UNA-UNSO
UNA-UNSO | |
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Gründung | 3/4 November 1990 Neuregistrierung als Partei am 20. September 2015[1] |
Gründungsort | Lwiw |
Ausrichtung | Rechtsextremismus, Russophobie, Antisemitismus |
Farbe(n) | rot, schwarz |
Website | unso.in.ua |
Die UNA-UNSO (Abkürzung für: Ukrainische Nationalversammlung – Ukrainische Nationale Selbstverteidigung; ukrainisch Українська Національна Асамблея-Українська Народна Самооборона, УНА-УНСО) ist eine ukrainische rechtsextreme Partei sowie ein paramilitärischer Verband.
Geschichte
Gründung
Gegründet wurde die UNA-UNSO (damals unter dem Namen
(UMA)) am 30. Juni 1990 in Lwiw von nationalorientierten Jugendlichen. Erster Parteivorsitzender war der sowjetische Dissident Jurij Schuchewytsch, Sohn des Politikers und Offiziers der Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA) Roman Schuchewytsch. Ein weiterer Parteimitbegründer und langjähriger Vorsitzender war Dmytro Kortschynskyj.[2]
Die UNA-UNSO bestand aus der politischen Ukrainischen Nationalversammlung UNA, und deren paramilitärischem Arm, Ukrainische Nationale Selbstverteidigung UNSO. Das Gründungsdatum ist an den 30. Juni 1941 angelehnt, Gründungstag der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN). Die Ursprünge der Partei liegen in bewaffneten Gruppen, die für die Unabhängigkeit der Ukraine kämpften. Der paramilitärischer Flügel UNSO wurde gegründet, da man während des Putsches in Moskau eine militärische Eskalation befürchtete.
Beteiligung an außenpolitischen Konflikten
Die UNSO war an zahlreichen Konflikten beteiligt. Während des Transnistrien-Konflikts 1992 kämpften Freiwillige der UNSO auf transnistrischer Seite und sammelten so erste Kampferfahrungen.[3] Nach eigenen Angaben taten sie dies, um die dortige ukrainische Bevölkerung zu schützen.[4] Im Krieg in Abchasien 1992–1993 stellte die UNSO unter Führung von Valery Bobrovich einen Freiwilligenkorps „Argo“ auf mit etwa 150 Mitgliedern, der gegen die abchasischen Separatisten kämpfte. Sieben Mitglieder der UNSO starben dabei.[5] Im Bergkarabachkonflikt 1992 bis 1994 kämpfte die UNSO auf Seiten Aserbaidschans.[6] Im ersten Tschetschenienkrieg stellten Freiwillige der UNSO das Bataillon „Wiking“ unter dem Kommando von Oleksandr Musytschko auf, das auf Seite der tschetschenischen Separatisten kämpfte.[7] Im Kosovokrieg 1999 unterstützte UNSO die serbische Seite.[8] Die UNA-UNSO lehnt die Anerkennung Kosovos ab.[9] Während des Südossetienkrieges 2008 kämpften laut russischen Angaben 200 UNSO-Mitglieder auf Seiten der Georgier gegen Russland.[10] Auch nahm sie zeitweise in Belarus an Protesten gegen die dortige Regierung teil.[11]
Euromaidan und Ukraine-Krise
Während des Euromaidan schloss sich die Partei der ultranationalistischen paramilitärisch auftretenden Gruppe Prawyj Sektor (deutsche Übersetzung: ‚Rechter Sektor‘) an. Führende Mitglieder des UNA-UNSO beteiligten sich an gewaltsamen Übergriffen, Einschüchterungen und Willkürmaßnahmen. So erschien Oleksandr Musytschko am 24. Februar 2014 mit einem Sturmgewehr im Regionalparlament der Oblast Riwne und befahl, den Familien von Demonstranten bevorzugt Wohnungen zu geben.[12][13]
Der politische Arm der Partei war kurzzeitig im Rechten Sektor aufgegangen.[14], während der militärische Arm weiterhin aktiv blieb. Im Juli 2015 versuchte die UNA-UNSO den Prawyj Sektor zu verlassen und erneut eine eigene Partei zu gründen. Am 20. September 2015 wurde die Partei UNA-UNSO offiziell als Partei zugelassen.[15]
Zu Beginn des Ukrainekrieges gründete der paramilitärischer Flügel UNSO ein eigenes Freiwilligenbataillon und kämpft aktiv auf Seiten der Regierung gegen prorussische Milizen.[16]
Ermittlungsverfahren in Russland
Im März 2014 gab die russische Staatsanwaltschaft bekannt, dass Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der UNA-UNSO sowie der Partei Swoboda eröffnet wurden.[17] Ihnen wird vorgeworfen, in den 1990er-Jahren eine „bewaffnete militärische Gruppierung“ gegründet zu haben mit dem Ziel die russische Armee im Tschetschenienkrieg zu bekämpfen. Die Anklage plädiert gegen den getöteten ehemaligen Parteiführer der UNA-UNSO Oleksandr Musytschko, er habe in den Jahren 1994–1996 „nicht weniger als 20 gefangene russische Soldaten“ gefoltert und getötet.[18][19] Seit November 2014 ist die UNA-UNSO in Russland als extremistische Organisation verboten.[20] Die russischen Ermittlungen können im Zusammenhang mit der russischen Einmischung in der Ukraine während des Euromaidan, der Krimkrise und dem Krieg in der Ukraine seit 2014 gesehen werden.
