Villa Merländer
Die Villa Merländer befindet sich im Krefelder Ortsteil Cracau, an der Friedrich-Ebert-Straße 42.
Geschichte
Der Krefelder Kaufmann Richard Merländer (1874–1942) ließ 1924/25 in Krefeld die Villa Merländer für sich und seine Familie durch den Architekten Friedrich Kühnen errichten.
Merländer war Jude; er wurde nach der Machtübernahme des NS-Regimes wie die meisten Juden in Deutschland drangsaliert und entrechtet. 1938 musste er seine Firma aufgeben; sein Vermögen wurde beschlagnahmt. Das NS-Regime erlegte allen Juden im Reich Steuern und Sonderabgaben auf, zum Beispiel nach dem Novemberpogrom 1938 die sogenannte Judenbuße (Näheres im Artikel Holocaust und hier). Dies zwang auch Merländer schließlich (1941?) zum Verkauf seines Hauses. Doch auch über dieses Geld konnte er nicht frei verfügen. 1941 musste er deshalb in ein „Judenhaus“ einziehen; dort wohnte er sehr beengt. Im Juli 1942 wurde Merländer, mittlerweile 68 Jahre alt, in das KZ Theresienstadt deportiert und von dort aus im September 1942 weiter in das Vernichtungslager Treblinka. Er wurde kurz nach seiner Ankunft ermordet; ebenso 3000 weitere Menschen dieses Transportes.
Das Haus wurde nach diesem Verkauf (siehe auch Arisierung) als Hotel genutzt; es wechselte bis 1967 mehrfach den Besitzer. 1989 mietete die Stadt Krefeld die Villa an, um dort ein Dokumentations- und Begegnungszentrum einzurichten, das sich mit der Zeit des Nationalsozialismus in Krefeld beschäftigt.
1996 beschloss die Stadt Krefeld, die Büros und die Bibliothek der NS-Dokumentationsstelle in das Stadtarchiv umzusiedeln.[1] Seitdem nutzt das Kulturamt die Villa Merländer.[2]
Wandgemälde
Bei den Umbauarbeiten wurden in einem Raum die bis dahin verschollenen Wandgemälde des Künstlers Heinrich Campendonk wiederentdeckt, die man schon länger in der Villa vermutete, aber bis dahin nur von einem Foto bekannt waren. Die beiden Wandgemälde „Katzen“ und „Harlekin“[3] wurden 1925 auf den frischen, trockenen Putz der Wände des neu erbauten Hauses gemalt und haben die Jahrzehnte trotz einiger Beschädigungen beinahe unversehrt überstanden. Die Malereien befanden sich unter mehreren Schichten Farbe und waren von zahlreichen Renovierungen in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Bilder sind bereits vom ursprünglichen Besitzer Richard Merländer noch in den 1930er-Jahren überstrichen worden, da Campendonks Kunst von den Nazis als „entartete Kunst“ indiziert wurde und Merländer Jude war. In den Jahren 1997 und 1998 sind die beiden Wandgemälde vom Kölner Restaurator Horst Hahn (und mit Hilfe des damaligen Krefelder Denkmalpflegers Klaus Pauwelen) wieder freigelegt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden.
Diese sind heute die einzigen erhaltenen Wandbilder des Expressionisten Campendonk. Die meisten Arbeiten Campendonks wurden zerstört oder gelten als verschollen.
Die Bilder sind (Stand Mitte 2013) jeden vierten Sonntag im Monat (außer in den Ferien) von 14 bis 17 Uhr zu besichtigen.[4]
Besichtigung
Das Haus kann zu bestimmten Zeiten besichtigt werden.
Weblinks
- Die NS-Gedenkstätte der Stadt Krefeld in der Villa Merländer
- NS-Gedenkstätten und Dokumentationszentren in Nordrhein-Westfalen - NS-Dokumentationsstelle Villa Merländer
- Förderverein Villa Merländer e.V.
- Ingrid Schupetta: Richard Merländer, Seidenhändler aus Krefeld - Nachforschungen über einen Unbekannten (PDF)
Fußnoten
- ↑ krefeld.de - Stadtarchiv
- ↑ krefeld.de - Kulturbüro
- ↑ Die Wandgemälde
- ↑ krefeld.de - NS-Dokumentationsstelle-Aufgaben-Wandgemälde (Memento vom 5. Oktober 2012 im Internet Archive)
Koordinaten: 51° 20′ 28,6″ N, 6° 34′ 48,6″ O