Wikiup:Wikimedia Deutschland/Wikimedium/Erfahrungsberichte

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Wikimedium 4/12

Fotoflug

„Tower Bremgarten an Mike-Alfa-Bravo-Tango: leichte Brise aus Südwest, Start nach eigenem Ermessen.“ ertönte aus den Kopfhörern die Startfreigabe, die den Beginn eines ca. 1,5 stündigen Fluges einleitete. Am 20. August 2012 brach ich zu einem Rundflug mit einem Ultraleichtflugzeug im Großraum Lörrach/Basel auf, um bestimmte Bauwerke zu fotografieren.

Für diesen Flug wurde die Türe der rechten Seite ausgebaut, um ungestört meine Objekte ins Visier nehmen zu können. Trotz optimalem Wetter sind gute Luftbilder ein schwieriges Unterfangen. Für möglichst unverwackelte Bilder bedarf es einer kurzen Verschlusszeit, die man mit einer entsprechend hohen Filmempfindlichkeit erreicht.

Auch wenn ein Ultraleichtflieger langsamer als ein Motorflugzeug unterwegs ist, so bewegt man sich mit Geschwindigkeiten zwischen 110 und 160 km/h. Man stelle sich vor, Bilder aus einem so schnell fahrenden Auto zu schießen. Auch wenn einem in der Luft die Geschwindigkeit deutlich langsamer vorkommt ist der gute Winkel, den man als Fotograf auf dem Boden akribisch sucht schnell „verflogen“. Bei besonders wichtigen Objekten habe ich daher den Piloten gebeten, Kreise zu ziehen und das Flugzeug dabei auch möglichst schräg zu stellen, um die Kamera gerade halten zu können.

Ich war positiv überrascht: die Kooperation zwischen dem Piloten und mir klappte auf Anhieb obwohl der Flug für den Piloten in vieler Hinsicht eine Herausforderung war. Besonders der immerwährende Funkkontakt zum nahe gelegenen Flughafen Basel-Mühlhausen-Freiburg erforderte Konzentration und ein präzises Fliegen, da wir uns bei vielen Bildern entweder nahe der Flugverbotszone oder in der Einflugschneise bewegten. Da galt es: unter Zeitdruck gute Bilder machen und dann schnell wieder abdrehen, um die Luftraumbehörden nicht in Alarmstimmung zu versetzen.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: von 74 Luftbildern sind bisher 35 als „Quality image“, 7 als „Valued image“ und eines sogar als „Featured Picture“ bei Commons ausgezeichnet worden. Alle Bilder sind unter http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Fotorundflug_Raum_Lörrach/_Basel_20._August_2012 einsehbar.

Wikimedium 3/12

Waldseemüller-Karte

Aufregung und eine Ahnung

Im Juni 2012 machten Elke Humml und Gerlinde Geiselmann, Angestellte der Universitätsbibliothek München, einen sensationellen Fund. Zufällig entdeckten sie beim Katalogisieren alter Bestände ein alte Weltkarte. Dass es sich dabei um ein Originalexemplar einer antiken Karte handelte fand sie erst durch eine Wikipedia-Recherche heraus. Die von Martin Waldseemüller Anfang des 16. Jahrhunderts erstellte Weltkarte weist erstmalig die Bezeichnung America auf. Die Globus-Karte ist eine von fünf weltweit bekannten Exemplaren. Für die Wikimedium erzählt die 49jährige Humml die Geschichte vom Karten-Fund:


"Zur Geschichte des Waldseemüller-Karten-Fund gehört zu allererst das Gefühl, dass meine Kollegin Gerlinde und ich während der Entdeckung teilten: Aufregung und die Ahnung an einer ganz großen Sache dran zu sein. Als Einzelpersonen mit unserer alltäglichen Bibliotheksarbeit beschäftigt, hätten wir uns vielleicht mit einem geringeren Resultat begnügt, doch unser Ehrgeiz hat uns beflügelt.


