Wikiup:Schiedsgericht/Geschichte

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Das Schiedsgericht wurde zuerst in der englischen Wikipedia eingeführt. Heute gibt es Schiedsgerichte in der deutschsprachigen, englischen, finnischen, französischen, koreanischen, niederländischen, polnischen, russischen, thailändischen, tschechischen und ukrainischen Wikipedia sowie in der englischen Wikinews (Stand: Juli 2012).

Vor der Einführung des Schiedsgerichts

Die Einsetzung des ersten Schiedsgerichts in der englischen Wikipedia

Ein Schiedsgericht (englisch: Arbitration Committee, kurz: ArbCom) gibt es in der englischen Wikipedia seit Anfang 2004. Bis dahin oblag es Jimmy Wales, projektinterne Konflikte zu entscheiden. Die Administratoren konnten nur Vandalen sperren. Der formale Entzug von Schreibrechten erfolgte damals nicht durch die Community in einem Benutzersperrverfahren oder durch Administratoren, sondern durch Jimmy Wales persönlich.

Im Dezember 2003 übertrug er diese Befugnisse durch eine Ankündigung in der Mailingliste WikiEN-l mit Wirkung vom 1. Januar 2004 auf zwei Ausschüsse, in die Wales Mitglieder der Community berief, teilweise ohne sie vorher gefragt zu haben. Wie es in der außergerichtlichen Streitschlichtung im angelsächsischen Raum seit langem üblich ist, unterschied er dabei zwischen Mediatoren und Schiedsrichtern.

  • Die neun Mediatoren, die Benutzer Angela, LDan, Geoff, DanteAlighieri, VancouverGuy, sannse, Ed Poor, Jussi-Ville Heiskanen, Stevertigo, bildeten das erste Mediation Committee (abgekürzt: MedCom, seit dem Mai 2011 ergänzt durch die Seite Wikipedia:Dispute resolution noticeboard) und sollten bei inhaltlichen Streitigkeiten zwischen den Benutzern vermittelnd tätig werden, ohne aber selbst die Befugnis zu besitzen, Sanktionen gegen sie aussprechen zu können.
  • Das unterschied sie von den zwölf Schiedsrichtern; diese konnten andere Benutzer durch Mehrheitsbeschluss sperren oder andere geeignete Maßnahmen ergreifen. Ihre Beschlüsse waren bindend und mussten durch die Community umgesetzt werden. Dem ersten Arbitration Committee gehörten die Benutzer Gutza, MyRedDice, NoHat, Epopt, Fred Bauder, Delirium, Maveric149, Camembert, Jdforrester, Kat/UninvitedCompany, Cunctator und Erik Moeller an. Die ersten vier wurden für die Dauer von drei Jahren eingesetzt, die zweiten vier für zwei Jahre, und die übrigen sollten schon nach einem Jahr durch neu gewählte Mitglieder ersetzt werden.

Allerdings behielt sich Wales dabei vorsorglich das Recht vor, jeden, der von dem Schiedsgericht gesperrt werden würde, zu „begnadigen“, falls das Experiment schiefgehen sollte, sowie „das Parlament aufzulösen“, um notfalls zu dem bewährten Modell des „gütigen Diktators“ zurückkehren zu können. Das wolle er aber nicht, denn es sei für ihn auch sehr anstrengend geworden herauszufinden, wer gerade gesperrt werden müsse.

Die Wahlen zum Schiedsgericht in der englischen Wikipedia

Seitdem gab es jährliche Wahlen zum Schiedsgericht, in denen Ersatzmitglieder bestimmt wurden – wobei Jimmy Wales nur solche Kandidaten auch zu Mitgliedern des Schiedsgerichts ernannte, die mehr als 50 Prozent Unterstützung bekommen hatten. Um Lücken zu füllen, die durch Rücktritte entstanden waren, ernannte Wales andere erfahrene Benutzer zu Schiedsrichtern. Seit 2008 bestand das Schiedsgericht aus 18 Mitgliedern. Seit 2009 wurde die Wahlzeit von drei auf zwei Jahre verkürzt. Seitdem gibt es nach jeder Wahl einen Wechsel für jeweils das halbe Schiedsgericht (vorher: für je ein Drittel seiner Mitglieder).

Vorrang für das Schiedsgericht in der englischen Wikipedia

Am 19. April 2007 „gelobte“ Jimmy Wales auf der Mailingliste WikiEN-l, dass er nichts dagegen unternehmen werde, falls das Arbitration Committee gegen eine Maßnahme von ihm stimme. Das Arbcom habe fortan das letzte Wort.

Aktuelle Entwicklungen

Die Geschichte des Schiedsgerichts in der englischen Wikipedia wird dort auf einer eigenen Seite beschrieben. Außerdem bringt die Zeitscrift The Signpost monatlich eine Sektion „Arbitration report“, in der über die Tätigkeit des Schiedsgerichts in der englischen Wikipedia berichtet wird.

Anfänge: Das Schiedsgericht in der deutschsprachigen Wikipedia wird eingerichtet

Das Schiedsgericht wird in der deutschsprachigen Wikipedia stärker beachtet als der bereits im Dezember 2003ebenfalls in Analogie zur englischen Wikipedia – gegründete Vermittlungsausschuss, dem die Mediation bei Konflikten anvertraut ist. Im Gegensatz zum Schiedsgericht, wird der Vermittlungsausschuss denn auch in dem Buch zum zehnten Geburtstag der freien Enzyklopädie Alles über Wikipedia und die Menschen hinter der größten Enzyklopädie der Welt nicht erwähnt; mit dem Schiedsgericht beschäftigen sich dagegen drei Autoren (Benutzer:Marcus Cyron auf Seite 39, Benutzer:Stefan64 auf Seite 158 ff. und Benutzer:Schlesinger auf Seite 196ff.).

Das Schiedsgericht (SG) wurde von der Community im Jahr 2007 in einem Meinungsbild errichtet bzw. in die deutschsprachige Wikipedia „importiert“ – übrigens im gleichen Jahr, in dem auch das Mentorenprogramm aufgenommen wurde (Benutzer:Marcus Cyron, in: Alles über Wikipedia und die Menschen hinter der größten Enzyklopädie der Welt, Seite 39). Es hat also den Anschein, als sei die Community in dieser Zeit sich ihrer selbst stärker als zuvor bewusst geworden und habe sich seitdem intensiver um die insoweit in den Blick tretenden Aspekte ihrer Vergesellschaftung – der Lösung von internen Konflikten und der Aufnahme neuer Mitglieder – gewidmet.

