Uri Orlev

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Uri Orlev (2013)

Uri Orlev (hebräisch אורי אורלב; ) (* 24. Februar 1931 in Warschau; † 26. Juli 2022 in Jerusalem)[1] war ein polnisch-israelischer Autor von Kinder- und Jugendbüchern. Er lebte in Jerusalem, war verheiratet und hatte vier Kinder. Uri Orlev gilt weltweit als einer der renommiertesten Kinder- und Jugendbuchautoren.

Leben

Uri Orlev wurde 1931 als Jerzy Henryk Orłowski in Warschau als Sohn jüdischer Eltern geboren und verbrachte einen Teil seiner Kindheit Anfang der 1940er Jahre als Häftling der Deutschen Besatzung im Warschauer Ghetto. Sein Vater war Arzt und geriet als Offizier der polnischen Armee in sowjetische Gefangenschaft, während seine Mutter, eine Chemikerin, von Deutschen erschossen wurde. 1943 wurde Orlev zusammen mit seinem Bruder und seiner Tante in das Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert.

Nach der Befreiung durch die Britische Armee 1945 gelangten Orlev und sein Bruder als Waisen über eine Kinderhilfsorganisation erst nach Paris und anschließend im Frühherbst 1945 in das britische Mandatsgebiet Palästina, das spätere Israel. Er lebte zwanzig Jahre lang in einem Kibbuz. 1976 schrieb Orlev erstmals für Kinder und Jugendliche und veröffentlichte in der Folgezeit 31 Bücher, die in 25 Sprachen übersetzt wurden. Seine Geschichten spielen meist in der Zeit des Nationalsozialismus und handeln davon, wie Jugendliche mit dessen Schrecken umgehen und wie sie – um zu überleben – sehr früh lernen müssen, wem sie vertrauen können und wem nicht.[2] Seine bekanntesten Werke sind Die Bleisoldaten und Lauf, Junge, lauf. Viele seiner Bücher haben autobiographische oder biographische Elemente. Daneben übersetzte er auch Bücher aus dem Polnischen ins Hebräische, u. a. von Janusz Korczak und Stanisław Lem.

Sein Buch Die Insel in der Vogelstraße wurde 1997 verfilmt, ebenso sein Buch Der haarige Dienstag, das Søren Kragh-Jacobsen verfilmte. Orlevs Buch Lauf, Junge, lauf wurde von Regisseur Pepe Danquart (2012) verfilmt und lief 2013 in den Kinos. Uri Orlev war unregelmäßig für Lesereisen in Deutschland. 2001 war er Gast des 1. internationalen literaturfestivals berlin. Im Juli 2012 war Orlev Gast des White Ravens Festival in München, im September 2012 des 12. internationalen literaturfestivals berlin. Im Rahmen dessen war er auch Jurymitglied der Auszeichnung Das außergewöhnliche Buch des Kinder- und Jugendprogramms des Internationalen Literaturfestivals Berlin.

Auszeichnungen (Auswahl)

Zu einzelnen Werken

Lauf, Junge, lauf

In Lauf, Junge, lauf erzählt Uri Orlev die Geschichte des jungen Juden Jurek, der während des Zweiten Weltkriegs aus dem Warschauer Ghetto flieht und sich bis zum Kriegsende durchschlagen muss. Orlevs Buch erntete weltweit sehr gute Rezensionen. Der Regisseur Pepe Danquart verfilmte das Buch unter dem Titel Lauf Junge lauf als deutsch-polnisch-französische Koproduktion.[3]

Ein Königreich für Eljuscha

Ein Königreich für Eljuscha (2011) ist Orlevs zuletzt ins Deutsche übersetzter Roman. Darin erzählt Orlev von dem fünfjährigen jüdischen Jungen Eljuscha Posniak, für den 1941 ein Dorf in der Steppe von Kasachstan zum Zufluchtsort und Kindheitsparadies wird. Zusammen mit seiner Mutter und seinen Geschwistern beginnt er ein vollkommen neues Leben, bevor er im Alter von elf Jahren ins gelobte Land Israel ausreisen kann. Für Jeanne Rubner von der Süddeutschen Zeitung verbindet Orlev in dem Buch geschickt „Weltgeschichte, Krieg und ein jüdisches Schicksal zu einem Jugendroman, der gleichsam nebenbei – ganz ohne Geschichtszahlen und Pathos – von der Vorgeschichte des Nahost-Konfliktes und den Reibungspunkten der Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam erzählt“.[4]

Buchveröffentlichungen in deutscher Sprache

Übersetzung aus dem Hebräischen seit 1990: Mirjam Pressler.

  • 2011: Ein Königreich für Eljuscha, Beltz & Gelberg, Original: Homeward from steppes of the sun (2010).
  • 2004: Lauf, Junge, lauf, Original: Ruz jeled ruz (2002)
  • 2002: Der Glücksschnuller (Illustration: Jacky Gleich), Beltz & Gelberg
  • 1999: Die Bleisoldaten, Beltz & Gelberg, Original: Hayyale oferet (1988)
  • 1999: Das Löwengeschenk (Illustration: Jacky Gleich), Beltz & Gelberg
  • 1998: Der haarige Dienstag (Illustration: Jacky Gleich), Beltz & Gelberg
  • 1997: Julek und die Dame mit dem Hut, Beltz und Gelberg
  • 1997: Das kleine große Mädchen (Illustration: Jacky Gleich), Beltz & Gelberg, Original: Qetanna-gedola
  • 1994: Lydia, Königin von Palästina, Elefanten Press, Original: Lydia malkat erez Israel
  • 1994: Das Sandspiel, Elefanten Press
  • 1993: Das Tier in der Nacht (Illustration: Amelie Glienke), Elefanten Press, Original: Chajat ha-choschech
  • 1992: Die Krone des Drachen, Elefanten Press, Original: Keter had-drakon
  • 1990: Der Mann von der anderen Seite, Beltz & Gelberg, Original: Ha ish min ha-tzad ha-acher (1988)
  • 1986: Die Insel in der Vogelstraße, Ravensburger Verlag, Übersetzung aus dem Hebräischen: Beate Esther von Schwarze
  • 1981: Das strickende Mütterlein (Illustration: Ora Eytan), Übersetzung aus dem Hebräischen: Jakob Hessing, Atlantis Verlag

Sekundärliteratur

  • Volker Ladenthin: Über die Gegenwärtigkeit der Vergangenheit. Uri Orlev – ein paradigmatischer Autor. Analysen zu seinem in deutscher Sprache veröffentlichten Werk. In: Gabriele von Glasenapp, Hans-Heino Ewers (Hrsg.): Kriegs- und Nachkriegskindheiten. Studien zur literarischen Erinnerungskultur für junge Leser. Frankfurt am Main: Lang, 2008, ISBN 978-3-631-57456-0 S. 417–437.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. T. O. I. staff: Uri Orlev, acclaimed author of children’s Holocaust books, dies at 91. Abgerufen am 26. Juli 2022 (amerikanisches Englisch).
  2. Tilman Spreckelsen: Warschau, Jerusalem. Der Kinderbuchautor Uri Orlev ist gestorben. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. Juli 2022, S. 11.
  3. Badische Zeitung: Danquarts neues Filmprojekt an der PH: Eine schwierige Geburt, Freiburg, Frank Zimmermann, 5. Mai 2012
  4. Zitiert im Programmheft des Kinder-und Jugendprogramms des Internationalen Literaturfestival Berlin 2012, hier: Lesung aus Ein Königreich für Eljuscha am 4. September 2012 im Haus der Berliner Festspiele, S. 51 (online, abgerufen am 24. September 2022.