Ausgleichsmechanismusverordnung

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Basisdaten
Titel: Verordnung zum EEG-Ausgleichsmechanismus
Kurztitel: Ausgleichsmechanismusverordnung
Früherer Titel: Verordnung zur Weiterentwicklung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus
Abkürzung: AusglMechV
Art: Bundesrechtsverordnung
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Erlassen aufgrund von: § 91, § 96 Abs. 1 und 3 EEG 2014
Rechtsmaterie: Wirtschaftsverwaltungsrecht, Energierecht
Fundstellennachweis: 754-27-4
Ursprüngliche Fassung vom: 17. Juli 2009
(BGBl. I S. 2101)
Inkrafttreten am: 17. Juli 2009 bzw. 1. Januar 2010
Letzte Neufassung vom: Art. 1 VO vom 17. Februar 2015
(BGBl. I S. 146)
Inkrafttreten der
Neufassung am:
20. Februar 2015
(Art. 4 VO vom 17. Februar 2015)
Letzte Änderung durch: Art. 17 G vom 13. Oktober 2016
(BGBl. I S. 2258, 2347)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
1. Januar 2017
(Art. 25 G vom 13. Oktober 2016)
GESTA: E038
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Die Verordnung zum EEG-Ausgleichsmechanismus (Ausgleichsmechanismenverordnung – AusglMechV) ist eine zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2010) erlassene Rechtsverordnung. Sie ändert die Vermarktung des ab 1. Januar 2010 aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms. Dieser muss seit Inkrafttreten der Verordnung durch die bundesweiten Übertragungsnetzbetreiber verkauft werden, anstatt dass er wie zuvor von den Versorgungsunternehmen der Endverbraucher abgenommen wird.

Die sich aus der Erzeugung von EEG-Strom ergebenden Mehrkosten werden aber den Versorgungsunternehmen und damit im Ergebnis auch den Endabnehmern über eine EEG-Umlage weiterhin berechnet. Zudem enthält die AusglMechV Vorschriften zur transparenteren Berechnung der EEG-Umlage. Obgleich die AusglMechV kein Gesetz ist, greift sie tiefgehend in das EEG ein.

Der mit der Verordnung beschlossene reformierte Wälzungsmechanismus gilt als entscheidender Faktor für den rapiden Anstieg der EEG-Umlage nach dem Inkrafttreten der Verordnung.[1]

Rechtsgrundlage

Die AusglMechV wurde von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundestags aufgrund der Ermächtigung des § 64 Abs. 3 EEG erlassen, wonach zum Zwecke der Weiterentwicklung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus weitgehende Änderungen des im EEG vorgesehenen Ausgleichs der durch die Erzeugung von EEG-Strom entstehenden Mehrkosten und dessen Vermarktung auf dem Verordnungswege vorgesehen sind. Zuvor wurden die bei der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien gegenüber einer Erzeugung aus fossilen Energieträgern oder Kernkraft entstehenden Mehrkosten, die die den Strom aufnehmenden Netzbetreiber den Erzeugern zahlen, zusammen mit der Weiterlieferung dieses Stroms zu den auf Bundesebene tätigen Übertragungsnetzbetreibern hochgewälzt, die dann nach Durchführung eines bundesweiten Ausgleichs zwischen allen Übertragungsnetzbetreibern den Strom wiederum den Stromversorgungsunternehmen, die bisher zur anteiligen Abnahme des EEG-Stroms verpflichtet sind, diese Kosten weiter berechnen. Die Versorgungsunternehmen belasteten mit diesen Kosten dann schließlich die Letztverbraucher. Die Berechnung der durch den EEG-Strom entstehenden Mehrkosten unterlag bisher zwar der Kontrolle der Bundesnetzagentur, ihre Ermittlung erfolgte aber wenig transparent. Deswegen wurde in der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung des EEG die Bundesregierung ermächtigt, durch eine Rechtsverordnung den Ausgleichsmechanismus, tatsächlich aber die gesamte Vermarktung und Behandlung der Mehrkosten für EEG-Strom zu ändern. Die Neuregelung gilt erst für ab dem 1. Januar 2010 erzeugten Strom, die Verordnung ist aber bereits mit ihrem Erlass insoweit anzuwenden, als im Hinblick auf die im Jahr 2010 anfallenden Mehrkosten, die als EEG-Umlage erhoben werden, schon im Vorjahr Prognosen zu veröffentlichen sind.