Soweit es dem SG in den Meinungsbildern freigestellt worden ist, seine Arbeitsweise selbst zu regeln, trifft es ergänzende Regeln, die in seiner FAQ dokumentiert werden.

Das erste Meinungsbild

Den ersten Anlauf zur Errichtung eines SG in der deutschsprachigen Wikipedia gab es bereits im Februar 2005. Benutzerin:Elian regte damals ein Meinungsbild an, das sie im wesentlichen damit begründete, dass der Vermittlungsausschuss überlastet sei und mit dem Abarbeiten der dort vorgebrachten Fälle nicht nachkomme. Außerdem monierte sie die geringe Flexibilität der damaligen Sanktionsmöglichkeiten, die sich auf den Entzug der Adminrechte und die Sperrung von Benutzern beschränkten: „Das verbaut den Weg zu sanfteren Entscheidungen, zum Beispiel, dass zwei Benutzer sich aus einem Themenkomplex, über den sie ständig in Streit geraten, vorübergehend raushalten o.ä. … Die Idee dahinter ist, dass eine kleine Gruppe von Leuten, der durch eine Wahl das Vertrauen der Wikipedianer ausgesprochen wurde, mehr Freiheiten hat, eine konstruktive, faire Entscheidung zu finden als das jetzige Sperrung oder nicht Sperrung.“ Das Meinungsbild hatte keinen Erfolg: 43 Benutzer stimmten dafür, 47 dagegen.

Die darauf folgende Themendiskussion

Seit Ende August 2006 wurde dann unter der Ägide der Benutzer H-stt, sebmol und Taxman ein neuer Vorstoß unternommen, der sich stärker als das ursprüngliche Meinungsbild an den bisherigen Erfahrungen mit dem Arbitration Committee und an dessen Ausgestaltung in der englischen Wikipedia orientieren sollte. Eine Themendiskussion schloss sich in den nächsten Monaten an. Dabei wurden auch Vergleiche zu den entsprechenden Regelungen in der französischen Wikipedia angestellt, in der das Comité d'arbitrage bereits im Oktober/November 2004 eingerichtet worden war. Wesentliche inhaltliche Anstöße gingen dabei auch von Benutzer:syrcro aus.

Zu Beginn der Diskussion wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass die Selbstverwaltung des Projekts durch Meinungsbilder an seine Grenzen gestoßen sei: „Egal ob Meinungsbild oder Benutzersperre, jedes Mal müssen sich 150–200 Mitarbeiter in die Fragestellung einlesen, bevor sie kompetent entscheiden können. Adminbeschwerden, Sperr- und Entsperrverfahren werden mitunter als aussichtslos empfunden. Vermittlungs- und andere Verfahren bleiben oft folgenlos, da keine allgemein anerkannten Entscheidungen mit Sanktionsmöglichkeiten getroffen werden können.“ Neun große Sprachversionen von Wikipedia hätten bereits gute Erfahrungen mit einem Schiedsgericht gemacht – daraus ist ersichtlich, dass sich die deutschsprachige Wikipedia länger als andere Projekte der Einsetzung eines Schlichtungsgremiums widersetzt hatte. In der Diskussion stellte Benutzer:H-stt dann am 13. Dezember 2006 lapidar fest: „Die Zeit für Basisdemokratie ist vorbei, Das Projekt ist zu groß geworden. Es ist unzumutbar, dass sich 100/150/200 Personen mit hohem Zeitaufwand in jeden Fall einarbeiten müssen, damit sie eine qualifizierte Wertung abgeben können.“

Die Gründlichkeit, mit der die Themendiskussion dann geführt wurde, und der Aufwand beim Vergleich mit entsprechenden Einrichtungen in anderen Wikipedia-Sprachverstionen ist im nachhinein betrachtet beeindruckend. So wurde unter anderem ein kompletter Fall aus der Arbeit des englischen Arbcom ins Deutsche übersetzt, um ihn für alle Beteiligten besser nachvollziehbar zu machen. Es wurde auch bei einem Mitglied des französischen Schiedsgerichts im Chat nachgefragt, um weitere Auskünfte zur dortigen Praxis einzuholen.

In der Themendiskussion war dann unter anderem angedacht worden, ob einer Anfrage an das SG zwingend ein Verfahren im Rahmen des Vermittlungsausschusses vorausgehen sollte oder ob sich Benutzer erst ab einer bestimmten Zahl von getätigten Bearbeitungen (unterhalb oder in Höhe der allgemeinen Stimmberechtigung) an das SG wenden können sollten.

Man kam überein, inhaltliche Fragen der Artikelarbeit nicht vom SG entscheiden zu lassen, entsprechend dem Grundsatz no content issues des englischen Arbcom. Dagegen sollte das aber durchaus für Verstöße gegen den neutralen Standpunkt, Was Wikipedia nicht ist und das Verbot der Theoriefindung zuständig sein. Zur Lösung von fachlichen Streitfragen wurde erwogen, Gutachten von Fachleuten einzuholen.

Gesehen wurde auch, dass das SG mit seinem Schiedsspruch in Widerspruch zur Meinung der Community geraten könnte. Der Vorschlag, dass es mehrere Schiedsgerichte geben könnte, zwischen denen der Anfragende wählen könnte und die sich bei Meinungsverschiedenheiten im Schiedsverfahren oder zwischen dem SG und der Community auch gegenseitig kontrollieren könnten, wurde aber schnell wieder verworfen. Eine Variante hatte vorgeschlagen, dass sich jeweils nur die Hälfte der Mitglieder des SG mit einem Fall befassen sollten, um die Arbeitsbelastung für die Ehrenamtlichen zu begrenzen.

Die „Amtszeit“ der SG-Mitglieder war ursprünglich auf ein Jahr angesetzt worden. Die Neuwahl nach „Staffeln“ wurde schließlich aber dem Vorbild in der englischen Wikipedia gemäß übernommen, um ein „institutionelles Gedächtnis“ innerhalb des Gremiums zu schaffen, indem immer mehrere Schiedsrichter im SG verbleiben und ihre Arbeitsweise an die jeweiligen Nachrücker weitergeben. Außerdem ist so gewährleistet, dass immer ein Teil des Schiedsgerichts schon eingearbeitet ist und nicht nach den Wahlen ein Zeitpunkt entsteht, an dem sich alle gleichzeitig erst neu einarbeiten müssen. Es bestand Skepsis, ob es gelingen könnte, Wikipedianer für eine längere Amtszeit zu gewinnen.

Als letztes einigte man sich über die Zahl der Wikipedianer, die dem SG angehören sollten, und über das „aktive und passive Wahlrecht“. Einerseits sollten nur solche Benutzer das SG mitwählen dürfen, die schon eine gewisse Zeit am Projekt mitgearbeitet haben, andererseits sollten die Kandidaten durch den Umfang und die Dauer ihrer Mitarbeit gezeigt haben, dass sie über genügend Erfahrung verfügen und hinreichend in das Projekt integriert sind. So kam es zu mehreren Vorschlägen für die Stimmberechtigung, die von der allgemeinen Stimmberechtigung abwich, ausgehend von 400 Bearbeitungen in mindestens zwei Monaten („analog den Wahlen zum board der Wikimedia Foundation“) als Voraussetzung für die Stimmberechtigung und 1000 Bearbeitungen im Artikelnamensraum sowie bei Diskussionen und ein Jahr Mitarbeit („keine reinen Artikelschreiber, keine reinen Diskussionsteilnehmer“). Am Ende wurde dann aber doch für das aktive und das passive Wahlberechtigung dieselbe Grenze festgelegt.

Weil bei der Einrichtung des SG die weitere Entwicklung noch unklar war, sollte es vorläufig auf Zeit eingesetzt werden. Um über die Wiederwahl eines SG-Mitglieds entscheiden zu können, sollte das Verfahren des SG transparent und soweit wie möglich öffentlich sein.

Das Meinungsbild vom April 2007

So kam es zu dem Meinungsbild vom April 2007, das schließlich zur Einrichtung des ersten Schiedsgerichts in der deutschsprachigen Wikipedia geführt hatte.

Die Einführung des Schiedsgerichts wurde darin maßgeblich damit begründet, dass die Komplexität der sozialen Konflikte mit der steigenden Zahl und der Diversität der Benutzer erheblich zugenommen habe. Als Beleg dafür wurde die stetig steigende Zahl von Benutzersperrverfahren und der zunehmende Umfang der Diskussionen angeführt: Die Länge der Diskussionen sei „von durchschnittlich 16 kB pro Verfahren Anfang 2004 auf 62 kB Anfang 2007“ gestiegen. Auch seien die Positionen in manchen Themenbereichen zunehmend „festgefahren“, was zu „Schlammschlachten“ im Vermittlungsausschuss, bei der Benutzersperrung und auf der Seite Wikipedia:Administratoren/Probleme geführt habe. Es gebe aber auch zunehmend Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der Projektregeln; daraus entständen weitere Streitigkeiten.

Das Schiedsgericht sollte zunächst probeweise für sechs Monate eingeführt werden, um Erfahrungen damit zu sammeln und um im Anschluss daran über seine Beibehaltung zu entscheiden. Die Anrufung des Schiedsgerichts sollte freiwillig sein, seine Entscheidungen seien aber bindend. Das SG werde erst tätig, wenn alle vorhergehenden Verfahren zur Verarbeitung von Konflikten in Wikipedia erfolglos verlaufen wären.

Das SG sollte aus zehn Mitgliedern bestehen, von denen sich mindestens fünf an der Bearbeitung eines Falls beteiligen müssten.

Die Mitglieder des SG würden von der Community aus ihrer Mitte gewählt. Die Stimmberechtigung für die Wahl setzte eine mindestens viermonatige Beteiligung mit mindestens 400 Bearbeitungen in allen Namensräumen und eine Stimmberechtigung im Sinne von Wikipedia:Stimmberechtigung voraus. Für die Kandidatur würden umgekehrt dieselben Kriterien zugrundegelegt. Bei der Abstimmung könnten Pro- und Kontrastimmen abgegeben werden; maßgeblich für die Auszählung sei die Differenz hiervon. Gewählt sei aber nur, wer mindestens dreimal soviele Pro- wie Kontrastimmen bekommen hat. Die Amtszeit betrage ein Jahr. Bei der ersten Wahl sollten ausnahmswweise nur die fünf Kandidaten mit dem besten Ergebnis solange im Amt bleiben, die übrigen SG-Mitglieder sollten nach sechs Monaten neu gewählt werden, um im Folgenden eine Staffelung beim Mitgliederwechsel zu ermöglichen.

Das SG sollte ausschließlich für die folgenden vier Fälle zuständig sein:

  • kommunikative Auseinandersetzungen zwischen Benutzern (persönliche Angriffe, Wikiquette, Verunglimpfung, etc.),
  • Auseinandersetzungen um Adminfunktionen,
  • Sockenpuppenmissbrauch und
  • wiederholte und vorsätzliche Verstöße gegen Wikipedia-Grundsätze (NPOV, Was Wikipedia nicht ist, Theoriefindung, Urheberrechte beachten). Inhaltliche Fragen der Artikelarbeit werden nicht durch das Schiedsgericht entschieden, es wurde aber ermächtigt, „eine Expertenrunde zur Klärung inhaltlicher Konflikte“ einzusetzen.

Das Verfahren des SG sei öffentlich, das heißt die Anfrage, die Anhörung der Beteiligten und die Diskussion des Falls verliefen für alle einsehbar auf den Wikipedia-Seiten des Schiedsgerichts. Die Mitglieder des SG stimmten zur Entscheidung eines Falls offen ab, so dass ihre Positionen für alle erkennbar seien, und die Entscheidungen „müssen nachvollziehbar begründet werden: Angewandte Grundprinzipien, Richtlinien und andere Entscheidungen müssen explizit benannt werden. Ebenso müssen verwendete Aussagen und Nachweise veröffentlicht werden, sofern sie nicht datenschutzrechtlich geschützt sind oder zur Privatsphäre gehören.“ Das SG entscheidet demnach selbst über die Annahme eines Falls zur Entscheidung sowie darüber, ob vorher ein Verfahren beim Vermittlungsausschuss für erforderlich gehalten wird. Im übrigen bestimme das SG seine Verfahrensregeln selbst.

