Wiesen-Kerbel

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Wiesen-Kerbel

Wiesen-Kerbel (Anthriscus sylvestris)

Systematik
Familie: Doldenblütler (Apiaceae)
Unterfamilie: Apioideae
Tribus: Scandiceae
Untertribus: Scandicinae
Gattung: Kerbel (Anthriscus)
Art: Wiesen-Kerbel
Wissenschaftlicher Name
Anthriscus sylvestris
(L.) Hoffm.

Der Wiesen-Kerbel[1][2][3] (Anthriscus sylvestris) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Kerbel (Anthriscus) innerhalb der Familie der Doldenblütler (Apiaceae). Unter den mitteleuropäischen Doldengewächsen ist sie die am frühesten blühende Art.

Weitere Namen

Für den Wiesen-Kerbel sind oder waren, zum Teil nur regional, auch die Bezeichnungen Bange (Glarus), Bäumlikraut (Glarus), Buchholder (Württemberg), Buggla (St. Gallen), Buschmoren, Cherbel (St. Gallen Toggenburg), Chrabella (Bern), Emtstengel (Appenzell), Eselskörbel, Eselspeterlein, Feine Scherre (Memmingen), Hartkopf (Eifel bei Nürnberg), Hartkopp (Eifel bei Nürnberg), Heustengel (Appenzell), Hingstwäid (Ostfriesland), Hundekümmel (Brandenburg), wilder Ibarach (St. Gallen), Kälberkerner, Kalberkropf (Ostpreußen), Kälberrohr (Schleswig-Holstein)[4], Kälberscheere, Kälberscheiß (Vogtland) Kalbarkrop (Mecklenburg), Kalverkropp (Altmark, Pommern), Kelberkern (Harz), Kerbelkern, Kirbel (Bern, Luzern), Kirbelstengel (Bern, Luzern), Kocker (Butjaden), wilder Körffel, Korbelkom, Krabellen (Luzern), Krebellen (Bern), Kreblikraut (Bern), Kruud (Ostfriesland), Kuhpeterlein (Schlesien), Ledepipenkrud, Ledespypenkrut, Leiterlikraut (Bern), Paguda (St. Gallen, Sargans), Pferdskümmel (Eifel), Piffenkrut, Pigudabengel (St. Gallen bei Sargans), Pipencrud, Ramschfedern (Waadt, Wallis), Rosskümmel (St. Gallen, Oberrheintal, Obertoggenburg), Schärläch (Glarus), Scharnpiepen (Oldenburg), Scharpenpiepen (Elsfleth), Scheere, Schierling (Eifel bei Daun), Tigerlikraut (Glarus), Tschickan (Graubünden), Wasserkraut (Werfen), Windroslein, Wolfswurzel und Zieger (Glarus) gebräuchlich.[5]

Beschreibung

Illustration
Datei:Anthriscus sylvestris sl7.jpg
Laubblatt: die unteren Fiedern sind kleiner als die restliche Spreite
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Teilblütenstand kurz nach Ende der Blütezeit
Frucht mit kurzem Schnabel unter dem Griffelpolster
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Grund der Frucht mit sehr kurzen Borstenhaaren

Vegetative Merkmale

Der Wiesen-Kerbel ist eine ausdauernde oder zweijährige krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 60 bis 150 Zentimetern erreicht. Der Stängel ist feinbehaart, hohl und gefurcht.

Die zwei- bis dreifach gefiederten Laubblätter sind 15 bis 30 Zentimeter lang und besitzen einen dreieckigen Umriss. Die Fiederblättchen sind eiförmig und fiederspaltig.

Generative Merkmale

Die Blütezeit reicht von April bis Juli. Betrachtet man den Blütenstand, erkennt man, dass viele Äste von einem ersten Verzweigungspunkt abgehen (Charakteristikum einer Dolde). Tragblätter würde man als Hüllblätter bezeichnen, die hier jedoch fehlen. Weiter oben gehen wieder Äste von einem Punkt ab, daher der Name Doppeldolde. Diese kleinere Blütengruppe, genannt "Döldchen", besitzt am Rand gefranste Hüllchen (Trageblätter der Döldchen). Die Kronblätter sind gekerbt und weiß, ein Kelch fehlt. Die Frucht weist ein Griffelpolster auf, das etwa halb so breit wie der darüber stehende Griffel lang ist. Wenn man auf die Blüte sieht, kann man das Griffelpolster als creme-weiße Struktur in der Mitte erkennen. Direkt unterhalb des Griffelpolsters setzten die Blütenblätter an. Das bedeutet, dass der Fruchtknoten unterständig ist. Bei der reifen Frucht sieht man zwischen Fruchtknoten und Griffelpolster einen ca. 1,5 mm langen Abschnitt, der als "Schnabel" bezeichnet wird.

Die Spaltfrüchte sind Doppelachänen, die in zwei Teile zerfallen.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 16.[6]

Ökologie

Der Wiesen-Kerbel ist eine Halbrosettenpflanze mit einer Wurzelrübe.

Auf stark gedüngten Fettwiesen prägt der Wiesen-Kerbel oft gemeinsam mit dem Scharfen Hahnenfuß (Ranunculus acris) das Erscheinungsbild im Frühjahr. Besonders gefördert wird die Art durch das Ausbringen von Jauche.

