Theodor Leschetizky
Theodor Hermann Leschetizky, auch Theodor Hermann Leschetitzky, eigentlich Teodor Leszetycki (* 22. Juni 1830 in Łańcut, Galizien, Kaisertum Österreich; † 14. November 1915 in Dresden),[1] war ein polnisch[2][3]-österreichischer Pianist, Komponist und Musikpädagoge.
Leben
1841 debütierte Theodor als Pianist mit einem Klavierkonzert von Carl Czerny in Lemberg. Im Alter von zwölf Jahren ging Leschetizky nach Wien und lernte Klavier bei Carl Czerny und Komposition bei Simon Sechter und wurde bereits im Alter von 14 Jahren Klavierlehrer und Pianist.
1854 ging er nach Sankt Petersburg, wo er 1862 zusammen mit Anton Rubinstein das dortige Konservatorium gründete. Leschetitzky gilt neben Nikolai Rubinstein als Ahnherr der sogenannten russischen Klavierschule.
In St. Petersburg lehrte er bis 1878 und war Konzertmeister am Hofe der Großfürstin Helena, gab zahlreiche Konzerte und war auch als Dirigent tätig. 1878 siedelte er zurück nach Wien und war inzwischen mit der Pianistin Anna Jessipowa verheiratet, die seine Schülerin war. Nach der Konzertsängerin Friedburg war sie bereits seine zweite Frau. 1892 ließ er sich scheiden und war von 1894 bis 1908 mit Donimirska Benislawska und ab 1908 mit Marie Gabriele Rozborska verheiratet.
Zahlreiche bekannte Pianisten gehörten zu seinen Schülern, so Ignacy Jan Paderewski, Artur Schnabel, Ossip Gabrilowitsch, Elly Ney, Mieczysław Horszowski, Benno Moiseiwitsch, Paul Wittgenstein, Ignaz Friedman, Anna Hirzel-Langenhan, Antonina Szukiewicz, Richard Buhlig, Dmitri Klimow, Mark Hambourg und Isabelle Vengerova[4]. Leschetizky war einer der bedeutendsten und einflussreichsten Klavierpädagogen seiner Zeit. Leopold Godowsky widmete ihm einige seiner Studien über die Etüden (Chopin). Um 1899 unterrichtete er unter anderem auch die Sängerin Clara Clemens, die Tochter von Mark Twain.
1882 erwarb Leschetizky einen Konzertflügel von Bösendorfer (2,50 lang, Wiener Mechanik mit Patentauslösung, Geradsaiter, keine Gußplatte) mit der Nummer 9625. Dieser Flügel steht heute konzertfähig restauriert im Clavier-Salon in Göttingen und wird laufend in Konzerten vorgestellt.
Am 18. Februar 1906 nahm er zwölf Klavierstücke für das Reproduktionsklavier Welte-Mignon im Leipziger Aufnahmestudio von Welte auf, davon sieben eigene Werke. Außerdem gibt es eine Edisonwalze von ca. 1900, auf der er über „Kein Leben ohne Kunst“ spricht.
Begraben wurde er in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 0, Reihe 1, Nummer 94).
Im Jahr 1932 wurde in Wien-Währing (18. Bezirk) die Leschetitzkygasse nach ihm benannt. Ebenso führt in Bad Ischl eine Straße seinen Namen.
Ein Leschetizky-Verein mit einem umfangreichen Archiv wurde 1991 in Bad Ischl durch Leschetizkys Urenkelin Margeret Tautschnig und den belgischen Pianisten Peter Ritzen gegründet. Im Ortsteil Ahorn befindet sich ein Denkmal sowie eine nach ihm benannte Höhe. Auf der Leschetizky-Höhe komponierte Johannes Brahms sein Lied „Guten Abend, gut’ Nacht“.
2010 wurde in Gießen die Deutsche Leschetizky-Gesellschaft e. V. gegründet, die sich zum Ziel gesetzt hat, Theodor Leschetizky und sein Werk auch in Deutschland bekannter zu machen. Dazu begründete sie eine eigene Buchreihe (Studien, Beiträge und Materialien zur Leschetizky-Forschung) und beginnt mit der kritischen Neuausgabe seiner Kompositionen. Auf Anregung der Deutschen Leschetizky-Gesellschaft e.V. führte die Karlsruher Salonoper am 100. Todestag Leschetizkys, dem 14. November 2015, in Gaggenau seine komische Oper „Die erste Falte“ wieder auf.
