Veronika Grimm

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Veronika Grimm (* 5. September 1971) ist eine deutsche Wirtschaftswissenschaftlerin und seit 2008 Inhaberin des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftstheorie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.[1] Sie ist zudem Mitglied der Wissenschaftlichen Leitung des Energie Campus Nürnberg (EnCN)[2], Vorständin des Zentrum Wasserstoff.Bayern (H2.B)[3] und Direktorin des Laboratory for Experimental Research Nuremberg (LERN)[4]. 2020 wurde sie in den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung berufen.[5][6]

Leben

Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre und der Soziologie an den Universitäten Hamburg und Kiel promovierte sie im Jahre 2002 an der Humboldt-Universität zu Berlin[7][8] bei Elmar Wolfstetter[9]. Anschließend war Grimm an der Universidad de Alicante[7] und drei Jahre an der Universität zu Köln, wo sie bei Axel Ockenfels habilitierte[9]. Sie verbrachte längere Forschungsaufenthalte an der Université Libre de Bruxelles und der Université Catholique de Louvain.

2008 erfolgte der Ruf an die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg[7], wo sie Direktorin des Laboratory for Experimental Research Nuremberg (LERN) wurde. 2010 wurde sie Leiterin der Economy-Abteilung des Energie Campus Nürnberg (EnCN).

Ämter

Grimm ist in mehreren Gremien und Beiräten aktiv, unter anderem im Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Mitgliedschaft ruht)[10], in der Expertenkommission zum Monitoringprozess „Energie der Zukunft“ am BMWi[11], im Zukunftskreis des Bundesministerium für Bildung und Forschung[12], im Sachverständigenrat für Verbraucherfragen[13] sowie im Energy Steering Panel des European Academies Science Advisory Council (EASAC)[14].

2020 wurde Grimm zusammen mit Monika Schnitzer als sogenannte Wirtschaftsweise in den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung berufen.[15] Ihre Positionen im Sachverständigenrat werden von der Wirtschaftsjournalistin Maja Brankovic so beschrieben: „Bei ihr verbindet sich das Beharren auf Disziplin bei den Staatsausgaben mit einem Fokus auf Umwelt und Ungleichheit. In der Öffentlichkeit spricht sie häufig über Energiepolitik, wirbt für einen CO2-Preis, das Thema Wasserstoff ist ihr Steckenpferd.“[16]

Im Rahmen der hohen Inflation in Europa nach der russischen Invasion der Ukraine sprach sich Grimm weitgehend für das erste Entlastungspaket der Bundesregierung[17], aber gegen Subventionen wie die geplante Steuersenkung auf Kraftstoffe oder Energiepreissenkungen für Unternehmen aus. Die hohen Gaspreise seien etwa „wichtig, damit an den richtigen Stellen Gas eingespart oder substituiert wird“. Zwar könne es durch die hohen Energiepreise passieren, „dass Produktion ins Ausland verlagert wird und auch nicht zurückkommt“ – hier gebe es jedoch Situationen, „wo man Abwanderung hinnehmen muss.“ Auch im Falle eines Gasembargos gegen Russland, welches Grimm fordert, solle die Bundesregierung keine Energiepreissenkungen vornehmen. Man bräuchte stattdessen etwa "kurzfristige Unternehmenshilfen und Kurzarbeit, um die Folgen eines Lieferstopps abzufedern – ähnlich wie in der Coronakrise."[18][19] Grimm sprach sich auch gegen die vorübergehende Senkung der Mineralölsteuer zur Entlastung der Bürger von den gestiegenen Tankkosten aus, da hiervon „typischerweise die Besserverdienenden“ profitierten.[20] Eine Übergewinnsteuer lehnt sie ab.[21]

Forschung

Die Forschungsschwerpunkte von Grimm liegen in den Bereichen Energiemärkte und Energiemarktmodellierung, Verhaltensökonomie, soziale Netzwerke sowie Auktionen und Marktdesign. Am Energie Campus Nürnberg leitet sie den Forschungsbereich „Energiemarktdesign“[22].

Grimm betonte mehrmals die Bedeutung von Wasserstoff in der Energiewende,[9] und sprach sich für Frauenquoten aus.[23][9] Jedoch wäre ein Auto, das mitgeführten Wasserstoff mittels Bordkraftwerk in Strom verwandelt, um den elektrischen Motor zu betreiben, zu teuer, zu komplex, zu ineffizient.[24]

In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gab sie weiterhin an, es dürfe während des Hochlaufs der Wasserstoffwirtschaft nicht nur um grünen Wasserstoff gehen. „Das ist ein sehr deutsches und zugleich gefährliches Narrativ.“[25]

Privat

Veronika Grimm ist verheiratet und lebt mit ihrem Ehemann, zwei Söhnen und einer Tochter in Nürnberg. In ihrer Freizeit trainiert sie eine E-Jugendmannschaft im Fußball.[9]

Publikationen (Auswahl)