Blütenökologisch handelt es sich um „Nektar führende Scheibenblumen“ vom Heracleum-Typ. In den zusammengesetzten Dolden finden sich neben zwittrigen auch männliche Blüten; die Pflanze ist also andromonözisch. Es finden sich Blütenbesucher aller Art ein, besonders aber Käfer.[7]

Es erfolgt vor allem Zufallsausbreitung durch Huftiere d. h. die Früchte werden mit dem Futter aufgenommen und gelangen mit dem Dung zurück auf die Wiese. Außerdem erfolgt eine Verbreitung als Austrocknungsstreuer; es wird eine Streuweite bis 1 Meter erreicht. Fruchtreife ist von Juli bis September.[7]

Vorkommen

Der Wiesen-Kerbel ist in Mitteleuropa häufig und weit verbreitet. Er kommt von den Tallagen bis an die Waldgrenze in den Alpen vor. Als Stickstoffzeiger wächst er an sonnigen bis halbschattigen Standorten in frischen, nährstoffreichen bis überdüngten Wiesen sowie an Wald- und Gebüschrändern und in Hochstaudenfluren. Er ist in Mitteleuropa eine Art der Ordnung Arrhenatheretalia, kommt aber auch in Gesellschaften der Glechometalia-Ordnung oder des Arction-Verbands vor.[6]

Systematik

Die Erstveröffentlichung erfolgte 1753 unter dem Namen (Basionym) Chaerophyllum sylvestre durch Carl von Linné Die Neukombination zu Anthriscus sylvestris (L.) Hoffm. wurde 1814 durch Franz Georg Hoffmann veröffentlicht.[2]

Je nach Autor gibt es mehrere Unterarten:[2][8]

  • Alpen-Wiesen-Kerbel (Anthriscus sylvestris subsp. alpinus (Vill.) Gremli, Syn.: Chaerophyllum alpinum Vill.): Sie kommt in Deutschland und Frankreich vor.[8]
  • Anthriscus sylvestris subsp. fumarioides (Waldst. & Kit.) Spalik (Syn.: Anthriscus fumarioides (Waldst. & Kit.) Spreng., Scandix fumarioides Waldst. & Kit.): Sie kommt in Österreich, Slowenien und auf der Balkanhalbinsel vor.[2][8]
  • Anthriscus sylvestris subsp. nemorosus (M.Bieb.) Koso-Pol.: Sie ist in Ost-, Mittel- und Südeuropa sowie in Asien verbreitet.[2]
  • Schmalzipfliger Wiesen-Kerbel (Anthriscus sylvestris subsp. stenophyllus (Rouy & E.G.Camus) Briq., Syn.: Anthriscus stenophyllus Rouy & Camus, Anthriscus sylvestris var. torquatus W.D.J.Koch, Anthriscus torquatus Thomas nom. inval., Chaerefolium sylvestre var. stenophyllum (Rouy & Camus) Thell.): Sie kommt in Deutschland und in der Schweiz vor.[8]
  • Anthriscus sylvestris (L.) Hoffm. subsp. sylvestris (Syn.: Anthriscus mollis Boiss. & Reut.): Sie ist in Eurasien und Afrika verbreitet.[2]

Toxikologie

Bei Berührung kann der Wiesen-Kerbel auf der Haut phototoxische Reaktionen hervorrufen. Hauptwirkstoffe für diese Hautreizungen sind: Bergapten, Xanthotoxin und Apterin.

Landwirtschaft

Von Landwirten wird die Pflanze nicht geschätzt. Nur in jungem und nicht blühendem Zustand gibt der Wiesenkerbel ein wenig nahrhaftes Futter. Im Heu ist er auf Grund seiner harten Stängel wertlos. Aufgrund seines starken Wachstums ist er außerdem in der Lage, für Landwirte wertvollere Wiesenpflanzen zu verdrängen.

Verwendung als Nahrungsmittel

Der Wiesen-Kerbel hat einen etwas herberen Geschmack als der Echte Kerbel, mit einem leichten Aroma von Möhren. Er wird zum Würzen von Salaten, Quark, Wildkräutersuppen verwendet. Junge Blätter wurden früher außerdem zu einem Wildgemüse gekocht.

Es ist allerdings zu beachten, dass eine Verwechslungsgefahr mit dem sehr giftigen Gefleckten Schierling und dem betäubenden Hecken-Kälberkropf besteht.

Literatur

  • Gertrud Scherf: Wiesenblumen: der etwas andere Naturführer. München: BLV 2004, ISBN 3-405-16909-7.
  • Walter Dietl: Wiesen- und Alpenpflanzen: Erkennen an den Blättern, Freuen an den Blüten. Leopoldsdorf bei Wien: Österreichischer Agrarverlag 2003, ISBN 3-7040-1994-1.
  • Margot Spohn, Marianne Golte-Bechtle: Was blüht denn da? Enzyklopädie, Kosmosverlag, 2005
  • Lutz Roth, Max Daunderer und Kurt Kormann: Giftpflanzen Pflanzengifte. 4. Auflage. Nikol Verlag, Hamburg 2006

Einzelnachweise

  1. Anthriscus sylvestris (L.) Hoffm., Wiesen-Kerbel. FloraWeb.de
  2. a b c d e f Anthriscus sylvestris im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 1. Januar 2016.
  3. Datenblatt bei Flora Oberfranken Online.
  4. Meyers Lexikon
  5. Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, Seite 32 f., online.
  6. a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 702.
  7. a b Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
  8. a b c d Ralf Hand, 2011: Apiaceae.: Datenblatt Anthriscus sylvestris In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity. Berlin 2011.

Weblinks

Commons: Wiesen-Kerbel (Anthriscus sylvestris) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien