Tiroler Soziale Dienste

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Osterreich  Tiroler Soziale Dienstep1
Staatliche Ebene Landesebene
Rechtsform GmbH
Aufsicht Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Soziales
Gründung 2014
Hauptsitz Innsbruck, Sterzinger Straße 1 Koordinaten: 47° 15′ 45″ N, 11° 23′ 51,3″ O
Leitung Johann Aigner (Geschäftsführer)
Mitarbeiter ca. 350 (2016)
Website www.tsd.gv.at

Die Tiroler Soziale Dienste GmbH (TSD) sind für die Sicherstellung der Grundversorgung für alle sich in Tirol aufhaltenden Asylwerber zuständig. Das Unternehmen ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen des Landes Tirol.

Geschichte

Im Jahr 2014 wurde die Flüchtlingskoordination vom Land Tirol ausgegliedert und als mildtätige GmbH (Gründungsdatum per 22. Dezember 2014)[1] neu organisiert.

Während der Flüchtlingskrise in Europa konnte die Organisation ihre Arbeit wirtschaftlich durchaus erfolgreich wahrnehmen. Das Unternehmen hatte zu der Zeit in etwa 180 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.[2]

Struktur

Die Tiroler Soziale Dienste GmbH untersteht der Tiroler Landesregierung, die hoheitlichen Aufgaben (Flüchtlingskoordination) nimmt die Abteilung Soziales der Regierung.[3] Geschäftsführer der TSD war von Juli 2019 bis Dezember 2020 Johann Aigner. Er folgt Harald Bachmeier nach, der 2018 seinen Sessel räumen musste. Seit Januar 2021 ist die Geschäftsführung der Tiroler Sozialen Dienste Carolin Porcham.

Aufgabenbereiche

Die Grundversorgung ist laut Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über gemeinsame Maßnahmen zur vorübergehenden Grundversorgung für die Flüchtlinge in Österreich Aufgabe der Länder, die wesentlichen Ziele der Grundversorgungsvereinbarung sind neben der Sicherstellung einer bundesweit einheitlichen und partnerschaftlichen Versorgung auch die Erreichung einer gleichmäßigen Auslastung der Gebietskörperschaften sowie Rechtssicherheit für die betroffenen Menschen in Not. Die Unterkünfte für geflüchtete Menschen stellen die Gemeinden. Die Tiroler Soziale Dienste ist im Dienste des Landes für die Betreuung zuständig.

Die Aufgabenbereiche der TSD umfassen[3] die Sicherstellung der täglichen Grundversorgung von Menschen (Unterbringung, Verpflegung, Krankenversorgung, grundlegende Betreuung und Ähnliches) im Asylverfahren bis hin zu richtungsweisender Integrationsarbeit.

Zuständig ist die TSD für die Organisation und Führung von Flüchtlingsheimen.[3] Besonderer Fokus liegt dabei auf unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die zentralisierter in Vollversorgerstrukturen oder in Einrichtungen des Betreuten Wohnens untergebracht werden. Weiters bieten die Tiroler Sozialen Dienste eine unterstützende Dienstleistung für das Betreuungspersonal und die Flüchtlinge (Case & Care Management). Es kommt dann zum Einsatz, wenn ein Bewohner einen erhöhten Betreuungsbedarf nachweist oder eine Krisensituation besteht und die Betreuer diese vor Ort aus Ressourcengründen nicht mehr tragen können.

Die TSD koordiniert und unterstützt auch verschiedene Integrationsprojekte und -maßnahmen in Tirol.[3] Das Team Integration der TSD schafft im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten Integrationsangebote in den Bereichen Arbeit, Bildung, Deutsch (Sprach- und Berufsqualifizierung) und Freizeit in Zusammenarbeit mit dem Betreuungspersonal, den Ehrenamtlichen und Systempartnern.

Kritik

Im September 2019 wurde bekannt, dass allein von Jänner bis Juli 2019 in den 80 Tiroler Grundversorgungseinrichtungen 609 „Vorfälle“ verzeichnet wurden, die größtenteils geheim gehalten wurden. Darunter sind 235 Vorfälle, bei denen es zum Einsatz von Blaulichtorganisationen (wie Polizei, Rettung und Feuerwehr) kam sowie auch 186 Vorfälle mit körperlichen Auseinandersetzungen, Angriffen auf Sicherheitspersonal etc. Gegen 110 Personen wurden Hausverbote ausgesprochen.[4] Generell gibt es im Umfeld der Unterkünfte Problemfelder, wobei insbesondere die Aggression und Gewaltbereitschaft in den Heimen genannt werden.[5]

Auch die Gehaltsentwicklung des als überfordert[6] bezeichneten Geschäftsführers der TSD sorgte für Kritik. In nur vier Jahren wurde sein Jahressalär um satte 40.000 Euro brutto auf 148.000 Euro brutto erhöht, zusätzlich wurde sein Vertrag 2017 vorzeitig verlängert. Sowohl der ressortzuständigen Soziallandesrätin Gabriele Fischer als auch ihrer Vorgängerin Christine Baur (beide Grüne) wird vorgeworfen, die Landestochter TSD zu wenig kontrolliert zu haben.[7]

Weiters wurden die teuer zugekauften externen Beratungsleistungen kritisiert, die allein im Jahr 2016 4,3 Millionen Euro betrugen, sowie die ohne Ausschreibungen direkt vergebenen Hausmeistertätigkeiten im Volumen von 1,5 Millionen Euro.[8]

Nach der heftigen Kritik und politischen Diskussionen wurde ein Untersuchungsausschuss zu den Missständen bei den Tiroler Sozialen Diensten eingerichtet[9], der am 2. Oktober 2019 mit der ersten Anhörung startet.[10]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Firma Tiroler Soziale Dienste GmbH in Innsbruck. Firmenbuchdaten Creditreform/firmenabc.at.
  2. Millionenloch bei Sozialen Diensten, 100 Jobs wackeln. In: Tiroler Tageszeitung online (tt.com), 26. Mai 2017 (abgerufen am 20. März 2020).
  3. a b c d Tiroler Soziale Dienste und Bereich Flüchtlingskoordination. Amt der Tiroler Landesregierung (abgerufen 29. Juni 2017).
  4. Tiroler Asylheime: Hunderte Vorfälle verschwiegen. 1. September 2019, abgerufen am 10. September 2019.
  5. Peter Nindler: TSD-Sicherheitsdebatte: Fischer will Gewaltprävention ausbauen. In: Tiroler Tageszeitung. 5. September 2019, abgerufen am 10. September 2019.
  6. Peter Nindler: Die Spur des Geldes verrät viel. Tiroler Tageszeitung, 25. August 2019, abgerufen am 20. Januar 2022.
  7. Nachwehen der Flüchtlingsbetreuung sorgen in Tirol für Streit - derStandard.at. In: derstandard.at. 31. Januar 2019, abgerufen am 10. September 2019 (österreichisches Deutsch).
  8. Liste Fritz fordert mehr als Ablöse des TSD-Chefs. In: dolomitenstadt.at. 21. September 2018, abgerufen am 10. September 2019.
  9. tirol ORF at/Agenturen red: Politik: TSD-Untersuchungsausschuss: Zeitplan steht. 4. September 2019, abgerufen am 10. September 2019.
  10. TSD U-Ausschuss: Erste Anhörung findet am 2. Oktober statt. Abgerufen am 10. September 2019.