Das Schiedsgericht sei an folgende Regeln gebunden:

Das Ziel des Verfahrens beim Schiedsgericht sei „die Lösung eines konkreten Konflikts“, wobei „gemeinschaftliche Lösungen“ Vorrang haben sollen. Die Wahl der dazu einzusetzenden Mittel liege im Ermessen des Schiedsgerichts. Die Sanktionen, aus denen das SG insoweit auswählen könne, wurden im einzelnen aufgezählt:

  1. Verwarnung von Benutzern
  2. Vollsperrung von Benutzern (zeitlich begrenzt oder unbeschränkt)
  3. Teilsperre und Verhängung von Auflagen (z. B. Benutzer darf innerhalb eines Sachgebiets keine Artikel bearbeiten, nicht an bestimmten Verfahren teilnehmen, keine Löschanträge stellen oder keine Vandalen melden)
  4. Aufhebung von Benutzersperren
  5. Verwarnung von Administratoren
  6. Entzug des Adminstatus (zeitlich begrenzt oder unbeschränkt)
  7. Einschränkung der Adminrechte (z. B. Admin darf keine Benutzer sperren, keine Seiten löschen)
  8. Bewährung (z. B. erhöhte Sperrdauer bei erneutem Vorfall wie Edit-War oder persönlichen Angriffen)
  9. Einsetzen einer Expertenrunde zur Beilegung inhaltlicher Konflikte
  10. Aufhebung von Richtlinien, die den Grundprinzipien widersprechen
  11. Entfernen von Kommentaren auf Diskussionsseiten zur Konfliktminimierung
  12. Entzug der Stimmberechtigung
  13. Abbruch von Sperrverfahren und Meinungsbildern
  14. Lob von Benutzern wegen richtigen/konfliktmindernden Verhaltens

Die Umsetzung der Entscheidungen des SG liege bei Administratoren, die nicht an dem jeweiligen Konflikt beteiligt waren. Die Adminrechte würden von einem Steward entzogen. Die Mitglieder des SG erhielten Adminrechte, um ihre Aufgaben erfüllen zu können, sie dürften hiervon aber darüber hinaus keinen Gebrauch machen.

In der Diskussion des Meinungsbilds wurden insbesondere die Sanktionsmöglichkeiten 10–13 als zu weitgehend kritisiert; sie wurden vielfach abgelehnt und führten zu einigen Gegenstimmen.

Das Meinungsbild führte mit 170 Prostimmen zur probeweisen Errichtung des Schiedsgerichts für den Zeitraum von sechs Monaten. 43 Benutzer sprachen sich dagegen aus. Es gab drei Enthaltungen und eine Ablehnung des Meinungsbilds.

Die Meinungsbilder vom Oktober/November 2007

Bei einem Folge-Meinungsbild Oktober 2007 wurde die Einrichtung des Schiedsgerichts in der deutschsprachigen Wikipedia bestätigt.

In dem Meinungsbild wurde darüber abgestimmt, ob das SG beibehalten werden solle und, falls es hierfür eine Mehrheit geben würde, ob dies mit einer weiteren Probezeit verbunden werden solle oder nicht.

Die zuvor umstrittenen Befugnisse Nr. 10–13 wurden für diese erneute Abstimmung von vornherein gestrichen. Auch die Möglichkeit, ein Expertengremium zur Lösung inhaltlicher Streitigkeiten entfiel ersatzlos, und zwar weil es dazu geführt hatte, dass das SG ausdrücklich zur Lösung solcher Probleme angerufen worden war, obgleich es ausdrücklich auf die Inhalte von Artikeln keinen Einfluss nehmen sollte. Auch wurde die Freiwilligkeit des Verfahrens aufgegeben. Das SG sollte seitdem auch nicht mehr über die Vereinbarkeit von Richtlinien der Community mit den Grundprinzipien und den Beschlüssen der Wikimedia Foundation entscheiden.

Bemängelt wurde, dass es in den schiedsgerichtlichen Verfahren während der vorangegangenen Probephase kaum möglich war, mit den streitenden Benutzern eine einvernehmliche Lösung zu finden, weswegen es stets auf einen Schiedsspruch hinauslief. Es hatte sich herausgestellt, dass die Diskussion der Anfragen auf den Schiedsgerichtsseiten verlief „wie auf jeder Seite, wo es um Zank geht“. Benutzerin:Henriette Fiebig fasste den Zwiespalt zwischen den Vorstellungen der Community und der erlebten Wirklichkeit im Schiedsgericht so zusammen: „Was wollt ihr: Ein Therapie-Forum, wo jeder auch mal sagen kann, was ihn bedrückt? Oder wollt ihr eine Instanz, die Entscheidungen fällt?“

Diskutiert wurde auch, ob das SG nur ein einheitliches „Urteil“ veröffentlichen sollte oder ob für einzelne Mitglieder des SG zukünftig auch möglich sein sollte, ihre eigenen Anmerkungen zu einer Anfrage zu veröffentlichen. Das hätte den Vorteil, dass die Bandbreite der Meinungen innerhalb des SG stärker nach außen hervortreten könnte. Gleichzeitig würde das einzelne SG-Mitglied dadurch nach außen hin leichter angreifbar. Es zeichnete sich dennoch ein Trend hin zu individuellen Begründungen und Minderheitenvoten ab.

Das Meinungsbild endete mit 129 Stimmen für die uneingeschränkte Beibehaltung des Schiedsgerichts und mit 78 Stimmen für eine Beibehaltung in einer weiteren Probezeit. 44 Teilnehmer waren gegen eine Fortführung des SG.

In einem weiteren Meinungsbild wurde parallel über die Modalitäten für die Wahlen zum Schiedsgericht entschieden. Darin ging es um zwei Vorschläge, nämlich zum einen um eine Abschaffung der Kontrastimmen bei der Wahl, zum anderen um die Begrenzung der Stimmen, die ein Benutzer bei der Wahl vergeben kann: Jeder Wähler solle nur noch eine Stimme abgeben können.

Der erste Vorschlag setzte sich durch, der zweite nicht. Für die Abschaffung der Kontrastimmen bei der Wahl waren 62 Benutzer, dagegen 59 Benutzer, es gab eine Enthaltung. Für die Beschränkung der abzugebenden Stimmen waren 43 Benutzer, dagegen waren 59, es gab 6 Enthaltungen.

Die weitere Entwicklung des Schiedsgerichts

Meinungsbild zur Übertragung des Benutzersperrverfahrens (2008)

Im September/Oktober 2008 war in einem Meinungsbild vorgeschlagen worden, das Benutzersperrverfahren, bei dem über die unbefristete Sperrung eines Benutzers auf Antrag hin von der Community abgestimmt wird, abzuschaffen und die diesbezügliche Kompetenz vollständig auf das Schiedsgericht zu übertragen. Die Kompetenzen der Admins bei Vandalismus, Editwars und persönlichen Angriffen sollten unverändert bleiben, ebenso sollte die Sperrprüfung beibehalten werden.

