Transurethrale Resektion

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Die transurethrale Resektion (TUR) ist eine urologische Operationstechnik, bei der erkranktes Gewebe aus Harnblase oder Prostata abgetragen wird. Die Operation erfolgt endoskopisch durch die Harnröhre ohne äußeren Schnitt und in der Regel unter Vollnarkose.[1] Umgangssprachlich wird die TUR auch als Hobelung bezeichnet.

Technik

Die TUR ist das älteste Verfahren der minimalinvasiven Chirurgie. Sie wird mit Hilfe eines Resektoskops durchgeführt. Ein modernes Rückspülresektoskop besteht aus einem in der Harnröhre atraumatisch ruhenden Außenschaft mit einem Kanal für die Flüssigkeitszufuhr und einem für die Absaugung. Der Innenschaft enthält die Optik samt Transporteur für die Längsbewegung der Resektionsschlinge. An die Optik werden die Lichtquelle sowie eine Videokamera angeschlossen.

Für die TUR wird eine Drahtschlinge genutzt, über die ein elektrischer Strom fließt. Damit wird erkranktes Gewebe in der Harnblase oder Prostata schichtweise abgetragen. Abgetragenes Gewebe wird in der Regel histologisch untersucht. Auftretende Blutungen werden elektrisch verödet (Kauterisierung). Das physikalische Prinzip entspricht dem der Hochfrequenz-Chirurgie. Während der Operation wird kontinuierlich eine Spülflüssigkeit über das Resektoskop eingebracht und kontrolliert abgesaugt; dadurch entsteht eine konstante Blasenfüllung und gute Sicht. Diese Lösung ist bei der klassischen monopolaren Resektion semihypoosmolar und elektrolytfrei. Die Elektrolytfreiheit ist in der Notwendigkeit einer geringen Leitfähigkeit begründet. Typischerweise bestehen die Spüllösungen aus 1,5-prozentigem Glycin (theoretische Osmolarität 299 mosmol/L) oder einem Gemisch aus 1 Prozent Sorbitol und zwei Prozent Mannitol (theoretische Osmolarität 164 mosmol/L). Am Ende der Operation wird das resezierte Gewebe ausgespült und nach ausreichender Blutstillung ein Spülkatheter eingelegt. Neben der klassischen monopolaren Resektion, welche die Verwendung elektrolytfreier Spülflüssigkeiten verlangt und daher mit der Gefahr eines sogenannten TUR-Syndroms (s. u.) einhergeht, gibt es mittlerweile auch bipolare Resektoskope. Neu entwickelte Hochfrequenzgeneratoren erlauben den Einsatz von isotonischer Kochsalzlösung als Spülflüssigkeit.

Anwendungsarten

Transurethrale Resektion der Blase

Die transurethrale Resektion der Harnblase (TURB oder TUR-B) wird zur Behandlung des oberflächlichen Blasenkrebses genutzt. Zur postoperativen Spülung der Blase sind in der Regel mehrere Liter physiologischer Kochsalzlösung erforderlich. Zur nachfolgenden Versorgung werden in der Regel die verschiedenen Urinbeutel eingesetzt. Bei eventuell nötigen Nachresektionen kommen auch lokale Instillationen von BCG oder Mitomycin zur Anwendung.[2][3]

Transurethrale Resektion der Prostata

Die transurethrale Resektion der Prostata (TURP oder TUR-P) ist ein Standardverfahren zur Beseitigung von Hindernissen für den Harnabfluss durch die Prostata. Es wird dabei nur der innere Anteil der Prostata entfernt, welcher der Harnröhre zugewandt ist. Das periphere Prostatagewebe und die Organkapsel verbleiben, weiterhin geschont werden Samenhügel und Harnröhrenschließmuskel.[4] Zumeist wird sie zur Behandlung der gutartigen Vergrößerung der Prostata (benigne Prostatahyperplasie) eingesetzt. Eine TUR-P kann aber auch bei anderen Abflusshindernissen genutzt werden, z. B. durch Prostatakrebs.

Komplikationen

Neben allgemeinen Operations- oder Anästhesierisiken (Infektion, Blutung, Narben, Herz-Kreislauf-Störung, Thrombose usw.) gibt es auch spezielle Risiken der TUR:

Geschichte

Die Voraussetzungen für die TURB als Operationstechnik wurde durch die Entwicklung des elektrisch beleuchteten Zystoskops durch Max Nitze ab 1879 geschaffen. Nitze entwickelte später auch Operationszystoskope und führte die Kauterisierung bei der Abtragung von Blasentumoren ein.

