Tigislehe

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Tigislehe war die Bezeichnung für einen Grenzpunkt im Gebiet der späteren Altstadt von Hannover, mutmaßlich im Bereich der Aegidienkirche. Der Name Tigislehe wurde urkundlich erstmals in einer vor das Jahr 1007 zu datierenden Beschreibung der Grenze der Diözese Hildesheim erwähnt: „ille vero fluvius Leine in locum qui dicitur Tigislehe“.[1] In einer weiteren Grenzbeschreibung aus dem Jahr 1013 wurde offenbar derselbe Grenzpunkt Tigiflege genannt, eventuell ein Abschreibfehler.[2] Die lange verbreitete Bezeichnung Tigislege war vermutlich ein Lesefehler.[3]

Während ältere Forschungen Tigislehe zunächst als Hinweis für eine Ortschaft verstanden und damit zugleich für einen der frühen Siedlungs-Kerne der heutigen Landeshauptstadt,[4] wurde in der jüngeren Forschung aufgrund der bei archäologischen Ausgrabungen bis 2009 nur in geringer Anzahl vorgefundenen Artefakte davon ausgegangen, dass es sich möglicherweise nur um einen Flurnamen, eventuell auch eine Gerichtsstätte gehandelt haben könnte.[1] Dafür spricht die sprachliche Herleitung der Bezeichnung, die sich aus dem Bestimmungswort Tie und dem Grundwort -lage zusammensetzt.[5] Bis ins 19. Jahrhundert hatte es – ausgehend von einer Edition der Hildesheimer Urkunden durch Gottfried Wilhelm Leibniz – viele weitere etymologische Deutungsversuche gegeben, von niederdeutsch tegelie (Ziegelei) bis hin zu „Marsch des Tiu“ entsprechend dem lateinischen Campus Martius, was Heinrich Ludolf Ahrens vertreten hatte.[6]

Literatur

  • Carz Hummel: 200 Jahre Tigislege. Zum Jubiläum eines Lesefehlers. In: Hannoversche Geschichtsblätter. Neue Folge, Band 41, 1987, S. 1–19.
  • Henning von Gadow: Tigislege. Zu altsächsischen Ortsnamen in Grenzbeschreibungen des 11. Jahrhunderts. In: Rolf Bergmann, Heinrich Tiefenbach, Lothar Voetz (Hrsg.): Althochdeutsch Bd. 2: Wörter und Namen. Forschungsgeschichte. Heidelberg 1987, S. 1455–1468.
  • Helmut Plath: Die Frühgeschichte. In: Waldemar R. Röhrbein, Klaus Mlynek (Hrsg.): Geschichte der Stadt Hannover. Band 1: Von den Anfängen bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Schlüter, Hannover 1992, ISBN 3-87706-351-9, S. 11–66, hier S. 17 f. (Stichwort Tigislehe; online über Google-Bücher).
  • Annemarie Büscher: Siedlung Tigislehe-Lehnshofsiedlung? Marktsiedlung? Überlegungen zur Frühgeschichte der Stadt Hannover. In: Die Kunde. Zeitschrift für niedersächsische Archäologie. Neue Folge, Band 44, 1993, S. 95–113.
  • Uwe Ohainski, Jürgen Udolph: Die Ortsnamen des Landkreises und der Stadt Hannover (= Niedersächsisches Ortsnamenbuch. Teil 1 / = Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen. Band 37). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 1998, ISBN 3-89534-230-0, S. 439 f.
  • Tobias Gärtner: Die Anfänge der Stadt Hannover in neuerer Sicht. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte. Organ des Historischen Vereins für Niedersachsen in Hannover. Band 77, 2005, S. 275–288, hier S. 285 f. (PDF).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Klaus Mlynek: Tigislehe. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 624, online bei Google Bücher.
  2. Diese These findet sich zuerst bei Carl von Bennigsen: Beitrag zur Feststellung der Diöcesangrenzen des Mittelalters in Norddeutschland. In: Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen. Band 29, 1863, S. 1–134, hier S. 66.
  3. Carz Hummel: 200 Jahre Tigislege. Zum Jubiläum eines Lesefehlers. In: Hannoversche Geschichtsblätter. Neue Folge, Band 41, 1987, S. 1–19.
  4. Siehe insbesondere Helmut Plath: Die Grenzen zwischen den Bistümern Minden und Hildesheim im Bereich der Ämter Bissendorf, Langenhagen und der Stadt Hannover in der Zeit von 1000–1250. In: Hannoversche Geschichtsblätter. Neue Folge, Band 6, 1953, S. 347–363, hier S. 351 f.
  5. Tobias Gärtner: Die Anfänge der Stadt Hannover in neuerer Sicht. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte. Organ des Historischen Vereins für Niedersachsen in Hannover. Band 77, 2005, S. 275–288, hier S. 286 (PDF).
  6. Heinrich Ludolf Ahrens: Tigislege, ein wichtiger Grenzpunct der Landschaften Engern und Ostfalen wie der Diöcesen Minden und Hildesheim innerhalb der jetzigen Stadt Hannover. In: Jahresbericht des Lyceums 1 zu Hannover über das Schuljahr 1871. Hannover 1871, S. 1–61, hier S. 61 und S. 6 für weitere etymologische und Lokalisierungsversuche. Digitalisat der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf, 2013, urn:nbn:de:hbz:061:1-246045.