Transepitheliale Potentialdifferenz

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Unter der bioelektrischen, transepithelialen Potentialdifferenz (PD) versteht man eine messbare, an Epithel- oder Endothelgewebe anliegende elektrische Gleichspannung (Millivoltbereich).

Sie besteht an Grenzschichten des Körpers, an denen Flüssigkeiten zwischen Körperinnerem und -äußerem (z. B. Darm, Speicheldrüsen[1]) oder zwei Endoräumen (z. B. Hämo- und Sensillenlymphraum[2]) ausgetauscht werden und die Oberflächen der Zellen direkten Kontakt mit beiden haben. Im einfachsten Fall besteht eine solche Grenzschicht aus einem einschichtigen Epithel. An der Haut, die zum Schutz vor äußeren Einflüssen verhornt ist (s. a. mehrschichtiges Plattenepithel), ist beim Menschen keine Potentialdifferenz messbar;[3] nachweisbar ist sie jedoch an anderen mehrschichtigen Plattenepithelien[4] und der Froschhaut.[5]

Physiologie / Morphologie

Jede der einzelnen Zellen einer solchen Oberflächenschicht weist zwei grundsätzlich verschiedene Bereiche auf:

  1. Ein Teil der Wand einer Zelle (der z. B. zum Körperinneren hin anliegt) ist aufgebaut wie eine typische Zellmembran.
  2. Der andere Teil jedoch (der z. B. zum Körperäußeren hin Kontakt hat) unterscheidet sich morphologisch davon. Ihm fehlt die Natrium-Kalium-Pumpe und er ist im Vergleich zum oben genannten Bereich für Ionen (insbesondere Na+, K+ und Cl) umgekehrt permeabel.

Daher ist die Ursache für Veränderungen des Membranpotentials in beiden Bereichen unterschiedlich.

Es gibt grundsätzlich zwei Arten, solcher Oberflächenschichten:[3]

  1. Die „leicht durchlässige“ (leaky); dabei können Ionen und Wassermoleküle leicht durch die Zellzwischenräume hindurchdringen.
  2. Die „undurchlässige“ (tight); dabei können Ionen und Wassermoleküle kaum durch die Zellzwischenräume hindurchdringen, der Austausch erfolgt direkt durch die Zellen hindurch.

Verantwortlich für diese Unterschiede sind Beschaffenheit, Anzahl und Anordnung der Tight junctions. Die Zellen einer Schicht kommunizieren direkt über die Gap junctions miteinander.[5]

Anwendung

Die Potentialdifferenz ist altersabhängig. Veränderungen sind diagnostisch nutzbar. Sie reflektieren den Funktionszustand der Tight Junctions und erlauben die Beurteilung der Wirkung von Arzneistoffen (zum Beispiel nichtsteroidaler Antiphlogistika).[6]

An der Niere ist es die transepitheliale Potentialdifferenz, die eine parazelluläre Chloridresorption ermöglicht.[7]

Am Respirationstrakt erlaubt es die Frühdiagnose einer Mukoviszidose.[8]

Quellen

  1. H. Knauf, E. Frömter: Elektrische Untersuchungen am Hauptausführungsgang der Speicheldrüsen des Menschen. In: Pflügers Archiv. Band 316, Nr. 3–4, 1. September 1970, S. 238–258, doi:10.1007/BF00586586.
  2. Detektion von Pheromonen in den Sensillen des Seidenspinners. (DOC) (Nicht mehr online verfügbar.) In: studentenlabor.de. Ehemals im Original; abgerufen am 14. November 2007.@1@2Vorlage:Toter Link/www.studentenlabor.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
  3. a b Kommunikation mit der Aussenwelt. In: biologie-online.eu. Roman Boldt, abgerufen am 20. Februar 2016.
  4. Andreas Ziersch: Optimierung der Mukoviszidose-Diagnostik und Überprüfung neuer Therapie-Ansätze auf der Basis der nasalen Potentialdifferenz-Messung. 1999, urn:nbn:de:hebis:26-opus-2030 (Doktorarbeit [PDF; abgerufen am 19. September 2016]).
  5. a b James T. Blankemeyer, Sharif H. Shahin: Increase in Gap Junctions in Frog Skin Epithelium. In: Proceedings of the Oklahoma Academy of Science. Band 73, 1993, S. 23–27 (digital.library.okstate.edu [PDF; 88 kB]).
  6. N. Nicolaides, A. König, E. H. Ballke, B. Griefahn, K. Jährig: The influence of acetylic acid on th transepithgelial potential difference of gastric mucosa in children. In: J. Molec. Med. 63, 2005, S. 184–187.
  7. B. C. Burkhardt: Vorlesung Nieren, Salz- und Wasserhaushalt (Memento vom 15. Juli 2007 im Internet Archive)
  8. M. R. Knowles, J. T. Gatzy, R. C. Boucher: Increased bioelectric potential difference across respiratoy epithelia in cystic fibrosis. In: Engl. J. Med. 305, 1981, S. 1489–1495.