Vaginale Pilzinfektion
Klassifikation nach ICD-10 | |
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B37.3+ | Kandidose der Vulva und der Vagina |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Als vaginale Pilzinfektion oder vaginale Mykose bezeichnet man eine Infektion der Scheide mit Pilzen. Umgangssprachlich wird sie einfach als Scheidenpilz bezeichnet. Sie wird fast immer vom Hefepilz Candida albicans oder engen Verwandten des Genus Candida verursacht. Die Krankheit wird auch als Vaginalsoor oder Soorkolpitis bezeichnet oder (wenn die Vulva mitbetroffen ist) als Vulvovaginalmykose oder Vulvovaginitis candidomycetica.
In der ICD-10 werden sie unter den Kandidosen mit B37.3 eingeordnet.
Ursachen
Pilze gehören als Teil der Scheidenflora zu den ständigen Bewohnern der Vagina und des Darmes. Sie sind als Saprobionten in der Regel für den Körper ungefährlich und bei einer Kolonisation mit Hefen ist außerhalb der Schwangerschaft meist keine Therapie erforderlich. Unter bestimmten Bedingungen kann sich jedoch eine Art Pilze, meist Arten des Candida-Stammes (Candida non-albicans-Arten sind insbesondere bei der akuten vulvovaginalen Mykose selten), schnell vermehren und eine Infektion auslösen, die Kandidose genannt wird. Durch Neutralisierung des Vaginal-pH-Werts wird diese Vermehrung möglich. Mögliche Ursachen für eine pH-Wert-Änderung sind geschwächte Abwehrkräfte, Stress, Hormonschwankungen, enge und luftundurchlässige Kleidung, mechanische Beanspruchung der Vaginalschleimhaut beim Geschlechtsverkehr, das schwach basische Sperma, falsche Intimhygiene, einige Grunderkrankungen wie z. B. Zuckerkrankheit oder auch bestimmte Arzneimittel, vor allem nach Antibiotikatherapie, die die natürliche Vaginalflora schädigen.
Statistisch gesehen leiden drei von vier Frauen mindestens einmal im Leben unter einer vaginalen Pilzinfektion. Der Auslöser ist dabei nicht immer eindeutig. Der pH-Wert in der Vagina einer gesunden Frau im geschlechtsreifen Alter liegt zwischen 4 und 4,5, also im sauren Bereich. Er kann jedoch je nach Zyklusphase der Frau leicht schwanken. Für Pilzwachstum ist dieses Milieu, das von den Milchsäurebakterien aufrechterhalten wird, ungünstig.
Symptome
Typische Anzeichen einer vaginalen Pilzinfektion sind ein weißer, beim Zerreiben auffällig bröckelnder, weitgehend geruchsneutraler Ausfluss aus der Scheide, verbunden mit Juckreiz der Vulva. Häufig finden sich nicht abwischbare, weiße Beläge auf der Vaginalschleimhaut, die Soorbeläge genannt werden und die sich in schweren Fällen über die Vulva ausbreiten. Außerdem können Erosionen der empfindlichen Haut des Genitales auftreten. Dabei können sich die Veränderungen auch auf den Venushügel und die der Vulva angrenzenden Hautpartien, z. B. die Innenseite der Oberschenkel, ausdehnen und dort zu pustulösen oder ekzemartigen Läsionen führen. In Verbindung mit Wundheit kann es zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und Schmerzen beim Wasserlassen kommen. Die Symptome ähneln einer bakteriellen Scheideninfektion, außerdem kommen Mischinfektionen durch Pilze und Bakterien vor.
