Wilhelm Hartan

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Fotoreproduktion einer Zeichnung vom Schillerhaus in Marbach am Neckar von Wilhelm Hartan

Johann Friedrich Wilhelm Hartan (geboren am 12. November 1838 in Weimar; gestorben am 22. Juni 1917 ebenda) war ein deutscher Fotograf und Verleger. Von ihm stammen einige der frühesten fotografischen Ansichten, die das sich rasch verändernde Stadtbild Weimars und anderer Orte im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach vor dem Ersten Weltkrieg dokumentieren.[1] Außerdem war er Mitgründer des Thüringer Photographen-Vereins und Mitglied des Deutschen Photographen-Vereins.

Leben

Zeile Rollplatz 1–6; Hartans Atelier und Wohnung waren in Haus Nr. 1 ganz links; beim heutigen Gebäude handelt es sich allerdings um einen Neubau nach dem Abriss des alten Hauses im Jahre 2011.[2]

Er war der Sohn von Gustav Eduard Hartan und Eva Maria geb. Krebs. Nachdem sich die Fotografie auch im deutschsprachigen Raum durchgesetzt hatte, war Hartan ab 1864 als Fotograf in Weimar tätig. Er gründete in der Jakobstraße das erste Lichtbildatelier in der Stadt, bevor er 1879 an den Rollplatz umzog.[3][4][5] Außerdem war er Postkartenverleger. Als sich im Jahre 1876 in Gotha die Thüringer Photographengesellschaft, welche als erste Vereinigung unter Berufsfotografen galt, unter dem Vorsitzenden Karl Schwier gründete, wurde Hartan zum Kassenwart gewählt.[6] Ab etwa 1895 betrieb er neben einem Fotostudio einen Galanterie- und Kurzwarenladen. Wichtiger als das ist sein fotografischer Nachlass, worin er von Weimarer Gebäuden, die letztlich für den Abriss bestimmt gewesen sind, zugunsten neuer Gebäude bzw. der Anlage neuer Straßenzüge in Weimar Aufnahmen hinterließ, von denen sonst oft jegliche Dokumentation fehlt. Dazu zählen Gebäude wie u. a. die der Frauentorstraße 3 (Weimar), die weichen mussten, oder auch die Federwischmühle[7], an deren Stelle der Sophienstiftsplatz errichtet wurde. Die Aufnahme der Federwischmühle durch Hartan wiederum ist ein Beispiel der frühen Weimarer Straßenfotografie.[8] Die Schützengasse/Ecke Hummelstraße wurde ebenfalls umgebaut. Die vorherigen Gebäude hielt Hartan fotografisch fest.[9] Die alte Posthalterei in der Schützengasse 2 hatte er ebenfalls aufgenommen.[10] Die Posthalterei war einst Weimars größtes Fuhrgeschäft.[11] Auch das Hoftheater hatte er vor dem Abriss aufgenommen. Hartans für die Fotodokumentation Weimars wichtiger Nachlass befindet sich im Stadtarchiv Weimar, Sammlung Magdlung. Laut Axel Stefek hinterließ Hartan fotografische Stadtansichten, die zu den wahrscheinlich ältesten von Weimar zählen. Beispielsweise hielt Hartan um 1870 den noch ungestalteten Platz vor dem Großherzoglichen Museum Weimar vor seiner Gestaltung fest.[12] Daher zählt Stefek Hartan zu den bedeutenden Weimarer Fotografen, die zu Unrecht vergessen sind.[13] Außerdem fertigte Hartan fotografische Reproduktionen an, die sich u. a. im niederländischen Rijksmuseum Amsterdam[14] befinden.

Nicht nur in Weimar machte sich Hartan einen Namen durch seine Fotografie, auch in anderen Orten war er sehr aktiv, so fotografierte er z. B. das Oberschloss und die Niederburg in Kranichfeld[15] und in Bad Berka das Waldschlösschen, die Villa Alma, die Villa Küster und die Villa Sanssouci.[16] Fotos von ihm gingen u. a. auch in The New York Public Library’s Photography Collection[17][18] ein.

