Wikiup:Artikelwerkstatt/Simplicius/Sexueller Missbrauch in Institutionen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Misshandlung und sexualisierte Gewalt in Institutionen ist ein Phänomen, das sich in Einrichtungen wie Schulen, Internaten, Kirchengemeinden, Chören, Sporteinrichtungen, Heimerziehung, Kinderkurheimen, Jugendstrafanstalten, Krankenhäusern, psychiatrischen Einrichtungen, Altenheimen und ähnlichen privaten und öffentlichen Einrichtungen ereignen kann. Insbesondere zählen Kinder und Jugendliche zu den Opfern. Zu den in Frage kommenden Delikten gehören Vergewaltigung, sexueller Missbrauch und Kindesmisshandlung.

Situation und Fallbeispiele in den einzelnen Ländern

Deutschland

Rechtslage

Beim körperlichen Misshandeln greifen §§ 223, 224, 226, 227 StGB, wenn Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung vorliegt. Weitere Paragraphen greifen bei Kindesmisshandlung und Misshandlung von Schutzbefohlenen. Voraussetzung ist, dass die Taten nicht bereits verjährt sind. Eine Anzeigepflicht besteht für diese Delikte für Dritte nicht.

Aufarbeitung

In Deutschland befaßten sich von Februar 2009 bis Dezember 2010 der Runde Tisch Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren aufgrund einer Petition von ehemaligen Heimkindern und ab April 2010 der Runde Tisch Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich[1] aufgrund einer Skandalwelle im Frühjahr 2010 mit der Thematik.

Im Juli 2011 verabredete die Deutsche Bischofskonferenz eine Zusammenarbeit bei der Aufklärung mit dem Kriminologischen Institut Niedersachsen, an der sich 27 Bistümer mit ihren Personalakten beteiligen sollten.[2]

Fallbeispiele

Im Canisius-Kolleg, einem Jesuitengymnasium in Berlin, wurden im Januar 2010 Missbrauchsfälle aus den 1970er und 1980er Jahren öffentlich bekannt.[3]

In der Odenwaldschule in Heppenheim (Bergstraße) gab es über Jahrzehnte hinweg Fälle von sexuellem Missbrauch von Schülerinnen und Schülern bis hin zur Vergewaltigung. Claudia Burgsmüller und Brigitte Tilmann wurden mit der Untersuchung beauftragt und veröffentlichten ihren Bericht 2010. Laut Bericht wurden zwischen 1965 und 1998 mindestens 132 Kinder und Jugendliche Opfer von Übergriffen durch Lehrer.[4][5]

Im Aloisiuskolleg, einem Jesuiteninternat in Bonn-Bad Godesberg, waren Schüler waren dort „jahrzehntelang von Patern vergewaltigt und gedemütigt“ worden. Der Pater W. vergewaltigte Schüler auf seinem Sofa. Die Sozialwissenschaftlerin Julia Zinsmeister untersuchte im Auftrag der Jesuiten die Vorgänge, fand mehr als 80 Zeugen und veröffentlichte ihren Bericht Anfang 2011.[6]

Im Kloster Ettal nahe Garmisch-Partenkirchen gab es Fälle von physischer, psychischer und sexualisierter Gewalt. Noch Ende 2009 wurden Schüler körperlich gezüchtigt.[7] Betroffene gründeten den Verein „Ettaler Missbrauchs- und Misshandlungsopfer“.[8] Als Sonderermittler erstellte der Rechtsanwalt Thomas Pfister einen Bericht, den er am 12. April 2010 vorlegte.

Ahrensburg[9][10]

Domspatzen

Limburger Domsingknaben, Limburg an der Lahn, ein früherer Leiter des Knabenchors, (†), steht in Verdacht. Das Bistum geht insgesamt zehn Verdachtsfällen nach, die sich von den 50er bis 70er Jahren ereignet haben sollen.[11]

Schule Schloss Salem, 72 Missbrauchsfälle vor längerer Zeit ereignet.[12]

Stephansstift Hannover[13][14]

Früheres Katholisches Knabenkonvikt in Bensheim, Hessen, geschlossen 1981[15]

Antoniusheim, Wiesbaden. Kloos: „Viele ehemalige Heimkinder kommen nie mit ihrer Vergangenheit klar, sind psychisch krank, haben keinen Beruf“[16]

http://www.westfalen-blatt.de/OWL/Lokales/Kreis-Herford/Loehne/1868443-Vereinsvorsitzender-gesteht-vor-Gericht-Sozialpaedagoge-missbraucht-Heimkinder

