The Crying Game
Film | |
Deutscher Titel | The Crying Game |
Originaltitel | The Crying Game |
Produktionsland | Vereinigtes Königreich, Japan |
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Originalsprache | Englisch |
Erscheinungsjahr | 1992 |
Länge | 107 Minuten |
Altersfreigabe | FSK 16[1] |
Stab | |
Regie | Neil Jordan |
Drehbuch | Neil Jordan |
Produktion | Stephen Woolley |
Musik | Simon Boswell, Anne Dudley, Geoff Stephens |
Kamera | Ian Wilson |
Schnitt | Kant Pan |
Besetzung | |
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The Crying Game ist ein Spielfilm des irischen Regisseurs und Drehbuchautors Neil Jordan aus dem Jahr 1992. Der Thriller basiert auf einem Original-Drehbuch Jordans und wurde u. a. von den Filmstudios British Screen Productions, Channel Four Films und Nippon Film Development and Finance Inc. produziert. Der Titel geht auf einen britischen Popsong von Dave Berry aus dem Jahr 1964 zurück, der im Film von einer der Hauptfiguren interpretiert wird. Eine Cover-Version des Songs durch Boy George (Culture Club) läuft im Film im Abspann.
Handlung
Bei einem Ausflug in einen Vergnügungspark in Nordirland wird der britische Soldat Jody von der attraktiven Jude umgarnt und in eine Falle der irischen Untergrundarmee IRA gelockt. Die Terroristengruppe droht, ihn zu töten, um einen von der Polizei verhafteten Kameraden freizupressen. Der eher sanfte Mitverschwörer Fergus, der von Maguire, dem Kopf der Gruppe, zur Bewachung des entführten Jody abkommandiert wird, freundet sich schnell mit dem Afroeuropäer an, und Jody zeigt ihm ein abgegriffenes Foto von sich und seiner schönen Freundin, Dil. Als die britische Regierung auf die Forderungen der IRA nicht eingeht, wird Fergus der Auftrag erteilt, Jody zu exekutieren. Fergus hadert mit sich. Als er zögert, das Todesurteil an Jody zu vollstrecken, kann dieser fliehen.
Auf der Flucht vor Fergus durch den Wald wird Jody von einem zufällig vorbeifahrenden britischen Truppentransporter überrollt. Die britische Armee wird somit auf die Terroristen aufmerksam, sie fliegen auf, und ihr Quartier wird zusammengeschossen. Fergus gelingt es, mit heiler Haut davonzukommen, und er reist mit neuer Identität versehen nach London, wo er Arbeit auf dem Bau findet. „Jimmy“, wie er sich nun nennt, spürt Jodys Freundin auf, der er die letzte Botschaft des Toten überbringen will. Die verführerische und sinnliche Dil zieht Fergus jedoch so sehr in ihren Bann, dass er die Botschaft des Toten verschweigt. Sie nimmt ihn mit in ihre Wohnung, die mit einer Installation mit Jodys Porträts und Erinnerungsstücken an den Geliebten geschmückt ist. Fergus entdeckt erst, als er mit ihr ins Bett gehen will, dass sie einen Penis hat – ein Faktum, von dem sie dachte, es sei ihm bekannt, da er sie ja in einer Homosexuellen-Bar angesprochen hat.
Er schlägt sie, ergreift schockiert die Flucht. Er versucht sich von Dil fernzuhalten, fühlt sich aber nach wie vor zu ihr hingezogen. Fergus’ Lage verkompliziert sich, als die zwei vermeintlich toten Kombattanten Jude und Maguire bei ihm auftauchen. Die beiden planen ein Attentat auf einen Londoner Richter und brauchen Fergus für die Ausführung der Tat. Fergus weigert sich zunächst, wird aber von der rücksichtslosen Jude dazu gezwungen, indem sie droht, Dil sonst etwas anzutun.
Vergeblich versucht Dil aus Fergus herauszubringen, was er ihr verheimlicht, wovor er Angst hat. Am Tag des geplanten Attentats wird Fergus von Dil ans Bett gefesselt und festgehalten. Sie hat mittlerweile herausgefunden, welche Verbindung Fergus zu Jody hatte, liebt den melancholischen Iren aber trotzdem. Als Fergus nicht wie verabredet auftaucht, versucht Maguire selbst, den Richter zu erschießen, wird aber von dessen Leibwächtern erschossen. Jude kann vom Tatort entkommen und sinnt auf Rache. Als sie Dil für den gescheiterten Auftrag büßen lassen will, wird sie von ihr erschossen. Fergus drängt Dil zur Flucht, verwischt ihre Spuren am Tatort, stellt sich der Polizei als vermeintlicher Mörder Judes, um sie vor dem Gefängnis zu bewahren. Zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt, bekommt er regelmäßig Besuch von Dil, die draußen auf seine Freilassung wartet.
