Tribal-Klasse (1936)

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Tribal-Klasse
Die allein erhalten gebliebene Haida
Schiffsdaten
Land Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
Kanada Kanada
Australien Australien
Schiffsart Zerstörer
Bauzeitraum 1936 bis 1948
Stapellauf des Typschiffes 8. Juni 1936
Gebaute Einheiten 27
Dienstzeit 3. Mai 1938 bis September 1963
Schiffsmaße und Besatzung
Länge
115,0 m (Lüa)
Breite 11,1 m
Tiefgang max. 4,23 m
Verdrängung Standard: 1850 tons
maximal: 2520 tons
 
Besatzung 190–219 Mann
Maschinenanlage
Maschine 3 Admiralty-Kessel
2 Satz Getriebeturbinen
Maschinen-
leistung
44,000 PS (32 kW)
Höchst-
geschwindigkeit
36 kn (67 km/h)
Propeller 2
Bewaffnung

ab Sommer 1940 auf Position „X“:

Die Tribal-Klasse waren eine Gruppe von sechzehn Zerstörern, die vor dem Zweiten Weltkrieg für die Royal Navy gebaut wurden. Sie waren größer als die bis dahin bestellten Zerstörer der A- bis I-Klasse und eine Reaktion der britischen Marine auf die Großzerstörer der anderen Marinen, insbesondere Japans.
Die sechzehn Boote der Royal Navy kamen bis zum März 1939 in den Dienst. Zwölf gingen während des Zweiten Weltkriegs verloren, die übrigen wurden bis 1949 ausgesondert.

Die Royal Australian Navy (RAN) und Royal Canadian Navy (RCN) bestellten je sieben Zerstörer dieses Typs.
Drei in Australien für die RAN gebaute Boote wurden während des Krieges fertiggestellt. Die übrigen Aufträge wurden storniert. 1969 wurde das letzte australische Boot abgebrochen.
Vier der Boote für die RCN wurden ab 1940 in Newcastle (England) gebaut und 1942/43 abgeliefert. Eines ging 1944 verloren, die Haida wurde 1964 Museumsschiff und ist erhalten. Der Bau weiterer vier Boote (eins zusätzlich für den Kriegsverlust) wurde während des Krieges in Kanada begonnen, sie wurden aber erst nach dem Kriegsende fertiggestellt und in den 60er-Jahren verschrottet.

Die Schiffe der Tribal-Klasse galten als groß, komplex und teuer.[1]

Geschichte der zweiten Tribal-Klasse

Nach der Tribal-Klasse von 1905, die auch wesentlich größer war als die vor ihr beschafften Zerstörer, erhielt die britische Marine erneut eine Gruppe von Schiffen, die nach Volksstämmen benannt waren, denen besondere soldatische Tugenden nachgesagt wurden. Der Entwurf war eine Weiterentwicklung des Entwurfs eines leichten Flottenkreuzers, wie er etwas später in den Kreuzern der Dido-Klasse realisiert wurde. Die neuen Einheiten sollten einen Gegenpart zu den großen Zerstörern der anderen Marinen bilden, wie der japanischen Fubuki-Klasse (3 × 2 127-mm-Kanonen, 3 × 3 TR) und der italienischen Navigatori-Klasse (3 × 2 120-mm-Kanonen, 2 × 3 TR).

120-mm-Zwillingsgeschütze, hier auf HMS Kelvin

Die britische Admiralität entschied sich bei der neuen Tribal-Klasse für einen Zerstörer mit stärkerer Artilleriebewaffnung. Dabei hielt sie an den bewährten Hauptgeschützen der bisherigen Zerstörer fest, wobei aber schließlich acht 120-mm-Geschütze in neuentwickelten Zwillingslafetten statt der bislang üblichen vier Einzelgeschütze aufgestellt werden sollten. Diese Waffen waren für die Verteidigung gegen Flugzeuge nur bedingt geeignet, da ihre Maximalerhöhung nur 40° betrug.

