Uranwirtschaft

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Unter Uranwirtschaft werden sämtliche wirtschaftliche Aktivitäten verstanden, die von der Verarbeitung des Uranerzes zu einem verwertbaren Produkt über den Handel mit Uranprodukten bis zu seiner industriellen und militärischen Verwendung reichen. Die wirtschaftlichen Aktivitäten sind wegen der hohen Bedeutung für die Energieversorgung und für die Macht- und Sicherheitsfragen der Staaten in hohem Maße von politischen Einflüssen geprägt.

Uranabbau

Uran wird im Tagebau, in untertägig oder durch In-situ-Laugung, gelegentlich auch als Nebenprodukt anderer Bodenschätze (z. B. Kupfer), gewonnen. Die Weltjahresförderung betrug 2017 knapp 60.000 Tonnen Uran.[1]

Verarbeitung

Nach der Förderung wird das Uranerz in Aufbereitungsanlagen zerkleinert, flotiert und mit Ionenaustauschern extrahiert. Das Endprodukt ist Yellowcake, ein gelbes Feststoffkonzentrat, das mehr als 80 % Uranverbindungen (gemessen als Uran(V,VI)-oxid U3O8) enthält. Für eine anschließende Anreicherung des Urans muss der Yellowcake in der sogenannten Urankonversion chemisch in Uranhexafluorid (UF6) überführt werden. UF6 ist eine chemische Verbindung, die vergleichsweise einfach in die Gasphase überführt werden kann. Dieser Umstand ist aufgrund der technischen Anforderungen der Anreicherungs-Verfahren bedeutend.

Anreicherung

Uran kommt in der Natur als Gemisch dreier Isotope vor: 234U, 235U und 238U. Der Anteil des spaltbaren Isotops 235U beträgt nur 0,7 % und muss für die Nutzung in einem Leichtwasserreaktor durch Anreicherung erhöht werden. Zur Anreicherung wird gasförmiges Uranhexafluorid (UF6) entweder in Gaszentrifugen oder durch Gasdiffusion in eine leichtere und eine schwerere Fraktion getrennt. Der erforderliche Anreicherungsgrad hängt vom Reaktortyp ab und liegt meist zwischen 2 und 5 %. Schwerwasserreaktoren, wie der CANDU-Reaktor, benötigen hingegen keine Anreicherung, sondern verarbeiten Uran in natürlicher Isotopenzusammensetzung. Für den Bau effektiver Kernwaffen ist ein Anreicherungsgrad von mindestens 85 % nötig.

Herstellung von Brennelementen

Brennelemente werden in Brennelementefabriken hergestellt.

In Deutschland ist eine einzige, die Brennelementfertigungsanlage Lingen (Lingen in Niedersachsen), in Betrieb. Sie hat drei Betriebsstätten (Duisburg, Karlstein (Bayern) und Lingen).

Verwendung

Uran wird heutzutage fast ausschließlich zur Energiegewinnung benutzt. Im Kalten Krieg wurde ein erheblicher Teil zu Kernwaffen verarbeitet; derzeit wird ein Teil des Kraftwerksbrennstoffes aus der Abrüstung dieser Waffen gewonnen.

Wegen seiner besonders hohen Dichte wird abgereichertes Uran, das bei der Produktion von Kernbrennstoff als Abfallprodukt anfällt, als Ballastgewicht in Flugzeugen[2] und für panzerbrechende Munition[3] verwendet.

Weltmarktpreis

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Preis von Yellowcake (U3O8) am Spotmarkt in $/lb U3O8 (nicht inflationsbereinigt) seit 1987

Der Weltmarkt für Uran war und ist neben den kommerziellen Marktteilnehmern sehr stark durch staatliche Akteure geprägt, die zur Zeit des Kalten Krieges einen Teil der Nachfrage stellten und seit dessen Ende im Rahmen begrenzter Abrüstung als Verkäufer auftreten. Ein Großteil des Marktvolumens ist über langfristige Lieferverträge abgedeckt, nur ein sehr geringer Teil des jährlichen Bedarfs wird über den Spotmarkt umgesetzt, der deswegen anfällig für Preisschwankungen ist. So führten Produktionsausfälle in wichtigen Minen im Sommer 2007 zu einem Allzeithoch von 350 $/kg Uran, inzwischen ist der Uranpreis jedoch wieder bis auf 135 $/kg zurückgegangen (Stand: Juli 2009).

