Wilhelm Ferdinand Kalle
Wilhelm (Jakob) Ferdinand Kalle (* 19. Februar 1870 in Biebrich am Rhein; † 7. September 1954 in Wiesbaden) war ein deutscher Chemiker, Industrieller und Politiker (DVP). Er war langjähriger Generaldirektor der Chemischen Fabrik Kalle sowie Reichstags- und preußischer Landtagsabgeordneter.
Leben
Kalle wurde als Sohn des Chemiefabrikanten Wilhelm Kalle geboren.[1][2] Sein Cousin war der Offizier und Politiker Arnold Kalle.[3] Nach dem Besuch der Realschule in Biebrich und des Gymnasiums in Wiesbaden studierte er an der Universität Genf und der Kaiser-Wilhelms-Universität in Straßburg, wo er Mitglied des Corps Rhenania wurde.[4] Als Inaktiver studierte er an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen und der Technischen Hochschule Dresden Chemie. Nach seinen Promotionen in den Fachdisziplinen Naturwissenschaften[5] und Ingenieurwissenschaften wurde er 1897 Teilhaber der Chemischen Fabrik Kalle und Co. in Biebrich. Mit der Umwandlung des Familienunternehmens in eine Aktiengesellschaft wurde Kalle 1904 Generaldirektor. Nach der Eingliederung in die I.G. Farben wechselte er zum 1. Januar 1926 in den Verwaltungsrat der I.G. und übernahm gleichzeitig den Vorsitz im Aufsichtsrat von Kalle.
Neben seiner unternehmerischen Tätigkeit war Kalle auch politisch engagiert. Nach dem Ersten Weltkrieg trat er in die von Gustav Stresemann gegründete Deutsche Volkspartei (DVP) ein. Ab 1919 gehörte er für diese dem Preußischen Landtag an. Anschließend saß er von 1924 bis 1932 im Reichstag (Weimarer Republik). Er war Chef des sogenannten Kalle-Kreises zur Parteienfinanzierung.
Während des Zweiten Weltkriegs verriet er Zyklon-B-Entwicklungen innerhalb der I.G. Farben über Erwin Respondek an die USA. Er wurde daher im I.G.-Farben-Prozess nicht angeklagt.[6] 1951 zog er aus seinem bisherigen Wohnort Tutzing nach Wiesbaden, wo er auch starb.
Sein schriftlicher Nachlass befindet sich im Stadtarchiv Wiesbaden (im dortigen Bestand WA 3 – Werksarchiv Kalle-Albert).
Ehrungen
- 1913: Dr.-Ing. E. h. der Technischen Hochschule Dresden
- 1923: Dr.-Ing. E. h. der Technischen Hochschule München[7]
- Ehrenmitglied des Corps Rhenania Straßburg
- 1953: Ehrenbürger der Stadt Wiesbaden
Siehe auch
- Liste der Ehrenbürger von Wiesbaden
- Liste der korporierten Reichstagsabgeordneten (Weimarer Republik)#Kösener
Literatur
- Kalle, Wilhelm Ferdinand, in: Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft, Bd. 1: A–K. Berlin 1930, S. 876.
Weblinks
- Literatur von und über Wilhelm Ferdinand Kalle im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Wilhelm Ferdinand Kalle in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten
- Nachlass Bundesarchiv N 1771
- Wilhelm Ferdinand Kalle in der Online-Version der Edition Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik
Einzelnachweise
- ↑ August Ludwig Degener/ Walter Habel: Wer ist wer? Das Deutsche WHO's WHO, Berlin 1928.
- ↑ Grete Ronge: Kalle, Wilhelm. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 11, Duncker & Humblot, Berlin 1977, ISBN 3-428-00192-3, S. 65–68 (Digitalisat).
- ↑ Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 7, Stuttgart 1984, S. 182.
- ↑ Kösener Corpslisten 1960, 100/134.
- ↑ Über die Umwandlung von Naphtalinderivaten in o-Oxy-o-Toluylsäure und in p-Oxy-o-Toluylsäure und über einige Derivate dieser Säuren, Dissertation, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen 1894, K. b. Hofbuchdruckerei von Aug. Vollrath 1895, 28 Seiten.
- ↑ ARTE-Dokumentation über Erwin Respondek, 31-33 und 41-50 min.
- ↑ Personal- und Hochschulnachrichten, in: Angewandte Chemie 36/340 (1923).
Personendaten | |
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NAME | Kalle, Wilhelm Ferdinand |
ALTERNATIVNAMEN | Kalle, Wilhelm Jakob Ferdinand (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Chemiker, Industrieller und Politiker (DVP), MdR |
GEBURTSDATUM | 19. Februar 1870 |
GEBURTSORT | Biebrich am Rhein |
STERBEDATUM | 7. September 1954 |
STERBEORT | Tutzing |