Wiener Tagebuch

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Wiener Tagebuch

Erscheinungsweise monatlich
Chefredakteure Ernst Fischer, Bruno Frei, Franz Marek, Leopold Spira, Martin Pollack und Hazel Rosenstrauch u. a.
ISSN (Print)

Wiener Tagebuch ist der gebräuchlichste Name für eine 1946 bis 1989 unter wechselnden Namen existierende, bis 1969 von der KPÖ finanzierte, später am Eurokommunismus orientierte österreichische Kulturzeitschrift, in der zahlreiche bedeutende Intellektuelle mitwirkten. Seit 2019 erscheint Tagebuch – Zeitschrift für Auseinandersetzung als Nachfolgeprojekt.

Geschichte

Zeitungskopf des Wiener Tagebuches von 1973

Als Österreichisches Tagebuch wurde die Zeitschrift 1946–1947 geführt von Alexander Sacher-Masoch, später vom als linientreuer geltenden Bruno Frei. 1950 bis 1969 hieß die Zeitschrift „Tagebuch“. Als Chefredakteur fungierte zunächst Viktor Matejka, der die Co-Herausgeber Ernst Fischer und Bruno Frei zugeordnet bekam. Die um 1950 auf etwa 500 verkaufte Exemplare heruntergewirtschaftete Zeitschrift erzielte durch Exporte in die nahe gelegenen Länder des Ostblocks zeitweilig große Auflagenzuwächse (auf weit über 10.000 Exemplare), was allerdings auch Interventionen der dortigen stalinistischen Regierungen zur Folge hatte. 1957 wurde im Gefolge des ungarischen Volksaufstands von 1956 statt Matejka der damals noch als einigermaßen parteitreu geltende Ernst Fischer als Chefredakteur eingesetzt, 1960 folgte ihm Bruno Frei. Im Zusammenhang mit dem Prager Frühling entfernte sich das „Tagebuch“ immer weiter von der mehrheitlich moskautreuen Linie der KPÖ.

1969 kam es zum Bruch. Während der letzten Jahrzehnte wurde die Zeitschrift als „Wiener Tagebuch“ geführt von Chefredakteuren wie Franz Marek, Leopold Spira, Martin Pollack und Hazel Rosenstrauch. Herausgeber, Eigentümer und Verleger waren der Verein "Freunde des Wiener Tagebuch". Während ihrer gesamten Existenz stand die Zeitschrift stets für eine relativ offene, undoktrinär linke Haltung abseits einer engherzig ausgelegten Parteilinie. Sie stellt damit ein wertvolles Dokument zur österreichischen und europäischen Kulturgeschichte der Nachkriegszeit dar. Zu ihren Beiträgern gehörten unter anderem Ryszard Kapuscinski, Georg Lukács und Eric John Hobsbawm. Die Zeitschrift zog besonders auch in der Periode nach 1968 zahlreiche jüngere Literaten wie Claudio Magris, Erich Hackl und Karl-Markus Gauß an. Letztlich scheiterte das Projekt aber doch an der Ausdünnung und Überalterung der Kernleserschaft klassischer Linksintellektueller.[1]

Nachfolge-Projekt

Seit 2019 gibt es das Nachfolge-Projekt Tagebuch – Zeitschrift für Auseinandersetzung[2] aus Wien. Herausgeber und Verleger ist Samuel Stuhlpfarrer. Weitere aktuelle Mitglieder der Redaktion sind die Journalistinnen Lisa Kreutzer und Jana Volkmann, der Historiker und Publizist David Mayer und der Politikwissenschafter Benjamin Opratko. Die Erstauflage lag bei 10.000 Stück.[3]

Die Zeitschrift wird über Abonnements und freie Verkäufe vertrieben. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt auf Wien, wo rund 60 Prozent der Abonnenten leben.[4]

Die Aufgabe der Illustration der Zeitschrift wird jahresweise an Künstler vergeben.[5]

Im September 2022[6] erhielt der Herausgeber Stuhlpfarrer für seine Arbeit den Walther Rode-Preis.[7]

Literatur

  • Christina Zoppel: Linientreue und Liberalität. Die Rezeption der zeitgenössischen österreichischen Literatur im kommunistischen „Tagebuch“ 1950-1960. Universität Wien, 1995 (wienbibliothek.at [PDF] Diplomarbeit).
  • Hazel Rosenstrauch: Beim Sichten der Erbschaft. Wiener Bilder für das Museum einer untergehenden Kultur. Mannheim: Persona-Verlag, 1992. ISBN 978-3-924652-19-7

Weblinks

Einzelnachweise