Ulrich Stölzel

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Ulrich Stölzel (* 18. Januar 1955 in Zwickau)[1] ist ein deutscher Mediziner, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologe. Er ist Gründer des größten Porphyrie-Zentrums in Deutschland und seit 2003 Professor an der Universität Leipzig.[1]

Leben und Werk

Stölzel war nach Abschluss der ärztlichen Ausbildung (1980) von 1982 bis 1984 aus politischen Gründen gezwungen, im Meißner Dom als Hilfskraft gotische Figuren zu restaurieren.[2] Von 1980 bis 1989 erhielt Stölzel seine Ausbildung für Innere Medizin an der Medizinischen Akademie in Dresden und der Freien Universität Berlin. Von 1989 bis 1996 war er Oberarzt am Universitätsklinikum der Freien Universität Berlin und von 2001 bis Ende Januar 2021 Chefarzt des Zentrums für Innere Medizin II, des Klinikum Chemnitz. Er habilitierte sich zum Thema Untersuchungen zur Prävalenz, Epidemiologie und pathophysiologischen Bedeutung von Hepatitis Virus Markern und Autoantikörpern bei Porphyria cutanea tarda.[1][3][4] Hauptforschungsgebiet sind die Porphyrien.[5] 2004 gründete er das von ihm auch heute noch geleitete Porphyriezentrum am Klinikum Chemnitz. Deutschlandweit ist es das wichtigste klinische Zentrum dieser Art, das sich auf diese seltene Erkrankung spezialisiert hat.[3][6] International beachtet wurde seine Arbeit zu HFE-Hämochromatosegenen und der Therapie mit Aderlass oder Chloroquin bei Porphyria cutanea tarda.[7] In Kooperation mit Wissenschaftlern der Universität Jena konnte Stölzel bei einer extrem seltenen Photodermatose, der X-chromosamal vererbten Protoporphyrie (XLP) den therapeutischen Effekt von Eisen nachweisen und publizieren.[8] In einer international führenden Gruppe war er beteiligt an den Envision und Explore Studien und der klinischen Zulassung von siRNA (Givosiran) bei akuter Porphyrie. 2020 wurde er zum Gastwissenschaftler an die Charité Berlin berufen, um im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungem (DGVS) ein Netzwerk für S3-Leilinien „Porphyrie“ zu koordinieren.

Endoskopie

Stölzel war führend beteiligt an der erstmaligen Entdeckung eines besonderen neuroendokrinen Tumors (Gastrinom mit normalen Serum-Gastrin-Konzentrationen) mit endoskopischem Ultraschall.[9] Unter seiner Leitung hat sein Team weltweit erstmals ein Insulinom in der Bauchspeicheldrüse endoskopisch (also ohne Operation) verödet.[10] Diese Methode wurde in internationale Leitlinien aufgenommen. Er hat weltweit erstmals einen eingeklemmten Stein im Ductus cysticus mit Stosswellen (ohne Operation) erfolgreich entfernt.[11] Die interventionelle Endoskopie wurde unter seiner Leitung zu einem führenden Ausbildungszentrum entwickelt. Er ist als „Top Arzt“ in der FOCUS Ärzteliste „Gastrointestinale Endoskopie“ gelistet.[12]

Mitgliedschaften und Funktionen

Publikationen

Fachzeitschriften

  • Balwani M, Sardh E, Ventura P, Aguilera Perió O, Rees DC, Stölzel U et al.: Phase 3 Trial of RNAi Therapeutic Givosiran for Acute Intermittent Porphyria. In: NEJM. Band 382, 2020, S. 2289–2301, doi:10.1056/NEJMoa1913147.
  • Gouya L, Ventura P, Balwani M, Rees D.C., Stölzel U et al.: EXPLORE: A Prospective, Multinational, Natural History Study of Patients with Acute Hepatic Porphyria with Recurrent Attacks. In: Hepatology. Band 71, Nr. 5, 12. September 2019, S. 1546–1558, doi:10.1002/hep.30936.
  • Stölzel U, Doss MO, Schuppan D.: Clinical Guide and Update on Porphyrias. In: Gastrojournal. Band 157, Nr. 2, 1. August 2019, S. 365–381, doi:10.1053/j.gastro.2019.04.050 (gastrojournal.org).