Konventionelle Uranvorräte

Unter konventionellen Uranvorräten versteht man Erzlagerstätten, aus denen Uran als Hauptprodukt oder als wichtiges Nebenprodukt gewonnen werden kann. Zur Zeit fallen alle Uranproduzenten in diese Kategorie. Bei der Beurteilung der verfügbaren Vorräte wird zwischen gesicherten Reserven, vermuteten Ressourcen und spekulativen Ressourcen unterschieden. Im Laufe des Jahres 2008 wurden 778.000 t Uran als neue Reserven und vermutete Ressourcen durch Explorationsunternehmen bekanntgegeben.[4]

Gesicherte Reserven

Von der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) und der OECD Nuclear Energy Agency werden im so genannten Red Book[5] die nachgewiesenen (reasonably assured resources, RAR) und zu Kosten von bis zu 130 $/kg förderbaren Reserven für das Jahr 2007 mit 3,3 Mio. Tonnen angegeben (für eine kritische Würdigung der IAEO-Zahlen siehe Energy Watch Group[6]).

Vermutete Ressourcen

Zusätzlich führt das Red Book vermutete Ressourcen (inferred resources) in Höhe von 2,1 Mio. Tonnen förderbares Uran (bei Förderkosten von bis zu 130 $/kg) auf, deren Existenz nach Betrachtung direkter geologischer Hinweise wahrscheinlich ist.[5]

Unentdeckte Ressourcen

Weiterhin wird im Red Book der Urangehalt noch nicht entdeckter aber erwarteter Lagerstätten (prognosticated resources) zu 2,8 Mio. Tonnen und der Urangehalt möglicherweise existierender Lagerstätten (speculative resources) zu 4,8 Mio. Tonnen (jeweils förderbar zu max. 130 $/kg) angegeben.[5] Dazu kommen mögliche Vorkommen von 3,0 Mio. Tonnen Uran ohne Angabe von Förderkosten, für die nicht sichergestellt ist, dass sie sich wirtschaftlich bzw. mit positiver Gesamtenergiebilanz fördern lassen.[7]

Im Gegensatz zu gesicherten Reserven und vermuteten Ressourcen wird hier im Red Book nicht der förderbare Urananteil, sondern das Gesamtvorkommen zitiert. Bei der Interpretation den Daten muss daher berücksichtigt werden, dass sich – wie auch bei anderen Bodenschätzen – nicht der gesamte Urangehalt einer Lagerstätte wirtschaftlich gewinnen lässt: Je nach Art des Abbaus verbleiben ungefähr 10–30 % des Uranerzes ungenutzt.

Unkonventionelle Uranvorräte

Die Ausbeutung unkonventioneller Vorkommen ist zurzeit nicht wirtschaftlich, in der Regel, weil die Urankonzentration darin zu niedrig ist. Darunter fallen zum Beispiel Uranvorkommen in Schwarzschiefer, Phosphatgestein oder in Braunkohle. Auch die Gewinnung von Uranoxid aus radioaktiven Aschen von Kohlekraftwerken wird geprüft und wurde erfolgreich erprobt.[8] Die weltweit jährlich für die Stromerzeugung verwendete Kohle enthält unter anderem etwa 10.000 t Uran und 25.000 t Thorium, die entweder in die Umwelt gelangen oder sich in Kraftwerksasche und Filterstäuben anreichern. Vereinzelt gibt es daher schon Bestrebungen, Uran aus Kraftwerksasche zu gewinnen.[9]

Für die Ressourcen aus unkonventionellen Erzen gibt es laut Red Book stark unterschiedliche Schätzungen zwischen 7 und 22 Mio. Tonnen, jeweils ohne Angabe von Förderkosten.[5]

Nachdem im Meerwasser etwa 4 Mrd. Tonnen Uran gelöst sind (Gehalt 3,3 µg/l),[10] wird auch an Methoden zur Extraktion von Uran (und anderen Schwermetallen) aus Meerwasser geforscht. Bislang ist jedoch kein Verfahren bekannt, das wirtschaftlich wäre. (Publikationen von H. Nobukawa geben zum Beispiel Kosten von 310 $/kg (1994)[11] bzw. 390 $/kg (2001)[12] an, während im Red Book 700 $/kg zitiert werden.[5]) Ein Bericht über Forschungsaktivitäten aus dem Jahr 2012 beschreibt die Extraktion von Uran aus Meerwasser durch verschiedene Adsorptionsmittel, die in Japan und den USA entwickelt worden.[13]

