Erlös
Erlös ist in der Betriebswirtschaftslehre und im Rechnungswesen der Gegenwert, der einem Unternehmen in Form von Zahlungsmitteln oder Forderungen durch den Verkauf von Gütern oder Dienstleistungen zufließt.
Allgemeines
Der Erlös ist der in Geld bewertete, durch den Marktpreis erzielte Gegenwert aus dem Vertrieb von Produkten oder Dienstleistungen[2] ():
- .
Andere synonyme Bezeichnungen für Erlös sind der Rechtsbegriff „Umsatzerlös“ (§ 275 Abs. 2 Nr. 1 HGB beim Gesamtkostenverfahren) oder beim Umsatzkostenverfahren (§ 275 Abs. 3 Nr. 1 HGB),[3] einfach auch „Umsatz“ oder „Bruttoerlös“ genannt. Beim Bruttoerlös oder Brutto-Umsatz sind noch keine Kosten (Material-, Personalkosten usw.) abgezogen, beim Nettoerlös oder Netto-Umsatz lediglich die mit dem Verkauf zusammenhängenden Erlösschmälerungen (Rabatte, Skonti). Für die Preiskalkulation ist der Nettoerlös maßgebend.
Ermittlung
Die Gesamtleistung ist die (Zwischen-)Summe aus den ersten drei Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren gemäß § 275 Abs. 2 HGB:
- Umsatzerlöse
- + Erhöhung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen oder
- - Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen
- + andere aktivierte Eigenleistungen
- = Gesamtleistung
- Umsatzerlöse
Die Umsatzerlöse setzen sich demnach aus den in der Rechnungsperiode produzierten und verkauften sowie aus den aus dem Lagerbestand von Vorperioden stammenden und in der laufenden Periode verkauften Produkten zusammen.
Arten
Zu unterscheiden ist zwischen den pagatorischen Erlösen (auch: Grunderlöse, Zweckerträge) und den kalkulatorischen Erlösen.[4] Grunderlöse sind die Umsatzerlöse aus dem Kerngeschäft eines Unternehmens, die dem Unternehmen als Einnahmen zufließen, kalkulatorischen Erlösen dagegen steht kein eindeutiger Marktpreis gegenüber.
Je nach Wirtschaftszweig gibt es folgende Umsatzerlöse:
Wirtschaftszweig | Art der Erlöse |
---|---|
Autohäuser/-werkstätten | Autoverkauf, Ersatzteilverkauf, Autovermietung, Reparaturen |
EDV-/IT-Firmen | Hardware-, Software- und Wartungserlöse |
Einzelhandel | Warenverkäufe |
Freie Berufe | Gebühren, Honorare für Ärzte, Rechtsanwälte usw. |
Gewerbebetriebe | Einkünfte aus Gewerbebetrieb |
Handelsbetriebe | Verkauf von Handelswaren |
Hotellerie | Beherbergungs- und Restaurationserlöse |
Immobilienwirtschaft | Immobiliarmiete, Pachtzins |
Industriebetriebe | Umsatzerlöse aus Industrieproduktion |
Kreditinstitute | Zinserträge, Provisionserträge, Bankgebühren (1) |
Montagebetriebe | Vermietung von Bauteilen, Montagearbeiten |
Verkehrs- und Transportunternehmen | Erlöse aus Fahrkarten- und Flugticketverkauf |
Versicherungsunternehmen | Versicherungsprämien, Kapitalerträge aus Kapitalanlagen |
(1) betriebswirtschaftliche Kennzahlen beziehen sich auf die Bilanzsumme oder das Geschäftsvolumen.
Erlös im Rechnungswesen
„Erlös“ wird zuweilen anstelle des Begriffs Leistung verwendet: Im Handelsunternehmen sind Erlös und Leistung als (betrieblicher) Ertrag identisch, weil es keine Bestandsveränderungen an Halb- und Fertigfabrikaten sowie keine Eigenleistungen gibt. Ähnliches gilt für reine Dienstleister. In anderen Branchen gilt das nicht.
Im produzierenden Unternehmen kommt zum Erlös aus verkauften Fertigprodukten (Vertrieb) der betriebliche Ertrag aus hergestellten Produkten hinzu. Der Unterschied entsteht durch die Bestandsveränderungen an Halb- und Fertigfabrikaten (Produktion auf Lager) sowie aus der Aktivierung von Eigenleistungen.
Nicht Erlöse, sondern Erträge resultieren aus reinen Bilanzierungsmaßnahmen wie der Auflösung von Rückstellungen oder aus Zuschreibungen bei Vermögenswerten. Die Veräußerung einer Immobilie aus dem Betriebsvermögen stellt für Unternehmen außerhalb der Immobilienwirtschaft einen (außerordentlichen) Ertrag dar, für Immobilienunternehmen dagegen sind es Umsatzerlöse aus dem Kerngeschäft.
Kennzahlen
Erlöse () sind häufig Bestandteil betriebswirtschaftlicher Kennzahlen. Die betriebswirtschaftliche Arbeitsproduktivität spiegelt den pro Mitarbeiter erzielten Umsatz wider:
- .
