Wikiup:Wikimedia Deutschland/Wikimedium/Vereinsarbeit (1 Seite)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Wikimedium 4/12

Abschied aus dem Präsidium

Der Erste Vorsitzende von Wikimedia Deutschland, Sebastian Moleski, verlässt das Präsidium des Vereins. Über fünf Jahre gestaltete er die Entwicklung des Vereins entscheidend mit.

Lange bevor Moleski sich mit seinem großen Engagement im Verein Wikimedia Deutschland einbrachte, entdeckte er Wikipedia für sich. 2004 wurde er aktiver Autor in der englischen Wikipedia, während er in den USA ein Studium der Volkswirtschaftslehre in Texas absolvierte. Seit 2006 ist er auch in der deutschen Ausgabe der freien Enzyklopädie aktiv.

Im Juli 2007 wurde er als Beisitzer erstmals in den damaligen Vorstand von Wikimedia Deutschland gewählt. Ein Jahr später wählten die Vereinsmitglieder ihn zum Zweiten Vorsitzenden. Gleichzeitig wurde ihm die Aufgabe des Interim-Geschäftsführers übertragen, die er bis zur Anstellung von Pavel Richter als hauptamtlichem Geschäftsführer im Jahr 2009 ausfüllte. Im Herbst 2009 wurde Moleski schließlich zum Ersten Vorsitzenden von Wikimedia Deutschland gewählt. Die Umstellung des ehrenamtlichen Vorstands hin zu einem Vereinspräsidium fand unter seiner Führung im November 2011 ihren Abschluss. Bei der damit verbundenen Wahl wurde Moleski als Erster Vorsitzender des neuen Präsidiums bestätigt. Ein weiteres Jahr engagierte er sich in dieser Funktion ehrenamtlich.

Kaum jemand hat in so vielen verantwortungsvollen Rollen und Aufgabenfeldern für Wikimedia Deutschland gewirkt wie Sebastian Moleski. In jeder davon brachte er den Verein, dessen Selbstverständnis und die Vision der Förderung Freien Wissens ein großes Stück voran. Fünf Jahre nachdem Moleski zum ersten Mal als Beisitzer Wikimedia Deutschland mitgestaltete, hat der Verein heute mehr als 2.500 Mitglieder und eine Geschäftsstelle mit rund 40 hauptamtlichen Mitarbeitern in Berlin. Als Vereinsmitglied bleibt Sebastian Moleski weiter Teil unserer gemeinsamen Entwicklung.

Stellvertretend für alle Wegbegleiter der letzten Jahre sprechen wir Sebastian großen Dank aus!

Interview mit Alice Wiegand

Wo werden deine zukünftigen Aufgaben sein?

Der 10-köpfige Vorstand der Wikimedia Foundation ist das Aufsichts- und Kontrollorgan der Stiftung mit Sitz in San Francisco. Mit etwa 120 Mitarbeitern betreibt die Wikimedia Foundation die Wikipedia und ihre Schwesterprojekte in mehr als 250 Sprachen. Die Einnahmen des kommenden Geschäftsjahres – größtenteils Spenden – werden mit 46 Mio. $ veranschlagt. Der ehrenamtliche Vorstand ist verantwortlich für die zweckmäßige Mittelverwendung dieser Einnahmen, er legt die grundlegende strategische Richtung und die Jahresplanung der Wikimedia Foundation fest und kontrolliert deren Realisierung und die Auswirkungen auf die Wikimedia-Projekte. Das klingt abstrakt und wenig aufregend, dahinter verbergen sich im täglichen Vorstandsleben die kritische Auseinandersetzung mit dem Wirtschaftsplan vor dessen Beschluss, ein regelmäßiger beratender Austausch mit der Geschäftsführerin Sue Gardner und der interne Austausch zu Organisation, Ausrichtung und Initiativen der Foundation sowie der internationalen Wikimedia-Organisationen und vieles mehr.

Einzelne Aufgabenpakete werden durch Arbeitsgruppen des Vorstands übernommen, derzeit gibt es die für die Bereiche Finanzaudit, Geschäftsführung und Vorstandssteuerung. Daneben beteiligen sich Vorstandsmitglieder in Arbeitsgruppen der Community wie dem Affiliation Committee oder dem Funds Dissemination Committee. Mein persönlicher Schwerpunkt liegt eher in Organisationsstrukturen und -abläufen als in Finanztransaktionen und in diesem Bereich möchte ich mich auch engagieren. In welche der Arbeitsgruppen ich mich einbringe, steht aber noch nicht fest, die Besetzung wird gerade erst im Vorstand beraten. (Hier eventuell ein Update, wenn ich bis zum Redaktionsschluss mehr weiß.)