Reichweite der Uranvorräte

Ein Abschätzen der Reichweite bekannter Vorräte ist schwierig, da Uran im Gegensatz zu fossilen Energieträgern keinen eindeutig definierbaren Heizwert besitzt. Die extrahierbare Energie pro Gewichtseinheit ist stark vom Brennstoffkreislauf, dem benutzten Reaktortyp und der Kernbeladungsstrategie abhängig. Diese Eigenheit wird im unterschiedlichen Uranverbrauch einzelner Länder ersichtlich: So wird in Frankreich, das teilweise wiederaufgearbeitete MOX-Brennelemente einsetzt, laut Red Book[5] mit 59 MWh fast doppelt so viel Strom pro kg Natur-Uran erzeugt wie in den USA (34 MWh/kg Natur-Uran). Bei einem Uranpreis von 113 US-Dollar pro Pfund (2007) entsprach das einem Kostenanteil von 0,55 Eurocent pro kWh.[14] Legt man der Berechnung der Reichweite die gesicherten und die vermuteten Vorräte zu Grunde, so stehen dem jährlichen Verbrauch von 67.000 Tonnen Vorräte von 5,5 Mio. Tonnen gegenüber, was zu einer rechnerischen Reichweite von ungefähr 80 Jahren führt. Allerdings wird nach dem Red Book[5] von einer Steigerung des Uranverbrauchs auf 94.000–122.000 Tonnen bis zum Jahr 2030 ausgegangen, so dass sich die Reichweite entsprechend verringert.

Durch Einsatz von Brutreaktoren, Wiederaufarbeitung und Nutzung der erbrüteten Brennstoffe ließe sich die Energieausnutzung und damit die Reichweite um bis zu Faktor 30–100 steigern.[15] Allerdings ist diese Technik schwer beherrschbar und teuer und die Verbreitung von waffenfähigem Plutonium nicht erwünscht, so dass die zahlreichen Forschungs- und Demonstrationsanlagen fast alle endgültig abgeschaltet sind.

Unabhängig von der Frage der Reichweite der Vorräte besteht die Möglichkeit, dass aufgrund begrenzter jährlicher Fördermengen bereits vor dem vollständigen Ausschöpfen der Vorräte Versorgungsengpässe eintreten. Von dem jährlichen Verbrauch von 67.000 Tonnen werden momentan lediglich etwa 40.000 Tonnen durch laufenden Uranabbau gedeckt, der Rest stammt aus staatlichen oder kommerziellen Lagerbeständen, aus der Aufarbeitung von Tailings oder abgebrannten Brennelementen und aus der Abrüstung.[5] Es wird davon ausgegangen, dass diese sogenannten sekundären Quellen insbesondere ab 2013 eine geringere Rolle spielen werden, und somit der Uranbergbau vor der Herausforderung steht, innerhalb relativ kurzer Zeit die jährliche Fördermenge deutlich zu erhöhen.[5]

Radioaktiver Abfall

Bei der Energiegewinnung in Kernreaktoren entstehen radioaktive Abfälle, die dauerhaft von der Biosphäre abgeschlossen werden müssen. Bislang existiert weltweit kein zugelassenes Endlager für hochradioaktiven Abfall.

Die Aufbereitungsrückstände enthalten neben Schwermetallen auch den Großteil der natürlichen Radioaktivität des Erzes und müssen sachgemäß gelagert werden.

Kritik

Ökologische Probleme

Uranabbau ohne ausreichende Umweltschutzvorkehrungen führt regelmäßig zu großflächigen Umweltzerstörungen. Nachlässig angelegte Tailings haben in der Vergangenheit mehrfach durch Sickerwasser oder Dammbruch zu chemischen und radioaktiven Belastungen von Grundwasser, Flüssen und Seen geführt.[16][17][18] In mehreren Fällen wurden dabei Indigene Völker ionisierender Strahlung in gefährlichen Dosen ausgesetzt und durch die Kontamination ihrer angestammten Ökosysteme der Lebensgrundlage beraubt.[19][20]

Ein Beispiel für Langzeitfolgen des Uranabbaus sind die ehemaligen Bergwerksstandorte im Osten Deutschlands. Seit 1990 werden die in der DDR-Zeit verursachten Umweltschäden mit einem Gesamtetat von 6,2 Milliarden Euro durch die Wismut GmbH saniert.[21]