Der Vorschlag wurde damit begründet, das Benutzersperrverfahren werde „de facto nicht mehr durchgeführt“. Nach 50 und 12 Verfahren in den beiden vorhergehenden Jahren sei es im Jahr 2008 bis dahin nur zu drei Sperrverfahren gekommen. Es sei „unerfreulich“, dass unbefristete Benutzersperrungen nur noch durch Admins vorgenommen würden. Es sei ausreichend, dass sich nur noch die Schiedsgerichts-Mitglieder in die Einzelheiten eines Falls einlesen müßten; dadurch würde die Community entlastet. Auch sei eine Manipulation des Verfahrens durch Sockenpuppen-Accounts ausgeschlossen, die bei einer Abstimmung eingesetzt werden könnten. Insgesamt erhoffte man sich dadurch auch sachgerechtere Entscheidungen, weil „Generalabrechnungen“ vermieden würden.

Gegen den Vorstoß wurde von Benutzer:Fossa vor allem die Gefahr einer Oligarchisierung der Entscheidungsfindung angeführt: Die Entscheidung über Benutzersperrungen verschiebe sich von einem deliberativen Verfahren der Community auf ein kleines Gemium und verliere dadurch an Transparenz sowie an Legitimation. An wichtigen Entscheidungen sollten alle Benutzer teilhaben können. Wenn Sperrverfahren abnähmen zugunsten von Sperrungen durch Administratoren, sei eher zu erwägen, das Benutzersperrverfahren zu stärken, wandte Benutzer:Hardenacke ein. Dafür sprach sich auch Benutzer:Schlesinger aus. Außerdem wies er darauf hin, dass sich schon damals der Eindruck verfestigt hatte, die wirklich wichtigen Entscheidungen würden nur noch von einem „inneren Zirkel“ von Benutzern getroffen; eine weitere Beschränkung der Kompetenzen der Community könne sich mit Blick auf den Machtverlust der Gemeinschaft deshalb nachteilig auswirken.

Das Meinungsbild wurde mit 66 zu 124 Stimmen abgelehnt. Es gab 20 Enthaltungen, und fünf Benutzer lehnten das Meinungsbild ab.

Meinungsbild zu einem zweiphasigen Wahlverfahren (2008)

Meinungsbild zur Aufgabentrennung (2009)

Im April 2009 war in einem Meinungsbild von Benutzer:Bdk vorgeschlagen worden, die „‚höheren‘, auf Admin-Rechten aufbauenden Funktionen innerhalb der Wikipedia-Community (Bürokraten, Schiedsgerichtsmitglieder, CheckUser- und Oversight/Suppress-Berechtigte) voneinander zu trennen. Demnach können Mitglieder des Schiedsgerichts zwar gleichzeitig (gewählte) Administratoren sein, sie können aber keine der anderen Funktionen in Wikipedia ausüben.

In der Begründung zu dem Meinungsbild wird ausgeführt, die diesbezüglichen Vorstöße gingen – soweit die jeweiligen Kompetenzen und Aufgaben bereits eingeführt worden waren – bis ins Jahr 2005 zurück und seien bis dahin schon in einigen Sprachversionen umgesetzt worden, insbesondere in der englischen Wikipedia. Das „enorme“ Wachstum des Projekts wird als ein Grund angeführt, weshalb die Befürchtungen von Benutzern, dass es aufgrund von Ämterhäufung leicht zu Interessenkonflikten kommen könne, zugenommen hätten. Für diese Benutzergruppen sei es typisch, dass sie Aufgaben erfüllten, die „z. T. sehr intransparent“ seien. Die Trennung der Aufgaben diene dazu, Missbrauch zuvorzukommen sowie eine gegenseitige Kontrolle in einer Art checks and balances beziehungsweise in einer Art „Gewaltenteilung“ innerhalb des Projekts einzuführen.

Um eine hinreichende gegenseitige Kontrolle sicherzustellen, sollten mindestens drei Benutzer je Gruppe eingesetzt werden. Diese Vorgabe war für das Schiedsgericht ohne Bedeutung, weil es von vornherein mit zehn Mitgliedern besetzt ist.

Obwohl über einige Kleinigkeiten Uneinigkeit bestand, verlief die Diskussion einmütig zustimmend.

Das Meinungsbild zur Aufgabentrennung wurde mit 212 zu 14 Stimmen angenommen bei 13 Enthaltungen. Der Vorschlag, die von dem Meinungsbild betroffenen Positionen jeweils mit drei Benutzern zu besetzen, wurde mit 207 zu 7 Stimmen angenommen bei 10 Enthaltungen.

Meinungsbild zur Schiedsgerichtswahl mit Pro und Kontra (2009/2010)

Meinungsbild zu Optionen für die Arbeitsweise des Schiedsgerichts (2010)

Im Oktober 2010 wurde die Community in einem Meinungsbild zu weitergehenden Optionen des Schiedsgerichts um ihre Meinung befragt, ob sie damit einverstanden sei, „den Handlungsrahmen des Schiedsgerichtes um gewisse Optionen zu erweitern.“ Benutzer:Elop erzählt in der Diskussion, dem Meinungsbild habe „eigentlich“ eine Umfrage vorausgehen sollen: „Es lag ab dem 19. September als Entwurf in meinem Benutzernamensraum und ca. 7 Leute aus den verschiedensten Ecken der Wikipedia bat ich per Mail um Mitarbeit … Das Interesse an der Mitwirkung war denkbar gering. Deshalb blieb das Feilen bei mir, wobei ich immerhin für Hinweise, insbesondere von Grip99 und Waugsberg … dankbar bin.“

Dem Meinungsbild war also eine vorbereitende Diskussion seit dem September 2010 vorausgegangen. Im Anfang stand eine erhebliche Unzufriedenheit mit der Sperrpraxis der Administratoren auf WP:VM und WP:SP, die als ungerecht empfunden wurde: „Das was hier in der deutschen WP abgeht, lässt sich trefflich mit Klüngel, Nepotismus oder – ganz unverblümt – Korruption beschreiben.“ An anderer Stelle ist von „Seilschaften“ oder von einem „Zweiklassen-Sperr-Recht“ die Rede. Ein beliebter Autor könne sich sehr viel mehr schädliches Verhalten herausnehmen als ein weniger beliebter oder ein weniger bekannter Autor mit einer dementsprechend kleineren Unterstützergemeinde. Als Abhilfe wurde eine Art Sanktionskatalog erwogen, damit für ähnliche Verstöße die gleichen Sanktionen angeordnet werden könnten; er wurde aber verworfen, weil er in der Community vorläufig nicht durchsetzbar sei. Ein anderer Vorschlag sprach sich für ein Vieraugenprinzip zwischen den Admins bei der Anordnung einer Sperre aus; nur bei „Gefahr im Verzug“ dürfte ein Admin demnach bei Benutzersperrungen allein handeln. Vor allem fehle es an Transparenz bei den Sperrentscheidungen. Die Admins sollten sich durch Eintrag in eine Liste im voraus dahingehend festlegen, ob sie Benutzersperren selbst vornehmen oder später überprüfen wollten, um zu einer klaren Rollenverteilung zu kommen.