Obwohl bereits Ambroise Paré im 16. Jahrhundert Harnabflusshindernisse mit einer scharfen Hohlsonde durch die Harnröhre abtrug,[8] entwickelte sich die moderne TURP später als die TURB. Eine Vorläufermethode der heutigen TURP war die transurethrale Stanzresektion der Prostata (»cold punch«), die 1909 von Hugh Hampton Young (1870–1945) eingeführt wurde.[9] George Luys führte 1913 die ersten Koagulationen von kleineren Prostataadenomen mit Hilfe von Hochfrequenzstrom durch (forage de la prostate).[10]

Max Stern (1873–1946) kombinierte 1926 Youngs Stanzinstrument mit Zystoskop und Elektroschlinge und führte den Begriff Resektoskop ein. Er schuf damit den Prototyp des heutigen Resektoskops. Mit den 1931 vorgenommenen Verbesserungen durch Joseph Francis McCarthy (1874–1965) wurde das Instrument als Stern-McCarthy-Resektoskop bekannt.

In den 1970er Jahren wurde die Dauerspülung durch José Iglesias de la Torre (1904–1979) popularisiert.[11] Iglesias’ Instrument beruhte jedoch auf zunächst nicht genannten Vorarbeiten von Hans Joachim Reuter (1923–2003) in Kooperation mit der Fa. Storz.

Im Jahr 1986 wurde durch Hultén und seine Mitarbeiter[12] bei der transurethralen Prostataresektion die Hinzufügung von Ethanol zur Spülflüssigkeit und die Messung der Alkoholkonzentration in der Ausatemluft der Patienten zur frühzeitigen[13] Erkennung der Menge eingeschwemmter Spülflüssigkeit eingeführt.[14]

Siehe auch

  • Resektion: allgemein die operative Entfernung von Gewebeteilen eines Organs oder auch eines Tumors.
  • HF-Chirurgie (Hochfrequenz-Chirurgie): Darstellung der physikalischen Grundlagen der Elektroresektion und Blutstillung.

Einzelnachweise

  1. DKFZ-Information
  2. R. Veeratterapillay, R. Heer, M. I. Johnson, R. Persad, C. Bach: High-Risk Non-Muscle-Invasive Bladder Cancer-Therapy Options During Intravesical BCG Shortage. In: Curr Urol Rep. Band 17, Nr. 9, Sep 2016, S. 68. PMID 27492610
  3. A. Ślusarczyk, P. Zapała, Ł. Zapała, T. Piecha, P. Radziszewski: Prediction of BCG responses in non-muscle-invasive bladder cancer in the era of novel immunotherapeutics. In: Int Urol Nephrol. Band 51, Nr. 7, Juli 2019, S. 1089–1099. PMID 31154583
  4. http://www.urologielehrbuch.de/turp.html D. Manski, www.urologielehrbuch.de, Abschnitt TURP
  5. F. Rancke, N. Schmeller, M. Albrecht: Überwachung der Einschwemmung bei transurethralen Prostataresektionen. In: Der Anaesthesist. Band 41, 1992, S. 324–330.
  6. Ludwig Brandt, B. Lazica: Pathophysiologie und Therapie des TUR-Syndroms. In: R. Purschke: Refresher Course. Aktuelles Wissen für Anästhesisten. Springer, 1993, ISBN 3-540-57197-3, S. 28–34.
  7. J. N. Cornu, S. Ahyai, A. Bachmann, J. de la Rosette, P. Gilling, C. Gratzke, K. McVary, G. Novara, H. Woo, S. Madersbacher: A Systematic Review and Meta-analysis of Functional Outcomes and Complications Following Transurethral Procedures for Lower Urinary Tract Symptoms Resulting from Benign Prostatic Obstruction: An Update. In: European urology. Band 67, Nummer 6, Juni 2015, S. 1066–1096, doi:10.1016/j.eururo.2014.06.017. PMID 24972732 (Review), (PDF)
  8. W. K. Mebust: Transurethral prostatectomy. In: Urol Clin North Am. Band 17, 1990, S. 575–584. PMID 2197768
  9. H. H. Young: A new procedure (punch operation) for small prostatic bars and contractures of the prostatic orifice. In: J Am Med Assoc. Band 60, 1913, S. 253.
  10. G. Luys: Traitement de l’hypertrophie de prostate par la voie endouréthrale. In: Clinique. Band 44, 1913, S. 693.
  11. J. J. Iglesias, G. Fiore: Iglesias resectoscope with simultaneous irrigation, suction and low intravesical pressure. In: Eur Urol. Band 1, 1975, S. 251–254. PMID 61120
  12. J. O. Hultén, V. J. Sarma, h. Hjertberg, B. Palmquist: Monitoring of irrigating fluid absorption during transurethral prostatectomy. In: Anaesthesia. Band 46, 1991, S. 349–353.
  13. Vgl. R. G. Hahn Early detection of the TUR syndrome by marking the irrigating fluid with 1 % ethanol. In: Acta Anaesthesiologica Scandinavica. Band 33, 1989, S. 146–151.
  14. H. Gehring, W. Nahm, K.F. Klotz, A. Knipper, K. Zimmermann, J. Baerwald, P. Schmucker: Messung der Atem-Alkoholkonzentration mit einem neuen elektrochemischen Sensor. Modelluntersuchung zur Querempfindlichkeit gegenüber volatilen Anästhestika un klinische Anwendung. In: Der Anaesthesist. Band 45, 1996, Nr. 2, S. 154–162, hier: S. 154.

Weblinks