Buchbeiträge

  • Stölzel U, Kubisch I, Doss MO: Porphyrien. In: Innere Medizin. 2020, S. 701–704.
  • Stölzel U, Stauch T, Lindner U, Doss MO: Akute Porphyrien. In: Marx G et al. (Hrsg.): Die Intensivmedizin, Springer-Verlag Berlin Heidelberg. 2015, S. 913–919.
  • Stölzel U, Doss MO: Porphyrias. In: Dancygier H. (Hrsg.): Clinical Hepatology, Principles and Practice of Hepatobiliary Diseases, Vol 2. Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York. 2009, S. 1077–92.
  • Doss MO, Stölzel U: Krankheiten durch Störungen der Porphyrin- und Hämbiosynthese. In: Gerok W et al. (Hrsg.): Die Innere Medizin: Referenzwerk für den Facharzt, 11. Auflage. Schattauer Stuttgart. 2007, S. 1152–67.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Curriculum Vitae, Klinik-Website, abgerufen am 22. September 2021
  2. Forschungen zur Bau- und Kunstgeschichte des Meissner Domes, Band 1. Seite 365 ISBN 3-930195-33-X
  3. a b KLINOSKOP Zeitschrift der Klinikum Chemnitz, Seite 15, abgerufen am 22. September 2021
  4. Chemnitz: Wissniowski löst Stölzel als Chefarzt des Zentrums für Innere Medizin II ab, Kompakt Gastroenterologie vom 18. Dezember 2020, abgerufen am 22. September 2021
  5. Therapien, Klinik-Website, abgerufen am 22. September 2021
  6. Porphyriezentrum, Klinik-Website, abgerufen am 22. September 2021
  7. Jose M. Mascaro, MD, MS; Carmen Herrero, MD: New Reasons for an Archaic Treatment - Phlebotomy in Sporadic Porphyria Cutanea Tarda. In: Arch. Dermatol. 1. März 2003, abgerufen am 21. September 2021 (englisch).
  8. Christoph Landefeld, Karim Kentouche, Bernd Gruhn, Thomas Stauch, Steve Rößler, Detlef Schuppan, Sharon D. Whatley, James F. Beck, Ulrich Stölzel: X-linked protoporphyria: Iron supplementation improves protoporphyrin overload liver damage and anaemia. In: BJHaem. 20. Juli 2015, doi:10.1111/bjh.13612 (englisch).
  9. Thomas Zimmer, M.D., Ulrich Stölzel, M.D., Michael Bäder, M.D., Ute Fett, M.D., Hans-Dieter Foss, M.D., Ernst-Otto Riecken, M.D., Jens F. Rehfeld, M.D., and Bertram Wiedenmann, M.D.: A Duodenal Gastrinoma in a Patient with Diarrhea and Normal Serum Gastrin Concentrations. In: NEJM. 7. September 1995, S. 634–637, doi:10.1056/NEJM199509073331005 (englisch).
  10. Christian Jürgensen, MD - Detlef Schuppan, MD, PhD - Frank Neser, MD - Jan Ernstberger, MD - Ulrich Junghans, MD - Ulrich Stölzel, MD: EUS-guided alcohol ablation of an insulinoma. In: Gastrointestinal Endoscopy. 19. September 2015 (englisch, giejournal.org [abgerufen am 21. September 2021]).
  11. U Stölzel, C Koszka, M Gregor, K Ziegler, T Zimmer, E O Riecken: Lithotripsy of an impacted calcified stone in the cystic duct accompanied by cholecystitis in severe Crohn’s disease. In: BMJ GUT. 1993, S. 1145–1147 (englisch, bmj.com [PDF; abgerufen am 21. September 2021]).
  12. Gastrointestinale Endoskopie, Focus Siegel, abgerufen am 22. September 2021