Titus Leber

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Titus Leber (* 2. März 1951 in Zell am See, Salzburg) ist ein österreichischer Regisseur und Multimedia-Künstler.

Leben

Titus Leber besuchte in Wien das Lycée Français. Von 1969 bis 1970 erfolgte eine Ausbildung in Fernsehregie und Filmproduktion bei der UNESCO.

Ab seinem 14. Lebensjahr begann Leber, experimentelle Filme zu drehen, die sich zunehmend der von ihm entwickelten Schichtungsmethode[1][2] bedienten und in seinen vielfach preisgekrönten Filmen Kindertotenlieder (1976), Schubert – Fremd bin ich eingezogen (1978)[3][4][5] und Anima-Symphonie Fantastique[6][7][8] (1981, Sélection Officielle du Festival de Cannes HC) mündeten.

Ab 1970 studierte er Theater- und Medienwissenschaft sowie Kunstgeschichte an der Universität Wien, wo er 1976 mit der Dissertation über „Die Schichtungsmethode“, einem Verfahren zur technischen und dramaturgischen Überlagerung mehrerer Inhaltsschichten, promoviert wurde.[9] 1976 bis 1978 leitete er die Filmabteilung des Instituts für Endoskopie in Düsseldorf. In den Jahren 1978–1979 folgten Studien am American Film Institute in Hollywood mit Diplom-Abschluss in Regie.[10]

Leber wirkte als Lektor am C. G. Jung-Institut Zürich und 1984/1985 im Rahmen eines Erwin Schrödinger Stipendiums der Österreichischen Akademie der Wissenschaften als Research Fellow am Center for Advanced Visual Studies (CAVS) des Massachusetts Institute of Technology (MIT).[11][12] Dort entwickelte er den „Image Reactor“, eine interaktive Bildplatten-Installation zur Simulation visuellen Denkens. Frühe Schriften entstanden zum Thema Artificial Intelligence und Kunst, im Rahmen des Kultur-Festivals Steirischer Herbst.[13][14]

Als Drehbuchautor und Regisseur arbeitete er bis 1986 in Los Angeles. Außerdem war er Artist in residence am „International Synergy“-Think Tank der Biennale São Paulo, an der er 1985 mit der Installation „The Glassbead Game Installation“[15] teilnahm.

Von 1986 bis 1990 lebte Leber in Wien, wo eine Reihe interaktiver Bildplattenproduktionen entstanden (u. a. Wien Interaktiv,[16][17] Mozart Interaktiv[18]) und er gründete die Firma Iconomics-Laserdisc Gmbh. Zwischen 1991 und 1997 wirkte er in Paris, wo er in Zusammenarbeit mit der UNESCO und dem Louvre-Museum den HDTV 3D-Film Les très Riches Heures du Louvre[19] drehte und zusammen mit IBM-Europe das Projekt Europe Interactive[20] entwickelte, das dann allerdings im Rahmen der Krise, die IBM Mitte der 1990er Jahre durchlief, eingestellt wurde. 1995 gestaltete Leber für das Pasteur-Institut Paris die preisgekrönte Produktion Le Monde de Pasteur[21] und für das Centro Nacional de Cultura in Lissabon die Produktion “8 Ciudades Historicas de Portugal”. Er wurde Aufsichtsratsmitglied der französischen Filmhochschule Fémis.

Von 1997 bis 2008 war er in Bangkok tätig und erstellte dort in einem Zeitraum von vier Jahren die monumentale interaktive DVD-Produktion What Did the Buddha Teach?[22][23][24] für die königliche Mae Fah Luang Foundation und entwickelte das Opernspielfilm-Projekt Parsifal–A Buddhist Tale.[25] Während dieser Zeit hatte er von 1997 bis 1999 zudem eine Professur Kunsthochschule für Medien Köln inne und begann dort im Rahmen der Vorlesungsreihe „Das Dissoziations-Experiment“ mit dem experimentellen Überlagern ganzer Spielfilme.

Von 2009 bis 2014 hielt er sich in Indonesien auf, wo er im Auftrag der indonesischen Regierung das enzyklopädische Multimedia-Projekt Borobudur - Paths to Enlightenment[26] entwickelte, eine interaktive Erkundung eines der größten buddhistischen Bauwerke der Welt.[27][28][29]

Im Jahr 2015 gründete er die Initiative Africa Interactive[30] mit dem Ziel, das Kulturerbe Afrikas in den Cyberspace zu bringen. Im Rahmen der damit verbundenen Aktivitäten erfolgten seither zahlreiche Aufenthalte in Westafrika. Seit 2011 ist Leber Mitglied des Europäischen Kulturparlamentes (European Cultural Parliament),[31] dessen Repräsentant gegenüber der Afrikanischen Union er seit 2021 ist.

Leber ist ein Pionier der interaktiven Gestaltung von Bildplatten und CD-ROMs.[32] Er wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet, unter anderem Grand Prix der International Association for Media in Science 1995 und dem Österreichischen Würdigungspreis für Filmkunst 1979 für Fremd bin ich eingezogen.[33]

Auszeichnungen

Werke

  • Kindertotenlieder. Kurzfilm. 1976. (16 mm, Farbe, 28 Min)
  • Fremd bin ich eingezogen. Experimentalfilm um Franz Schubert. 1978.
  • Amina - Symphonie Phantastique. Experimentalfilm. 1981.
  • Wien interaktiv. 1987/88.
  • Sternstunden des Louvre. 1994.
  • Historische Städte Portugals. 1997.
  • Leben und Lehre des Buddha. 2000.

