Typenrad

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Modernes Typenrad
Datei:Olympia ES200.jpg
Typenrad-Schreibmaschine vom deutschen Hersteller Olympia, 1992

Datei:BrotherAX15 Wikipedia Korrektur.ogv Das Typenrad (engl. daisy wheel, wörtlich: Gänseblümchen-Rad) zählt neben Typenhebel und Kugelkopf zu den häufigsten Typenträgern von elektromechanischen Schreibmaschinen.

Ein Typenträger in Radform wird zur manuellen Herstellung von Prägeetiketten verwendet.

Mechanische Registrierkassen besaßen je 1 Typenrad pro Spalte, welches die Typen auf der Stirnfläche trug.

Trommeldrucker besitzen Typenwalzen.

Allgemeines

Die Schreibmaschinentypen sind bei einem Typenrad auf federnden radial, d. h. sternförmig angeordneten Armen angebracht. Durch Drehung des Rades wird das gewünschte Zeichen in Position gebracht und mit einem elektromagnetisch betätigten Stift gegen Farbband und Papier geschlagen. Durch Austausch des Typenrades kann die Schriftart einfach gewechselt werden. Einige Hersteller (z. B. Brother) verwendeten ein von einem Gehäuse (Cartridge) umgebenes Typenrad, sodass dieses auch beim Wechsel und bei der Aufbewahrung geschützt blieb.

Typenrad-Druck mit PC

Schreibmaschinenhersteller boten in der Anfangszeit der Personal Computer neben einem RS-232-Anschluss zum Computer auch separat Drucker mit Typenrad als Computer-Peripheriegeräte an. Die Typenraddrucker erzielten insbesondere in Verbindung mit Karbonfarbbändern das deutlich bessere Schriftbild im Vergleich zu damals verbreiteten Nadeldruckern. Sie waren daher für die geschäftliche Korrespondenz geeignet, aber auf den Zeichensatz des Typenrades beschränkt.

Nicht immer stimmte der herstellerspezifische Typenrad-Zeichensatz mit dem PC-Zeichensatz überein. In solchen Fällen wurden Treiber- oder TSR-Programme verwendet, die beim Druck im Hintergrund die erforderliche Umsetzung vornahmen.

Geschichte

Vor rund einhundert Jahren gab es bereits zwei Typenträger, die alle Typen auf einem einzigen Körper vereinigten. Sie waren die Vorläufer der modernen Kugelköpfe und Typenräder.

  • Beim Typenzylinder (auch als Typenwalze bezeichnet) waren die Typen auf einer Zylinderoberfläche in mehreren Kreisen (Ebenen) angeordnet. Die Zeigerschreibmaschine Mignon von AEG hatte einen Typenzylinder mit je zwölf Typen in sieben Ebenen. Das leicht gewölbte 7×12-Bedienfeld dieser Schreibmaschine war die abgewickelte Zylinderoberfläche.[1]
  • Ein kürzerer und im Durchmesser größerer Typenzylinder wird in der älteren Fachliteratur ebenfalls Typenrad genannt, obwohl die Typen mindestens in zwei, meistens in drei Ebenen angeordnet waren.[2][3] Es ermöglichte, die häufigsten Typen mit weniger mechanischem Aufwand von den Tasten aus anzusteuern. Das Typenrad der Blickensderfer-Schreibmaschine hatte je 30 Typen in drei Ebenen, hatte also einen deutlich größeren Zylinderdurchmesser als der Typenträger der Mignon.[4]
  • Für beide Typenträger wurden verschiedene Schreibmaschinenmodelle entwickelt, die die Bedienung und Bewegungsübertragung auf unterschiedliche Weise lösten.[5] Aus diesen Typenträgern ging der moderne Kugelkopf hervor, der sich vom historischen Typenzylinder durch die Kugelform und die Kippbewegung (anstatt axialer Bewegung) unterscheidet.
  • Das moderne Typenrad hat nur eine Ebene, beziehungsweise bei ihm sind die Typen in einer geometrischen Ebene angeordnet. Dadurch ist die Drehachse nicht quer, sondern senkrecht zur Blattoberfläche ausgerichtet. Obwohl wie ein scheinbarer Rückschritt wirkend, gilt das moderne Typenrad als technische Weiterentwicklung des lange Zeit als nicht mehr übertreffbar geltenden Kugelkopfs. Das filigranere Rad ist nur etwa halb so schwer wie der massivere Kopf (rund 5 statt 10 Gramm), es kommt mit nur einer Bewegungsachse aus (keine Ebenen) und ermöglicht dadurch eine einfachere mechanische Steuerung, die in der Herstellung wesentlich preiswerter als die Kugelkopftechnik ist und die über die gesamte Lebensdauer nahezu wartungsfrei bleibt. Dadurch ist es vor allem aus wirtschaftlichen Gründen das heute einzig verbliebene Aufschlagverfahren für Schreibmaschinen.
  • Im Sommer 1978 brachte Olivetti mit der TES 401 Speicherschreibmaschine und der ET 101 (Basismodell ohne Speicherfunktion) weltweit die ersten Typenradschreibmaschinen auf den Markt. Andere Hersteller folgten erst 1980, IBM hielt noch bis 1994 an ihrer Kugelkopf-Technologie fest.