Entstehungsgeschichte
Das Casting für den Part von Dil stellte sich als extrem schwierig für die Filmemacher dar, Stanley Kubrick warnte sogar seinen Freund Neil Jordan, dass die Rolle nicht zu besetzen sei. Aufmerksam auf Jaye Davidson wurde Casting-Director Susie Figgis erst durch einen Tipp von Regisseur Derek Jarman. Davidson wurde auf einer Kostümparty zu Jarmans Film Edward II „entdeckt“, und sofort wurde ihm die Rolle in The Crying Game angeboten. Davidson war zu diesem Zeitpunkt nach eigenem Bekunden sehr stark betrunken und nicht sehr enthusiastisch. Er dachte zuerst, jemand würde mit ihm einen schlechten Scherz treiben. Dennoch nahm Davidson die Rolle an, um ein paar handgemachte Lederstiefel zu bezahlen, die er in einer Ausgabe der Vogue gesehen hatte.
Synchronisation
Die deutsche Vertonung fand bei der Neue Tonfilm München statt. Pierre Peters-Arnolds schrieb das Dialogbuch und führte die Dialogregie.[2]
Rolle | Schauspieler | Synchronsprecher |
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Fergus | Stephen Rea | Martin Umbach |
Jody | Forest Whitaker | Ekkehardt Belle |
Dil | Jaye Davidson | Sandra Schwittau |
Jude | Miranda Richardson | Katharina Lopinski |
Rezeption
Neil Jordans Drehbuch wurde von vielen Filmstudios wegen der unerwarteten Wendung im Plot abgelehnt; im Nachhinein begründete diese aber den finanziellen Erfolg des Films. Eine intelligente und provokative Werbekampagne von Miramax machte sich das Geheimnis um Jaye Davidsons Figur zunutze, und The Crying Game belegte wochenlang Platz 3 der US-Kinocharts. Die auf 2,3 Mio. US-Dollar geschätzte Produktion spielte allein in den USA 62 Mio. US-Dollar an den Kinokassen ein. In Deutschland konnte der Film seinerzeit nicht an den Erfolg in den USA und Großbritannien anknüpfen.
2017 brachte das BFI eine DVD- und eine Blu-Ray-Fassung des Films heraus, ergänzt um umfangreiches Bonus-Material (Making of, die alternative Fassung des Filmendes) sowie einem ausführlichen Interview mit Neil Jordan und einem 32 Seiten umfassenden Booklet.[3]
Kritiken
- Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Band 4, Berlin 2001, S. 252: „The Crying Game“ orientierte sich, wie schon knapp zehn Jahre zuvor „Angel“, an der alltäglichen, (nord)irischen Realität von Gewalt, Haß und Rache. In einer raffiniert konstruierten Geschichte erzählte „The Crying Game“ von einem IRA-Zuarbeiter, unter dessen Augen ein in Nordirland stationierter, von der IRA gefangengenommener, farbiger, britischer Soldat bei einem Unglück ums Leben kommt. (...) Mit traumwandlerischer Leichtigkeit spielte der Regisseur mit den verschiedenen Ebenen von Freund- und Feindschaft, Schuld und Verlangen, Offenheit und Verschweigen, Schein und Sein. „The Crying Game“, getragen von einer erlesenen (bis dahin weitgehend unbekannten) Schauspielerschar, erwies sich vor allem in Europa als ein außergewöhnlicher Kritikererfolg.
- „Poetischer Thriller voller Tragikomik“ nach einem „überraschungsreichen Drehbuch“ – Cinema[4]
- „Faszinierend erzählte und ausgezeichnet gespielte Geschichte eines jungen Mannes, dessen Selbstfindung und Entscheidungsfähigkeit mit den von außen hereinbrechenden Ereignissen kaum Schritt halten kann; zudem eine hervorragende wie lustvolle Reflexion über Schein und Sein.“ – Lexikon des internationalen Films[5]
- „Jaye Davidson: Ein Spezialeffekt auf Beinen!“ (Prinz)
- „Ein phantastisch guter Thriller.“ (Sunday Telegraph)
- „Sexy, brutal, überhitzt.“ (News Day)
- „Es ist so ein Schocker, mir gefror das Blut in den Adern.“ (Sunday Mirror)
Anmerkungen
- Während der Produktion lief der Film unter dem Arbeitstitel The Soldier’s Wife (deutsch: „Die Soldatenfrau“).[6]
- Produzent Stephen Woolley war zum Zeitpunkt der Dreharbeiten Besitzer des Kinos Scala in London Kings’s Cross. Als es zu Problemen bei der Finanzierung mit dem niedrigbudgetierten Film, borgte sich Woolley Geld aus den Gewinnen seines Kinos, um die Produktion am Laufen zu halten.[7]
- Ein paar Wochen nach Drehbeginn erkrankte Jaye Davidson an einer Grippe. Ein Arzt wurde zum Filmset gerufen, der Davidson in seinem kleinen Trailer aufsuchte und untersuchte. Als der Arzt aus dem Trailer wieder herauskam, fragte er Regisseur Neil Jordan, ob der schon in Betracht gezogen hätte, dass seine Schauspielerin schwanger sein könnte. Jordan und die gesamte Filmcrew brachen daraufhin in Gelächter aus, und der Arzt wurde wenig später über das Geschlecht Jaye Davidsons aufgeklärt.