Gründe für Reform

Für die Reform wurden verschiedene Gründe genannt. Befürworter waren vor allem die liberalen Wirtschaftspolitiker der FDP sowie die großen Elektrizitätsversorgungsunternehmen mit ihren Lobbyorganisationen wie der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.[2][3]

Der in die Netze der öffentlichen Verteil-Netzbetreiber eingespeiste und von diesen an die Übertragungs-Netzbetreiber weitergeleitete EEG-Strom musste von diesen physikalisch wiederum unter die Stromversorgungsunternehmer aufgeteilt werden, die dann anteilig damit wieder ihre Kunden beliefern konnten. Laut Begründung zur Ausgleichsmechanismusverordnung kam es mangels ausreichender Prognostizierbarkeit der erzeugten Mengen zu erheblichen Aufwand, der sich in den Netzentgelten niederschlug und zu finanziell abzusichernden Risiken bei den Versorgern: „Der physikalische Ausgleich birgt also für die Vertriebsunternehmen Risiken im Beschaffungsportfolio.“[4] Diesen Risiken konnten sich die Unternehmen durch die Ausgleichsmechanismusverordnung entledigen. Infolge der physikalischen Durchleitung des EEG-Stroms entstanden für das Jahr 2007 Kosten von rund 570 Mio. Euro, von denen bei Handel an der Börse laut Begründung zum Verordnungsentwurf 40 bis 125 Mio. Euro eingespart werden könnten.[5] Durch die Pflicht der Versorgungsunternehmen, den EEG-Strom anteilig abzunehmen, erfolgte eine europarechtlich unerwünschte Marktabschottung, da die entsprechende Strommenge vom freien Markt herausgenommen wurde, weil sich die Versorger insoweit nicht anders eindecken konnten. Zudem sei das Verfahren laut der Begründung „nach außen hin nicht transparent“.[6]

Bisher wurde den Stromversorgungsunternehmen ihr EEG-Stromanteil einfach als Grundlastband (Monatsbänder) in ihre Stromlastgangplanung hineingelegt.[6][7] Da aber der Durchschnittspreis der Erneuerbaren Energien vergütet wurde, ohne dass tageszeitliche Schwankungen der Einspeisung berücksichtigt werden, würde tendenziell der günstigste konventionelle Anteil im Händlerportfolio verdrängt.[7]

Vermarktung

Die Neuordnung der Vermarktung setzt bei der vierten im EEG geregelten Stufe an, der Weiterleitung des EEG-Stroms von den Übertragungsnetzbetreibern auf die Elektrizitätsversorgungsunternehmer (§ 37 EEG). Die Pflicht der Übertragungsnetzbetreiber zur Weiterlieferung des EEG-Stroms an die Versorgungsunternehmen, bzw. deren Pflicht zur Abnahme dieses Strom wird aufgehoben (§ 1 Nr. 1 und 2 AusglMechV), so dass der EEG-Strom physikalisch bei den Übertragungsnetzbetreibern verbleibt. Diese sind nunmehr nach § 2 Abs. 1 AusglMechV verpflichtet, den EEG-Strom am vortäglichen oder untertäglichen Spotmarkt (Day-ahead- und Intra-day-Handel) einer Strombörse bestmöglich zu versteigern. Das muss nicht die European Energy Exchange (EEX) in Leipzig sein, sondern es kommt jede öffentliche Strombörse in Betracht.