Ursprünglich war diese Fassung für das Meinungsbild vorgesehen, in der die in der Diskussion angerissene Problematik etwas grundsätzlicher ausgeführt worden ist. Bezogen auf das Schiedsgericht wird darin festgestellt, das SG bearbeite „innerhalb einer Halbjahresperiode nur wenige Fälle …, diese jedoch sehr zeitaufwändig bis ins kleinste Detail. Wer ein SG-Urteil herbeiführen möchte, muss einiges an Vorbereitung aufwenden, bindet dann aber auch ein Maximum an Kräften. Die wenigsten per SG-Urteil abgeschlossenen Fälle sind wirklich fundamental wichtig für die deutschsprachige Wikipedia … Mit der Wahl zum SR gehört man formal zu den ‚Top-25-de-Wikipedianern‘, jedoch ist der Job aus o.g. Gründen nicht besonders attraktiv und die Möglichkeiten zur wirklich konstruktiven Lösung wirklich bedeutender Konflikte sind nach dem bisherigen Modus deutlich eingeschränkt. Das führt auch dazu, dass viele geeignete Wikipedianer mit hoher Akzeptanz innerhalb der Community von einer Kandidatur Abstand nehmen. Viele Wikipedianer lehnen auch das SG in seiner bisherigen Form inzwischen ab.“ Der Vermittlungsausschuss sei im übrigen auch nicht besser zur Verarbeitung von Konflikten geeignet, weil er völlig freiwillig sei und keine verpflichtenden Maßnahmen erlassen könne. Als Lösung wurde erwogen, das Schiedsgericht solle nicht erst als „letzte Instanz“, sondern schon vorher auf Anfrage tätig werden können, um sich eines noch laufenden Konflikts annehmen zu können.

Das Meinungsbild bezog sich nach alledem dann ausschließlich auf die „Arbeitsweise des Schiedsgerichts“ und schlug vor, das SG „effizienter“ zu machen. So sollte das SG ermächtigt werden, einen Vermittlungsausschuss mit bestimmten Mediatoren für eine Anfrage einzusetzen. Unbefristet gesperrten Benutzern solle das Schiedsgericht einen „Betreuer“ an die Seite stellen, der dessen „Resozialisierung“ begleiten solle. Die Anrufbarkeit des Schiedsgerichts solle vereinfacht werden; vor allem solle während einer Sperrprüfung die formlose Anrufung des Schiedsgerichts in Fällen möglich sein, die nicht eindeutig sind und die einer weiteren Klärung bedürfen. Im übrigen sollten die Entscheidungen des Schiedsgerichts nicht notwendigerweise endgültig sein, es solle auch „vorläufige Urteile“ geben. All diese Änderungen sollten ausdrücklich das bisherige Verfahren ergänzen, indem den Mitgliedern des Schiedsgerichts mehr Möglichkeiten eröffnet worden wären. Im übrigen sollte alles beim alten bleiben.

Das Meinungsbild wurde von 65 Benutzern nicht akzeptiert, 31 nahmen es an, bei 3 Enthaltungen. Daher kam es auf die Abstimmung in der Sache nicht mehr an.

Meinungsbild zur Reform der Wahl zum Schiedsgericht (2010)

Im Dezember 2010 wurde in zwei Meinungsbildern über die Wahlen zum Schiedsgericht abgestimmt. Im ersten Meinungsbild, das im Dezember 2010 von Benutzer:Blatand initiiert worden war, wurde eine grundlegende Reform der Wahlen zum Schiedsgericht angegangen. Dabei ging es ursprünglich um vier Fragen, die Benutzer:Elop in der Diskussion folgendermaßen zusammenfasste:

  • Sollen Contra-Stimmen eingeführt werden?
  • Soll die Anzahl der Stimmen auf die zu besetzenden Posten begrenzt werden?
  • Soll das Stimmhäufeln (Kumulieren) und Stimmverteilen (Panaschieren) erlaubt sein?
  • Soll die Wahl geheim durchgeführt werden?

Die Contra-Stimmen, die bei der ersten Wahl zum Schiedsgericht nach dem Vorbild der Admin-Wahlen abgegeben werden konnten, waren in der Folge abgeschafft worden. Die Wiedereinführung der Contra-Stimme war bei dem Meinungsbild im Dezember 2009/Januar 2010 schon einmal versucht worden, sie war damals aber gescheitert.

Die vierte Frage wurde in der Folge in ein zweites Meinungsbild abgespalten, das gleichzeitig durchgeführt wurde.

Meinungsbild zur Frage der geheimen Wahl des Schiedsgerichts (2010)

Das zweite Meinungsbild zu den SG-Wahlen im Dezember 2010 betraf die Frage, ob die Wahlen zum Schiedsgericht offen oder geheim durchgeführt werden sollten.

Meinungsbild zur Abschaffung des Schiedsgerichts (2011)

Im Januar/Februar 2011 wurde ein Meinungsbild zu der Frage abgehalten, ob das Schiedsgericht in der deutschsprachigen Wikipedia wieder abgeschafft werden solle.

Meinungsbild zu Detailfragen der Amtszeitregelung (2011)

Im Dezember 2011 legten acht Mitglieder des Schiedsgerichts der Community ein Meinungsbild vor, in dem es um „Detailfragen der Amtszeitregelung“ ging. Damit waren Fälle gemeint, in denen die Bearbeitung von Anfragen durch einen Wechsel in der Besetzung des Schiedsgerichts behindert werden kann.

Alle sechs Monate werden fünf von zehn Schiedsrichtern neu gewählt, während sich stets fünf Schiedsrichter an der Bearbeitung eines Falles beteiligen müssen. Deshalb kann es zu Problemen kommen, wenn einer oder mehrere Schiedsrichter, die einen Fall angenommen hatten, kurze Zeit, bevor die Bearbeitung einer Anfrage abgeschlossen werden kann, ausscheiden – das kann insbesondere auch bei langwierigen Fällen geschehen –, oder wenn ein Fall noch angenommen wird, kurz bevor einer oder mehrere Schiedsrichter aus ihrer Funktion ausscheiden, so dass der Fall in der Folge von den Nachrückern weiterbearbeitet werden müsste. Verführe man in diesen Fällen strikt nach den Vorgaben für die Amtszeitregelung nach dem Meinungsbild vom Oktober 2007, so würde das die Bearbeitung von Anfragen erheblich verzögern und erschweren, was bis hin zur Handlungsunfähigkeit des Schiedsgerichts gehen könnte. Die nachrückenden Schiedsrichter müssten sich hier in die Altfälle erst einarbeiten, wodurch Arbeitskraft und Arbeitszeit des Schiedsgerichts gebunden wird.

