarpa-Klade[22]
Robustum-Klade[22]
Phylogenetisch untersuchte, aber nicht in eine Klade einordenbare Arten[22]
Arten mit unbekannter Zuordnung innerhalb der Leptostemonum-Klade

Literatur

  • Lynn Bohs: Major clades in Solanum based in ndhF sequences. In: R. C. Keating, V. C. Hollowell, T. B. Croat (Hrsg.): A festschrift for William G. D’Arcy: the legacy of a taxonomist. Monographs in Systematic Botany from the Missouri Botanical Garden. Band 104. Missouri Botanical Garden Press, St. Louis. 2005, S. 27–49.

Einzelnachweise

  1. Richard G. Olmstead, Lynn Bohs: A Summary of Molecular Systematic Research in Solanaceae: 1982–2006. In: D.M. Spooner u. a. (Hrsg.): Solanaceae VI: Genomics Meets Biodiversity. ISHS Acta Horticulturae 745, Juni 2007, ISBN 978-90-6605-427-1.
  2. Lynn Bohs: Major clades in Solanum based in ndhF sequences. In: R. C. Keating, V. C. Hollowell, T. B. Croat (Hrsg.): A festschrift for William G. D’Arcy: the legacy of a taxonomist. Monographs in Systematic Botany from the Missouri Botanical Garden. Band 104. Missouri Botanical Garden Press, St. Louis. 2005, S. 27–49.
  3. Accepted taxa in the Thelopodium clade. Aus: PBI Solanum, online, abgerufen am 5. Januar 2011.
  4. Accepted taxa in the Regmandra clade. Aus: PBI Solanum, online, abgerufen am 5. Januar 2011.
  5. Accepted taxa in the Archaesolanum clade. Aus: PBI Solanum, online, abgerufen am 5. Januar 2011.
  6. Accepted taxa in the Normania clade. Aus: PBI Solanum, online, abgerufen am 5. Januar 2011.
  7. Accepted taxa in the Aftrican non-spiny clade. Aus: PBI Solanum, online, abgerufen am 5. Januar 2011.
  8. Accepted taxa in the Potato clade. Aus: PBI Solanum, online, abgerufen am 5. Januar 2011.
  9. a b c Eric J. Tepe, Lynn Bohs: Three new species of Solanum section Herpystichum (Solanaceae) from Ecuador. In: Journal of the Botanical Research Institute of Texas. Band 3, Nummer 2, 2009, S. 511–519.
  10. Accepted taxa in the Morelloid clade. Aus: PBI Solanum, online, abgerufen am 5. Januar 2011.
  11. Tiina Särkinen, Gloria E. Barboza, Sandra Knapp (2015): True Black nightshades: Phylogeny and delimitation of the Morelloid clade of Solanum. Taxon 64 (5): 945–958. doi:10.12705/645.5
  12. Mkabwa L. K. Manoko u. a.: A new tetraploid species of Solanum L. sect. Solanum (Solanaceae) from Tanzania. In: Phytokeys. Band 16, 2012, S. 65–74. doi:10.3897/phytokeys.16.2884
  13. Sandra Knapp: A revision of the Dulcamaroid Clade of Solanum L. (Solanaceae). In: PhytoKeys. Band 22, 10. Mai 2013, S. 1–428. doi:10.3897/phytokeys.22.4041
  14. Accepted taxa in the Wendlandii-Allophyllum clade. Aus: PBI Solanum, online, abgerufen am 5. Januar 2011.
  15. Terri L. Weese, Lynn Bohs: A Three-Gene Phylogeny of the Genus Solanum (Solanaceae). In: Systematic Botany. Band 32, Nummer 2, 2007, S. 445–463. doi:10.1600/036364407781179671
  16. Accepted taxa in the Cyphomandra clade. Aus: PBI Solanum, online, abgerufen am 5. Januar 2011.
  17. Accepted taxa in the Geminata clade. Aus: PBI Solanum, online, abgerufen am 5. Januar 2011.
  18. Accepted taxa in the Brevantherum clade. Aus: PBI Solanum, online, abgerufen am 5. Januar 2011.
  19. a b Sandra Knapp: New species of Solanum (Solanaceae) from Peru and Ecuador. In: PhytoKeys. Band 1, 2010, S. 33–51. doi:10.3897/phytokeys.1.659
  20. Stephen Stern, Lynn Bohs: Two new species of Solanum from Ecuador and new Combinations in Solanum section Pachyphylla (Solanaceae). In: Journal of the Botanical Research Institute of Texas. Band 3, Nummer 2, 2009, S. 503–510.
  21. Accepted taxa in the Leptostemonum clade. Aus: PBI Solanum, online, abgerufen am 5. Januar 2011.
  22. a b c d e f g h i j k l Rachel Levin, Nicole Myers, Lynn Bohs: Phylogenetic Relationship among the “Spiny Solanums” (Solanum subgenus Leptostemonum, Solanaceae). In: American Journal of Botany. Band 93, Nr. 1, 2006, S. 157–169.
  23. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af ag ah ai aj ak al am an ao ap aq ar as at au av aw ax ay az ba bb bc Entsprechend den Daten aus den Einträgen zur Art in PBI Solanum, online, abgerufen am 5. Januar 2011.
  24. a b Stephen Stern, Lynn Bohs: Two new species of Solanum (Solanaceae) from the Amotape-Huancabamba Zone of southern Ecuador and northern Peru. In: PhyoKeys. Band 1, 2010, S. 53–65. doi:10.3897/phytokeys.1.660
  25. a b Frank T. Farruggia, Lynn Bohs: Two new South American species of Solanum section Crinitum (Solanaceae). In: PhytoKeys. Band 1, 2010, S. 67–77. doi:10.3897/phytokeys.1.661