Die Erlösfunktion ist die mathematische Darstellung der Abhängigkeit zwischen Absatzmenge und Umsatz.[5] Diese Verhaltensgleichung stellt den Verkaufspreis der Absatzmenge gegenüber, wobei von abhängt:[6]
- .
Bei gleichbleibenden Verkaufspreisen steigen die Erlöse mit der Zunahme der verkauften Produkteinheiten linear an. Die erste Ableitung dieser Erlösfunktion nennt man – analog zu den Grenzkosten auf der Kostenseite – Grenzerlös.
Die Gewinnschwelle (englisch break-even point) ist erreicht, wenn die Erlöse den Gesamtkosten entsprechen:
- .
Im Monopolpreismodell wird sehr oft zur Vereinfachung angenommen:
- .
Dabei bezeichnet:
- die in einem Zeitraum der Dauer abgesetzte Menge (Menge pro Zeit) und
- die Länge des betrachteten Zeitraums.
Dann ist
- ,
gleichbleibender Preise vorausgesetzt.
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung: Branchenumsatz
Die Umsatzsumme aller Unternehmen einer Branche wird als Branchenumsatz bezeichnet. Er wird meist in Bezug auf ein Kalenderjahr angegeben und beispielsweise bei der Berechnung von Marktanteilen oder Betriebsvergleichen benötigt.
Abgrenzung
Erlös und Ertrag werden manchmal synonym gebraucht, müssen jedoch streng voneinander unterschieden werden. Die Abgrenzung zwischen beiden geht auf Erwin Geldmacher zurück, der 1929 auch andere Begriffe des Rechnungswesens voneinander abgegrenzt hat. Ist der Erlös , dann entspricht der Ertrag der Leistung :[7]
- .
Ist , gilt
- .
Bei ist
- .
Ob es sich um Ertrag oder Erlös handelt, ergibt sich mithin aus den Bestandsveränderungen.
International
Aufgrund der großen Bedeutung des Ertrags- (englisch yield) oder Umsatzbegriffes (englisch sales) im externen Rechnungswesen gibt es insbesondere in der internationalen (IFRS) und der US-amerikanischen Rechnungslegung (US-GAAP) strenge Richtlinien zur Umsatzrealisierung. Hiermit soll sichergestellt werden, dass die ausgewiesenen Umsatzzahlen korrekt sind und kaum einem Restrisiko unterliegen. Kern ist die Regelung des International Financial Reporting Standard 15 über die Realisierung von Umsätzen. Bilanzskandale und betrügerische Umsatzaufblähungen, etwa durch Scheingeschäfte, sollen hierdurch vermieden werden.
Siehe auch
Literatur
- Wilfried Bechtel, Alfred Brink: Einführung in die moderne Finanzbuchführung: Grundlagen der Buchungs- und Abschlusstechnik und Grundzüge der EDV-Buchführung. 9., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2007, ISBN 3-486-58470-7 (260 S.).
- Gottfried Bähr, Wolf F. Fischer-Winkelmann, Stephan List: Buchführung und Jahresabschluss. 9., überarbeitete Auflage. Gabler Verlag, Wiesbaden 2006, ISBN 3-8349-0335-3 (622 S.).
- Bruno Röösli: 1000 Fragen und Antworten zum Rechnungswesen. 4. Auflage. Verlag SKV/HEROLD, Zürich/Oberhaching 2007, ISBN 3-286-50844-6 (512 S.).
- Harald Wedell: Grundlagen des Rechnungswesens, Band 1: Buchführung und Jahresabschluss. 11., überarbeitete Auflage. NWB Verlag – Neue Wirtschafts-Briefe, Herne/Berlin 2006, ISBN 3-482-54781-5 (302 S.).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Sönke Peters (Begründer), Rolf Brühl, Johannes N. Stelling: Betriebswirtschaftslehre. Einführung. 12., durchgesehene Auflage. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München u. a. 2005, ISBN 3-486-57685-2 (Google Books).
- ↑ Walther Busse von Colbe/Nils Crasselt/Bernhard Pellens, Lexikon des Rechnungswesens, 2011, S. 251
- ↑ Ulrich Döring, Erlös, in: Wolfgang Lück (Hrsg.), Lexikon der Betriebswirtschaft, 1983, S. 352
- ↑ Walther Busse von Colbe/Nils Crasselt/Bernhard Pellens, Lexikon des Rechnungswesens, 2011, S. 251
- ↑ Wolfgang Becker/Stefan Lutz, Gabler Kompakt-Lexikon Modernes Rechnungswesen, 2007, S. 70
- ↑ Verlag Dr. Th. Gabler GmbH (Hrsg.), Gabler Volkswirtschafts-Lexikon, 1990, S. 318
- ↑ Erwin Geldmacher, Grundbegriffe und systematischer Grundriss des betrieblichen Rechnungswesens, in: ZfhF, 1929, S. 10 und 17 f.