Traditionelles Klettern
Traditionelles Klettern, auch als Trad-Klettern bezeichnet, ist eine Variante des Sportkletterns, bei der die Sicherungsausrüstung erst während des Kletterns platziert und anschließend wieder entfernt wird, wenn die Passage vorüber ist. Die Hakenabstände sind meistens größer als beim Sportklettern mit bestehenden Felshaken oder es sind keine vorhanden. Beim traditionellen Klettern können die Abstände bis zu 23 Meter betragen. Beim Sportklettern sind oft nur ein bis drei Meter gängig. Der Begriff „Traditionelles Klettern“ wurde von Tom Higgins geprägt und in seinem Buch Tricksters and Traditionalists aus dem Jahr 1984 erwähnt.
Die Bezeichnung „Traditionelles Klettern“ deutet auf den Unterschied zum Sportklettern (bei dem sich alle Haken oder Schlingen permanent im Fels befinden) hin. Diese festen Sicherungen werden typischerweise beim Abseilen oder beim Freiklettern der Route eingebohrt. Unter das Traditionelle Klettern fällt auch das Kleben, Schlagen und Einbohren, allerdings nur dann, wenn dies während des Kletterns geschieht und die Route vom Boden aus vorgestiegen wird. Diese Technik kommt vor allem bei der Kletterei an (Granit-)Platten zum Einsatz, da es hier weniger Möglichkeiten gibt, temporäre Sicherungen in Spalten und Löchern zu befestigen.
Bevor das Sportklettern zuerst in Europa und später in den 1980er Jahren auch in den USA aufkam, entsprach das Klettern ohne vorgegebene Sicherungspunkte dem, was heute als „traditionell“ bezeichnet wird. Die Bezeichnung „Sportklettern“ wurde noch im Jahr 1989 von John Long in seinem Handbuch How to Rock Climb[1] ebenfalls und wiederholt als Synonym zum Traditionellen Klettern verwendet. Beim Trad-Klettern platziert ein Vorstiegskletterer seine Sicherung in einem bestimmten Routenabschnitt während des Kletterns selbst. Diese Absicherung beschränkte sich bis in die 1970er Jahre hauptsächlich auf Normalhaken, die in den Fels geschlagen werden. Heutzutage werden weniger Normalhaken und stattdessen eine Kombination aus Klemmkeilen und Klemmgeräten verwendet.
Die wichtigsten Aspekte des Traditionellen Kletterns sind der „Erforschungs-Charakter“ und der Naturschutz durch das Vermeiden von Beschädigungen am Fels, die beispielsweise durch Normalhaken entstehen. Der Wandel hin zu dieser Kletterethik ist auf den Einsatz von Yvon Chouinard und vielen anderen zurückzuführen, die auch den Leave no trace-Grundsatz beim Klettern durchsetzten.[2]
Ausrüstung
Die Ausrüstung zum traditionellen Klettern entspricht im Allgemeinen dem gängigen Kletterequipment. Man versteht darunter mechanische Geräte, die den Kletterer beim Fallen schützen. Vor allen Dingen geht es um das Abfangen der fallenden Person. Die Eignung der Ausrüstung hängt vom Fels, dessen Struktur und Oberfläche ab. Mit dem „Setzen von Sicherungen“ wird das Platzieren bzw. Einklemmen von Sicherungshilfen und das anschließende Verbinden mit dem Kletterseil über einen Karabiner bezeichnet. Dies geschieht, bevor der Kletterer höher steigt. Im Falle eines Sturzes fängt die Sicherung das Seil und somit auch den Kletterer. So wird der dieser vor dem Sturz auf den Boden bewahrt. Der Abstand vom Kletterer zum letzten Sicherungspunkt darf eine bestimmte Distanz nicht überschreiten um Sicherheit zu gewährleisten.
Klemmkeile wurden in den 1950er Jahren in Großbritannien entwickelt. Damals wurden zuerst einfache Maschinenmuttern mit durchgefädelten Schlingen verwendet.[3] Diese ersten Prototypen wurden bis zu den heutigen Klemmkeilen weiterentwickelt.
