Unteres Blaufarbenwerk (Breitenbach)

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Lage des unteren Blaufarbenwerkes Breitenbach auf einer Karte von 1875

Das untere Blaufarbenwerk zeitweise Morbachsche und Elstersche Blaufarbenfabrik genannt, am Breitenbach gelegen, war ein Werk, das zur Herstellung von blauer Farbe aus kobalthaltigen Erz diente. Ihre Konkurrenzunternehmen im Breitenbachtal waren das mittlere und das obere Blaufarbenwerk, die gleichzeitig in dessen Nähe produzierten und Arbeitgeber für zahlreiche Farbmühlarbeiter aus Platten und Breitenbach war.

Angetrieben wurde das Werk vom Breitenbach, von dem unterhalb der Einmündung des Lauterbaches ein Wassergraben zum Blaufarbenwerk abgezeigt wurde. Der Nachfolger dieses Betriebsgrabens, der später bis zur Steinbergerfabrik verlängert wurde, hat sich bis heute erhalten.

Geschichte

Heutige Lage des Blaufarbenwerkes rechts des Breitenbaches

Der spätere Bergmeister von Platten Peter Kuhn, besaß Mitte des 17. Jahrhunderts eine Farbmühle bei Platten am Breitenbach.[1] Das böhmische Blaufarbenwesen hatte unter der Protestantenverfolgung nach 1650 schwer zu leiden. Kuhn wanderte kurzzeitig als Glaubensflüchtling nach Johanngeorgenstadt aus, wo er 1658 von Johann Löbel d. J. dessen im Bau befindliches Haus neben der Kirche kaufte. Da man ihm drohte seine Farbmühle einzuziehen, kehrte er wieder ins Papsttum zurück.[2]

Peter Kuhns Witwe Maria heiratete 1684 den Fleischhauermeister Peter Elster aus Neudek, wodurch die Farbmühle in den Besitz der Familie Elster überging. Elster der sich als Rebellenführer im nordböhmischen Bauernaufstand gegen die Herrschaft Czernin auflehnte, war 1684 mit seiner Familie nach Platten geflohen und seither als Farbmacher und Handelsmann am Breitenbach tätig.

Einen schweren Rückschritt für die Blaufarbenerzeugung bedeutete das 1686 vom Oberamt erlassene Dekret, alle silberhaltigen Kobalterze an die Staatliche Silberhütte in Sankt Joachimsthal abzuliefern. Den böhmischen Farbmühlen wurde fortan nur erlaubt silberfreie oder silberarme Erze zu blauer Farbe zu verarbeiten. Auf die in Platten gewogenen Farbfässer wurde Brennstempelgeld erhoben.

Nach dem Tode Peter Elsters 1704 erbte die Farbmühle dessen ältester Sohn, der Farbmacher Christian Elster, der 1741 in der Stadtpfarrkirche von Platten beigesetzt wurde. 1730 kam es zwischen Christian Elster und dem Zollamt zu Streitigkeiten um die Ausfuhr. 1743 wurde die Farbmühle von Christian Elsters Witwe betrieben.[3] Das Farbmühle ist 1752 in der Beschreibung der Böhmischen Plattner und Gottesgaber Revieren von Christoph Conrad Reuschel, sowie 1774 in Beiträge zu der Mineral-Geschichte von Böhmen von Johann Jakob Ferber, als eines der Blaufarbenwerke in Breitenbach aufgeführt.[4]

Nächster Besitzer war Franz Karl Elster, der zugleich Faktor des Schlegelmühler Blaufarbenwerkes in Österreich war. Dieser stellte in der Puchnerschen Schmaltefabrik in St. Joachimsthal Versuche an, in dem er silberhaltige Speise konzentrierte, um die Schmalte zu bereiten. Die Versuche vielen dabei günstig aus, jedoch konnte er die Vorherrschaft der sächsischen Werke nicht brechen.[5] Am 12. Februar 1781 verschrieb er das Blaufarbenwerk seinem Bruder Anton Elster für 6235 fl.[6] Dieser erscheint noch im Schematismus für das Königreich Böhmen auf das Jahr 1805 als Fabrik-Inhaber.[7]

