Wikiup:Artikelwerkstatt/Meister und Margarita/Verbot von Kurzstreckenflügen

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Die Abschaffung der Kurzstreckenflüge im Linienflugverkehr ist eine Kernforderung von Klimaschutzaktivisten, die im Europawahlkampf des Jahres 2019 von beiden Spitzenkandidaten der großen Parteifamilien, Timmermans und Weber, übernommen wurde.

Das Verbot von Kurzstreckenflügen ist eine zentrale Forderung von Klimaschutz-Aktivisten zur kurzfristigen Senkung der Kohlenstoffdioxidbelastung. Inzwischen wird von zahlreichen Politikern die Verlagerung des innerdeutschen Luftverkehrs auf die Bahn gefordert. Hintergrund ist, dass Linienflüge auf ultrakurzen Strecken ökologisch unsinnig und unrentabel sind.

Definition

Laut Lehrbuch gibt es keine genaue Abgrenzung zwischen Kurz-, Mittel- und Langstrecken.

Kurzstreckenflüge sind in der Fluggastrecht-Verordnung der EU definiert als Verbindungen bis maximal 1.500 Kilometer. Dies würde den gesamten innerdeutschen Luftverkehr betreffen, aber auch alle nationalen Verbindungen innerhalb Frankreichs, Italiens oder Spaniens.

Andere Definitionen beziehen auch die Dauer des Fluges mit ein, wie das folgende Beispiel aus dem Handbuch der Luftfahrt[1] zeigt:

  • Kurzstrecke: bis 1000 km und 2 h[1]


In einem Luftfahrtbuch habe ich jedoch folegende Definitionen gefunden: - Typische Kurzstrecke: 900Km/500NM; 60-90Min.

Für die meisten Airlines in Europa gelten Flüge mit bis zu 1,5 Stunden Flugzeit als Kurzstrecke. Hier ist jedoch aus der eingesetzte Flugzeugtyp in Betracht zu ziehen, denn mit einem Jet lassen sich in 90 Minuten längere Strecken fliegen, als mit einem Prop. Hier dürfte es so sein: 90 min Flugzeit mit Turboprop oder 60 min Flugzeit mit Jet = Kurzstrecke.

Problemstellung, Zumutbarkeit

Nicht die Umweltdebatte

  • die Kosten im Kurzstreckenverkehr
  • Konkurrenz der Bahn


Je ein Drittel des weltweiten CO2-Ausstoßes von 747 Millionen Tonnen durch Linienflüge entfielen laut ICCT-Analyse auf Kurz-, Mittel- und Langstrecken.[2]

Kurzstreckenflüge verbrauchen je Flugkilometer deutlich mehr Kerosin als Langstrecken, bedingt dadurch, dass der maximale Spritverbrauch in der Startphase zu verzeichnen ist. Sie stellen dadurch eine extreme Belastung der Erdatmosphäre dar. Rund ein Viertel aller in Europa startenden Flüge sind Kurzstrecken-Destinationen. Die Forderung, diesen Luftverkehr auf die Bahn zu verlagern, bestehen seit Einführung der schnellen Zugverbindungen in ganz Europa und werden insbesondere von Naturschützern und Klimawandel-Experten erhoben.

Es gibt unterschiedliche Berechnungen, ab wann den Reisenden die Streichung von Flugverbindungen zumutbar sein soll. Im Wesentlich schwanken sie zwischen einer Bahnfahrt von drei Stunden Dauer bis zu vier Stunden. Beispielsweise hat sich die Fluglinie Austrian, ein Tochterunternehmen der Lufthansa, dafür ausgesprochen, alle mit Bahn in drei Stunden erreichbaren Distanzen auf die Schiene zu verlagern, was – von Wien aus gesehen – die Destinationen Graz, Salzburg und Budapest beträfe, ab Fertigstellung von Semmering- und Koralmtunnel auch Klagenfurt.

Absichtserklärungen

Die Bundesregierung Deutschlands erklärte auf dem Luftfahrtgipfel im Oktober 2018 in Berlin: „Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, Kurzstrecken- und Zubringerflüge auf die Schiene zu verlagern."[3] In ihrem Klima-Eckpunktepapier vom September 2019 wiederholte die Bundesregierung ihre Absicht "Bahnfahren billiger, Fliegen teurer machen". Dazu soll ab 2020 die Luftverkehrabgabe erhöht und die Mehrsteuer auch Fernreisen mit der Bahn von 19 auf 7% gesenkt werden. Künftig dürfen außerdem Flugtickets nicht mehr unter den Selbstkosten verkauft werden. Steuern, Zuschläge, Entgelte und Gebühren müssen von den Fluggesellschaften zu 100% an die Passagiere weitergegeben werden.[4]

