Varosia

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Varosia
Βαρώσια
Maraş
Varosia (Zypern)
Basisdaten
Staat: Zypern Republik Zypern
Nordzypern Türkische Republik Nordzypern
Bezirk: Zypern Republik Famagusta
Nordzypern Gazimağusa
Geographische Koordinaten: 35° 6′ N, 33° 57′ OKoordinaten: 35° 6′ N, 33° 57′ O
Einwohner: 39.000 (1974)
LAU-1-Code-Nr.: CY-04
Blick auf Varosia am Strand von Famagusta (2006)

Varosia, Varosha, im deutschen Sprachraum vereinzelt auch Varoscha, griechisch Βαρώσια (türkisch Maraş, auch Kapalı Maraş), ist eine Geisterstadt am Stadtrand von Famagusta im Osten der Insel Zypern. De jure gehört das Gebiet zur Republik Zypern, die es dem Bezirk Famagusta zurechnet. Seit 1983 gehört die Stadt de facto zur Türkischen Republik Nordzypern und ist ein Stadtteil von Famagusta bzw. Gazimağusa im gleichnamigen Distrikt. Varosia ist seit 1974 militärisches Sperrgebiet.

Geschichte

Gründung und Aufstieg zum Touristikzentrum

Griechische Migranten begannen 1956, die Vorstadt Varosia zu errichten,[1] wo 1973 der überwiegende Teil der griechischen Bevölkerung von Famagusta, also insgesamt 31.960 Zyperngriechen, lebte[2].

Bedeutung erlangte Varosia mit dem Massentourismus der 1960er und 1970er Jahre. Große Hotelanlagen wurden an den Strand des Ortes gebaut, wobei die Grundstückslänge am Strand oft nicht mehr als 25 bis 35 Meter betrug und zumeist die Schmalseite darstellte. Im Jahre 1973 (dem letzten Jahr vor der türkischen Intervention im Zypernkonflikt) erwirtschaftete Varosia 53,7 % der Gesamteinnahmen des Tourismusgewerbes auf der Insel. Die Gesamtanlage bestand aus 45 Hotels mit 10.000 Betten, 60 Appartement-Hotels, 99 „recreation-centers“, 21 Banken, 24 Theatern und Kinos, rund 3000 kleineren und größeren Läden. Weitere 380 Gebäude befanden sich 1974 noch in der Bauphase[3].

Türkische Intervention 1974, Geisterstadt

Das türkische Militär besetzte im Rahmen der Intervention im Nordteil der Insel am 14. August 1974 die Stadt und erklärte die Anlage zum Sperrgebiet. 1978 kam es zwar zu einer Absichtserklärung unter Vermittlung des UN-Sekretärs Kurt Waldheim, doch blieb diese ohne Konsequenzen. Als die Türkische Republik Nordzypern 1983 gegründet wurde, drohte deren Regierung mit der Besiedlung Varosias, woraufhin der UN-Sicherheitsrat diese Drohung 1984 verurteilte und vorschlug, die Geisterstadt der UN zu unterstellen. Dies lehnte die Regierung Nordzyperns, die nur von der Türkei anerkannt wird, ab. In den 1990er Jahren bot die türkische Seite an, Varosia gegen die Aufhebung wirtschaftlicher Sanktionen an die ursprünglichen Bewohner zurückzugeben. Auch die Tatsache, dass Mustafa Akıncı im Jahr 2005 die Rückgabe Varosias an die ursprünglichen Einwohner zum Thema seines Wahlkampfes machte, führte zu keinerlei Annäherung, auch sein Ausgleichsversuch im Jahr 2015 blieb durch die Wahlen im Jahr 2016 ohne Ergebnis.

Häufig wurde die Hotelstadt als Pfand und potentielles Tauschobjekt gehandelt. Deren Rolle als touristisches Zentrum haben allerdings inzwischen andere Orte auf der Insel übernommen. Die Gebäude verfallen seit der türkischen Invasion und die Natur erobert das Gebiet allmählich zurück. Der Strand zählt inzwischen zu den wichtigsten Nistplätzen für die bedrohte Grüne Meeresschildkröte.

Am 18. Juni 2019 verkündete das türkisch-zyprische De-facto-Regime, dass es die Touristenregion wieder eröffnen will. Daraufhin wurde mit einer Bestandsaufnahme in Kooperation mit der Türkei begonnen. Es wird geschätzt, dass die Wiedereröffnung der Region umgerechnet ca. 10 Milliarden Dollar kosten wird.[4][5][6] Die türkische Regierung unterstützt dieses Vorgehen.[7] Die Öffnung war für den 8. Oktober 2020 angesetzt.[8]

Im Juli 2021 machte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan einen neuerlichen Vorstoß zur Öffnung und Besiedlung der verlassenen Stadt. Da dies jedoch im Widerspruch zu bestehenden UN-Resolutionen steht, verurteilte der UN-Sicherheitsrat in einer einstimmig vereinbarten Erklärung dieses Vorgehen Erdoğans.[9] Ebenso gab die Generalsekretärin des Europarats Marija Pejčinović Burić eine kritische Erklärung ab.[10]

Literatur

  • Aude de Tocqueville: Atlas der verlorenen Städte. Frederking & Thaler. München 2015, ISBN 978-3-95416-179-9.

Weblinks

Commons: Varosia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. G.H. Blake, R.I. Lawless: The Changing Middle Eastern City, Routledge, 2016, S. 133.
  2. Neophytos Loizides: Designing Peace. Cyprus and Institutional Innovations in Divided Societies, University of Pennsylvania Press, 2016, S. 163.
  3. Famagusta, Reiseführer Nordzypern.
  4. KKTC hükümetinden 'Maraş' açılımı. Abgerufen am 20. September 2019 (türkisch).
  5. TRAVEL INSIDE: Regierung will Geisterstadt Varosha wieder öffnen - TRAVEL INSIDE. In: aboutTravel. 21. Juni 2019, abgerufen am 20. September 2019 (Schweizer Hochdeutsch).
  6. Kıbrıs'ta Bakanlar Kurulu, Maraş'ın açılması kararı aldı. Abgerufen am 20. September 2019 (türkisch).
  7. Dışişleri Bakanı Mevlüt Çavuşoğlu merak edilenleri Cüneyt Özdemir'e anlattı - 5N1K 14.09.2019. Abgerufen am 20. September 2019.
  8. ORF at/Agenturen red: Nordzypern öffnet seit 1974 abgesperrte Stadt Varosha. 8. Oktober 2020, abgerufen am 8. Oktober 2020.
  9. UN-Sicherheitsrat verurteilt Erdogan-Pläne. 23. Juli 2021, abgerufen am 30. Juli 2021.
  10. Jüngste Entwicklungen um den Stadtteil Varosha in Famagusta, Zypern. 28. Juli 2021, abgerufen am 30. Juli 2021.