Nachdem die nunmehrige Beauftragung der Übertragungsnetzbetreiber mit der Vermarktung wegen der von der Europäischen Union betriebenen Entbündelung (unbundling) der Netze von der Stromversorgung im Widerspruch steht, soll die Bundesnetzagentur bis zum 31. Dezember 2011 eine Evaluierung vorlegen und Vorschläge zur Übertragung der Aufgabe der Vermarktung des EEG-Stroms auf Dritte unterbreiten (§ 9 AusglMechV). Die Bundesnetzagentur wurde auch zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt, die die Einzelheiten der Vermarktung einschließlich einer hierzu erfolgenden Beauftragung von Dritten regeln. Die Vermarktung über die Börse darf nicht als EEG-Strom oder „grüner Strom“ erfolgen, da es insoweit bei dem Gebot des § 37 Abs. 5 EEG verbleibt, wonach Strom unter dieser besonderen Bezeichnung nicht unter der für EEG-Strom gezahlten Durchschnittsvergütung der Hersteller verkauft werden darf.[8]

Ausgleich (EEG-Umlage)

Zum Zwecke des Ausgleichs der bei der Erzeugung des EEG-Stroms anfallenden Mehrkosten gibt die AusglMechV dem Begriff der EEG-Umlage nunmehr einen genau definierten Inhalt. Danach können die Übertragungsnetzbetreiber (bzw. später die mit der Vermarktung beauftragen Dritte) von den Elektrizitätsunternehmern, die Strom an Letztverbraucher liefern, anteilig Ersatz für die erforderlichen Aufwendungen in Form einer EEG-Umlage verlangen (§ 3 Abs. 1 AusglMechV). Die EEG-Umlage berechnet sich einmal nach der Differenz der für das nachfolgende Kalenderjahr prognostizierten Einnahmen vor allem aus dem Verkauf des EEG-Stroms an der Börse und den Ausgaben, hier vor allem wegen der Vergütungszahlungen nach dem EEG. Zum anderen fließt eine Differenz zwischen den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben zum Zeitpunkt der Berechnung ein. Damit sind die tatsächlichen Mehr- oder Mindereinnahmen gemeint, die bei einer Abweichung dieser Einnahmen und Ausgaben von den für das laufende Jahr im Vorjahr prognostizierten anfallen und die nur, wenn die Prognose jeweils mit dem tatsächlichen Anfall übereinstimmen würde, gleich Null wären (§ 3 Abs. 2 AusglMechV).[9]

Nachdem dieses Verfahren erstmals für 2010 angewandt wird, für 2009 aber nach den bisherigen Bestimmungen des EEG abgerechnet wird, werden tatsächliche Abweichungen zur Prognose für 2010 erst bei der für 2011 berechneten Umlage berücksichtigt. Die EEG-Umlage muss jedes Jahr bis zum 15. Oktober für das nachfolgende Kalenderjahr berechnet und im Internet veröffentlicht werden. Dabei ist die Umlage auch in Cent pro an die Letztverbraucher gelieferter Kilowattstunde Strom anzugeben. Für 2010 wurde danach die für 2010 prognostizierte Umlage mit 2,047 Cent/kWh bekanntgemacht.[10] Das neue System der EEG-Umlage schafft für alle Beteiligten eine genaue Kalkulationsgrundlage, da sie für das laufende Jahr jeweils feststeht, tatsächliche Abweichungen von der Prognose wirken sich erst bei der Umlage für das nachfolgende Jahr aus. Die EEG-Umlage tritt an die Stelle der Differenzkosten der §§ 53, 55 EEG, die erst mit dem EEG 2009 als Maßstab zur Erfassung der EEG-Mehrkosten eingeführt worden waren (§ 8 AusglMechV). Macht das Versorgungsunternehmer von seinem Recht, die EEG-Strom-Kosten auf der Stromrechnung anzugeben, Gebrauch, so muss es nunmehr die EEG-Umlage mit dem voraussichtlichen Anteil des nach dem EEG vergüteten Stroms am voraussichtlichen gesamtdeutschen Strommixes angeben (§ 8 Abs. 2 AusglMechV).

