Winterlinde

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Winterlinde
Winterlinde (
Tilia cordata
), Illustration
Systematik
Eurosiden II
Ordnung: Malvenartige (Malvales)
Familie: Malvengewächse (Malvaceae)
Unterfamilie: Lindengewächse (Tilioideae)
Gattung: Linden (Tilia)
Art: Winterlinde
Wissenschaftlicher Name
Tilia cordata
Mill.

Die Winterlinde – auch Steinlinde oder wissenschaftlich

Tilia cordata

(lateinisch für „Herzblättrige Linde“ oder auch „Herz[blatt]linde“) genannt – ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Linden (

Tilia

) in der Unterfamilie der Lindengewächse (

Tilioideae

) innerhalb der Familie der Malvengewächse (

Malvaceae

). Die Winterlinde war der Baum des Jahres 2016 in Deutschland.

Merkmale

Sechsstämmige Winterlinde in Herne

Die Winterlinde ist ein sommergrüner Laubbaum, der Wuchshöhen bis über 30 Meter erreichen und maximal etwa 1000 Jahre alt werden kann. Seine Krone ist hochgewölbt und oft leicht unregelmäßig gestaltet. Die Rinde ist bei jungen Bäumen auffällig glatt und grau, später wird sie mehr braungrau und gliedert sich in verschiedene flache, längs verlaufende Furchen und Leisten. Die Äste sind steil nach oben gerichtet, lediglich bei älteren Bäumen neigen sie sich zum Teil nach unten oder zur Seite. Die Rinde der Zweige ist bräunlich-rot mit helleren Lentizellen, unbehaart oder beinahe kahl. Die eiförmigen, glatten, glänzend rotbraunen Knospen besitzen nur zwei ungleich große Knospenschuppen.

Die wechselständigen Laubblätter sind gestielt. Der Umriss der Blattspreite wirkt fast kreisrund, sie endet in einer sehr kurzen, schlanken, deutlich erkennbaren Spitze und ist am Grund herzförmig eingeschnitten und manchmal leicht schief sowie ungefähr 6 Zentimeter lang und 5 Zentimeter breit. Der Rand ist regelmäßig gesägt und nach oben gebogen. Die Blattoberseite ist dunkelgrün glänzend, die Unterseite blaugrün. In den Achseln der Blattadern befinden sich rostbraune Haarbüschel (Domatien).

Jeweils vier bis zwölf Blüten befinden sich an einem hängenden oder allseits abstehenden Blütenstand. Die Kelch- und Kronblätter sind weißlich. Die Blütezeit reicht von Juni bis Juli.

Die kugelige, anfangs pelzig behaarte, im Spätherbst oft kahle Kapselfrucht ist 5 – 7 mm groß und hat keine hervorstehenden Rippen. Sie lässt sich im Gegensatz zu den Früchten der Sommerlinde leicht zerdrücken.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 82.[1]

Unterscheidung von der Sommer- und Holländischen Linde

Die Unterschiede zur Sommerlinde sind fließend, da die beiden Arten bastardisieren (Holländische Linde). Die Blätter der Winterlinde sind im Schnitt kleiner als bei der Sommerlinde. Ihre Unterseite ist blaugrün (Sommerlinde: hellgrün; Holländische Linde: blassgrün), mit rostroten Haarbüscheln an den Aderverzweigungen. Bei der Sommerlinde sind die Adern unterseits komplett weißlich oder gelblich behaart. Die reifen Nüsschen der Winterlinde sind beim Zerdrücken weich (bei der Sommerlinde hart). Bei Holländischen Linden mischen sich diese Eigenschaften.

Ökologie

Die Blüten sind vormännliche „Nektar führende Scheibenblumen“ in hängenden Doldentrauben. Sie duften nach Honig. Der Nektar wird auf den hohlen Kelchblättern abgeschieden und ist von Haaren überdeckt. Abends und nachts wird der meiste Nektar abgeschieden. Die Narbe ist schleimig. Hauptbesucher sind Bienen und Nachtfalter. Entgegen früheren Angaben ist der Nektar ungiftig (siehe Tilia tomentosa). Die Winterlinde ist eine wichtige Pollenquelle für Honigbienen. Der Pollen kann vom Wind übertragen werden und dann u. a. Heuschnupfen verursachen. Ein Baum kann bis zu 60.000 Blüten tragen.