Um Informationen zur Beschreibung der schönen alten Weltkarte mit dem Kontinent „America“, zu gewinnen, haben wir uns durch einige Wikipedia-Seiten geklickt: Kartographie, Weltkarte, Globus, Martin Waldseemüller. Bereits das hat Spaß gemacht - all die sorgfältig zusammengestellten und bebilderten Seiten nach etwas zu durchforsten, dass uns behilflich sein könnte. Welch eine Überraschung als wir schließlich eine Abbildung im Eintrag Globus fanden, die fast genau aussieht wie unser Original. Heureka!


Vielen herzlichen Dank an alle, die an diesen Seiten mitgewirkt haben und auch an alle anderen, die täglich zur riesigen Wissenssammlung Wikipedia beitragen. In vordigitaler Zeit waren Bibliotheken mit Brockhaus, Meyers und der gedruckten Encyclopedia Britannica Orte des Wissens. Heute fasziniert mich Wikipedia immer wieder aufs Neue durch Fülle, kompakten, soliden Informationsgehalt und Aktualität. Als ich den Link zu meinem Interview mit SZ online entdeckte, habe ich mich geadelt gefühlt: Wow! Du bist in Wikipedia!


So wie meine Kollegin und ich, hat sicher jeder Einzelne der Wikipedia-Community das Gefühl an etwas Großen mitzuwirken. In meiner persönlichen Sternstunde des Entdeckens ist mir ganz zufällig und unverdient das Glück wie ein Ziegelstein auf den Kopf gefallen. Der Glücksrausch hat zwei volle Tage gedauert. Alle Alltagssorgen waren plötzlich wie ausgelöscht. Ein Supergefühl, das ich mit so vielen Menschen wie möglich teilen möchte! Genauso viel Glück wünsche ich Euch!“


Elke Humml/pw

„Ich mag diese alten, oft ziemlich dreckigen Bücher, aus denen der Hauch der Geschichte weht und die einen jeden Tag aufs Neue überraschen können.“

Wikipedia im Hörsaal

Eine neue regionale Gruppe im Alumniverein der Studienstiftung des deutschen Volkes hatte sich in Mainz gegründet, und es wurde um Ideen für Veranstaltungen gebeten. Es lag für mich nahe, die andere „regionale Gruppe“, zu der ich gehöre, nämlich den Mainzer Wikipedia-Stammtisch ins Gespräch zu bringen, und so schlug ich eine Wikipedia-Veranstaltung vor.

Ein Raum war schnell gefunden, einer der Alumni war Mathematikprofessor, und so stand uns ein Hörsaal mit Beamer und Internetanschluss zur Verfügung. Die Resonanz bei den Mainzer Wikipedianern war überraschend positiv, und die beiden „alten Referentenschlachtrösser“ Martin Bahmann und Kandschwar waren sofort Feuer und Flamme.

Wikimedia versorgte uns mit reichhaltigem Infomaterial, und so konnte es losgehen. Fünfundzwanzig Interessierte fanden sich (darunter auch ein paar Mathematiker vom Institut). Martin und Kandschwar führten live auch ein paar weniger bekannte Aspekte der Wikipedia vor. Das Publikum war sehr interessiert; besonders die gesichteten Versionen fanden guten Anklang.

Ein emeritierter Chemieprofessor schlug aufs Geratewohl ein (mir ganz obskur erscheinendes) Thema aus der Kernchemie vor, und es fand sich tatsächlich ein Artikel dazu, und der Inhalt sowie die zitierte Literatur fand die Anerkennung des Akademikers.

Andere Themen waren Barrierefreiheit (im Publikum fanden sich auch Betroffene), Portale, Kategorien, Redaktionen, Stammtische.

Ein offensichtlicher Fake-Artikel tauchte in den „Letzten Änderungen“ als neuer Artikel auf; nach drei Minuten hatte ein gutgläubiger registierter Benutzer eine Kategorie eingefügt, nach weiteren drei Minuten war ein Schnelllöschantrag drin, und kurz darauf war der Artikel wieder weg. Die „Putztruppe“ hatte gute Arbeit geleistet.

Joachim