Der bekannte Goetheforscher Wilhelm Bode verwendete Fotografien zu seinem Weimar-Buch, wie er bereits im Vorwort angegeben hat.[19] Bode erwähnte eine fotografische Stadtansicht Weimars, die Hartan anfertigte, aus dem Jahre 1867 mit dem alten Marstall, einem Rest des Deutschritter-Vorwerks, der längst verschwunden ist.[20] Der befand sich an der Ilm gegenüber der Burgmühle.

Die Söhne Hartans Kuno und Gustav Hartan betrieben das Foto-Geschäft bis 1949 weiter. Die Fotografien von Ansichten, die Wilhelm Hartan anfertigte, wurden von ihnen auch als Postkarten verbreitet wie z. B. die erwähnte Federwischmühle oder die Sechsbogenbrücke, die Wilhelm Hartan im Bau ca. 1875 aufnahm, unter der Firmenbezeichnung: Photogr. Kunstanstalt Gust. Hartan.[21] Das Galanterie- und Kurzwarengeschäft scheinen die Söhne Hartans hingegen nach dem Tod des Vaters nicht weiter betrieben zu haben, denn im Weimarer Adressbuch von 1919 ist lediglich die „Photographische Anstalt“ am Rollplatz 1 vermerkt.[22]

Zu den kulturgeschichtlich bedeutenden Aufnahmen, die Hartan hinterließ, zählt wohl die, die als Postkarte im Verlag seines Sohnes Gustav 1913 erschien: die erste Begräbnisstätte Friedrich Schillers auf dem Jakobsfriedhof, bevor das Kassengewölbe, welches 1854 Karl Alexander (Sachsen-Weimar-Eisenach) abreißen ließ, 1927 rekonstruiert wurde.[23] Dieses Foto fand Verwendung auch zu filmischen Dokumentationen im Zusammenhang mit dem Schicksal des Schiller-Schädel über das Landesfunkhaus Thüringen beim MDR 2009.[24] Vielleicht ist gar die Grabungsaufnahme von August von Froriep mit Grabungsteam von ihm, die auch in dieser Dokumentation verwendet wurde.

Das Photoatelier Hartan in Weimar feierte 1939 das 75-jährige Gründungsjubiläum.[25]

Literatur

  • C. Stegmann: Photographien von Erzeugnissen des Kunstgewerbes älterer Zeit. T. F. A. Kühn, Weimar 1868ff. (Die Herstellung der Abbildungen übernahm Hartan.)
  • Historienbilder zu Schillers Leben (Bilderserie, zum Teil nach eigenhändigen Zeichnungen), Weimar, 1905.
  • Wilhelm Bode: Damals in Weimar, 2. Aufl., H. Haessel Verlag, Leipzig 1923 (mit Aufnahmen von W. Hartan).
  • Werner Bühling: Die Post in Weimar. Das Postwesen und seine Entwicklung in und um Weimar in vier Jahrhunderten. Weimar 1995 (mit Aufnahmen von W. Hartan).
  • Hannelore Henze, Ilse-Sibylle Stapff: Streifzüge durch das alte Weimar. Weimar 2004 (mit Aufnahmen von W. Hartan).
  • Mattie Boom, Hans Rooseboom: Een Nieuwe Kunst. Fotografie in de 19de eeuw. A New Art. Photography in the 19th century. Taschenbuch, Amsterdam, 1996.