- Zentral ist die Fabel vom Skorpion und vom Frosch. Zuerst wird sie von Jody (Forest Whitaker) erzählt. Zum zweiten Mal erzählt sie Fergus im Gefängnis.
Auszeichnungen
Neil Jordans originelle Mischung aus Psychothriller und Liebesgeschichte stellte sich nach der Premiere in Großbritannien zunächst als Flop heraus, erzürnte und entzückte aber 1992 das Kinopublikum in den USA und stand in der Gunst der Kritiker. Ein Jahr später wurde The Crying Game für sechs Academy Awards nominiert, hatte aber seinerzeit gegenüber Clint Eastwoods Western Erbarmungslos und James Ivorys Romanadaption Wiedersehen in Howards End das Nachsehen. Dennoch wurde Neil Jordan für sein doppelbödiges Drehbuch mit dem Academy Award ausgezeichnet. Außerdem wurde der Film mit dem British Academy Film Award als beste britische Produktion des Jahres prämiert.
- Bestes Original-Drehbuch
Nominiert in den Kategorien
- Bester Film
- Beste Regie
- Bester Hauptdarsteller (Stephen Rea)
- Bester Nebendarsteller (Jaye Davidson)
- Bester Schnitt
- Bester britischer Film
Nominiert in den Kategorien
- Bester Film
- Beste Regie
- Bester Hauptdarsteller (Stephen Rea)
- Bester Nebendarsteller (Jaye Davidson)
- Beste Nebendarstellerin (Miranda Richardson)
- Bestes Original-Drehbuch
- nominiert als bester Film – Drama
- Weitere
ASCAP Film and Television Music Awards 1994
- Top Box Office Film
Amanda Awards 1993
- Bester ausländischer Film
Australian Film Institute 1993
- Bester ausländischer Film
Directors Guild of America Award 1993
- nominiert in der Kategorie „Beste Regie“
- nominiert als bester Film
- Best Achievement
Goya 1994
- nominiert als bester europäischer Film
Independent Spirit Awards 1993
- Bester ausländischer Film
London Critics Circle Film Awards 1993
- Bester britischer Regisseur des Jahres
- Bester britischer Produzent des Jahres
- Bester britischer Drehbuchautor des Jahres
Los Angeles Film Critics Association Awards 1992
- Bester ausländischer Film
- Vielversprechendstes Schauspieldebüt (Jaye Davidson)
National Society of Film Critics 1993
- Bester Hauptdarsteller (Stephen Rea)
New York Film Critics Circle Awards 1992
- Beste Nebendarstellerin (Miranda Richardson)
- Bestes Drehbuch
- Filmproduzent des Jahres
- Bestes Original-Drehbuch
Writers’ Guild of Great Britain 1993
- Bestes Drehbuch (Film)
Der Film wurde 1999 vom British Film Institute auf Platz 26 der besten britischen Filme des 20. Jahrhunderts gewählt.
Literatur
- Neil Jordan: The Crying Game. Vintage Books, London 1993. ISBN 0-09-932711-2.
- Kamilla Dominika Biskup: „Troubled Fiction“. Filming History and Politics of the Irish Republican Army. Politische Gewalt der IRA in Filmen von Neil Jordan und Jim Sheridan im dramaturgischen Vergleich zu Ken Loach und Steve McQueen. Diplomarbeit Universität Wien. Wien 2009.Volltext, pdf; Saarbrücken: AV Akademikerverlag 2016. ISBN 978-3-639-80640-3
- Searle Kochberg: Case Stude 3: A medium budget UK production – The Crying Game (Neil Jordan 1992) in: Jill Nelmes (Ed.): Introduction to Film Studies. 5. revised ed. London: Taylor & Francis 2011. ISBN 0-415-58259-8
Weblinks
- The Crying Game in der Internet Movie Database (englisch)
- „How we made The Crying Game“. Jack Watkins: Interview with Neil Jordan and Miranda Richardson. The Guardian, 21. Februar 2017
Einzelnachweise
- ↑ Freigabebescheinigung für The Crying Game. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, November 2006 (PDF; abgerufen am 24. Februar 2018).
- ↑ The Crying Game. In: synchronkartei.de. Deutsche Synchronkartei, abgerufen am 15. März 2018.
- ↑ Chris Galloway: The Crying Game. In: CriterionForum.org. 23. Februar 2017, abgerufen am 18. Mai 2019.
- ↑ The Crying Game. In: cinema. Abgerufen am 9. Mai 2022.
- ↑ The Crying Game. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 3. November 2017.
- ↑ Maria Parmaggio: Neil Jordan. Chicago: Illinois Univ. Press 2008. S. 90
- ↑ The Crying Game at 25: Sex, politics and Oscars BBC ARTS, 17. Februar 2017, abgerufen am 6. April 2018.