Werke (Auswahl)
Klavierwerke (Auswahl)
- Gruß an die Nacht Op. 1, Nr. 1
- Les deux alouettes Op. 2, Nr. 1
- Klavierkonzert c-Moll Op. 9.
- Andante Finale for the Left Hand Op. 13 (Paraphrase on Lucia di Lammermoor by Donizetti), Das Klavierwerk Nr. 1 (arr. Muth) ISMN M-50000-398-4, Wolfgang G. Haas-Musikverlag Köln
- Leichtere Stücke (3) Op. 19,4/6 Motif Finlandais, Méditation Berceuse, Méditation Consolation, Das Klavierwerk Nr. 2 (arr. Muth)ISMN M-2054-0215-0, Wolfgang G. Haas-Musikverlag Köln.
- Le Doux Reve, Bararolle Napolitaine, Das Klavierwerk Nr. 3 (arr. Muth) ISMN M-2054-0306-5, Wolfgang G. Haas-Musikverlag Köln.
- Hommage a Chopin, Das Klavierwerk Nr. 4 (arr. Muth) ISMN M-2054-0459-8, Wolfgang G. Haas-Musikverlag Köln.
- Aus Contes de Jeunesse op. 46. Fantasiestück (Hommage à Schumann) Das Klavierwerk Nr. 5 (arr. Muth) ISMN M-2054-1310-1 Wolfgang G. Haas-Musikverlag Köln.
- Marche militaire (arr. Peter Ritzen), Op. 17
- 6 Meditations (Livre 1), Op. 19 1 La Melusine/2 Reponse/ 3 L'approche du printemps
- 6 Meditations (Livre 2), Op. 19 4 Berceuse/5 Decouragement/6 Consolation
- Deux Mazurkas pour piano Op. 24.
- 2 Pieces, Op. 35; nr. 1 Le bal d'hier (Mazurka-Reverie)/ nr. 2 Souvenir d'Ischl (Valse)
- Suite op. 36; Aria (dedicated to Anton Rubinstein), Op. 36, No. 1
- Suite "A la Campagne", Op. 40 1. Jeux de ondes/2. Romance/3. Primula veris/4. A la Mazurka/5. Danse a la russe
- 2 Pieces, Op. 35; nr. 1 Le bal d'hier (Mazurka-Reverie)/ nr. 2 Souvenir d'Ischl (Valse)
- Von 4 Stücke op 44; Intermezzo en octaves (dedicated to Maurizio Rosenthal), Op. 44, No. 4
- Contes de Jeunesse Suite, Op. 46 1.Berceuse/ 2.So tanzte Mama/ 3.Verwickelte Geschichte/ 4.Moment de tristesse/ 5.Hommage an C. Czerny (Toccata)/ 6.Impromptu en Souvenir de Henselt/ 7. Fantasiestück (Hommage an R. Schumann)/ 8.Gavotte a l'antica e musette moderne/ 9. Hommage an Chopin
- 3 Pieces, Op. 48; No. 1 Prelude humoresque- 2 Intermezzo scherzando- 3 Etude Héroique
Kammermusik
- Variationen für Oboe und Klavier über ein Thema von Beethoven (opus Nummer ?).
- Aus sein Lied Cyclus: Mittagszauber für Sopran und Klavier (Text von Emanuel Geibel) Op. 32, Nr. 1.
Bühnenwerke
- Die Brüder von San Marco, Oper (1848–1852), Fragment.
- Die erste Falte (Libretto: Salomon Hermann Mosenthal), komische Oper in einem Akt (UA 1867 Prag).
Literatur
- Angèle Potocka: "Theodor Leschetizky. Eine Studie des Menschen und Musikers aus persönlicher Bekanntschaft". Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen und kommentiert von Burkhard Muth (= Studien, Beiträge und Materialien zur Leschetizky-Forschung, hrsg. von der Deutschen Leschetizky-Gesellschaft, Band 2). 320 Seiten, 13 Abbildungen, Fernwald, Muth, 2. Auflage 2016, ISBN 978-3-929379-41-9
- Moritz von Bredow: Rebellische Pianistin. Das Leben der Grete Sultan zwischen Berlin und New York. (Biographie, 368 S., 60 Abb. - Viele Bezüge zu Teodor Leszetycki und dem Wiener Musikleben) Schott Music, Mainz, 2012. ISBN 978-3-7957-0800-9
- Comtesse Angèle Potocka: Theodore Leschetizky, an intimate study of the man and the musician. New York, The Century co.,1903
- Annette Hullah: Theodor Leschetizky. Bilinguale Neuausgabe/Bilingual New Edition. Herausgegeben und kommentiert/Edited and commented von/by Burkhard Muth (=Studien, Beiträge und Materialien zur Leschetizky-Forschung, Band 1). Fernwald, Muth. 2020 ISBN 978-3-929379-50-1
- Burkhard Muth: Theodor Leschetizky - der bedeutendste Klavierlehrer, den die Welt je gesehen hat? Eine Einführung in Leben, Werk und Wirken des Pädagogen, Pianisten und Komponisten. Fernwald, Muth 2003, ISBN 3-929379-09-0.