Begünstigung von stromintensiven Produktionsunternehmen und Schienenbahnen

Nach § 40 Abs. 1 EEG kann das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) auf Antrag von stromintensiven Unternehmen des produzierenden Gewerbes sowie Schienenbahnen deren Pflicht zur Abnahme von EEG-Strom mengenmäßig begrenzen. Die Begrenzung erfolgt, um die Stromkosten dieser Unternehmen auf einem international wettbewerbsfähigen Niveau zu halten. Sie erfolgt mit einem solchen Prozentsatz, der möglichst gewährleistet, dass im Ergebnis die betroffenen Unternehmen mit nicht mehr als 0,05 Cent je von ihnen bezogener kWh belastet werden (§ 40 Abs. 2 EEG).[11] Die so festgesetzte Begrenzung der abzunehmende EEG-Strommenge war somit ein Prognosewert. Nachdem nach der Neuregelung weder Versorgungsunternehmer noch Letztverbraucher EEG-Strom abnehmen müssen, stellt die AusglMechV die Begünstigung der stromintensiven Unternehmen dahin um, dass diese nunmehr definitiv nur mit einer EEG-Umlage in Höhe von 0,05 Cent/kWh belastet werden dürfen, mithin etwa ein Vierzigstel der für 2010 geltenden normalen Umlage von 2,047 ct/kWh zu tragen haben.

Auswirkungen

Entwicklung der EEG-Umlage vor (blau) und nach (orange) Inkrafttreten der AusglMechV

Vor der Ausgleichsmechanismusverordnung wurde EEG-Strom physisch gewälzt, ein Handel an der Strombörse fand nicht statt.[1] Waren mit dieser physischen Wälzung Unternehmen dazu verpflichtet, Strom aus erneuerbare Energien in ihre eigenes Vertriebsportfolio einzubinden, wofür sie aus dem EEG-Konto vergütet wurden, wurde mit der Ausgleichsmechanismusverordnung der EEG-Strom nun komplett an der Strombörse gehandelt. Da damit dort das Angebot an EEG-Strom stieg, fielen die Börsenpreis infolge des Merit-Order-Effektes, da die (preisbildenden) teureren (fossilen) Kraftwerke immer seltener zum Einsatz kamen. Da sich die EEG-Umlage aus der Differenz zwischen Einspeisevergütung und Börsenpreis errechnet, stieg die EEG-Umlage daraufhin deutlich an. Hiervon profitierten große Unternehmen, die ihren Strom direkt an der Börse kauften, insbesondere, da viele dieser Unternehmen von der Zahlung der EEG-Umlage weitgehend befreit sind. Für Privatkunden und Endverbraucher ergaben sich hingegen Preissteigerungen bei der Stromrechnung, da sie nicht von den günstigeren Börsenpreisen profitierten, dafür aber eine höhere EEG-Umlage zu zahlen hatten.[12]