Vor den 1970er Jahren wurden in den USA hauptsächlich mit Felshaken geklettert. Andere Sicherungen, wie Klemmkeile, Tricams oder Klemmgeräte, waren weitgehend unbekannt oder noch nicht erhältlich. Ebenso gab es noch keine formalen Varianten innerhalb des Klettersports, denn eigentlich wurde nach heutigen Begriff nur traditionell geklettert. Erst in den 1980er Jahren, als sich das Sportklettern in Europa verbreitete, wurde differenziert.
Die Entwicklung von Sicherungsgeräten ist seit den 1970er Jahren enorm vorangeschritten und machten das Klettern sicherer und dynamischer. Für das traditionelle Klettern bedeuteten vor allem die Klemmkeile, die man in kleineren Felsspalten befestigt und nach der Tour wieder entfernen kann, eine große Zunahme der Popularität und Sicherheit des Sports. Gegenwärtig gibt es im Bereich des traditionellen Klettersports folgende, entfernbare Sicherungsausrüstung:
- Klemmkeile aus Aluminium, Stahl oder Messing
- Hexcentrics
- Knotenschlingen
- Bandschlingen
- Klemmgeräte
- Tricams
Wenn eine einzelne Person solo klettert, wird die verwendete Sicherungsausrüstung erst beim Abstieg wieder eingesammelt. Handelt es sich um eine Seilschaft, können die nachfolgenden Personen im Toprope alles mitnehmen.
Als Sicherungsausrüstung werden sowohl beim traditionellen als auch beim Sportklettern Karabiner und Bandschlingen dazu verwendet, das Seil mit den Sicherungen im Fels zu verbinden. Auf diese Weise fängt das Seil die fallende Person auf, weil es die halbe Kraft nach dem Seilzugprinzip auf die sichernde Person überträgt. Beim traditionellen Klettern werden heutzutage nur noch Fixpunkte durch z. B. Normalhaken gesetzt, wenn es auf der Route zu wenig Spalten gibt, an denen man adäquate, alternative Sicherungen anbringen kann. Einem Kletterer wird ein schlechter Stil unterstellt, der neue Normal- oder Bohrhaken auf einer bestehenden Route installiert, die vorher auch ohne diese Fixpunkte möglich war.
Viele der noch bestehenden Felshaken und Schrauben in älteren Routen sind aufgrund der Umwelteinflüsse in schlechtem Zustand. Dieser Alterungsprozess der Sicherungspunkte tritt vor allem in Gebieten auf, die am Meer liegen, da das Salz in der Luft das Metall schneller oxidieren bzw. rosten lässt. Generell sollten offensichtlich rostende Fixpunkte bzw. rostendes Equipment nicht mehr verwendet werden.
Meistverwendete Knoten
Es werden beim Traditionellen Klettern bestimmte Knoten für verschiedene Situationen benötigt, z. B. beim Bauen eines Fixpunkts oder zum Einbinden des Kletterers.
- Der Webeleinenstek, oder auch Mastwurf, wird oft beim Aufbauen eines Fixpunkts verwendet, wenn sich der Kletterer an einer Sanduhr zwischensichert.
- Mit dem Schmetterlingsknoten kann sich der Kletterer an einem herabhängenden Seil festmachen.
- Der Halbmastwurf wird üblicherweise zum Sichern (ohne Sicherungsgerät) verwendet.
- Der Slipstek kann während des Kletterns zur Sicherungen an Vorsprüngen oder Bäumen benutzt werden.
- Mit dem Ankerstich kann das Seil an Bäumen oder auch am Klettergurt befestigt werden.
- Der doppelte Achterknoten kann für Fixpunkte außerhalb der eigentlichen Kletterroute verwendet werden.
- Der Bandschlingenknoten hilft beim Verbinden zweier Schlingen bzw. Gurtbändern.