Schwerer Vickers-MG-Vierling

Die Luftabwehr im Nahbereich sollten ursprünglich zwei, dann nur ein 2pdr-Vierling und zwei schwere Maschinengewehr-Vierlinge leisten. Die Torpedobewaffnung der neuen Boote war auf einen Vierlingssatz reduziert.

Am 10. März 1936 wurden die ersten sieben Einheiten in Auftrag gegeben; im Juni desselben Jahres folgten neun weitere Bestellungen. Alle liefen im Jahr 1937 auf sieben britischen Werften vom Stapel. Die Indienststellung des ersten Schiffes, der HMS Afridi, war am 3. Mai 1938. Wegen diverser Änderungen während der Ausrüstungsphase wurden sechs Schiffe erst 1939 abgeliefert; als letzter Tribal-Zerstörer kam die Punjabi Ende März 1939 zur Royal Navy.

Die Tartar mit 120-mm- und 105-mm-Doppelgeschütz am Heck

Die Boote bildeten bei Indienstnahme zwei „Tribal-Flottillen“: die erste bei der Mittelmeerflotte und die zweite bei der Home Fleet. Noch vor Kriegsbeginn wurden sie in normale Zerstörerflottillen (6th DF Home Fleet, 4th Med) umbenannt. Ihre ersten Kampfeinsätze erlebten die Boote ab April 1940 vor Norwegen, wo die Afridi und die HMS Gurkha durch Luftangriffe verloren gingen. In der Folgezeit wurde die Luftabwehrfähigkeit der Boote verbessert. Alle Boote ersetzten das hintere überhöhte 120-mm-Doppelgeschütz durch ein 102-mm/L45-Mk. XVI-Zwillingsgeschütz. Die leichten Flakwaffen wurden auch nach und nach modernisiert und vermehrt. Allerdings gingen 1941 drei und 1942 sieben weitere Boote verloren, so dass die Royal Navy Anfang 1943 nur noch über vier Boote der Tribal-Klasse verfügte, die dann auch den Krieg überlebten. Beim Kriegsende in Europa befand sich die Ashanti seit September 1944 in der Überholung und kam auch nicht wieder in den Aktiven Dienst. Die drei anderen Boote waren zur Eastern Fleet im Indischen Ozean gekommen und wurden vor Burma eingesetzt. Nubian und Tartar kehrten im November 1945 in die Heimat zurück und wurden außer Dienst gestellt. Als letztes aktives Boot der Tribal-Klasse wurde die im Dezember 1945 zurückgekehrte Eskimo im Februar 1946 der Reserve zugeordnet. Sie hatte nur mit viel Glück und Aufwand einen schweren Torpedotreffer im Gefecht mit den deutschen Zerstörern in Narvik am 13. April 1940 überstanden.

Die Royal Canadian Navy erhielt die ersten vier ihrer ursprünglich sieben Boote zwischen Dezember 1942 und September 1943 von der High Walker Werft von Vickers-Armstrong, die schon vier Boote für die Royal Navy gebaut hatte. Die vier in Kanada bestellten Boote (darunter der Ersatzbau für den Kriegsverlust) kamen erst zwischen September 1945 und Oktober 1947 in Dienst.

Die Royal Australian Navy stellte am 30. April 1942 mit der in Cockatoo gebauten Arunta ihr erstes Boot in Dienst, der bis zum 25. Mai 1945 noch zwei Boote folgten.

Die im Krieg fertiggestellten Boote für die Commonwealth-Marinen kamen mit nur drei 120-mm-Zwillingskanonen Mk.XII und einem 102-mm/L45-Mk.XVI-Zwillings-Mehrzweckgeschütz auf der „X“-Position sowie leichten 20-mm-Oerlikon-Kanonen in Dienst. Die kanadischen Nachbauten erhielten gar keine 120-mm-Kanonen, dafür zwei 102-mm/L45-Mk.XVI-Zwillings-Geschütze und 40-mm-Bofors-Flak. Die kanadischen Boote wurden in den 1950er-Jahren zu U-Abwehrbooten umgebaut. Dabei wurde die Bewaffnung erneut verändert und Squid-Mörser hinzugefügt. Auch die Aufbauten wurden verändert. Sie verdrängten dann 2200 ts. Ähnliche Veränderungen wurden auch an zwei australischen Booten durchgeführt.