  • Grimm, V., Martin, A., Schmidt, M., Weibelzahl, M., & Zöttl, G. (2016): Transmission and generation investment in electricity markets: The effect of market splitting and network fee regimes. European Journal of Operational Research, 254(2), 493–509. doi:10.1016/j.ejor.2016.03.044
  • Feicht, R., Grimm, V., Rau, H., & Stephan, G. (2017): On the impact of quotas and decision rules in collective bargaining. European Economic Review, 100, 175–192. doi:10.1016/j.euroecorev.2017.08.004
  • Grimm, V., Schewe, L., Schmidt, M., & Zöttl, G. (2017): Uniqueness of market equilibrium on a network: A peak-load pricing approach. European Journal of Operational Research, 261(3), 971–983. doi:10.1016/j.ejor.2017.03.036
  • Cagala, T., Glogowsky, U., Grimm, V., & Rincke, J. (2018): Public Goods Provision with Rent-Extracting Administrators. Economic Journal. doi:10.1111/ecoj.12614
  • Veronika Grimm, Joachim Lang, Dirk Messner, Dirk Meyer, Lutz Meyer, Sigrid Nikutta, Stefan Schaible (Hrsg.): Deutschlands Neue Agenda. Die Transformation von Wirtschaft und Staat in eine klimaneutrale und digitale Gesellschaft. Econ, Berlin 2021, ISBN 978-3-430-21069-0.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Lehrstuhlinhaberin – Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, insbes. Wirtschaftstheorie. Abgerufen am 21. Februar 2020 (deutsch).
  2. Wissenschaftliche Leitung. Abgerufen am 21. Juli 2022.
  3. Team. In: Zentrum Wasserstoff.Bayern. Abgerufen am 25. Februar 2020 (deutsch).
  4. Team des LERN. Abgerufen am 26. Februar 2020.
  5. Ökonominnen Grimm und Schnitzer sind neue Wirtschaftsweise. In: Finanznachrichten.de. 1. April 2020, abgerufen am 2. April 2020.
  6. Heinz Wraneschitz: Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V.: 10.07.20 - Eine zukunftsfähige Wirtschaftsweise. Abgerufen am 10. Juli 2020.
  7. a b c Lebenslauf. In: Universität Erlangen-Nürnberg. Abgerufen am 2. Mai 2020.
  8. Veronika Grimm: Three essays on mechanism design and multi-object auctions. Shaker, Aachen 2003, ISBN 978-3-8322-1138-7 (worldcat.org [abgerufen am 30. März 2022]).
  9. a b c d e Patrick Bernau: Die Klimaretterin. In: FAZ. 2. Mai 2020, abgerufen am 2. Mai 2020.
  10. Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz: Mitglieder und Expertise. Abgerufen am 21. Juli 2022.
  11. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Monitoring der Energiewende. Abgerufen am 21. Februar 2020.
  12. Foresight - BMBF. Abgerufen am 21. Juli 2022.
  13. Die Mitglieder des SVRV. Abgerufen am 21. Februar 2020.
  14. Steering Panel Members. 7. Januar 2020, abgerufen am 21. Februar 2020 (englisch).
  15. Kai Schöneberg: Erstmals zwei Frauen im Beratergremium – Weisinnen für die Bundesregierung. taz, 27. Februar 2020, abgerufen am 27. Februar 2020.
  16. Maja Brankovic: Zu Besuch bei den vier Weisen. Hrsg.: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Nr. 44, 7. November 2021, S. 24.
  17. Das Entlastungspaket ist jetzt angezeigt. In: deutschlandfunk.de. 22. März 2022, abgerufen am 26. September 2022.
  18. Ökonomen warnen vor Senkung der Energiepreise. In: n-tv. 23. April 2022, abgerufen am 29. April 2022.
  19. »Es gibt leider keine Lösung, wo wir nur Putin wehtun und uns nicht«. In: Der Spiegel. 22. April 2022, abgerufen am 29. April 2022.
  20. Markus Abrahamczyk: Tankrabatt kommt: Weshalb Sie vorher tanken sollten. In: t-online.de. 20. Mai 2022, abgerufen am 20. Mai 2022.
  21. Debatte um Übergewinnsteuer – Ökonomin Grimm: Das wäre willkürlich und kontraproduktiv. In: Deutschlandfunk. 10. Juni 2022, abgerufen am 6. August 2022.
  22. Energiemarktdesign. Abgerufen am 21. Februar 2020.
  23. Deutschlandfunk Kultur: Die Quote kann viel bewegen. 11. Juli 2020, abgerufen am 3. Januar 2021.
  24. Herbert Starmühler: Das Wasserstoff-Auto wird gerade beerdigt, teure Operationen verlängern nur mehr das Siechtum energie:bau Magazin, abgerufen am 15. Dezember 2021
  25. Niklas Záboji, Johannes Pennekamp: Grimm über grünen Wasserstoff: „Das ist ein sehr deutsches und gefährliches Narrativ“. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 8. Mai 2021]).