Diagnostik
Die mikroskopische Untersuchung eines Nativpräparates erlaubt in vielen Fällen bereits eine Diagnose. Allerdings kann in 20–30 % der Fälle das Nativpräparat unauffällig sein. Daher ist bei unklarem oder negativem mikroskopischen Befund eine Pilzkultur angezeigt. Eine Pilzkultur ist auch notwendig, wenn der Verdacht auf andere Erreger als Candida albicans besteht.[1]
Behandlung
Therapeutische Maßnahmen zur Behandlung insbesondere von andauernden oder häufig wiederkehrenden vulvovaginalen Pilzinfektionen werden meist durch einen Frauenarzt vorgenommen. Je nachdem, ob eine unkomplizierte akute Infektion, eine komplizierte akute Infektion oder eine rezidivierende oder chronische Infektion vorliegt, kommen unterschiedliche Therapiepläne in Frage. Antimykotika und pilzabtötende Scheidenzäpfchen, Tabletten und Salben stehen zur lokalen Therapie zur Verfügung (Amphotericin B, Ciclopiroxolamin, Clotrimazol, Econazol, Miconazol, Natamycin, Nystatin, Oxiconazol). Auch eine einmalige systemische Therapie mit Fluconazol ist möglich. Bei häufig wiederkehrenden oder therapieresistenten Infektionen ist eine systemische, bei Vulvovaginalmykosen mehrstufige, Behandlung mit oral anzuwendenden Medikamenten erforderlich. Unter der Therapie klingen die Symptome der Infektion meist schon nach wenigen Tagen ab. Die Mitbehandlung des Partners wird heute für akute Vaginalpilzinfektionen nicht mehr generell empfohlen. In Fällen häufig wiederkehrender Infektionen kann eine Mitbehandlung jedoch durchgeführt werden, um das Risiko einer gegenseitigen Neuansteckung zu vermeiden. Da die Pilze jedoch bei fast allen Menschen zur normalen Haut- und Darmflora gehören, kann eine neue Infektion nicht ausgeschlossen werden.
Verbreitete Methoden der Selbstbehandlung beinhalten säurehaltige Tabletten, Milchsäurebakterien oder Döderlein-Präparate in Form von Kapseln, Gelen oder Suppositorien aus der Apotheke. Die Wirksamkeit zur Behandlung einer bestehenden Infektion ist aber umstritten. Der als Hausmittel häufig genannte, in die Scheide eingeführte Naturjoghurt kann die Symptome allenfalls kurz lindern. Da der pH-Wert jedoch nicht in den für das Wachstum der Döderlein-Bakterien erforderlichen sauren Bereich gebracht wird, bleibt die Infektion weiterhin bestehen. Die Joghurtbehandlung wird jedoch von den meisten Gynäkologen abgelehnt, da Joghurt physiologisch nicht in der Vagina vorkommt. Ebenso wurde Buttermilch lange Zeit als Hausmittel propagiert. Doch da schon seit Jahrzehnten in Deutschland Milchprodukte fast ausschließlich wärmebehandelt auf den Markt kommen, haben diese Hausmittel nicht mehr die Wirkung, die ihnen zu Urgroßmutters Zeiten zugeschrieben wurde. Trotzdem haben sie sich im Volksmund erhalten. Die Resultate klinischer Studien, die sich mit Lactobazillen als alternative Behandlungsmethoden befassen, sind uneinheitlich.[2] Der Schutz der gesunden Vaginalflora durch spezielle Döderlein-Präparate und durch lokale Maßnahmen zum Erhalt des sauren Milieus kann versucht werden, wenn Pilzinfekte häufig nach dem Geschlechtsverkehr oder anderen spezifischen Vorkommnissen wie Schwimmbad- oder Saunabesuchen auftreten. Entgegen den Behauptungen des Volksmundes kann man sich auf Toiletten, in Schwimmbädern oder Saunen nicht mit Vaginalpilzen anstecken. Der Grund für den zeitlichen Zusammenhang mit den Beschwerden ist in der vorübergehenden Neutralisierung des Vaginal-pH-Wertes durch chloriertes Wasser, Ausschwemmung der Säure und Ähnlichem zu suchen.
Bei rezidivierenden Infektionen sollte die antimykotische Therapie ergänzt werden durch eine Verminderung der Risikofaktoren (Blutzuckereinstellung bei Diabetikern, versuchsweises Weglassen der oralen Empfängsverhütungsmittel).