Weblinks

Commons: Wilhelm Hartan – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Axel Stefek: Lichtbilder auf Papier: Weimars erste Fotografen Sixt Armin Thon, Adelbert Schenk, Ludwig-und-Ignaz-Frisch: Teil II: Vom-Porzellanmaler zum Fotografen Adelbert Schenk-1811-1876. In: Weimar-Jena. Die große-Stadt. Das kulturhistorische Archiv. Band 8, 2015, Heft 1, S. 5–21, hier: S. 11 (verlagvopelius.de).
  2. zeitsprung.animaux.de
  3. Gitta Günther: Weimar: Eine Chronik. Kiepenheuer Verlag, Weimar 1996, S. 108 (books.google.de).
  4. Axel Stefek: Lichtbilder auf Papier: Weimars erste Fotografen Sixt Armin Thon, Adelbert Schenk, Ludwig und Ignaz Frisch. Teil III, in: in: Weimar-Jena. Die große Stadt. Das kulturhistorische Archiv 8/2 (2015) S. 155–168, hier S. 160 (verlagvopelius.de).
  5. fotorevers.eu
  6. Photographische Korrespondenz: internat. Zeitschr. für wissenschaftl. u. angewandte Photographie u. d. gesamte Reproduktionstechnik; offizielles Organ der Deutschen Gesellschaft für Photographie in Köln, der Photographischen Gesellschaft in Wien und der Höheren Graphischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt in Wien · Band 14. 1877, S. 18.
  7. zeitsprung.animaux.de
  8. Axel Stefek (Hrsg.): Energie in Weimar: Vom Mittelalter bis in die Neuere Zeit (= Energiegeschichte der Stadt Weimar. Bd. 1). Hrsg. von der Stadtwerke Weimar Stadtversorgungs-GmbH durch Axel Stefek. Weimar 2016, S. 118.
  9. zeitsprung.animaux.de
  10. zeitsprung.animaux.de
  11. Axel Stefek (Hrsg.): Energie in Weimar: Vom Mittelalter bis in die Neuere Zeit (= Energiegeschichte der Stadt Weimar. Bd. 1). Hrsg. von der Stadtwerke Weimar Stadtversorgungs-GmbH durch Axel Stefek. Weimar 2016, S. 95 ff.
  12. gauforum.de Das Foto selbst befindet sich im Stadtarchiv Weimar.
  13. Axel Stefek: Lichtbilder auf Papier: Weimars erste Fotografen Sixt Armin Thon, Adelbert Schenk, Ludwig und Ignaz Frisch: Teil II: Vom Porzellanmaler zum Fotografen Adelbert Schenk 1811–1876, in: Weimar-Jena. Die große Stadt. Das kulturhistorische Archiv 8 (2015) Heft 1, S. 5–21. Hier S. 11 (verlagvopelius.de).
  14. rijksmuseum.nl
  15. kranichfeld.net
  16. Mehrbildkarte von Bad Berka bei ZVAB
  17. Photographers in The New York Public Library’s Photography Collection. (PDF) Abgerufen am 16. Juni 2022.
  18. wallachprintsandphotos.nypl.org
  19. Wilhelm Bode: Damals in Weimar. 2. Aufl., H. Haessel Verlag, Leipzig 1923, S. 3.
  20. Wilhelm Bode: Damals in Weimar. 2. Aufl., H. Haessel Verlag, Leipzig 1923, S. 53.
  21. Hannelore Henze, Ilse-Sibylle Stapff: Streifzüge durch das alte Weimar. Weimar 2004, S. 28 und S. 30.
  22. Weimarer Adreßbuch von 1919. S. 62 (zs.thulb.uni-jena.de PDF).
  23. Henze/Stapff (2004) S. 111 f. Dem Bildnachweis bei Henze/Stapff auf S. 138 zufolge befindet sich diese Aufnahme im Stadtarchiv Weimar. Auch diese ist eine gelaufene alte Postkarte.
  24. Schillers Schädel Schicksal (1 Videokassette [SVHS, 60 Min.]; farb.), Buch und Regie: Ute Gebhardt, Landesfunkhaus Thüringen Erfurt, MDR 2009.
  25. Stadtarchiv Weimar, Nr. 54 5-4/0 H (Zeitungsausschnittsammlung), Artikel vom 20. Dezember 1939.