- Burkhard Muth (Hg.): "Theodor Leschetizky - seine letzten Jahre, Ruhm und Nachruhm". Mit den Aufzeichnungen "Aus dem Leben Leschetizkys" von Eugenie Leschetizky (= Studien, Beiträge und Materialien zur Leschetizky-Forschung, hrsg. von der Deutschen Leschetizky-Gesellschaft, Band 3). 279 Seiten, 55 Abbildungen, Fernwald, Muth 2019, ISBN 978-3-929379-48-8
- Malwine Brée: Die Grundlage der Methode Leschetizky. Mit Autorisation des Meisters herausgegeben von seiner Assistentin Malwine Brée. Mit 47 Abbildungen der Hand Leschetizkys. (zahlreiche Auflagen).
- Malwine Brée: The Leschetizky method: a guide to fine and correct piano playing. Mineola, New York 1997.
- Stanislaw Tichonow: Leschetizky und sein Wiener Kreis. Sein Leben und Wirken. Band I. Theodor Leschetizky-Gesellschaft, Wien 2001.
- Antonicek: Leschetitzky Theodor. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 5, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1972, S. 154.
- Christa Harten-Flamm: Leschetizky, Theodor. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 325 f. (Digitalisat).
- Tobias Bigger: Gedanken und Hinweise im Rahmen der Interpretation der auf der SACD BIS 2518 eingespielten Leschetizky-Klavierwerke opp.36, 38, 43, 44, 47 (Aufnahme 2019, veröffentlicht als Hybrid-SACD 2020); PDF-Datei unter dem Arbeitstitel "Mit Theodor Leschetizky in der Klavierwerkstatt", verlinkt unter https://tbigger.12hp.de/seite8.html.
- Simon Arnold. "Ein bedeutender Mensch, ein großer Künstler, ein vergötterter Lehrer". Zur Klaviermethode und Persönlichkeit Theodor Leschetizkys (= Studien, Beiträge und Materialien zur Leschetizky-Forschung, herausgegeben von der Deutschen Leschetizky-Gesellschaft, Band 4). 272 Seiten, 10 Abbildungen 15 Notenbeispiele, Fernwald, Muth 2021, ISBN 978-3-929379-51-8
Weblinks
Deutsche Leschetizky-Gesellschaft
https://deutsche-leschetizky-ges.jimdo.com/
- Werke von und über Theodor Leschetizky in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Noten und Audiodateien von Theodor Leschetizky im International Music Score Library Project
- Leschetizky-Verein
- Pupils of Leschetizky (Sakuraphon CD)
- Karlsruher Salonoper
Einzelnachweise
- ↑ Theodor Hermann Leschetitzky im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
- ↑ Eintrag der Encyclopædia Britannica, abgerufen am 2. September 2010
- ↑ Merriam-Webster's collegiate encyclopedia, Merriam-Webster 2000, S. 938. hier online
- ↑ Aufbau : an American weekly published in New York = Reconstruction - Freitag, 16.04.1948 - Deutsches Zeitungsportal. Abgerufen am 20. Mai 2022.
Personendaten | |
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NAME | Leschetizky, Theodor |
ALTERNATIVNAMEN | Leschetizky, Theodor Hermann (vollständiger Name); Leschetitzky, Theodor Hermann; Leszetycki, Teodor (wirklicher Name) |
KURZBESCHREIBUNG | polnisch-österreichischer Pianist, Komponist und Musikpädagoge |
GEBURTSDATUM | 22. Juni 1830 |
GEBURTSORT | Łańcut, Galizien, Kaisertum Österreich |
STERBEDATUM | 14. November 1915 |
STERBEORT | Dresden |