Vosoritid

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Strukturformel
Strukturformel von Vosoritid
Allgemeines
Freiname Vosoritid[1]
Andere Namen
  • Pro-Gly-CNP37
  • BMN-111
Summenformel C176H290N56O51S3
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 1480724-61-5
PubChem 119058036
ChemSpider 44210446
DrugBank DB11928
Arzneistoffangaben
ATC-Code

M05BX07

Eigenschaften
Molare Masse 4,1 kD
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Vosoritid ist ein Peptid aus 39 Aminosäuren, das als Arzneistoff zur Behandlung des angeborenen Kleinwuchses (Achondroplasie) verwendet wird. Unter dem Namen Voxzogo (BioMarin) wurde es im August 2021 in der EU, im November 2021 in den USA zugelassen.

Vosoritid ist eine modifizierte Version des natürlich vorkommenden natriuretischen Peptids vom C-Typ (CNP). Es wird subkutan verabreicht.

Eigenschaften

Vosoritid ist ein verkürztes, modifiziertes Analogon des nativen menschlichen natriuretischen Peptids vom C-Typ (CNP). Es wird rekombinant mit Kulturen gentechnisch veränderter Escherichia coli (E. coli) hergestellt. Das aus 39 Aminosäuren bestehende Peptid enthält die 37 carboxyterminalen Aminosäuren der humanen CNP53-Sequenz plus zwei zusätzliche Aminosäuren (Pro-Gly) am Amino-Terminus.[3]

Die Aminosäurensequenz ist:

PGQEHPNARK YKGANKKGLS KGCFGLKLDR IGSMSGLGC

Zwei Cysteinreste in den Positionen 23 und 39 (unterstrichen) bilden eine Disulfidbrücke, wodurch ein zyklisches Peptid entsteht. Die zusätzlichen Aminosäuren (grün) führen zu einer Beständigkeit gegenüber dem Abbau durch die neutrale Endopeptidase (NEP) und in der Folge zu einer im Vergleich zum endogenen CNP rund zehnfach längeren Halbwertszeit.[3]

Pharmakologische Wirkung

Hintergrund

FGFR3- und CNP/Vosoritid-Signalwege in Chondrozyten[3]
A: Der konstitutiv aktivierte FGFR3 beeinträchtigt (rote Pfeile) die Proliferation und Differenzierung der Chondrozyten sowie die Synthese der Knochenmatrix.
B: Vosoritid hemmt durch Bindung an den natriuretischen Peptidrezeptor B (NPR-B) die nachgeschaltete FGFR3-Signalübertragung auf der Ebene der RAF-1-Serin/Threonin-Proteinkinase und induziert (grüne Pfeile) die Proliferation und Differenzierung von Chondrozyten.

Ein wesentlicher Prozess bei der fetalen Knochenbildung und dem Längenwachstum der langen Knochen ist die von Knorpelgewebe ausgehende endochondrale Knochengewebsbildung (Ossifikation, Verknöcherung).[4][5] Sie erfolgt in der Umbauzone (Wachstumsfuge, Epiphysenfuge) zwischen den Knochenenden (Epiphysen) und dem Knochenschaft (Diaphyse) und dauert bis zum Abschluss des Längenwachstums (16.–23. Lebensjahr) an.[6]

Die Achondroplasie entsteht durch die Beeinträchtigung der endochondralen Ossifikation aufgrund einer gain-of-function-Mutation im Gen für den Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor 3 (FGFR3). FGFR3 ist eine Rezeptor-Tyrosinkinase, die an verschiedene Fibroblasten-Wachstumsfaktoren bindet und im Zuge der ausgelösten Signalkaskade die Proliferation und Differenzierung von Knorpelzellen (Chondrozyten) hemmt. Durch die Mutation wird FGFR3 übermäßig aktiv.

Wirkungsmechanismus

Vosoritid bindet – wie sein natürliches Vorbild CNP – an den Rezeptor B für natriuretische Peptide (NPR-B) und hemmt die extrazellulären signalregulierten Kinasen 1 und 2 im MAP-Kinase-Signalweg (MAPK) auf der Ebene des Serin/Threonin-Kinase rapidly-accelerated-fibrosarcoma (RAF-1). Der nachgeschaltete FGFR3-Signalweg wird unterdrückt und infolgedessen die Proliferation und Differenzierung der Chondrozyten gefördert.[7] Es kommt zu einer Zunahme des Längenwachstums.

Die Plasmahalbwertszeit liegt im Mittel bei 27,9 Minuten und ist länger als die des natürlichen CNPs.[7]

Therapeutische Verwendung

In der EU umfasst das zugelassene Anwendungsgebiet die Behandlung von Achondroplasie bei Patienten ab 2 Jahren, bei denen die Epiphysen noch nicht geschlossen sind. Die Diagnose Achondroplasie sollte durch entsprechende Gentests bestätigt werden.[7]

In den USA wurde Vosoritid im November 2021[8] zur Förderung des Längenwachstums bei Kindern ab 5 Jahren mit Achondroplasie und mit noch offenen Epiphysen zugelassen.[9]

Als häufigste Nebenwirkungen bei Vosoritid wurden Reaktionen an der Injektionsstelle, Erbrechen und ein verminderter Blutdruck (Hypotonie) beobachtet.[7]

Handelsnamen

Voxzogo (EU, USA)

Weblinks

  • Voxzogo auf der Website der europäischen Arzneimittelagentur

Einzelnachweise

  1. INN Recommended List 74, World Health Organisation (WHO), 8. Dezember 2015.
  2. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  3. a b c Voxzogo: EPAR - Public assessment report (PDF/4.05 MB) auf der Website der europäischen Arzneimittelagentur. Abgerufen am 14. Dezember 2021.
  4. R. Lüllmann-Rauch: Histologie, 2. Auflage, Georg-Thieme-Verlag, 2006. S. 158 f.
  5. C. Reinecke: So bleiben die Knochen gesund, Pharmazeutische Zeitung, 17. Juni 2002.
  6. Thews, Mutschler, Vaupel: Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen. Wissenschaftlich Verlagsgesellschaft, 1980, S. 45 f.
  7. a b c d Produktionfomationstexte Voxzogo (PDF/113.14 KB) auf der Website der europäischen Arzneimittelagentur. Abgerufen am 14. Dezember 2021.
  8. FDA Approves First Drug to Improve Growth in Children with Most Common Form of Dwarfism, FDA, 19. November 2021.
  9. Prescibing information - Voxzogo, BioMarin Pharmaceutical Inc., November 2021.