Belgien

In einem Bericht, den eine Regierungskommission am 8. Oktober 2012 in Den Haag unter dem Vorsitz der Juristin Rieke Samson vorlegte, wurde festgestellt, dass es in staatlichen Heimen sexuellen Mißbrauch gegeben hat. Zu den Tätern zählten Mitzöglinge, Sozialarbeiter und Pflegeeltern. Samson resümierte: „Ministerien, Heime und Jugendämter haben beim Schutz der Kinder versagt.“ Es waren 800 Fälle von sexueller Gewalt bei der Kommission gemeldet worden. 42 Fälle wurden von der Kommission der Staatsanwaltschaft übergeben.[17]

Großbritannien

Preston College

Am Preston Catholic College in Preston, Lancashire, geschlossen 1978, missbrauchte der Lehrer und Priester Michael Spencer († 2000) Schüler. Das Opfer Patrick Raggett, ein Rechtsanwalt mit Spätfolgen, reichte eine Schadensersatz- und Schmerzensgeldklage mit einer Forderung von 5 Millionen £ ein, die im März 2009 vom High Court für zulässig befunden wurde.[18][19]

Irland

Sexueller Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche

Vereinigte Staaten

Im St. Francis Hospital & Medical Center, Hartford, Connecticut, missbrauchte der Arzt George Reardon († 1998) eine Vielzahl von Kindern. 2007 stiess man bei Renovierungsarbieten auf ein Versteck hinter einer Holzverschalung mit 50 000 Diapostiven und mehr als 100 Videos. Etwa 250 Opfer sind namentlich identifiziert, weitere sind namentlich unbekannt.[20]

  • Jens Witte: Missbrauch bei US-Pfadfindern: Die „Akten der Perversion“. In: Spiegel Online. 19. Oktober 2012, abgerufen am 11. September 2019.
    Anriss: „Jahrzehntelang haben die US-Pfadfinder Tausende Missbrauchsfälle vertuscht. Mehr als 1200 Betreuer der Boy Scouts waren allein zwischen 1965 und 1985 in den Skandal verwickelt. Das geht aus bislang geheimen Dokumenten hervor, die nun veröffentlicht werden mussten.“
  • Marc Pitzke: Vergewaltigungen in US-Haft: „Alle wissen Bescheid“. In: Spiegel Online. 18. Juni 2015, abgerufen am 11. September 2019.
    Anriss: „Als Teenager landete T.J. Parsell im Gefängnis. Dort wurde er vergewaltigt – ein Schicksal, das jährlich mehr als 200.000 US-Häftlinge trifft. Jetzt hofft er, anderen diesen Horror ersparen zu können.“

Kanada

Israel

Einzelnachweise

  1. Runder Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch“
  2. DAS (online)
  3. Susanne Vieth-Entus: Schüler an Jesuiten-Gymnasium jahrelang missbraucht. In: Tagesspiegel, 28. Januar 2010 (online)
  4. Andreas Späth, Menno Aden (Hrsg.): Die missbrauchte Republik - Aufklärung über die Aufklärer, Inspiration Unlimited, Hamburg 2010, ISBN 978-3981211023, S. 115
  5. Claudia Burgsmüller, Brigitte Tilmann: Abschlussbericht über die bisherigen Mitteilungen über sexuelle Ausbeutung von Schülern und Schülerinnen an der Odenwaldschule im Zeitraum 1960 bis 2010. Wiesbaden/Darmstadt, 2010 (online)
  6. Andreas Halbach, Ulrich Stoll: Sexuelle Gewalt am Aloisiuskolleg – Opfer fordern Wiedergutmachung. Filmbeitrag von ZDF Frontal, 9. Oktober 2012 (online)
  7. Missbrauch im Kloster Ettal Pater stellte Fotos halbnackter Schüler ins Web. In: Spiegel online, 5. März 2010 (online)
  8. Betroffeneninitiative Ettaler Missbrauchs- und Misshandlungsopfer
  9. Betroffeneninitiative Missbrauch in Ahrensburg
  10. Missbrauchs-Anzeige löst Irritationen aus. In: Die Welt, 7. September 2012 (online)
  11. Tagesspiegel (online)
  12. Süddeutsche Zeitung (online)
  13. http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Missbrauch-auch-im-Stephansstift-in-Hannover
  14. http://www.stephansstift-opfer.blogspot.de/
  15. Die Zeit (online)
  16. Frankfurter Rundschau (online)
  17. Sexueller Missbrauch von Heimkindern schockt Niederlande. In: Der Standard, 8. Oktober 2012 (online)
  18. BBC (online)
  19. Daily Mail (online)
  20. NetzwerkB erklärt sich mit den Opfern in Connecticut solidarisch Pressemitteilung von netzwerkB, 16. April 2010 (online)
  21. Meldung (dpa): Israel erschüttert. Missbrauchsvorwürfe gegen Rabbi. In: n-tv. 15. Februar 2010, abgerufen am 11. September 2019.

Kategorie:Sexueller Missbrauch