Die Einführung des neuen Ausgleichsmechanismus hatte somit starke Auswirkungen auf die Einspeisung von erneuerbaren Energien und von Kohlekraftwerken. Bis 2009 hatten erneuerbare Energien sowohl einen Einspeisevorrang als auch einen Verbrauchsvorrang. Wurde viel regenerativer Strom ins Netz eingespeist, mussten konventionelle Kraftwerke abgeschaltet werden, damit der Strom aus erneuerbaren Energien in Deutschland verbraucht wurde. Mit der Reform wurde der Verbrauchsvorrang aufgehoben, was einen starken Anstieg der Kohlestromproduktion zur Folge hatte, da diese nun bei starker Einspeisung erneuerbarer Energien nicht mehr notwendigerweise gedrosselt werden musste. Der nun in großem Maße zusätzlich produzierte Strom konnte stattdessen in andere Staaten exportiert werden.[13] Es wurde damit also die Nachfrage für Ökostrom in Deutschland massiv verringert, was ein deutliches Absinken der Börsenstrompreise zur Folge hatte und dadurch die EEG-Umlage verteuerte.[14][13] Nach Inkrafttreten des neuen Ausgleichsmechanismus gingen die Erlöse für Ökostrom an der Strombörse trotz höherer Erzeugung binnen eines Jahres von 5,15 Mrd. Euro im Jahr 2009 auf 3,35 Mrd. Euro im Jahr 2010 zurück. Anschließend sanken die Börsenstrompreise durch den Merit-Order-Effekt weiter ab, sodass die Börsenstrompreise im ersten Quartal 2014 nur noch bei der Hälfte des Wertes von 2008 lagen.[14]

Dadurch stiegen die Differenzkosten zwischen Börsenstrompreis und durchschnittlicher Einspeisevergütung nach EEG deutlich an, wodurch die EEG-Umlage deutlich überproportional stieg. Verlief bis 2009 der Anstieg der Vergütungszahlungen nach EEG und die Entwicklung der EEG-Umlage weitgehend proportional, kam es nach der Reform zu einer starken Auseinanderentwicklung. Während sich die Vergütungszahlungen von 2009 bis 2014 von 10,5 Mrd. Euro auf gut 21 Mrd. Euro verdoppelten, verfünffachte sich die EEG-Umlage im gleichen Zeitraum fast von 1,33 ct/kWh auf 6,24 ct/kWh.[14] Die Gesamtsumme aus Börsenspreis plus EEG-Umlage blieb hingegen nahezu konstant.[15] Als weitere Konsequenz halbierten sich die Einnahmen von EEG-vergüteter Elektrizität zwischen 2009 und 2014, obwohl die Kapazität fast verdoppelt wurde.[1] Seit 2014 ist die EEG-Umlage nur noch unwesentlich gestiegen von 6,240 Cent pro kWh auf aktuell 6,405 Cent pro kWh[16] trotz weiter steigender Einspeisung von gefördertem Strom. Dabei stiegen die Einspeisemengen von 131 TWh im Jahr 2014 auf 203 TWh im Jahr 2018.[17]

Ursächlich für den zunächst starken Anstieg der EEG-Umlage war der reformierte Ausgleichsmechanismus.[18][12][1] Nach Fraunhofer ISE gibt es daher eine große Diskrepanz zwischen der gestiegenen Förderung der Erneuerbaren Energien einerseits und der um ein Mehrfaches erhöhten EEG-Umlage.[14] Seit 2014 war der weitere Anstieg der EEG-Umlage aber deutlich schwächer als der Anstieg der Vergütungszahlungen. Während die Vergütungszahlungen für geförderten Strom sich von 21 Mrd. Euro im Jahr 2014 auf 32 Mrd. Euro im Jahr 2018 um mehr als 50 erhöhten[17] stieg die EEG-Umlage im gleichen Zeitraum lediglich um 8,8 %[16].

Das Auftreten dieser Wirkungen wurde bereits vor der Reform des Ausgleichsmechanismus antizipiert. So wiesen bereits 2009 Jarass et al darauf hin, dass die Weiterentwicklung des Ausgleichsmechanismus große Nachteile für die Vermarktung von EEG-Strom haben würde. Damit nahmen sie die Entwicklung am Strommarkt weitestgehend vorweg. So sei u. a. die Entpflichtung von Stromnetzbetreibern von der effizienten Vermarktung von EEG-Strom geplant sowie Elektrizitätsversorgungsunternehmen von der Verpflichtung entbunden, EEG-Strom prozentual anteilig an der Produktion abzunehmen. Da es somit möglich wäre, dass Unternehmen und EVUs auch vollständig auf die Abnahme von EEG-Strom verzichten könnten, ergäbe sich ein massiver Nachfragerückgang nach EEG-Strom, der somit weitgehend entwertet würde.[19]