Für was engagierst du dich?

Die Wikimedia-Bewegung muss in diesem Jahr wesentliche strukturelle Umbrüche verarbeiten und wird sich daher in Teilen neu formieren und arrangieren müssen. Abläufe und Strukturen der Wikimedia Foundation sind davon ebenso betroffen wie die der regionalen Vereinigungen.

Zum einen wird es zukünftig nicht nur anerkannte Ländervertretungen (Chapter) geben, sondern auch thematische Organisationen, Partnerorganisationen und Benutzergruppen, die als verbundene Organisationen anerkannt werden. Mehr Zugehörigkeitsmodelle bringen mehr Leben und mehr Vielfalt in das Wikiversum, aber auch viel Neues und Unerwartetes.

Dann haben die Ländervertretungen gerade eine Dachorganisation, die Wikimedia Chapters Association, gegründet, um sich untereinander besser zu vernetzen und zu unterstützen, gemeinsame Standards zu entwickeln und deren Einhaltung eigenverantwortlich und miteinander zu kontrollieren. Das wird, wie ich hoffe, ihre Solidarität stärken, aber sicher auch Veränderungen in der Kommunikation mit der Wikimedia Foundation mit sich bringen.

Und darüber hinaus wird die Finanzmittelverteilung an die Ländervertretungen und in Teilen auch an die Foundation völlig neu organisiert. Das Funds Dissemination Committee wird Mittel für Jahrespläne von Foundation und erfahrenen Organisationen vergeben, Einzelmaßnahmen werden vom Grant Advisory Committee finanziert. Beide Komitees sind durch Freiwillige besetzt und die Mittelverteilung erfolgt unabhängig davon, in welchem Land in welcher Höhe Spenden über die jährliche Fundraiser-Kampagne gesammelt wurden.

All diese Neuerungen werden Unruhe mit sich bringen, Missverständnisse, Anpassungserfordernisse. Und sie kommen in einem Jahr, in dem nach langen und schwierigen Diskussionen über Bildfilter und Fundraising noch immer Misstrauen und Unverständnis unter den Beteiligten zu spüren ist.

Daher ist es gerade jetzt notwendig, durch gegenseitiges Verständnis eine langfristige und stabile Basis für die zukünftige Zusammenarbeit zu bilden und ich werde mich dafür einsetzen, die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Dazu gehören mehr Teilnahmemöglichkeiten an projektweiten Entscheidungen, besser am Empfänger orientierte Informationen und eine verständliche Sprache, die die Internationalität der Bewegung berücksichtigt. Die Keimzellen und Ideenschmieden der Bewegung, die verbundenen Organisationen, müssen gestärkt werden und brauchen ein Gefühl von Sicherheit, damit sie ihre Aufgaben, die Unterstützung der Communitys und die Förderung Freien Wissens in den jeweiligen Ländern, erfolgreich erfüllen können. Hier müssen Wege gefunden werden, aufeinander zuzugehen und einander zu vertrauen und ich bin bereit, hier zu vermitteln, Impulse zu geben und unterstützende Strukturen zu schaffen.

Warum hast du dich zu Wahl gestellt?

Schon während meiner Zeit im Vorstand von Wikimedia Deutschland von 2008 bis 2011 habe ich mich um die internationalen Beziehungen zu anderen regionalen Wikimedia-Vereinigungen und auch zur Wikimedia Foundation gekümmert. In dieser Zeit habe ich viele begeisterte und engagierte Freiwillige aus aller Welt getroffen, ihre Energie und ihre tollen Initiativen rund um Freies Wissen kennengelernt. Aber auch ihr Ringen um Autonomie und Anerkennung, finanzielle und organisatorische Stabilität. Und eine Foundation, die in kurzer Zeit enorm gewachsen ist und die auch aufgrund dieses Wachstums und der Verantwortung für die Verwendung der Spendengelder immer wieder Anpassungen an den Vereinbarungen mit den Ländervertretungen machen musste. All das hat Spuren im internationalen Geflecht hinterlassen. Das Verhältnis zwischen der Wikimedia Foundation, den Ländervertretungen und den Communitys in den Wikimedia-Projekten hat in den letzten Jahren merklich gelitten. Die Schere zwischen wenigen sich rasant entwickelnden Ländervertretungen wie Wikimedia Deutschland und anderen noch jungen und unerfahreneren Ländervertretungen wird in den komplexen und teilweise sehr emotional geführten Diskussionen ebenso deutlich wie der Unterschied zur Wikimedia Foundation. Zu oft wird dabei verdrängt, dass alle ein gemeinsames Zeil vor Augen haben, nämlich das Wissen der Welt frei verfügbar zu machen.

