Treidellokomotive

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Elektrische Treidellokomotive von Siemens als Denkmal am Schiffshebewerk Niederfinow

Als Treidellokomotive bezeichnet man längs von Gewässern fahrende Lokomotiven, die zum Treideln (Ziehen) von Wasserfahrzeugen dienen. In der Binnenschifffahrt ist man vom Treideln weitgehend abgekommen; als bekannteste Treidelstrecke der Welt gilt heute die Zahnradbahn am Ufer der Schleusen des Panamakanals.

Geschichte

Treidellok System Köttgen von Siemens & Halske im Berliner Technikmuseum

Erste Treidellokomotiven kamen 1873 am Canal de Bourgogne zum Einsatz. Sie waren mit einer Dampfmaschine ausgerüstet und liefen nur mit einer Achse auf einer Schiene, die andere war in der Art der Lokomobile für den Fahrweg ausgebildet. Diese Bauart bewährte sich nicht.

1880 wurde zwischen den Schleusen Douai und Les Fontinettes insgesamt 77 km Meterspurgleise verlegt. Die Treidelgeschwindigkeit betrug in der Bergfahrt 1,5 km/h. Wegen anhaltender technischer Schwierigkeiten wurde der Betrieb bereits zum 1. Februar 1886 wieder eingestellt. Zum Einsatz kam eine 14 t schwere vierachsige Dampflokomotive.

1890 wurde am Oder-Spree-Kanal auf 900 mm breiten Gleisen eine zweiachsige Dampflok eingesetzt, die mit bis zu sieben Kähnen eine Treidelgeschwindigkeit von 7 km/h erreichte. Auch hier konnte kein wirtschaftlicher Betrieb erreicht werden.

Zwischen 1898 und 1901 wurde am Finowkanal eine elektrische Siemens-Treidellok System Köttgen getestet. Dabei nahm eine Schiene ca. 85 Prozent des Gewichts auf, zum Schiff hin stützte sich die Lok auf zwei großen Rollen ab. Obwohl sich Carl Köttgens System bewährt hatte, entschied man sich nach dem Ende der Versuche für Fahrzeuge auf herkömmlichen Gleisen.[1]

Fahrzeuge

Die weitaus meisten Treidelbahnen wurden in Frankreich angelegt, wo sich schon 1934 ein elektrisch betriebenes Treidelsystem von Calais und Dünkirchen bis Huningue bei Basel erstreckte.[2] Neben Elektrolokomotiven kamen an französischen Binnenwasserstraßen auch Zugmaschinen auf Gummireifen zum Einsatz, die entweder von Verbrennungsmotoren oder – mittels Oberleitung – elektrisch angetrieben wurden. Bezüglich der letztgenannten Maschinen gab es Umbauten zu Schienenfahrzeugen.[3]

Im Mai 1931 wurden in Frankreich 512 elektrisch und zwei mit Schweröl betriebene Treidellokomotiven gezählt.[4] Sie stammten von den Herstellern Applevage, Jeumont, Hillaret,[5] Alsthom, AEG – die Firma lieferte nach dem Ersten Weltkrieg als Reparationsleistung 40 Treidelloks für den Canal du Rhône au Rhin an Frankreich[6] – und Deutz.[7]

Verbleib

Von Siemens gebaute Treidellokomotiven können unter anderem am Teltowkanal in Berlin und am Schiffshebewerk Niederfinow besichtigt werden. In Saverne stehen Treidelloks des Canal de la Marne au Rhin als Denkmäler an der Schleuse und am Grand bassin.

Galerie

Siehe auch

Literatur

  • A. und H. Säuberlich: Achterbahn in Panama. Treidelloks an der Zahnstange. In: LOK MAGAZIN. Nr. 252/Jahrgang 41/2002. GeraNova Zeitschriftenverlag GmbH München, ISSN 0458-1822, S. 64–65.
  • Rolf Löttgers Treidelbahnen in Europa und Übersee. In: Jahrbuch für Eisenbahngeschichte. Nr. 5 / Ausgabe 1972. S. 33–64. Verlag Rösler + Zimmer, Augsburg, Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Eisenbahngeschichte e.V, Karlsruhe, ISBN 3-87987-126-4.
  • Gérard Bianchi: Les Cahiers du Musée de la Batellerie. La traction mécanique sur berge en France. Association des amis du Musée de la Batellerie, Conflans-Sainte-Honorine 2015, ISBN 2-909044-69-6.

Weblinks

Commons: Treidellokomotive – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Treidellokomotive – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Treidelbahn Finowkanal, 16248 Niederfinow bei bahn-express.de, abgerufen am 23. Februar 2019
  2. Gérard Bianchi: Les Cahiers du Musée de la Batellerie. La traction mécanique sur berge en France. Association des amis du Musée de la Batellerie, Conflans-Sainte-Honorine 2015, ISBN 2-909044-69-6, S. 12.
  3. Gérard Bianchi: op. cit, S. 68.
  4. Gérard Bianchi: op. cit, S. 44.
  5. Gérard Bianchi: op. cit, S. 85 ff.
  6. Gérard Bianchi: op. cit, S. 50.
  7. Voies navigables de France bei rail.lu, abgerufen am 1. März 2019