Einheiten

Tribal-Zerstörer der Royal Navy

Name HMS Werft Stapellauf
In Dienst
Verbleib
Afridi Vickers Armstrongs
Newcastle, Baunr. 6
8.06.1937
3.05.1938
am 3. Mai 1940 in der Nordsee vor Namsos (Norwegen) nach Bombentreffern eines Sturzkampfflugzeugs Ju 87 der Luftwaffe gekentert und gesunken. 92 Tote.
Ashanti William Denny,
Dumbarton, Baunr.1300
5.11.1937
21.12.1938
zum Abbruch verkauft: 12. April 1949
Bedouin William Denny,
Baunr.1301
21.12.1937
15.03.1939
während der Operation Harpoon von zwei italienischen Kreuzern beschädigt und nach Torpedotreffer einer SM.79 der Aeronautica Militare am 3. Juli 1942 im Mittelmeer gesunken. Von 241 Mann wurden 28 getötet – 213 gingen in italienische Kriegsgefangenschaft.
Cossack Vickers-Armstrongs,
Newcastle, Baunr. 7
8.06.1937
7.06.1938
am 27. Oktober 1941 nach Torpedotreffer von U 563 drei Tage vorher im Schlepp bei schwerer See westlich Gibraltar mit 159 Mann gesunken
Eskimo Vickers-Armstrongs,
Newcastle, Baunr. 81
3.09.1937
30.12.1938
zum Abbruch verkauft: 27. Juni 1949
Gurkha Fairfield,
Govan, Baunr. 659
7.07.1937
21.10.1938
am 9. April 1940 in der Nordsee vor Stavanger (Norwegen) nach Bombentreffern von Ju 88 und He 111 der Luftwaffe gesunken. 15 Tote
Maori Fairfield,
Baunr. 660
2.09.1937
2.01.1939
am 12. Februar 1942 nach Bombentreffer im Grand Harbour von Valletta (Malta) auf Grund gesetzt. Ein Toter. Ende 1942 gehoben und vor St. Elmo geschleppt. Im Juli 1945 bei einem Bergungsversuch im Schlepp in zwei Teile gebrochen. Die Hecksektion wurde außerhalb des Hafenbeckens versenkt.
Mashona Vickers-Armstrongs,
Newcastle, Baunr. 91
3.09.1937
28.03.1939
am 28. Mai 1941 nach Bombentreffer im Atlantik vor der Küste von Galway gesunken. 46 Tote
Matabele Scotts,
Greenock, Baunr. 568
6.10.1937
25.01.1939
am 17. Januar 1942 bei der Eskortierung des Nordmeergeleitzuges PQ-8 nach Torpedotreffer von U 454 in der Barentssee gesunken. Von 238 Mann konnten 2 gerettet werden.
Mohawk J.I. Thornycroft,
Woolston
15.10.1937
7.09.1938
am 16. April 1941 nach zwei Torpedotreffern eines italienischen Zerstörers im Mittelmeer vor den Kerkenna-Inseln gesunken. 43 Tote
Nubian J.I. Thornycroft 21.12.1937
6.12.1938
zum Abbruch verkauft: 11. Juni 1949
Punjabi Scotts,
Baunr. 569
18.12.1937
29.03.1939
am 1. Mai 1942 im Atlantik von britischem Schlachtschiff HMS King George V im Nebel mittschiffs gerammt, in zwei Teile zerbrochen und gesunken. Von den 258 Besatzungsmitgliedern der Punjabi konnten 205 gerettet werden.
Sikh A. Stephen,
Linthouse, Baunr. 553
17.12.1937
12.10.1938
am 14. September 1942 während der Operation Agreement im Mittelmeer vor Tobruk gesunken, 23 Tote, 223 Kriegsgefangene
Somali Swan Hunter,
Wallsend, BauNr. 1527
24.08.1937
12.12.1938
nach Torpedotreffer von U 703 vier Tage vorher am 24. September 1942 nördlich Island im Schlepp gesunken
Tartar Swan Hunter,
BauNr. 1528
21.10.1937
10.03.1939
zum Abbruch verkauft: 6. Januar 1948
Zulu A. Stephen,
BauNr. 552
23.09.1937
7.09.1938
am 14. September 1942 während der Operation Agreement im Mittelmeer vor Tobruk gesunken