„Sollte es allerdings den konventionellen Kraftwerken erlaubt werden, mit voller Leistung auch bei massiver EEG-Einspeisung voll weiter zu produzieren, dann würden große Probleme resultieren: Der Übertragungsnetzbetreiber würde dann häufig nur einen sehr niedrigen Börsenpreis für den EEG-Strom erzielen, viel niedriger, als wenn – wie bisher – die an Letztverbraucher liefernden Elektrizitätsversorgungsunternehmen den EEG-Strom übernehmen und vermarkten müssten. Damit wird künstlich eine sehr hohe Differenz zwischen EEG-Einspeisepreis und an der Strombörse erzieltem Verkaufserlös kreiert und damit eine scheinbar sehr hohe Förderung durch das EEG ausgewiesen und so das EEG eventuell in Misskredit gebracht.“

Lorenz Jarass, Gustav M. Obermair, Wilfried Voigt, Windenergie. Zuverlässige Integration in die Energieversorgung, Berlin – Heidelberg 2009, S. 108

Der Umlagebedarf für das jeweils folgende Jahr wurde wiederholt zu niedrig geschätzt. Beispielsweise hatte die im Herbst 2011 festgelegte Umlage für 2012 nicht berücksichtigt, dass Dezember 2011 sehr viele Solaranlagen in Betrieb gingen, die 2012 zusätzlich Solarstrom einspeisten, was erst in der Umlage für 2013 nachgeholt wurde.

Zusätzlich kann § 4 Satz 2 der Ausgleichsmechanismusverordnung zu einer Fehlprognose führen. Dort heißt es, für die Prognose der Einnahmen aus dem Verkauf des Erneuerbaren-Stroms ist der Durchschnitt der täglichen Abrechnungspreise für das Produkt Phelix Baseload Year Future an der Strombörse für das folgende Kalenderjahr zugrunde zu legen. Maßgeblich ist dabei der Handelszeitraum vom 16. Juni bis zum 15. September des laufenden Kalenderjahres.[20] Dieser ist aber häufig höher gewesen als die für den eingespeisten Strom aus erneuerbaren Energien im Durchschnitt erlöst wurde. Bei zu hoch angesetzten Erlösen wurde der Zuschussbedarf des jeweiligen Folgejahres deshalb zunächst häufig unterschätzt, was dann im übernächsten Jahr ausgeglichen werden muss.

In den Jahren 2010 bis 2013 war das EEG-Konto im Minus. Dieses Defizit führte jeweils zu einer höheren EEG-Umlage im Folgejahr. Nach 2014 war das EEG-Konto nicht mehr im Minus, sondern ergab in jedem Jahr einen Überschuss, der dann im Folgejahr berücksichtigt wurde und den Anstieg der Umlage gedämpft hat.[21]

