Ulrich II. von Dapfen

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Ulrich II. von Dapfen, auch Uldarich II. von Dapfen, (* vor 1088; † 1123) war Abt des Klosters Reichenau von 1088 bis 1123.

Leben

Ulrich von Dapfen entstammte dem edelfreien Geschlecht der Herren von Dapfen, das seinen Stammsitz in Dapfen, im großen Lautertal, westlich von Münsingen hatte. Er wurde nach dem Tod des Abtes Ekkehard II. von Nellenburg, auf Betreiben des welfischen Herzogs Welf V. hin, zum neuen Abt des Klosters Insel Reichenau gewählt.

Nachdem ihm Kaiser Heinrichs IV., unter ausdrücklicher Zustimmung des staufischen Herzogs Friedrich von Schwaben, das königliche Marktrecht verlieh, gründete Ulrich von Dapfen im Jahre 1100 den Markt Radolfzell und gilt damit als wichtiger Wegbereiter der späteren Stadt Radolfzell.[1]

Während seines Abbiats bemühte sich Ulrich von Dapfen besonders um die Exemption seines Klosters von der Jurisdiktion des Bischofs von Konstanz, was zu hartnäckigen Auseinandersetzungen mit dem Konstanzer Bischof Gebhard III. führte. Bischof Gebhard hatte 1089 von Papst Urban II. ein Dekret erwirkt, das ihm die bischöfliche Gewalt über Klerus und Volk der Klosterinsel, mit Ausnahme der Konventsmitglieder, zusicherte und ihm das Recht verlieh, den Abt des Klosters Reichenau, des Klosters St. Gallen und anderer Klöster ins Amt einzusetzen und zu weihen.[2] Ulrich von Dapfen weigerte sich jedoch, die Weihe vom Konstanzer Bischof entgegenzunehmen. 1095 erhielt er auf der Synode von Piacenza schließlich von Papst Urban II. die Abtsweihe. Allerdings bekräftigte der Papst auch das Verbot der Ausübung bischöflicher Rechte gegenüber Volk und Klerus der Reichenau durch den Abt. Ulrich von Dapfen widersetzte sich jedoch diesem Verbot, weshalb er mehrfach päpstliche Mahnbriefe erhielt.[3] Um für die Unabhängigkeit seiner Abtei zu kämpfen, scheute er auch nicht davor zurück, päpstliche Urkunden fälschen zu lassen.[4] Unter seiner Zeit als Reichenauer Abt war die Reichenau die wohl berühmteste Fälscherwerkstatt des 12. Jahrhunderts.

Literatur

  • Konrad Beyerle: Von der Gründung bis zum Ende des freiherrlichen Klosters (724-1427). In: Konrad Beyerle (Hrsg.): Die Kultur der Abtei Reichenau. Erinnerungsschrift zur zwölfhundertsten Wiederkehr des Gründungsjahres des Inselklosters 724–1924. 1. Teilband. Verlag der Münchner Drucke, München 1925, S. 55–212, hier S. 128–134.
  • Hans Jänichen: Zur Herkunft der Reichenauer Fälscher des 12. Jahrhunderts. In: Helmut Maurer (Hrsg.): Die Abtei Reichenau. Neue Beiträge zur Geschichte und Kultur des Inselklosters (Bodensee-Bibliothek; Bd. 20), Thorbecke, Sigmaringen 1974, ISBN 3-7995-6709-7, S. 277–287.
  • Gallus Ohem: „Die Chronik des Gallus Öhem. Mit 27 Tafeln“ (Quellen und Forschungen zur Geschichte der Abtei Reichenau; Bd. 2), bearbeitet von Karl Brandi, Winter, Heidelberg 1893, S. 102–104. (Digitalisat)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Konrad Beyerle: Das Radolfzeller Marktrecht vom Jahr 1100 und seine Bedeutung für den Ursprung der deutschen Städte. In: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, 30 (1901), S. 3–21. (Digitalisat)
  2. Helmut Maurer: Die Konstanzer Bischöfe vom Ende des 6. Jahrhunderts bis 1206 (Germania sacra; NF 42,1; Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das Bistum Konstanz; 5). Walter de Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 3-11-017664-5, S. 242. (Digitalisat)
  3. Konrad Beyerle: Von der Gründung bis zum Ende des freiherrlichen Klosters (724-1427). In: Konrad Beyerle (Hrsg.): Die Kultur der Abtei Reichenau. Erinnerungsschrift zur zwölfhundertsten Wiederkehr des Gründungsjahres des Inselklosters 724–1924. 1. Teilband. Verlag der Münchner Drucke, München 1925, S. 55–212, hier S. 129.
  4. Hans Jänichen: Zur Herkunft der Reichenauer Fälscher des 12. Jahrhunderts. In: Helmut Maurer (Hrsg.): Die Abtei Reichenau. Neue Beiträge zur Geschichte und Kultur des Inselklosters (Bodensee-Bibliothek; Bd. 20), Thorbecke, Sigmaringen 1974, ISBN 3-7995-6709-7, S. 277–287.
VorgängerAmtNachfolger
Ekkehard II. von NellenburgAbt von Reichenau
10881123
Rudolf von Böttstein