- Der Doppelte Bulinknoten wird zum Einbinden oder auch zum Festmachen an einem festen Objekt verwendet.
Fixpunkt
Wenn der Vorstiegskletterer das Ende der Route erreicht hat, muss er einen Fixpunkt aufbauen, um den nachsteigenden Kletterer ebenfalls sicher nach oben bringen zu können. Ein solcher Fixpunkt besteht zur Sicherheit aus mehreren, redundanten Komponenten.
- Sicherungsausrüstung bzw. -geräte: Ein Fixpunkt besteht typischerweise aus minimal zwei, aber besser drei bis vier Teilen (z. B. Klemmkeile oder Felshaken). Diese müssen so platziert sein, dass das Versagen eines einzelnen Teils nicht das komplette System beeinträchtigt.
- Bandschlingen und Seile werden benutzt, um die Sicherungen so zu verbinden, dass sie im gleichen Maße belastet bzw. gespannt werden.
- Karabiner verbinden die im Fels verankerten Sicherungen mit dem Seil oder der Schlinge. Außerdem wird das Sicherungsgerät mit einem Karabiner im Gurt eingehängt.
In einigen Fällen kommt es vor, dass die nachfolgenden Passagen zu schwierig werden, die physische Kondition nicht mehr ausreicht oder die Sichtverhältnisse einen weiteren Aufstieg nicht mehr erlauben. Diese Situationen können dazu führen, den Versuch abzubrechen und sich zurück bis auf den Boden abzuseilen. Dafür werden ein Fixpunkt und je nach Bedarf weitere Sicherungen gesetzt, um einen sicheren Abstieg zu gewährleisten. Diese Sicherungen verbleiben folglich im Fels.[1]
Typischer Ablauf
- Der Vorstiegskletterer befestigt seine Ausrüstung am Klettergurt.
- Der Vorsteiger bindet sich mit einem Achterknoten ein.
- Der Nachstiegskletterer bindet sich mit dem anderen Ende ein.
- Der Nachsteigende sichert den Vorstiegskletterer mit einem Sicherungsgerät oder einem Halbmastwurf.
- Der Vorsteiger klettert nach oben und setzt die erste Sicherung. Diese erste Sicherung sollte beim weiteren Hochklettern nicht herausfallen können.
- Der Vorstiegskletterer verbindet mit einem Expressset das Seil mit dem ersten Sicherungspunkt.
- Der Vorsteigende klettert weiter nach oben und setzt bis zum Ende der Route weitere Sicherungen.
- Der Vorsteiger baut einen Fixpunkt und befestigt sich mit einem Schraubkarabiner.
- Der Nachsteiger nimmt den Vorstiegskletterer wieder aus der Sicherung.
- Der Vorstiegskletterer zieht das Seil soweit nach oben, dass sich die untere Person gerade noch einbinden kann.
- Der Vorsteiger sichert nun den Nachstiegskletterer und gibt ihm zur Sicherheit ein Zeichen.
- Der Nachsteiger bestätigt seine Bereitschaft.
- Im Nachstieg nimmt der untere Kletterer die Sicherungen wieder mit.
Felsarten
Einige Gesteinsarten sind, je nach Zustand aufgrund der Umwelteinflüsse, für das Traditionelle Klettern geeignet. Einige Beispiele sind Sandstein, Granit und Kalkstein.
Kletterethik
Während man argumentieren kann, dass das traditionelle Klettern gefährlicher als das Sportklettern ist, hinterlässt es dennoch wenige oder gar keine Spuren in der Felswand. So bleibt das Aussehen und der natürliche Zustand der Wand weitestgehend erhalten. Das Sportklettern hingegen erfordert eingebohrte Felshaken, die über lange Zeit im Fels verbleiben. Diese Routen werden im Allgemeinen und vor allem in den untereren Schwierigkeitsgraden häufiger begangen. In der Kletterszene werden die Unterschiede und Auswirkungen der beiden Stilrichtungen regelmäßig debattiert.