Ich glaube, dass die Wikimedia-Bewegung an einer entscheidenden Stelle steht und es notwendig ist, erneut die Gemeinsamkeiten zu erfahren und ein notwendiges Maß an Beständigkeit zu etablieren, um nicht gegeneinander sondern miteinander zu arbeiten. Ich bin noch immer fasziniert von dem, was Freiwillige jeden Tag in den Projekten wie Wikipedia erschaffen und ich möchte mit meiner Erfahrung, meinen Fähigkeiten und Kenntnissen dafür sorgen, dass dies weiterhin geschieht.

Wie sehr freust du dich auf die neue Aufgabe?

Zunächst mal ist es eine große Ehre, gemeinsam mit Patricio Lorente aus Argentinien von den 39 internationalen Wikimedia-Vereinigungen für diese verantwortungsvolle Aufgabe ausgewählt worden zu sein. Und die Aufgabe übernehme ich wirklich gerne. Ich freue mich sehr auf die vor mir liegenden Herausforderungen und die Zusammenarbeit mit den anderen Vorstandsmitgliedern. Das erste Meeting fand bereits am 11. Juli vor der Wikimania in Washington statt und bestätigte meine Erwartung, dass hier Menschen gemeinsam an einer Idee arbeiten, die ihnen am Herzen liegt und dass sie dies gewissenhaft und ernsthaft tun. In einer solchen Atmosphäre gebe ich gerne mein Bestes und ich blicke gespannt auf die kommenden zwei Jahre.

Wikimedium 3/12

Ein Bildnis machen

“Ludwig Levy (* 18. April 1854 in Landau in der Pfalz; † 30. November 1907 in Karlsruhe) war ein deutscher Architekt und Hochschullehrer.” So beginnt in der deutschen Wikipedia der Artikel zu einem Baumeister, der vor allem durch Synagogenbauten im südwestdeutschen Raum bekannt wurde. Levys Kinder blieben nachkommenlos, mit dem Tod seiner 74-jährigen Witwe im KZ Theresienstadt 1942 erlosch die Familie. Levys Werk aber nahm im Nationalsozialismus schweren Schaden: fast alle seiner Synagogenbauten wurden in der Pogromnacht 1938 zerstört und danach abgerissen, sein Nachlass ging verloren.

Auch in der Wikipedia kündet so nur ein überschaubarer Artikel von ihm, immerhin in vier Sprachen. Auf diesen Artikel stieß Julia Schmidt-Koenig, eine Verwandte der mit den Levys befreundeten Familie Hummel, bei Recherchen zur eigenen Familiengeschichte. Sie stolperte über die Bebilderung des Artikels, nur ein Foto abfotografiert von einem alten Druck. Das muss sich ändern, dachte sie, denn ihre Familie verfügte über mehrere Originalfotografien, die Ludwig Levy, dessen Familie sowie eben den befreundeten Architekten Max Hummel zeigten.

Frau Schmidt-Koenig wandte sich also per E-Mail an die Wikipedia-Freiwilligen des Support-Teams, die sie wiederum an Wikimedia Deutschland vermittelten. Schnell und unbürokratisch wurde ihr dort im Rahmen des “Bilderschatz”-Förderprogramms die Übernahme der Digitalisierungskosten zugesagt. Frau Schmidt-Koenig liess daraufhin vor Ort die Bilder in hoher Qualität digitalisieren und versandte die Digitalisate mit einer ausführlichen und präzisen Beschreibung an Wikimedia Deutschland. Dort wurden die Bilder nach Eingang noch am selben Tag für die Öffentlichkeit bereitgestellt, inzwischen fanden sie ihren Weg auch in die Artikel.

Es ist nicht selbstverständlich, dass Menschen, die die Wikipedia sonst nur lesen, aktiv einen Weg dazu suchen, ihr Wissen und ihre Archive als Freies Wissen zu teilen. Eine solche private Initiative hat dies getan, für diese bisher unbekannten Fotos etwas bewegt und so einen durch Zeitläufte und Barbarei zu wenig bekannten Architekten näher an alle Leser herangebracht. Wikimedia Deutschland freut sich, dabei behilflich gewesen zu sein und dankt Frau Schmidt-Koenig für Ihren mustergültigen Einsatz.

Wir möchten solche Initiativen ermutigen: Wenn auch Sie dokumentarisch interessante Bilder oder sogar ein kleines Archiv haben, das Sie in dieser Weise bereitstellen möchten, kontaktieren Sie uns unter community@wikimedia.de - wir freuen uns darauf, mit Ihnen zusammenzuarbeiten und werden es Ihnen so leicht wie möglich machen.