Literatur

  • Cornelia Szabó-Knotik: Titus Leber. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 3, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2004, ISBN 3-7001-3045-7.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. The multilayer method or the “Savage Image”. In: Artibus et Historiae, rivista internazionale di arti visive e cinema. Vol. 1, No. 1, 1980, S. 145–152, Libreria Commissionaria Sansoni (1LICOSA). Firenze Artibus et Historiae online
  2. Erwin Ringel: Schichtungsmethode und Tiefenpsychologie. IRSA, Venezia. In: Artibus et historiae. Vol. 1, Nr. 1, 1980, S. 159. (usearch.univie.ac.at, Online-Bibliothek der Universität Wien)
  3. Henriette Dujarric: Un virtuose du surimpressionisme - Titus Leber. In: Le Technicien du Film. Paris 1979, S. 1.
  4. Schubertfilm auf Channel 4, bei Youtube
  5. Schubertfilm auf IMDB
  6. Anima Film, Ausschnitte und Artikel in Variety, 3. Juni 1981: ANIMA-SYMPHONIE FANTASTIQUE 1981, 35mm, 90 min. auf der Website T. Leber
  7. Ditta Rudle: Die schöne Kinowelt des Doktor Leber: Der „Anima“-Regisseur brachte Österreich zum Festival nach Cannes. In: Die Presse. 23./24. Mai 1983.
  8. Ilse Mirnig: Anima: Symphonie Fantastique - Ein Film von Titus Leber. In: Harlekin : Magazin für Kunst, Kultur und Gesellschaft. dritter Jahrgang, 1982.
  9. Titus Leber: Die Schichtungsmethode : Versuch zur Weiterentwicklung filmischer Ausdrucksformen jenseits der Sprache. Dissertation. 1976. (usearch.univie.ac.at, Online-Bibliothek der Universität Wien)
  10. Abschlusszeugnis vom AFI Dokument
  11. Titus Leber am CAVS
  12. School of Architecture and Planning, Massachusetts Institute of Technology,: Titus Leber. Abgerufen am 3. August 2022 (englisch).
  13. Brainworks/Steirischer Herbst AI in the arts.
  14. Visuelle Energetik / Visual Energetics. In: Richard Kriesche (Hrsg.): Artificial Intelligence in the Arts-Nr 1 Brainworks. Steirischer Herbst, Graz 1985, S. 82–88.
  15. Katalog der Biennale Sao Paolo, S. 182.
  16. Wien Interaktiv auf der Website von Titus Leber
  17. Die Zeitmaschine. Interview. In: Skytech Magazin. 04/1989.
  18. Mozart Interaktiv auf der Website von Titus Leber
  19. Louvre Disc auf der Website von Titus Leber
  20. Walter Weiss: Auf dem Weg zur multimedialen Enzyklopädie - Edutainment auf Bildplatte - Die Zukunft der Bildung? In: Neue Zürcher Zeitung. 3. Dezember 1993.
  21. monde de Pasteur, auf der Website von Titus Leber
  22. Wanphen Sreshtaputra: Virtual Buddha- A new CD Rom Triptych explores the life and meaning of the Lord Buddha. In: Bangkok Post, Section Outlook. 2. Dezember 2000.
  23. Interactively Setting in Motion the Wheel of Law - Telling the Life and Philosophy of Buddha: the Mural Paintings in the Temple of the Emerald Buddha in Bangkok. In: Heide Hagebölling (Hrsg.): Interactive Dramaturgies. New Approaches in Multimedia Content and Design. Springer Verlag, Berlin/ Heidelberg 2004, ISBN 3-540-44206-5, S. 43–55.
  24. What Did the Buddha Teach? Mit Filmbeispielen auf der Website von Titus Leber
  25. Von Monsalvat nach Angkor Wat - Parsifal: eine Buddhistische Legende. In: Wagner Weltweit. Zeitschrift des Richard Wagner Verbandes e.V., Nr. 41, März 2004 ISSN 1618-3886, S. 45–51.
  26. Borobudur - Paths to Enlightenment auf der Website von Titus Leber
  27. Titus Leber: Lalitavistara : the Buddha's life as told on the Borobudur. Herausgegeben von PT. Taman Wisata Candi Borobudur, Prambanan and Ratu Boko ( Persero), Jakarta 2011, ISBN 978-979-910331-4.
  28. Taman Wisata Candi Borobudur, Prambanan & Ratu Boko (Persero), PT (Hrsg.): Bringing Borobudur to cyberspace : decoding the world's grandest Buddhist temple for the 21st century. Jakarta 2013, ISBN 978-602-98279-2-7.
  29. Vasana Chinvarakorn: When Technology serves Spirituality - Multimedia film-maker Titus Leber shares his passion for spreading Buddha´s message through technology. In: Bangkok Post. Section Outlook, 28. Dezember 2010.
  30. Africa Interactive by Titus Leber. Abgerufen am 3. August 2022.
  31. European Cultural Parliament: Members. Abgerufen am 3. August 2022 (englisch).
  32. Walter M. Weiss: Entdeckungsreisen mit Diderot 2.0 - Musikfilme. Traumdeutung und interaktive Bildplatten, die Lehre des Buddha, das Kulturerbe Europas und Afrikas. Die vielen Projekte des Multimediakünstlers und Wissensvermittlers Titus Leber - Ein Porträt. In: Wiener Zeitung Extra. 27./28. Februar 2021, S. 31–32. (wienerzeitung.at, Die Presse Online / Paywall)
  33. a b Der Österreichische Kunstpreis. Abgerufen am 26. Oktober 2017.
  34. Institut für kunst-und musikhistorische Forschungen: Leber, Titus. 2002, abgerufen am 3. August 2022.