Literatur

  • Martin Altrock/Andreas Eder: Verordnung zur Weiterentwicklung des EEG-Ausgleichsmechanismus (AusglMechV): Eine erste kritische Betrachtung. ZNER 2009, 128–131.
  • Christian Buchmüller/Jörn Schnutenhaus: Die Weiterentwicklung des EEG-Ausgleichsmechanismus. ET 11/2009,75–79.
  • Lorenz Jarass/Wilfried Voigt: Neuer EEG-Ausgleichsmechanismus kann den Ausbau der erneuerbaren Energien gefährden. Energiewirtschaftliche Tagesfragen 59 (2009), Heft 10, 26–29, online.
  • Volker Oschmann: Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG). In: Wolfgang Danner/Christian Theobald (Hrsg.), Energierecht, Stand Januar 2010, München, Verlag C.H. Beck, ISBN 978-3-406-36464-8.
  • Anke Rostankowski/Volker Oschmann: Fit für die Zukunft? – Zur Neuordnung des EEG-Ausgleichsmechanismus und weiteren Reformansätzen. RdE 2009, S. 361–368.
  • Peter Salje: Erneuerbare-Energien-Gesetz. Kommentar. 5. Auflage 2009, Köln und München, Carl Heymanns Verlag, ISBN 978-3-452-26935-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Erik Gawel, Klaas Korte, Kerstin Tews: Distributional Challenges of Sustainability Policies—The Case of the German Energy Transition. In: Sustainability. Band 7, 2015, S. 16599–16615, doi:10.3390/su71215834.
  2. WDR, 2012: „Die Einflüsterer – Wie Geld Politik macht“, Fernsehdokumentation
  3. Claudia Kemfert: Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole. Hamburg 2013, ISBN 978-3-86774-257-3.
  4. Begründung zum Entwurf, BT-Drs. 16/13188, S. 8
  5. Begründung zum Entwurf, BT-Drs. 16/13188, S. 9
  6. a b Begründung zum Entwurf, BT-Drs. 16/13188, S. 1
  7. a b Wälzungsmechanismus des EEG, Vorschläge für die Verbesserung der Transparenz und Effizienz (Memento vom 6. Januar 2013 im Webarchiv archive.today) im Auftrag des BMU. Abgerufen am 16. März 2010.
  8. Begründung zum Entwurf, BT-Drs. 16/13188, S. 16
  9. Begründung zum Entwurf, BT-Drs. 16/13188, S. 15
  10. EEG-Umlage 2010 (Memento vom 4. Dezember 2009 im Internet Archive)
  11. Peter Salje: Erneuerbare-Energien-Gesetz, Kommentar, 5 Aufl. 2009, Köln und München, Carl Heymanns Verlag, ISBN 978-3-452-26935-5, § 40 Rn 1
  12. a b Sandra Hook, ‚Energiewende‘: Von internationalen Klimaabkommen bis hin zum deutschen Erneuerbaren-Energien-Gesetz, in: Olaf Kühne, Florian Weber (Hrsg.), Bausteine der Energiewende. Wiesbaden 2018, 21–56, S. 42f.
  13. a b Lorenz Jarass, Reform des EEG: Verbrauchsvorrang für Erneuerbare Energien wieder einführen, Einspeisegarantie für Kohlestrom abschaffen. In: Zeitschrift für neues Energierecht 6, (2013), 572–580, Link
  14. a b c d Kurzstudie zur historischen Entwicklung der EEG-Umlage (Memento vom 3. Juni 2016 im Internet Archive). In: Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme. Abgerufen am 30. Juni 2014.
  15. Daniel Hölder, Echtzeitwälzung – Erneuerbaren Strom in den Wettbewerb um Kunden integrieren. Vorschlag für die Weiterentwicklung des Ausgleichsmechanismus. Zeitschrift für Neues Energierecht 18 (2014) Heft 1, 14–18, S. 14.
  16. a b Entwicklung der EEG-Umlage. Netztransparenz.de. Abgerufen am 2. Februar 2019.
  17. a b EEG in Zahlen: Vergütungen, Differenzkosten und EEG-Umlage 2000 bis 2019. Internetseite des BMWi. Abgerufen am 2. Februar 2019.
  18. Vgl. u. a. Die EEG-Umlage – eine reale Belastung, die nicht reell zustande kommt. Website von Udo Leuschner; Eruierung von Optionen zur Absenkung der EEG-Umlage (Memento vom 14. November 2012 im Internet Archive)
  19. Lorenz Jarass, Gustav M. Obermair, Wilfried Voigt, Windenergie. Zuverlässige Integration in die Energieversorgung, Berlin – Heidelberg 2009, S. 107f.
  20. https://www.buzer.de/gesetz/11489/b29257.htm
  21. https://www.netztransparenz.de/EEG/EEG-Konten-Uebersicht