1807 übernahm Philipp Morbach von Anton Elster das Werk. Die Familie des Letzteren hatte ihren gesamten Besitz veräußert und zog aus Breitenbach und Platten fort. Philipp Morbach hatte dafür gesorgt, dass sein Neffe, der Farbmeister Cajetan Grimm, vom Blaufarbenwerk Silberbach abgezogen und seit 1807 in Breitenbach eingesetzt wurde. Ihm und seiner Familie wurde eine Dienstwohnung im Herrenhaus des Blaufarbenwerkes eingeräumt. Da Philipp Morbach unverheiratet und kinderlos war erbte das Blaufarbenwerk nach seinem Tod 1808 sein jüngerer Bruder Ignaz Morbach.[8]

Durch die Verdrängung der Schmalte durch das künstliche Ultramarin, im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts,[9] ist das Werk wohl aufgegeben worden. Die Gebrüder Kolb betrieben das in den 1820er Jahren zum Erliegen gekommene Blaufarbenwerk später halb als Brettmühle, der andere Teil wurde als Porzellanfabrik genutzt.[10][11] Das markante Hauptgebäude mit der daneben befindlichen Kapelle wurden Anfang der 1950er Jahre abgerissen. Oberhalb des Blaufarbenwerks lag auf dem Berg die beliebte Einkehr Marianne als Vorgänger der Dreckschänke.

Zitat

„Gleich bey Joachimsthal auf dem Wege der nach der Silberschmelz=Hütte liegt das Puchnerische und zwischen Platte und Johanngeorgenstadt drey andere Böhmische Blaufarbenwerker, nemlich das Elsterische, Butzische und Mysellsche.“

Johann Jakob Ferber: Beiträge zu der Mineral-Geschichte von Böhman, Berlin, 1774, S. 81 (Digitalisat)

Besitzerfolge

  • Peter Kuhn (* 1628; † 1682)
  • Peter Elster (* 1637; † 1704)
  • Christian Elster (* 1679; † 1742)
  • Eva Regina Elster
  • Franz Karl Elster (* 1740)
  • Anton Elster (* 1735)
  • Philipp Morbach (* 1735; † 1808)
  • Ignaz Morbach (* 1746; † 1816)
  • Gebrüder Kolb

Literatur

Einzelnachweise

  1. Siegfried Sieber: Von böhmischen Blaufarbenwerken. Bohemia, München 1969.
  2. Johann Christian Engelschall: Beschreibung Der Exulanten- und Bergstadt Johann Georgen Stadt. Lanckisch und Kircheisen, 1723 (google.de [abgerufen am 15. August 2017]).
  3. Jetztlebende Kauffmannschafft in und ausser Deutschland. 1743 (google.de [abgerufen am 20. August 2017]).
  4. Johann Jakob Ferber: Beiträge zu der Mineral-Geschichte von Böhman. Christian Friedrich Himburg, 1774 (google.de [abgerufen am 19. August 2017]).
  5. Siegfried Sieber: Von böhmischen Blaufarbenwerken. Bohemia, München 1969.
  6. Wenzel Hahn: Gemeindechronik, Platten, 1850–1877, S. 232
  7. Schematismus für das Königreich Böheim auf das Jahr 1805: Zweiter Theil. (google.de [abgerufen am 24. Juli 2017]).
  8. Schematismus des Königreichs Böhmen: auf d. Jahr .... 1805, 2. Haase, 1805 (google.de [abgerufen am 8. Oktober 2020]).
  9. Maximilian Dormizer: Die Erwerbsverhältnisse in böhmischen Erzgebirge: Bericht an das Centralcomité zur Beförderung der Erwerbsthätigkeit der böhmischen Erz- und Riesengebirgs-Bewohner. H. Mercy, 1862 (google.de [abgerufen am 15. August 2017]).
  10. Kronika města | Porta fontium. Abgerufen am 8. Oktober 2020.
  11. Handels- und Gewerbs-Schematismus von Wien und dessen nächster Umgebung. Kaulfuß Wtw., 1855 (google.de [abgerufen am 17. November 2020]).

Koordinaten: 50° 25′ 3,3″ N, 12° 44′ 1,3″ O