Anlass für das Meinungsbild waren mehrere in dieser Weise gelagerte Fälle, die vorausgegangen waren. Das SG hatte bei einer Anfrage, nämlich in dem Fall Arcy in der Besprechung vom 31. Mai 2011, bereits die Verlängerung der Amtszeit von Benutzer:Catfisheye beschlossen, um den Fall abschließen zu können, was aber auf Kritik gestoßen war. Deshalb sollte eine Entscheidung der Community herbeigeführt werden.

Das Meinungsbild sah folgende Regelungen vor: Wenn laufende Anfragen nicht bis zum Zeitpunkt des Amtszeitablaufs einzelner Schiedsrichter abgeschlossen werden können, wird wie folgt verfahren:

  1. Wenn die Bearbeitung einer Anfrage kurz vor dem Abschluss steht, kann die Amtszeit der ausscheidenden Schiedsrichter, die diese Anfrage bearbeiten, um bis zu 14 Tage verlängert werden; sie dürfen sich während der Amtszeitverlängerung ausschließlich an der Bearbeitung der betroffenen Anfrage beteiligen.
  2. Bei einer langwierigen Anfrage, die sich bereits mehr als drei Monate in Bearbeitung befindet und die voraussichtlich innerhalb der nächsten vier Wochen abgeschlossen werden kann, kann die Amtszeit der ausscheidenden Schiedsrichter, die diese Anfrage bearbeiten, um bis zu 30 Tage verlängert werden; sie dürfen sich während der Amtszeitverlängerung ausschließlich an der Bearbeitung der betroffenen Anfrage beteiligen.
  3. In allen anderen Fällen, wenn also die Schiedsrichter, die eine Anfrage angenommen haben, sie aufgrund des Endes ihrer Amtszeit nicht abschließen können, können zusätzlich zu den Schiedsrichtern, die die Anfrage angenommen haben und deren Amtszeit nicht endet, neu gewählte Schiedsrichter die Anfrage nachträglich annehmen. Falls sich unter den neu gewählten Schiedsrichtern nicht genug Schiedsrichter finden, die die Anfrage annehmen, kann die Anfrage auch mit weniger als fünf, mindestens jedoch mit drei Schiedsrichtern abgeschlossen werden (anderenfalls wird die Anfrage nicht weiter bearbeitet und nicht entschieden).
  4. Die Mehrheit der Schiedsrichter, deren Amtszeit nicht endet, muss einer Amtszeitverlängerung nach Punkt 1 oder Punkt 2 auf der Anfrageseite zustimmen. Falls dies nicht bis zum Ende der regulären Amtszeit der ausscheidenden Schiedsrichter geschieht, wird die Amtszeit nicht verlängert und es tritt die Regelung nach Punkt 3 in Kraft.
  5. Schiedsrichter, deren Amtszeit endet (unabhängig davon, ob sie wieder kandidieren), sollten neue Anfragen, deren Bearbeitung voraussichtlich während der verbleibenden Amtszeit nicht abgeschlossen werden kann, nicht annehmen (Empfehlung).

In der Diskussion war vor allem die Bestimmung in Ziffer 3 umstritten. Benutzer:DiRit kritisierte, dass dadurch gegebenenfalls auch ein Votum von nur drei Schiedsrichtern zur Entscheidung einer Anfrage nach einem Amtszeitwechsel ausreichen würde, wenn die Nachrücker sie nicht bearbeiten möchten. Dadurch könne ein Beschluss auch mit nur zwei Stimmen zu einer wirksam herbeigeführt werden. Auch wenn man berücksichtige, dass die ehrenamtlichen Mitglieder des Schiedsgerichts aus einer Vielzahl von Gründen bei ihrer Tätigkeit verhindert sein könnten, fehle es einem solchen Beschluss doch an der notwendigen Legitimation, wodurch auch das SG in seiner Rolle innerhalb der Community beschädigt werden könne. Eine Annahmeentscheidung wirke im übrigen auch über einen Amtszeitwechsel hinaus, denn es entscheide immer „das Schiedsgericht“, nicht die einzelnen Schiedsrichter. Benutzer:Siechfred war zudem der Ansicht, es sei neu gewählten Schiedsrichtern durchaus zumutbar, sich in eine alte, nicht abgearbeitete Anfrage einzuarbeiten, so dass es bei einem Wechsel insoweit keine Probleme geben sollte.

Das Meinungsbild zu Detailfragen der Amtszeitregelung wurde mit 88 zu 17 Stimmen angenommen bei 16 Enthaltungen.

Meinungsbild zur Begnadigung (2015)

Im Jahr 2015 wurde das Meinungsbild Wikipedia:Meinungsbilder/Schiedsgericht als „Begnadigungsinstanz“ durchgeführt. Dabei sollte geklärt werden, ob langjährig gesperrte Benutzer durch das Schiedsgericht entsperrt werden dürfen, wenn keine überzogene Sperre und keine Verfahrensfehler vorliegen, aber ein Wille zur Besserung erkennbar ist. Das Meinungsbild wurde mit 38 zu 87 Stimmen (30,4:69,6 %) abgelehnt.

Meinungsbild zur einmaligen Neuwahl (2017)

Im Jahr 2017 wurde das Meinungsbild Neuwahl des Schiedsgerichtes durchgeführt, das eine einmalige Neuwahl des Schiedsgerichts aufgrund einer Handlungsunfähigkeit durch weniger als fünf Mitglieder vorsah. Das Meinungsbild wurde mit 38 zu 153 Stimmen (19,9:80,1 %) abgelehnt.

Meinungsbild zu vorgezogenen Nach- oder Neuwahlen (2017)

Ebenfalls im Jahr 2017 wurde das Meinungsbild Vorgezogene Schiedsgerichtswahlen bei Arbeitsunfähigkeit durchgeführt, das im Falle einer Handlungsunfähigkeit des Schiedsgerichts (d. h. bei weniger als fünf Mitgliedern) vorgezogene Nach- oder Neuwahlen vorsah. Der Abstimmungspunkt zur Nachwahl wurde mit 139 zu 100 Stimmen (58,2:41,8 %) und der Abstimmungspunkt zur Neuwahl wurde mit 56 zu 157 Stimmen (26,3:73,7 %) abgelehnt.

