Typee
Typee (deutscher Verlagstitel „Taipi“) ist eine Erzählung von Herman Melville, die 1846 erschien.
Inhalt
Von dem Walfänger Dolly desertiert der Ich-Erzähler Tom gemeinsam mit einem Kameraden namens Toby während eines Zwischenhaltes in der Bucht der Marquesas-Insel Nukuhiva. Die beiden suchen Zuflucht bei einem der ansässigen Insulaner-Stämme, den Typee, in einem abgelegenen Tal der Insel. Dort angekommen, werden sie zwar freundlich aufgenommen, jedoch praktisch gefangengehalten.
Im Verlauf der Erzählung werden das Alltagsleben und einige Bräuche der Typee beschrieben, so unter anderem das Familienleben, die unterschiedliche Rolle der Geschlechter und das kriegerische Verhältnis zu anderen Stämmen der Insel.
Toby kann als erster mit Hilfe eines Händlers im Boot entkommen, während Tom sich erst später mit Hilfe eines stammesfreien Insulaners über Land zur Bucht zurück durchschlagen kann und dort auf einem amerikanischen Schiff anheuert.
Veröffentlichungsgeschichte
Die Erzählung wurde zuerst dem Verlag Harper & Brothers in New York vorgelegt, dort aber abgelehnt, weil „die Erzählung zu phantastisch erschien um glaubwürdig zu sein“. Sie erschien darauf erstmals unter dem Titel Narrative of a Four Months’ Residence among the Natives of a Valley of the Marquesas Islands im Februar 1846 bei John Murray in England. Zuvor musste Melville jedoch noch drei weitere Kapitel mit Fakten einfügen, um die Erzählung glaubwürdiger zu gestalten.
Dennoch bestanden weiterhin Zweifel, bis am 1. Juli 1846 in der Zeitschrift Commercial Advertiser in Buffalo im Staate New York ein Brief von dem an dem Abenteuer beteiligten Richard Tobias Greene („Toby“) erschien, der den Wahrheitsgehalt der Geschichte bestätigte.
Im August 1846 erschien das Werk auch bei Wiley & Putnam in New York. Auf Druck des Verlagspartners John Wiley wurde eine revidierte Version aufgelegt, der vor allem zahlreiche Stellen mit für Wiley unliebsamen sexuellen und religionskritischen Inhalten fehlten.
Zum Werk
In Typee verarbeitet Melville einige Eindrücke von seiner vier Jahre zuvor erlebten Fahrt mit dem Walfänger Acushnet, seiner Desertion und der unter den Typee verbrachten Zeit.
Seit der Erstveröffentlichung ist von der Literaturkritik und der Wissenschaft diskutiert worden, inwieweit die Erzählung Tatsachen berichtet, und wo Melville literarisch eingegriffen hat, etwa, um den Erzählfluss interessant zu halten. Melville geht in Typee über einen reinen Tatsachenbericht hinaus und interpretiert die polynesische Gesellschaft im Vergleich zur nordamerikanischen. Seiner Erzählung ist stellenweise eine deutliche Kritik an der Kolonisierungspolitik europäischer Mächte und der christlichen Missionierung im Pazifikraum anzumerken.
Einige der Beschreibungen Melvilles, insbesondere der Kannibalismus der Typee oder die Aufhebung eines Tabus, nur damit Tom mit einer jungen Frau zusammen im Kanu fahren kann, erscheinen heute als literarische Freiheiten Melvilles. Auch die Dauer seines Aufenthalts, die sich aus den Schiffstagebüchern zu etwa 4 Wochen ergibt, hat Melville auf vier Monate ausgedehnt.
Melvilles Mardi von 1849 gilt als rein fiktive Fassung von Typee.
Ausgaben der Erzählung
- Herman Melville: Taipi. 2. Auflage. Gebundene Ausgabe. Verlag Neues Leben, Berlin 1980, Lizenzausgabe der Dietrich’schen Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1953.
- Herman Melville: Taipi. Gebundene Ausgabe. Hoffmann und Campe, Leipzig 1967.
- Herman Melville: Taipi. Abenteuer in der Südsee. Taschenbuch Ed. Bücherbär/Arena, 1978 ISBN 3-545-32159-2.
- Herman Melville: Taipi. Aufbau Tb, Berlin 2001 ISBN 3-7466-6097-1.
- Herman Melville: Taipi. Everyman Paperback Classics, Tuttle 1993.
- Herman Melville: Taipi. A Peep at Polynesian Life. Penguin Classics, 1996.
- Herman Melville: Mardi und eine Reise dorthin. Btb Bei Goldmann, Januar 2000, ISBN 3-442-72565-8
- Herman Melville: Typee. Neuübersetzung inklusive bisher unübersetzter Passagen aus dem Fragment des Originalmanuskripts.[1] Mareverlag, Hamburg 2019, ISBN 978-3-86648-614-0.
- Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben. Übersetzer: Rudolph Garrigue. 1. Auflage. Gustav Mayer, Leipzig 1847; Volltext (Wikisource)