Tiefer Julius-Fortunatus-Stollen

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Mundloch des Stollen
Infotafel am Mundloch

Der Tiefer Julius-Fortunatus-Stollen (TJF) ist ein Wasserlösungsstollen des ehemaligen Erzbergwerks Rammelsberg. Er gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO unter der Bezeichnung Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft. Der 2580 Meter lange Stollen befand sich in den Jahren 1486–1585 mit mehreren Unterbrechungen fast 99 Jahre im Bau.

Geschichte

Aufgefahren wurde der Stollen unter dem Namen „Meissner Stollen“. Dies rührt daher, dass anfänglich Bergleute aus der Markgrafschaft Meißen mit der Auffahrung beschäftigt wurden.[1] Der heutige Name als Tiefer Julius-Fortunatus-Stollen beruht auf dem damaligen Lehnsherrn des Rammelsbergs, Herzog Julius von Wolfenbüttel, unter dessen Leitung der Stollen letztendlich vollendet wurde.

Der Stollen wurde am 11. Mai 1486 von der Thurzo Gesellschaft kurzzeitig angefahren, jedoch ruhte der Betrieb bereits nach kurzer Zeit wieder. Herzog Heinrich der Jüngere ließ den Bau weiter fortschreiten, musste ihn im Juni 1527 aber erneut einstellen, da seine Arbeiter durch die Goslarer verjagt wurden. Der Goslarer Rat selbst strebte nun einen Weiterbau an und starte 1536 mit einem Steiger und 12 Mann. Es ist nicht belegt, ob diese Arbeit bis 1539 oder 1542 währte.

Die Wiederaufnahme 1545 wurde eingeleitet durch eine Untersuchung des Rates über die Verhältnisse am Rammelsberg. Bis jetzt war der Stollen knapp 640 m vom Mundloch aus aufgefahren worden. Nach 1552 teilte sich Herzog Heinrich mit seinem Rat die Kosten und trieb den Stollen weitere 120 Lachter voran. Zu dieser Zeit werden auch die Lichtlöcher "Nasser Herbst" und "Die Finkenflucht" genannt. Diese wurden mit einem Abstand von 540 m abgeteuft. Es gab wohl auch noch eine Verbindung zum "Bergdorfstollen", die aufgrund der Wetterverhältnisse angelegt werden musste.

Angesetzt wurde der Stollen im Muschelkalk und geht später in Buntsandstein über. Nun aber drang man in den Goslarer Schiefer ein, was einen Vortrieb kaum möglich machte. Für ca. 2 Meter Vortrieb benötigte man bei einer 8 stündigen Schicht 2–3 Wochen. Der große Vorteil war allerdings, dass ab hier kein Ausbau mehr nötig war. Der Herzog musste sich erst von Christoph Sander 1565 überreden lassen, den Stollen weiter zu besetzen.

Der Bau wurde jedoch erst nach dem Tod des Herzogs 1568 fortgeführt. Sein Sohn Herzog Julius übernahm nun seinen Platz und somit auch die Fortführung und Vollendung des TJF-Stollen. Aus einem Protokoll der Bergamtssitzung vom 10. Dezember 1572 ergibt sich, dass es bereits einen Durchschlag zum Lichtloch "Finkenflucht" gab. Es wurde nun entschieden, im Gegenortbetrieb zu arbeiten. Dies geschah von der Grube "Die Toettelebesche" im östlichen Teil des alten Lagers. Hier teufte man einen bereits knapp 130 m tiefen Treibschacht noch einmal um ca. 60 m ab, um sich auf der gedachten Stollensohle des TJF zu befinden. Von hier aus waren es 890 m zum Lichtloch "Finkenflucht"

1577 gab es wieder einige Geologische Probleme, bei deinen teilweise in einer Woche nur 1/2 Lachter Vortrieb geleistet wurde. Im Durchschnitt hatte man also Tagesleistungen zwischen 10 und 20 Zentimetern. Sander erteilte 1579 und 1581 zwei Markscheidern die Aufgabe, den Fortschritt des Stollens auf Papier zu bringen, um dies dem Herzog vorzulegen. Aus diesen Dokumenten können wir heute sagen, dass 1580 von der Finkenflucht aus ca. 425 m aufgefahren wurden. 1582 grassierte die Pest in Goslar und sorgte für eine Verlangsamung des Baus. Am 13. September 1585 konnten sich die Arbeiter der beiden Örter gegenseitig rufen hören. Einem Durchschlag stand also nichts mehr im Wege. Am 25. September um 15:00 Uhr fand der Durchschlag statt. Die Örter passten von Höhe und Ausrichtung gut aufeinander.