Frans Timmermans, sozialdemokratischer Spitzenkandidat zur Europawahl 2019, sprach sich für das Verbot von Kurzstreckenflügen – wie der Destination München–Nürnberg mit einer Flugzeit von gerade 22 Minuten – aus, forderte zugleich „aber dann muss es eine gute Bahn geben". Der christdemokratische Spitzenkandidat Manfred Weber äußerte sich zum Verbot skeptisch, wollte aber die Bahn so attraktiv machen, dass es künftig keine Kurzstreckenflüge mehr geben werde.[3] Da die neue EU-Kommission von der Leyen erst im November 2019 inthronisiert werden wird, sind vorerst keine Entschlüsse diesbezüglich zu erwarten.

Bisherige Einstellungen von Ultrakurzstreckenflügen

Trotz niedrigerer Betriebskosten (als vergleichbare Kurzstreckenflüge) und hoher Fahrgastzahlen wurde der Lufthansa-Airport-Express am 23. Mai 1993 eingestellt.

Carsten Spohr, Vorstandschef der Lufthansa, zeigt sich offen für die Einstellung extrem kurzer Flugstrecken und verweist darauf, dass die Lufthansa in den vergangenen Jahren aus Gründen der Rentabilität und des Komforts der Reisenden bereits einige Kurzstrecken eingestellt bzw. auf die Bahn verlagert habe[5]:

  • Wann die Lufthansa Destination Köln–Stuttgart eingestellt wurde, 2h 12
  • 2002 wurde der Linienverkehr von Lufthansa und Augsburg Airways zwischen Hamburg und Berlin eingestellt, eine traditionelle Verbindung, die seit 1919 bedient wurde.[6]
  • 2007 stellt die Lufthansa auch die Strecke vom Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt am Main nach Flughafen Köln/Bonn ein, weil die Auslastung immer geringer wurde.[7] Ersetzt wurden die Zubringerflüge durch das AIRail-Angebot.
  • Berlin-Nürnberg im Juni 2019 ICE weniger als 3 h

Canzler hält auch die Strecken Berlin-München und Frankfurt-Brüssel für Einstellungskandidaten, da in diesen Fällen die Bahntrassen gut ausgebaut wurden. De-facto-Flugverbote für die Kurzstrecken gab es in Frankreich, wo auf Strecken mit einer Schnelltrasse für den TGV keine Flugverbindungen mehr angeboten wurden, so der Mobilitätsforscher Weert Canzler vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung.[3] In Frankreich befasste sich auch das Parlament 2021 mit einem Verbot von Kurzstreckenflügen bei alternativer ÖV-Verbindungen von weniger als zweieinhalb Stunden Dauer.[8] Die Nationalversammlung stimmte im Mai 2021 zu.[9]

In der Schweiz existierte seit der Einstellung der Fluglinie Lugano-Zürich im Jahr 2019 nur noch die eine Inland-Verbindug von Zürich nach Genf der Swiss.[10]

Im innenösterreichischen Flugverkehr kam es zur Einstellung der Strecke Wien–Linz, partiell per 31. März 2015 und endgültig im Jahr 2018. Die Strecke wurde zuvor – im Auftrag von Austrian – von Welcome Air bedient, wurde jedoch ab Einführung der Ticketsteuer untrentabel und verzeichnete alljährlich Millionen-Verlust. Die österreichische Variante von AIRail bietet acht Direktverbindungen täglich vom Flughafen Wien zum Hauptbahnhof Linz.[11] Eine Tagesrandverbindung zwischen Wien und Linz wurde danach weiterhin sechsmal pro Woche bedient, doch 2018 wurde auch diese eingestellt.[12] Die Stilllegung der Strecken Wien–Graz und Wien–Salzburg wird diskutiert und von Klimaschützern vehement gefordert. Auch der AUA hält Ultra-Kurzstreckenflüge für nicht sinnvoll

Von der deutschen AUA-Mutter Lufthansa hieß es gegenüber deutschen Medien, mit Ultrakurzflügen wie von Nürnberg nach München verdiene man kein Geld - geflogen würden sie mangels schneller Bahnverbindung zum Münchner Flughafen nur für Umsteigereisende, die von München auf Langstreckenziele etwa nach Fernost weiter reisen.[1] 8. August 2019, beruhend auf einer APA-Meldung

Die Austrian Airlines hat sich Anfang 2019 die Empörung von Landespolitikern zugezogen, als sie ihre Basen für Crews in Altenrhein, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz und Salzburg aufließ. Deutschlandflüge aus den Landeshauptstädten wurden innerhalb des Konzerns an Lufthansa und Eurowings übergeben.