Vorbeugung
Eine Reihe von Maßnahmen gilt als wirkungsvoll hinsichtlich der Vorbeugung vor Pilzinfektionen der Vagina, so etwa der Verzicht auf Seife, Duschgel, Bodylotion, Badezusätze, Intimspray etc. im Intimbereich, insbesondere die Vermeidung des direkten Kontakts mit den vaginalen Schleimhäuten. Die enthaltenen waschaktiven Stoffe und der alkalische bis schwach saure pH-Wert (sogenannte „pH-neutrale“ Waschlotionen mit einem pH von 5,5) können die natürlich vorhandene mikrobielle Besiedlung der Scheide zerstören bzw. ausschwemmen und das natürliche saure Milieu beeinträchtigen. Spezielle Waschlotionen für den Genitalbereich auf Milchsäurebasis mit einem pH-Wert von 3,5, der bei Anwendung auf den physiologischen Wert von 4 bis 4,5 steigt, sind zur Reinigung des äußeren Genitals geeignet, eine Reinigung der Vagina ist in der Regel nicht erforderlich.
Hygienische Maßnahmen umfassen ferner die Vermeidung des Einbringens von Candida-Keimen in die Vagina; beispielsweise durch eine sachgerechte Reinigung nach dem Stuhlgang, da Candida ein häufiger und in der Regel harmloser Bewohner des Darms ist.
Wäsche aus luft- und wasserdampfdurchlässigen (sogenannten „atmungsaktiven“) Materialien wie beispielsweise Seide, Baumwolle und Viskose und der weitgehende Verzicht auf Wäscheeinlagen mit Kunststofffolie wirken einem Wärme- und Feuchtigkeitsstau entgegen, welcher die Keimvermehrung begünstigen würde.
In die Scheide eingebrachte Präparate zur Empfängnisverhütung (Schaumzäpfchen, Spermien abtötende Cremes) oder auch Gleitmittel können die Scheidenschleimhaut reizen und sie anfälliger gegenüber Infektionen machen, so dass ein Wechsel des Präparats oder die Wahl einer anderen Methode zu erwägen ist.
Die vorbeugende Anwendung von Arzneimitteln, die Milchsäure- oder Döderlein-Bakterien enthalten, soll insbesondere bei Frauen, die wiederholt unter Pilzinfektionen leiden, über die Stabilisierung der physiologischen Scheidenflora deren natürliche Abwehrfunktion gegenüber pathogenen Keimen erhalten und stärken.
Zur vorbeugenden Behandlung von rezidivierenden bakteriellen Scheidenentzündungen steht unter anderem eine dreimalige Impfung mit abgetöteten, inaktivierten Keimen von acht spezifizierten Lactobacillus-Stämmen (Handelsname „Gynatren“) zur Verfügung.[3]
Empfängnisverhütung
Die zur Behandlung und Vorbeugung verwendeten Medikamente können Stoffe (z. B. Fette) enthalten, die die empfängnisverhütende Wirkung von Kondomen oder Diaphragmen aus Latex beeinträchtigen können. Fette und Öle können Beschädigungen wie Risse und Löcher in diesen Gegenständen verursachen, weswegen die gleichzeitige Anwendung mit entsprechenden Cremes, Salben oder Scheidenzäpfchen zu vermeiden ist.
Siehe auch
Literatur
- Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Peter Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 254–258 (Vulvovaginalmykosen).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Werner Mendling: Diagnostik von Vaginalmykosen. In: Hans-Jürgen Tietz (Hrsg.): Haut- und Vaginalmykosen. Georg Thieme, Stuttgart 2001, ISBN 3-89412-474-1, S. 86–94.
- ↑ siehe z. B. Pirotta u. a. In: British Medical Journal. 2004; 329(7465), S. 548. PMID 15333452 und Hilton u. a. In: Ann Intern Med. 1992, 116(5), S. 353–371. PMID 1736766.
- ↑ Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt: Impfstoff Gynatren : Erfolgreiche Therapie rezidivierender Kolpitis. 23. November 2001, abgerufen am 20. Februar 2019.