Gesundheitliche Risiken

Arbeiter in kerntechnischen Anlagen und im Uranbergbau sowie deren Anrainer sind selbst bei Einhaltung strenger Strahlenschutzvorschriften einem erhöhten Strahlenrisiko ausgesetzt. Ein größeres Problem stellen jedoch Fälle dar, in denen entweder keine wirksamen Vorschriften existieren oder Betriebe sich über solche hinwegsetzen, wie zum Beispiel für Uranium City dokumentiert ist.[20][22]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Uranium 2018: Resources, Production and Demand (The Red Book), NEA, 2018, S.55.
  2. Systematic Radiological Assessment of Exemption for Source and Byproduct Materials. (PDF; 3,1 MB). U.S. Nuclear Regulatory Commission, Abschnitt 3.17, S. 531–533.
  3. Uni Oldenburg: Informationen über Uran-Munition.
  4. P. Laznicka: Metal Resources Announced in 2008: Do they replenish the mined-out tonnages? SEG Newsletter, April 2009, The Society of Economic Geologists, S. 23.
  5. a b c d e f g h i OECD Nuclear Energy Agency und Internationale Atomenergieorganisation: Uranium 2007: Resources, Production and Demand. OECD Publishing, 2008, ISBN 978-92-64-04768-6 (englisch).
  6. Uranium 2005 (Memento vom 26. Juni 2008 im Internet Archive), Hintergrundpapier der Energy Watch Group: Uranium Resources and Nuclear Energy. (engl.).
  7. Marcela Bilek u. a.: Life-Cycle Energy Balance and Greenhous Gas Emissions of Nuclear Energy in Australia. Hrsg.: Centre for Integrated Sustainability Analysis, University of Sydney, Australien. 3. November 2006 (edu.au [PDF]).
  8. von World Nuclear News (Memento des Originals vom 20. März 2009)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.spartonres.ca.
  9. world-nuclear.org
  10. atomenergie.ch: Uran im Meerwasser (Memento vom 14. September 2008 im Internet Archive).
  11. Bericht der US-Regierung.
  12. Hisashi Nobukawa u. a.: A Barge-Type System for Extracting Uranium from Seawater Using Pump Units. In: Bulletin of the Society of Sea Water Science. Band 55, Nr. 3, 2001, ISSN 0369-4550, S. 166–174 (japanisch, jst.go.jp).
  13. pnnl.gov
  14. J. Schindler, W. Zittel: Beitrag der Urankosten zu den Stromerzeugungskosten der Kernkraftwerke. (Pdf) 25. April 2007, abgerufen am 28. März 2011.
  15. Daniel Lübbert, Felix Lange: Uran als Kernbrennstoff: Vorräte und Reichweite. In: Infobrief WF VIII G. Band 06, Nr. 069. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags, 27. März 2006 (solarenergie-zuerisee.ch [PDF]).
  16. Uwe Peters: Radioaktivität kennt keine Reservatsgrenzen. In: Pogrom. Nr. 135, Gesellschaft für bedrohte Völker, Hannover 1987.
  17. Reinhard Trink: Solange radioaktive Flüsse fließen - Uranabbau in den Black Hills (Süd Dakota). In: Pogrom. Nr. 135, Gesellschaft für bedrohte Völker, Hannover 1987.
  18. Renate Domnick: Gold, das niemand braucht. In: Incomindios Newsletter. Nr. 78, April 1997.
  19. Peter Bosshard: Uranium does not fall from Heaven. In: Erklärung von Bern. Zürich 1990.
  20. a b Peter H. Eichstaedt: If you poison us - Uranium and Native Americans. Red Crane Books, Santa Fee, 1994, ISBN 1-878610-40-6.
  21. D. Leupold, M. Paul: Das Referenzprojekt Wismut: Sanierung und Revitalisierung von Uranerzbergbau-Standorten in Sachsen und Thüringen. In: Proceedings des Internationalen Bergbausymposiums Wismut 2007 - Stilllegung und Revitalisierung von Bergbaustandorten zur nachhaltigen Regionalentwicklung. Wismut GmbH, 2007, S. 21–30.
  22. Oswald Iten: Uranium City: Sackgasse für Kanadas Indianer. In: Keine Gnade für die Indianer - Überlebenskampf von Alaska bis Bolivien. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 1992, ISBN 3-85823-353-6.

Literatur

  • Peter H. Eichstaedt: If you poison us - Uranium and Native Americans. Red Crane Books, Santa Fee 1994, ISBN 1-878610-40-6.

Weblinks