Wiederholt hat die AUA öffentlich wissen lassen, dass Flugstrecken, auf denen man mit dem Zug nicht mehr als drei Stunden braucht, ökologisch und ökonomisch nicht sinnvoll seien. Entscheidend sei aber die Frage der Schienen-Infrastruktur und die Flughafen-Anbindung, argumentiert auch die österreichische Lufthansa-Tochter. Im ORF-Fernsehen wurde AUA-Chef Alexis von Hoensbroech Mittwochabend gefragt, wie zeitgemäß es sei, wenn die AUA dreimal am Tag von Wien nach Budapest fliege, oder dreimal am Tag von Wien nach Salzburg und sogar von Wien nach Graz, wo die Fahrt zum Airport schon länger dauere. "Es ist in der Tat so, dass wir die kurzen Flüge auch nicht besonders gerne haben und wenn es eine Möglichkeit gibt, dass es eine Bodeninfrastruktur gibt, die gut genug ist, die zu ersetzen, dann tun wir das gerne." Linz habe man eingestellt. Es gebe auch andere Städte, die gut angebunden seien, etwa Salzburg und Graz.

Nach den Corona-Hilfen war es Austrian Airlines nach 2020 faktisch untersagt, die Strecke Salzburg-Wien zu bedienen.

Die Städte Amsterdam und Brüssel liegen in Luftlinie nur 156 Kilometer auseinander. In einem Aufsehen erregenden Werbespot fragte Pieter Elbers, Vorstandschef von KLM, die Passagiere, ob es nicht auch einmal möglich wäre, mit dem Zug zu fahren. Er empfahl den Umstieg auf die Bahn für kurze Strecken. Ab dem 29. März 2020 streicht KLM einen der fünf täglichen Flüge dieser Destination und ersetzt ihn mit dem Thalys-Hochgeschwindigkeitszug.[13]

Verbot von Flügen unter 1000 Kilometer

Vorreiter des Umstieges vom Flugzeug auf die Schiene ist der Kanton Basel-Stadt. Bei Dienstreisen unter 1.000 Kilometer ist es künftig untersagt, das Flugzeug zu benutzen. Auch hat die Stadt eine CO2-Steuer für Flüge eingeführt.[3]

Hindernisse für weitere Streckenstilllegungen

Haupthindernis für die Verlagerung auf die Bahn seien die Wettbewerbsverzerrungen, so der Mobilitätsforscher Weert Canzler vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung: „Es ist nicht zu verstehen, dass Flüge von der Kerosinsteuer befreit sind und bei Auslandsverbindungen auch die Mehrwertsteuer wegfällt, dies aber beispielsweise für Bahnreisen nicht gilt."[3]


Schienen-Infrastruktur Flughafen-Anbindung Fahrpläne Tagesrandverbindungen

  • Landeskaiser

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  1. a b Heinrich Mensen: Handbuch der Luftfahrt. 2., neu bearbeitete Auflage. Springer, Berlin, Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-34401-5, S. 15, doi:10.1007/978-3-642-34402-2.
  2. Der Spiegel (Hamburg): So stark belasten deutsche Passagierflüge das Klima, verfasst von Julia Merlot, 19. September 2019
  3. a b c d e Neue Westfälische (Bielefeld): Verbot von Kurzstreckenflügen in Europa? Das wären die Folgen, verfasst von Christian Burmeister, 17. Mai 2019
  4. BizTravel: Klimapakt verbietet Billig-Airlines Kampfpreise, 20. September 2019
  5. Dinah Deckstein, Martin U. Müller: "Tickets unter zehn Euro sind nicht verantwortbar", Interview mit Carsten Spohr, Vorstandschef der Lufthansa, Der Spiegel (Hamburg), 21. Juni 2019
  6. Frankfurter Allgemeine Zeitung: [Lufthansa stellt Strecke Hamburg-Berlin ein], 9. April 2002
  7. Focus Online: Keine Lufthansa-Flüge mehr wegen ICE, 27. September 2007
  8. Frankreich will Kurzstreckenflüge verbieten, Tages-Anzeiger, 10. Februar 2021
  9. Frankreich verbietet kurze Inlandsflüge, FAZ, 5. Mai 2021
  10. Wie Zug und Flug langsam Freunde werden, aerotelegraph, 29. April 2021
  11. Austrian: Austrian Airlines fährt künftig zwischen Linz und Wien verstärkt auf Schiene, Februar 2015
  12. Oberösterreichische Nachrichten: AUA streicht Verbindung Wien-Linz, 6. Juni 2018
  13. Aero Telegramm: KLM ersetzt einen Flug mit dem Zug, 15. September 2019