Versicherungsanlageprodukt

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Ein Versicherungsanlageprodukt (engl.: Insurance-based investment products, kurz: IBIPs bzw. ibips) dient im Versicherungswesen der Vermögensanlage und unterscheidet sich somit von anderen Versicherungsarten (z. B. einer Unfallversicherung). Typische Versicherungsanlageprodukte sind z. B. Fondsgebundene Lebensversicherungen und indexgebundene Lebensversicherungen.[1]

Definition und Ausnahmen

Ein Versicherungsanlageprodukt ist nach der Legaldefinition der PRIIP-Verordnung ein Finanzprodukt, „das einen Fälligkeitswert oder einen Rückkaufswert bietet, der vollständig oder teilweise direkt oder indirekt Marktschwankungen ausgesetzt ist“ (Art. 4 Nr. 2 PRIIP-Verordnung). Eine gleichlautende Definition übernahm Art. 2 Abs. 1 Ziff. 17 der Richtlinie (EU) 2016/97 vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb (Neufassung). Davon sind jedoch ausgenommen (Art. 2 Abs. 1 Ziff. 17 der RL 2016/97):

  1. in Anhang I der Richtlinie 2009/138/EG genannten Nichtlebensversicherungsprodukten (Versicherungszweige der Nichtlebensversicherung);
  2. Lebensversicherungsverträgen, deren vertragliche Leistungen nur im Todesfall oder bei Arbeitsunfähigkeit infolge von Körperverletzung, Krankheit oder Gebrechen zahlbar sind (in der Regel sind dies wohl Risikolebensversicherungen);
  3. Altersvorsorgeprodukten, die nach nationalem Recht als Produkte anerkannt sind, deren Zweck in erster Linie darin besteht, dem Anleger im Ruhestand ein Einkommen zu gewähren, und die dem Anleger einen Anspruch auf bestimmte Leistungen einräumen (z. B. Riester-Renten, Rürup Rentenversicherung);
  4. amtlich anerkannten betrieblichen Altersversorgungssystemen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/41/EG oder der Richtlinie 2009/138/EG fallen (z. B. bestimmte Betriebspensionen);
  5. individuellen Altersvorsorgeprodukten, für die nach nationalem Recht ein finanzieller Beitrag des Arbeitgebers vorgeschrieben ist und die bzw. deren Anbieter weder der Arbeitgeber noch der Beschäftigte selbst wählen kann.

Die Grenze zwischen Versicherungsprodukten, Versicherungsanlageprodukten und verpackten Versicherungsanlageprodukte (package retail and insurance-based investments products[2]) ist nicht immer eindeutig.

Rechtliche Maßnahmen

Die Regelung von Versicherungsanlageprodukten in einer eigenen Richtlinie wurde erforderlich, weil Versicherungsanlageprodukte Kunden als mögliche Alternative oder Ersatz zu Anlageprodukten gemäß der Richtlinie 2014/65/EU[3] angeboten wurden bzw. werden. Um einen kohärenten Anlegerschutz zu gewährleisten und das Risiko von Aufsichtsarbitrage zu vermeiden, wurden spezielle, EU-weit geltende Regeln als erforderlich erachtet.[4]

Durch die Ende 2014 in Kraft getretene und ab 1. Januar 2018 anzuwendende PRIIP-Verordnung wurden bereits weitere verbesserte Maßnahmen zum Anlegerschutz erlassen, umso das Vertrauen von Kleinanlegern in den Finanzmarkt zu stärken. Kleinanleger sollen für verpackte Anlageprodukte und verpackte Versicherungsanlageprodukte (kurz „PRIIPs“) durch einheitliche Basisinformationsblätter (englisch Key Information Documents, kurz KIDs) die notwendigen Informationen zu einem Finanzprodukt erhalten, um eine fundierte Anlageentscheidung treffen zu können.

Mit der Richtlinie EU/2016/97 vom 20. Januar 2016 über den Versicherungsvertrieb wurde die Richtlinie 2002/92/EG über Versicherungsvermittlung mit Wirkung vom 23. Februar 2018 aufgehoben und durch die Neufassung, die Richtlinie EU/2016/97 ersetzt (kurz: Versicherungsvertriebsrichtlinie, engl.: Insurance Distribution Directive, IDD)[5] und unter anderem damit spezielle Regelungen für Versicherungsanlageprodukte eingeführt. Gemäß Artikel 43 der RL 2016/97 wurde Kapitel III-A der Richtlinie 2002/92/EG bereits mit Wirkung vom 23. Februar 2016 aufgehoben.

Die Vorgaben der PRIIP-VO und der IDD sind für Versicherungsanlageprodukte in vielen Anwendungsfällen relevant und parallel zu berücksichtigen.[6]

Die IDD wird ergänzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2359 der Kommission[7] im Hinblick auf die für den Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten geltenden Informationspflichten und einzuhaltenden Wohlverhaltensregeln.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Welche Versicherungsanlageprodukte tatsächlich unter den Begriff Versicherungsanlageprodukt europaweit fallen, ist noch nicht in allen Fällen gesichert (Julia Baier: Was sind IBIPs?, Zeitschrift für Finanzrecht (ZFR), 4/2018, S. 167 f.)
  2. Siehe Verordnung (EU) Nr. 1286/2014, kurz: PRIIP-Verordnung.
  3. Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (Neufassung).
  4. Siehe Erwägungsgrund 56 IDD (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb (Neufassung), ABl. L26/19).
  5. Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb (Neufassung), ABl. L26/19.
  6. Siehe Erwägungsgrund 42 und 61 der IDD.
  7. Delegierte Verordnung (EU) 2017/2359 der Kommission vom 21. September 2017 zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die für den Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten geltenden Informationspflichten und Wohlverhaltensregeln, ABl L 341/8.