Antriebstechnik

In einer elektromechanischen Schreibmaschine mit Typenrad wird nicht der Wagen mit Schreibwalze, sondern das Typenrad zusammen mit seinem Antriebsmotor in Zeilenrichtung bewegt.

Bei der Drehung des Typenrades werden zwei verschiedene Konstruktionsprinzipien angewendet, es gibt zwei verschiedene Typenrad-Druckwerke.

Dauerläufer-Druckwerk

Beim sogenannten Dauerläufer, der früheren und heute veralteten Technik, dreht sich das Typenrad ständig mit konstanter Drehzahl. In der einfachsten Ausführung ist einer der Typenträger-Stäbe verlängert. Seine Nase passiert bei jeder Umdrehung kurz eine Gabellichtschranke und erzeugt einen Impuls. Die fixen Zeitabstände zwischen Impuls und Schreibposition der Typen sind elektronisch gespeichert, so dass der Stift im richtigen Moment auf den Stab mit der ausgewählten Type schlagen kann. Der Anschlagstift schlägt sehr schnell und kehrt schnell in seine Ausgangsposition zurück, so dass das Typenrad nicht anzuhalten braucht und der Abdruck trotzdem ausreichend deutlich erfolgt. Statt eines verlängerten Typenstabes mit Gabellichtschranke sind auch andere Sensoren zur Erzeugung eines Synchronisierimpulses möglich. Um Energie zu sparen, kann der „Dauerläufer“ in Schreibpausen auch zeitgesteuert abgeschaltet werden. Diese Technologie wurde nur bei sehr frühen Typenraddruckern verwendet.

Wechselrichtungs-Druckwerk

Beim heute noch verwendeten Wechselrichtungsdruckwerk wird bei den meisten Herstellern ein Schrittmotor genutzt, der das auf seiner Achse befindliche Typenrad auf dem kürzesten Weg vorwärts oder rückwärts zur nächsten benötigten Type dreht. Bei Olivetti verwendete man stattdessen bei einigen Modellen Gleichstrommotoren mit Encodern, bei denen der Drehwinkel über ein Schlitzrad und eine Lichtschranke überwacht wird; der Motor wird dann über eine hochfrequente Wechselspannung in Position gehalten. Selbst Drehbewegungen des Anwenders beim Typenradwechsel können so erkannt und korrigiert werden. Beim US-Hersteller Exxon war das Typenrad der Rotor eines Linearmotors; auch der Druckkopf war das bewegliche Teil eines Linearmotors, wodurch hohe Druckgeschwindigkeiten erzielt wurden. Da das Typenrad bei jedem Abdruck still steht, kann der Anschlagstift langsamer schlagen. Die Schnelligkeit dieses Druckwerktyps wurde durch Nebeneinander-Platzieren häufig benutzter Typen auf dem Typenrad gesteigert. Das Typenrad ist ebenfalls zur Erzeugung eines Impulses, der nur einmalig zur Kalibrierung (Nullstellung) nach dem Einschalten der Schreibmaschine benötigt wird, gestaltet. Neuere Typenräder von Olivetti haben kleine reflektierende Flächen auf der Innenseite, die je nach Schriftart eine andere Kodierung haben. Wenn man ein neues Typenrad einsetzt, liest die Maschine mit einer Drehung diese Kodierung aus und erkennt damit Schrifttype, Anschlagstärke abhängig von der Schriftgröße, Nationalität und Schrittweite der Schrift und stellt diese automatisch ein, bzw. verweigert die Benutzung eines Typenrades, welches nicht mit der Tastatur übereinstimmt.

Anmerkungen

  1. Werner von Eye: Geschichte der Schreibmaschine und des Maschinenschreibens. H. Apitz, Verlagsbuchhandlung, Berlin 1941, Abbildungen 17 und 23.
  2. Werner von Eye, 1941, S. 16
  3. Ernst Martin: Die Schreibmaschine und ihre Entwicklungsgeschichte. Johannes Meyer, Pappenheim 1949, S. 554–56.
  4. Werner von Eye, 1941, Abbildung 20
  5. www.stb-betzwieser.de: Auswahl historischer Schreibmaschinen mit Typenzylinder oder Typenrad