Meinungsbild zur Amtszeitverlängerung (2019)

Im Jahr 2019 wurde das Meinungsbild Amtszeitverlängerung des Schiedsgerichts durchgeführt, bei dem die Amtszeit schrittweise von einem auf zwei Jahre verlängert werden sollte. Das Meinungsbild wurde mit 108 zu 73 Stimmen (59,7:40,3 %) angenommen.

Meinungsbild zur Überprüfung von Oversight-Aktionen (2019)

Ebenfalls im Jahr 2019 wurde das Meinungsbild Schiedsgericht und Oversight-Maßnahmen durchgeführt. Der Abstimmungspunkt zur Einsichtsmöglichkeit von Oversight-Aktionen durch das Schiedsgericht wurde mit 58:78 Stimmen (42,6:57,4 %) abgelehnt. Der Abstimmungspunkt zur Überprüfung von Oversight-Aktionen durch das Schiedsgericht wurde mit 24 zu 88 Stimmen (21,4:78,6 %) abgelehnt. Der Abstimmungspunkt zur Erteilung von passiven Oversight-Rechten an das Schiedsgericht wurde mit 14:110 Stimmen (11,3:88,7 %) abgelehnt.

Dokumentation der Arbeit des Schiedsgerichts

Die öffentlich einsehbare Teil der Arbeit des Schiedsgerichts gliedert sich in zwei Teile. Die öffentlichen Diskussionen sind unter Anfragen festgehalten. Die öffentlichen Protokolle der wöchentlichen Besprechungen des Schiedsgerichts und der Schiedsgerichtstreffen sind unter Protokolle dokumentiert. Der nichtöffentliche Teil der Dokumentation befindet sich sich in einem eigenen Wiki.

Tabelle der Meinungsbilder zum Schiedsgericht

Durchgeführte Meinungsbilder im Überblick

Datum Meinungsbild Abstimmung Ergebnis
Februar 2005 Alter Antrag Schiedsgericht 43 für : 47 gegen die Errichtung
April 2007 Schiedsgericht/Meinungsbild 170 für : 43 gegen die Errichtung : 3 Enthaltungen, bei 1 Ablehnung des Meinungsbilds probeweise Errichtung des SG für die Dauer von sechs Monaten
Oktober 2007 Schiedsgericht Oktober 2007 129 für die Beibehaltung :78 für eine weitere Probezeit : 44 gegen die Beibehaltung des SG : 14 Enthaltungen unbefristete Beibehaltung des SG
Oktober/ November 2007 Verfahren für Schiedsgerichtswahlen 62 für : 59 gegen Abschaffung der Kontrastimmen : 1 Enthaltung sowie 43 für Begrenzung der abzugebenden Stimmen : 59 dagegen : 6 Enthaltungen Abschaffung der Kontrastimmen und Beschränkung der Stimmanzahl bei der Wahl zum SG auf eins
September/ Oktober 2008 Übertragung des Benutzersperrverfahrens auf das SG 66 für : 124 dagegen : 20 Enthaltungen Benutzersperrverfahren bleibt erhalten
Dezember 2008 Zweiphasiges Wahlverfahren abgebrochen keine Neuerungen
April 2009 Aufgabentrennung 212 für : 14 dagegen : 13 Enthaltungen Mitglieder des Schiedsgerichts dürfen nicht gleichzeitig Bürokraten, CheckUser oder Oversight sein
Dezember 2009/Januar 2010 SG-Wahl mit Pro und Kontra Abstimmung weiter nur Pro-Stimmen
Oktober 2010 Weitergehende Optionen des Schiedsgerichts 65 : 31 lehnten das Meinungsbild ab keine Neuerungen
Dezember 2010 Reform der Wahl zum Schiedsgericht Abstimmung Einführung der Kontrastimmen bei der Wahl zum SG
Dezember 2010 Offene oder geheime Wahlen zum Schiedsgericht Abstimmung keine geheime Wahl zum SG
Januar/Februar 2011 Schiedsgericht abschaffen? Abstimmung Beibehaltung des SG
Dezember 2011 Detailfragen zur Amtszeitregelung 88 für : 17 dagegen : 16 Enthaltungen Übergangsregelung beim Amtszeitwechsel der Mitglieder des Schiedsgerichts
Dezember 2015 Schiedsgericht als „Begnadigungsinstanz“ 38 für : 87 dagegen : 11 Enthaltungen Das Schiedsgericht darf nicht mehr über einen Antrag auf Entsperrung bei administrativ langfristig gesperrten Benutzern entscheiden, wenn diese keinen Fehler in ihrer ursprünglichen Sperre behaupten.
Januar 2017 Vorgezogene Schiedsgerichtswahlen bei Arbeitsunfähigkeit Nachwahlen bei Arbeitsunfähigkeit: 139:100:10, Neuwahlen bei Arbeitsunfähigkeit: 56:157:11 keine vorgezogenen Schiedsgerichtswahlen bei Arbeitsunfähigkeit
Januar 2017 Neuwahl des Schiedsgerichtes 38 für : 153 gegen :14 Enthaltungen keine sofortige Neuwahl des Schiedsgerichts
März/April 2019 Amtszeitverlängerung des Schiedsgerichtes 108 für : 73 dagegen : 24 Enthaltungen die reguläre Amtszeit der Schiedsrichter wurde auf 2 Jahre verlängert
Oktober 2019 Schiedsgericht und Oversight-Maßnahmen 58 für : 78 dagegen zur Einsichtsmöglichkeit von Oversight-Aktionen, 24 für : 88 dagegen zur Überprüfung von Oversight-Aktionen, 14 für : 110 dagegen zur Erteilung von passiven Oversight-Rechte keine Einsicht in OS-Aktionen, keine Überprüfung von OS-Aktionen, keine passiven OS-Rechte

Eingeschlafene Meinungsbilder

Aktuelle Entwicklungen

Mitglieder des Schiedsgerichts

Übersicht über die Mitglieder des Schiedsgerichts im Zeitablauf

{{Wikipedia:Schiedsgericht/timeline}}

Liste der ehemaligen Mitglieder des Schiedsgerichts

Siehe auch

Literatur

  • Wikimedia Deutschland e. V. und Autoren der Wikipedia: Alles über Wikipedia und die Menschen hinter der größten Enzyklopädie der Welt. 1. Auflage. Hoffmann und Campe, Hamburg 2011, ISBN 978-3-455-50236-7 (PDF [PDF] mit Beiträgen zum Schiedsgericht von Benutzer:Marcus Cyron auf Seite 39, Benutzer:Stefan64 auf Seite 158 ff. und Benutzer:Schlesinger auf Seite 196 ff.).

Weblinks