1Einbau Turbinenanlage und Fertigstellung bei Parsons Marine Steam Turbine Co., Wallsend

Schiffe der Royal Canadian Navy

Name Bauwerft Kiellegung Stapellauf Indienststellung Verbleib
HMCS Iroquois Vickers-Armstrongs,
Newcastle upon Tyne
9. September 1940 23. September 1941 10. Dezember 1942 1966 in Bilbao abgewrackt
HMCS Athabaskan (I) 18. November 1941 3. Februar 1943 am 29. April 1944 nach Torpedotreffern von T 24 und T 27 im Ärmelkanal nordöstlich Ouessant gesunken.
Von 256 Mann kamen 129 ums Leben, 83 wurden von deutschen Schiffen gerettet und gingen in Kriegsgefangenschaft;
weitere 44 konnte das Schwesterschiff HMCS Haida aufnehmen.
HMCS Huron 15. Juli 1941 25. Juni 1942 20. Juli 1943 1965 in La Spezia abgewrackt
HMCS Haida 29. September 1941 25. August 1942 18. September 1943 seit 1965 Museumsschiff in Hamilton (Ontario)
HMCS Micmac Halifax Shipyard,
Halifax
20. Mai 1942 18. September 1943 14. September 1945 1964 in Faslane abgewrackt
HMCS Nootka 20. Mai 1942 26. April 1944 9. August 1946 1964 in Faslane abgewrackt
HMCS Cayuga 7. Oktober 1943 28. Juli 1945 20. Oktober 1947 1964 in Faslane abgewrackt
HMCS Athabaskan (II) 15. Mai 1944 4. Mai 1946 12. Januar 1947 21. April 1966 außer Dienst gestellt, 1969 abgewrackt

Schiffe der Royal Australian Navy

Name Bauwerft Kiellegung Stapellauf Indienststellung Verbleib
HMAS Arunta Marinewerft Cockatoo
Port Jackson (Sydney)
15. November 1939 30. November 1940 30. April 1942 Am 21. Dezember 1956 außer Dienst gestellt,
1968 verkauft und am 13. Februar 1969 auf dem Weg nach Taiwan zur Verschrottung vor Sydney Heads im Schlepp gesunken
HMAS Warramunga 10. Februar 1940 6. Februar 1942 23. November 1942 Am 7. Dezember 1959 außer Dienst gestellt und
Anfang 1963 zur Verschrottung an eine japanische Firma verkauft
HMAS Bataan 18. Februar 1942 15. Januar 1944 25. Mai 1945 Am 18. Oktober 1954 außer Dienst gestellt und im
Mai 1958 zur Verschrottung an eine japanische Firma verkauft

Literatur

  • David Lyon: HMS Cossack Tribal Class Destroyer. Profile Publication Ltd., Windsor (1970)
  • David Lyon: The British Tribals, 1935. In Superdestroyers. Conway Maritime Press, Greenwich 11978, ISBN 0-85177-131-9
  • M. J. Whitley: Zerstörer im Zweiten Weltkrieg. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1991, ISBN 3-613-01426-2.

Weblinks

Commons: Tribal-Klasse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. David und Hugh Lyon; Siegfried Greiner: Kriegsschiffe von 1900 bis heute Technik und Einsatz. Buch und Zeit Verlagsgesellschaft mbH, Köln 1979, S. 62.