Verhältnis zur NPD
1996 schloss die UNA-UNSO mit der deutschen NPD einen „Partnerschaftsvertrag“. Dabei trafen die Vertreter beider Parteien jeweils im August 1996, November 1999 und im Juni 2000 aufeinander. Zwei der Treffen fanden in Kiew statt und eines in München. Im Jahr 2007 veröffentlichten der NPD-Politiker Günther Schwemmer und UNSO-Mitglied Andrij Starostin im Namen eines »Auslandsdokumentationsdienstes der UNA-UNSO« in der NPD-Parteizeitung Deutsche Stimme einen Beitrag über »Die Ukraine und Europa«. Dabei müsse „Europa endlich enger mit der Ukraine kooperieren, um den russischen Einfluss zurückzudrängen“. In letzter Zeit hat sich jedoch die Position der NPD deutlich hin zur Partei Swoboda gewandt.[21] Im Zuge der Annexion der Krim 2014 haben sich jedoch die Verhältnisse der NPD zu ukrainischen Nationalisten deutlich verschlechtert.[22] Seitdem pflegen Vertreter der NPD eher Beziehungen zu Russland.[23]
Ideologie und Symbolik
Die UNA-UNSO zeichnet sich politisch durch eine radikal antirussische Haltung aus. Sie unterstützt die Ideen des ukrainischen Publizisten Dmytro Donzow. Zu ihren Zielen gehören unter anderem der Sturz der ukrainischen Regierung, die Bekämpfung der Mafia und der Homosexuellen.[24][25] Auch orientiert sie sich an Organisationen wie der Irish Republican Army, der Kurdischen Widerstandsbewegung, den afghanischen Mudschahedin und der kubanischen Aufstandsbewegung. Als Hauptziel der UNA-UNSO gilt die vollständige wirtschaftliche Unabhängigkeit von Russland.[26]
Zum Antisemitismus herrscht innerhalb der Organisation eine widersprüchliche Auffassung. Während die Organisation anfangs eine starke judenfeindliche Haltung aufwies, so wurde die historische Existenz des Holocaust in Publikationen der Organisation angezweifelt[27], hat sich die UNSO seit dem Euromaidan und dem Eintritt in den Prawyj Sektor von ihren ehemaligen Positionen teilweise entfernt. So erklärte ein führendes Mitglied, dass Juden in der Ukraine nichts zu befürchten hätten. Zugleich schätzte dieses jedoch, dass 90 % der ukrainischen Bänker jüdisch wären.[28] Am 11. April 2014 trafen sich Mitglieder der UNSO mit der Jüdischen Gemeinde von Odessa und entfernten antisemitische Graffiti.[29]
Trotz ihrer nationalistischen Ausrichtung verfügt die UNA-UNSO auch über ausländische Mitglieder. Ein prominentes Beispiel ist der Belarusse Michail Schysnewski, welcher als eines der ersten Todesopfer des Euromaidan bekannt wurde.[30]
Auf dem Logo der Organisation ist ein Kruckenkreuz zu sehen mit den Buchstaben УНСО (UNSO). In der Mitte befindet sich der Trysub, ein Symbol, welches auch auf dem Wappen der Ukraine zu finden ist. Die Farben Schwarz und Rot verweisen auf die Symbolik der Ukrainischen Aufständischen Armee.