Unter der Leitung Herzog Julius wurden 800 Meter aufgefahren. Man hatte also eine Jahresleistung von 48 Metern und eine Tagesleistung von 16 Zentimetern. Da hier mit Schlägel und Eisen gearbeitet wurde und eine Firsthöhe von 3–4 Metern kann man von einer guten Leistung sprechen.

Auf eine Verlängerung des Stollens im Berg selbst hat man verzichtet, da viele Gruben bereits eine Verbindung mit der 3 Lachter über dem TJF-Stollen verlaufenden Trostesfahrt hatten. Es wurden jedoch einige Querschläge angelegt.

Insgesamt hat der Stollen eine Länge von 2578 Metern.

Verlauf

Begonnen wurde der Vortrieb im Bereich der Wallanlagen in der Nähe des Breiten Tors. Um die markscheiderischen Arbeiten zu erleichtern wurden mehrere kleine Schächte, sogenannte Lichtlöcher, angelegt. Insgesamt gab es 12 Stück, von denen zwei namentlich bekannt sind. Von diesen Lichtlöchern wurde der Stollen auch im Gegenortprinzip aufgefahren. Insgesamt läuft der Stollen ziemlich gerade und mit einem relativ geringen Gefälle. Vom Werksgelände läuft der Stollen in nördlicher Richtung bis zum sogenannten „Blauen Haufen“. Er unterquert die Bergwiesen und läuft dann knapp 30 Meter unter dem Gebäude des Energie-Forschungszentrums Niedersachsen (EFZN). Er läuft weiter nördlich und trifft neben der ehemaligen Kaserne auf die Straßen:

  • Wallstraße
  • Am Stollen
  • Ludwig-Jahn-Straße

Ein Supermarkt und der dazugehörige Parkplatz werden ebenfalls in einer Tiefe von knapp 12 Metern nordwestlich unterquert. Die heute verschlossene Tagesöffnung des Stollens findet sich gegenüber einer Tankstelle in den Wallanlagen Goslars.[1]

Heutige Nutzung

Nach Einstellung der Erzförderung im Jahr 1988 wurde die Grube für das Absaufenlassen vorbereitet. Nachdem man Mitte der 1990er Jahre auch die Pumpen auf der 9. Sohle abgeschaltet hatte, wurde die Grube bis auf das Niveau des Tiefen-Julius-Fortunatus-Stollen (TJF) geflutet, über den das Wasser dann übertage floss. 1997 wurde der Stollen unmittelbar östlich des Neuen Lagers untertätig verschlossen. Die anfallenden Grubenwässer werden heutzutage durch den „Barbarastollen“ zu den Absetzteichen Am Bollrich übertage geführt.

Der Stollen ist noch befahrbar und sammelt heute auf seiner Strecke Sicker- und Regenwasser. Dieses Wasser wird seit 2004 durch das Goslarer Schwimmbad „Aquantic“ zur Eigenwassergewinnung genutzt. Kurz hinter dem Mundloch wird auf knapp 600 m das anfallende Wasser aufgestaut und durch eine stationäre Anlage abgepumpt. Danach durchläuft es eine Trinkwasseraufbereitungsanlage und steht dem Schwimmbad zur Verfügung.[2]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Stadtgeschichten – Der tiefe Julius-Fortunatus-Stollen bei Weltkulturerbe Rammelsberg - Blog vom 11. Februar 2022
  2. Aquantic ECO - Aquantic Schwimm- & Badespaß in Goslar. Abgerufen am 2. März 2022.

Koordinaten: 51° 54′ 28,2″ N, 10° 26′ 17,5″ O