Villa Flora Aachen
Die Villa Flora, ursprünglich Villa de Montrevel genannt, ist ein villenartiges Landhaus im Stil des Historismus in Aachen-Burtscheid, das in den 1990er Jahren zu einem Mehrfamilienhaus umgebaut wurde.
Geschichte
1874 entstand die Villa de Montrevel extra muros vor dem Marschiertor auf der Eupener Landstraße vor Elisenruh. Sie wurde für Gräfin Poulle de Montrevel, die Ehefrau von Gustav Alpert, erbaut und mit Statuen dekoriert. 1904 besaß Carl Lehmann die nunmehr umbenannte Villa Flora. Das Haus war nach der durch eine Statue vertretenen Göttin Flora umbenannt und zu einem Gartenlokal umfunktioniert worden.[1]
Das als „Luftkurort“ bezeichnete Lokal lag an der Kleinbahnhaltestelle Eupenerstrasse der Linie F.[2] Eine historische Ansichtskarte der Villa Flora[3] gibt Bau und Anwesen nicht in ihren realen Proportionen wieder. Der Künstler dieser zeichnerischen Darstellung hat allem eine Bedeutungsgröße verliehen. Die Abbildung ist entsprechend dem Format der Ansichtskarte breit angelegt.
1905 erwarb der Arzt Ferdinand Joseph Laaf die Villa als Sommerhaus. Familie Laaf gestaltete die Villa nach ihrem Geschmack um. Die bis dahin auf dem Balkon aufgestellte Statue der Göttin Flora wurde in den Park umgesetzt. Zudem entdeckte man beim Aufräumen eine kleine Teufelsfigur. Einer Legende nach sollte die Gräfin nach ihrem Bankrott in dem Park einen Schatz vergraben haben. Den Terrasseneingang schmückte nun ein bogenförmiges Rankgitter. Zu dem Anwesen, das die Familie von Mai bis Oktober bewohnte, gehörten ein großer Park und ein Schwanenteich. Durch den Teich floss der Kupferbach.
Die Villa wurde von Familie Laaf um 1920 an den jüdischen Tuchfabrikanten Otto Ganz verkauft. In den Jahren 1941 bis 1943 diente die Villa Flora als sogenanntes Judenhaus. Das Hausbuch des Ghettos Eupener Straße 249 ist erhalten: [4] Veröffentlicht dort sind als Insassen insgesamt 62 verzeichnet. In diesem Hausbuch findet sich beim Auszug der Schwiegermutter von Otto Ganz am 26. Dezember 1942 unter der Rubrik „Neue Wohnung“ die Notiz „vergast in Theresienstadt“.
In dem 1940 errichteten Nachbarhaus Eupener Straße 251 wurde gegen Ende des Zweiten Weltkrieges der von den Alliierten eingesetzte Oberbürgermeister und Rechtsanwalt Franz Oppenhoff (* 1902) von einer SS-Gruppe am Mittwoch, den 25. März 1945, erschossen. Sie baten Oppenhoff abends um ein Butterbrot. Als er sich abwandte, wurde er hinterrücks ermordet. Die Aachener Oppenhoff-Allee trägt seinen Namen. Er ist der Enkel von Franz Theodor Oppenhoff, dem Präsidenten des Aachener Landgerichts, der als Staatsprokurator zusammen mit dem Maler Heinrich Franz Carl Billotte in der Sandkaulstraße 10 in Aachen wohnte.
In den 1990er Jahren wurde die Villa in ein Mehrfamilienwohnhaus umgebaut. In dem Park wurden eine ganze Reihe von zusätzlichen Häusern errichtet. Heute (2021) erinnert lediglich der Name einer benachbarten Seniorenresidenz an den Standort der ehemaligen Villa.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Eintrag: Lehmann, Carl, (Zur Flora), an der Steinebrück, Eupenerstr. im Aachener Adressbuch 1904.
- ↑ Die Aachener Kleinbahn-Gesellschaft (AKB) führte im Stadtnetz 1905 den Linienweg F: Frankenberg Victoriaallee – Normaluhr - Alt-Linzenshäuschen. Vgl. Artikel Straßenbahn Aachen.
- ↑ Werner Dümmler: Aachen in alten Ansichtskarten. Flechsig, Frankfurt am Main 1977, S. 80. Die Beschreibung „Heute steht hinter ihrem Baugelände die Schwimmhalle Süd.“ ist irreführend, die Halle befindet sich in der Amyastraße 8 hinter dem Haus Eupener Straße 17. Die Adresse der Villa Flora lautet Eupener Straße 249 (1904 mit Hausnummer 11).
- ↑ Herbert Lepper: Von der Emanzipation zum Holocaust, Aachen 1994, S. 1667 bis 1672
Koordinaten: 50° 45′ 40,7″ N, 6° 5′ 15″ O