Weblinks
- Hauptseite der UNSO
- Hauptseite der UNA-UNSO (Memento vom 22. Mai 2012 im Internet Archive)
- Hauptseite der UNA-UNSO (Memento vom 19. April 2013 im Webarchiv archive.today)
Einzelnachweise
- ↑ unso.in.ua
- ↑ Analyse des Rechtsextremismus in Ukraine,bpb.de
- ↑ Bundeszentrale für politische Bildung: Analyse: Die Entstehung des ukrainophonen parteiförmigen Rechtsextremismus in der Ukraine der 1990er – bpb. In: bpb.de. 13. Juni 2012, abgerufen am 31. Dezember 2014.
- ↑ Нарис історії УНСО (Memento vom 10. Dezember 2014 im Internet Archive)
- ↑ Нарис історії УНСО (Memento vom 10. Dezember 2014 im Internet Archive)
- ↑ Karen Dawisha: Democratic Changes and Authoritarian Reactions in Russia, Ukraine, Belarus and Moldova. Cambridge University Press, 1997, ISBN 978-0-521-59732-6, S. 349. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- ↑ Benjamin Bidder: Getöteter Nationalistenführer: Zwei Kugeln ins Herz des „Weißen Sascha“. In: Spiegel Online. 25. März 2014, abgerufen am 10. Juni 2018.
- ↑ https://www.wikileaks.org/plusd/cables/08KYIV2323_a.html
- ↑ http://ukraine-nachrichten.de/ukrainische-nationalisten-gegen-anerkennung-kosovos_337_politik
- ↑ Ukrainische Soldaten waren beim Angriff Georgiens auf Südossetien dabei. In: ria.ru. 31. Dezember 2014, archiviert vom Original am 9. Dezember 2013; abgerufen am 31. Dezember 2014. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Нарис історії УНСО (Memento vom 10. Dezember 2014 im Internet Archive)
- ↑ Про що заявив „Сашко Білий“ на Президії Рівненської облради зі зброєю в руках? auf YouTube, 24. Februar 2014.
- ↑ Blind eye turned to influence of far-right in Ukrainian crisis: critics In: Global News Canada am 7. März 2014
- ↑ http://en.interfax.com.ua/news/general/206070.html
- ↑ unso.in.ua
- ↑ Чому я йду воювати (Memento vom 15. Februar 2015 im Internet Archive)
- ↑ Russia launches criminal case against UNA_UNSO and Svoboda
- ↑ Leader of ukrainian nationalits shoot dead
- ↑ Ukrainischer Ultranationalitst erschossen
- ↑ Russia classes UNA-UNSO and Right Sector as extremist organizations
- ↑ http://antifadueren.blogsport.de/2014/03/19/braune-europavisionen/
- ↑ Archivierte Kopie (Memento vom 11. August 2016 im Internet Archive)
- ↑ Benjamin Bidder: Neonazi-Treffen in Russland: Moskaus rechtsradikale Internationale. In: Spiegel Online. 23. März 2015, abgerufen am 10. Juni 2018.
- ↑ Ideology, goals, organization and activities of the Ukrainian Nationalist Assembly – Ukrainian Nationalist Self-Defense l (französisch)
- ↑ Showdown in Kiev: What's the Ukrainian phrase for 'Brown Shirts?', latimes.com(englisch)
- ↑ Ideology, goals, organization and activities of the Ukrainian Nationalist Assembly – Ukrainian Nationalist Self-Defense l (französisch)
- ↑ Holocaust. Truth about Babyn Yar. In: unaunso.org. Abgerufen am 31. Dezember 2014.
- ↑ http://www.latimes.com/opinion/opinion-la/la-ol-ukraine-nationalism-antisemitism-20140128-story.html
- ↑ http://www.ukrinform.net/rubric-politics/1646978-odesa_jews_unso_remove_anti_semitic_graffiti_conjointly_320059.html
- ↑ Цела забітага на Майдане беларуса адправяць на радзіму ў нядзелю, svaboda.by (weißrussisch) (Memento vom 24. Januar 2016 im Internet Archive)