Ausbreitungseinheit ist der Fruchtstand, dessen Stiel bis zur Hälfte mit dem zungenförmigen Vorblatt verwachsen ist (Rekauleszenz). Der Fruchtstand trägt 5–7 ein- bis zweisamige Nüsse. Er wird als Drehflügler durch den Wind verbreitet. Die Fruchtreife ist im September, wobei der Fruchtstand als Wintersteher an der Pflanze verbleibt. Im nächsten Frühjahr erfolgt die Keimung oberirdisch (epigäisch). Aber selbst noch grün geerntete Früchte können auch sofort keimen. Die Keimblätter sind ausnahmsweise handförmig gelappt.

Weitere Illustrationen

Vorkommen

Verbreitung der Winterlinde
  • Natürliche Verbreitung
  • × Isolierte Populationen
    Eingeführte und verwilderte Vorkommen (synanthropisch)[2]

    Die Winterlinde ist in Europa weit verbreitet. Ihr Areal erstreckt sich aber über Europa hinaus bis ins Kaukasusgebiet und bis Westsibirien.[2][3] Sie kommt vorwiegend in den Mittelgebirgen vor, im nördlichen Tiefland ist sie seltener. Sie ist zerstreut in sommerwarmen Eichen-Hainbuchen-Wäldern auf frischen und meist tiefgründigen Böden zu finden. Besonders gern wächst sie im Galio-Carpinetum aus dem Verband Carpinion, kommt aber auch in Gesellschaften der Verbände Tilio-Acerion, Quercion roboris oder Alno-Ulmion vor.[1]

    Nutzung

    Die Winterlinde wird häufig als Straßen- und Parkbaum gepflanzt. In der Imkerei ist sie aufgrund des sehr hohen Zuckergehalts ihres Nektars (30–74 %) und seines hohen Zuckerwerts (bis zu 3,57 mg Zucker/Tag je Blüte) eine geschätzte Tracht.[4] Sie ist eine hervorragende Nektarquelle für Bienen, Honigerträge bis etwa 2,5 kg je Baum und Blühsaison sind möglich.[5] Vom Lindenblütenhonig ist der „Lindenhonig“ zu unterscheiden; dieser enthält auch auf Honigtau zurückzuführende Anteile.

    Pharmakologische Verwendung

    Winterlinde in Form der Blütendroge (
    Tiliae flos
    )

    Als Heildroge dienen die getrockneten Blütenstände (

    Tiliae flos

    ). Teezubereitungen aus der Droge werden bei Erkältungskrankheiten und damit verbundenem Hustenreiz eingesetzt.

    Während die Hustenreiz lindernde Wirkung durch den 10%igen Gehalt an Schleimstoffen (überwiegend Arabinogalactane) erklärbar ist, konnte für die Anwendung als schweißtreibendes Mittel bei fieberhaften Infekten bis heute kein bestimmter Inhaltsstoff als Erklärung gefunden werden. Der Schwitzeffekt ist in diesem Fall wohl auf die Einnahme des heißen Teewassers zurückzuführen.

    Verwendung des Holzes und des Bastes

    Das Holz der Winterlinde unterscheidet sich nicht vom Holz der Sommerlinde und der Holländischen Linde. Bei der Verwendung des Holzes wird daher nicht zwischen diesen Arten unterschieden. Die Hauptnutzung des Lindenholzes liegt in der Bildhauerei, der Schnitzerei und Drechslerei. Vor allem die berühmten Werke der Spätgotik, so von Tilman Riemenschneider oder Veit Stoß, wurden häufig aus Lindenholz hergestellt. Mittlerweile wird für Schnitzarbeiten jedoch häufiger das leichter beschaffbare Holz der Weymouths-Kiefer (Pinus strobus) eingesetzt.[6]

    Lindenbast, das heißt die Sklerenchymstränge des sekundären Phloems, wurde schon in den Pfahlbauten der Steinzeit zur Herstellung geflochtener Gebrauchsgüter verwendet. Auch heute noch verwendet man ihn als Gärtnerbast und zum Basteln.

    Bekannte Winterlinden

    Panorama der Gerichtslinde bei Castell
    Als Kugelpanorama anzeigen

    Literatur

    • Gunter Steinbach (Hrsg.): Bäume (Steinbachs Naturführer). Mosaik Verlag GmbH, München 1996, ISBN 3-576-10554-9.
    • Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Portrait. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
    • Ingrid und Peter Schönfelder: Das neue Handbuch der Heilpflanzen, Franckh-Kosmos Verlagsgesellschaft, 2004, ISBN 3-440-09387-5.

    Weblinks

    Commons: Winterlinde (Tilia cordata) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
    Wiktionary: Winterlinde – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

    Einzelnachweise

    1. a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5. Seite 655.
    2. a b Tilia cordata, Small-leaved lime auf EUFORGEN
    3. Tilia im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 18. Juni 2017.
    4. Helmut Horn, Cord Lüllmann: Das große Honigbuch, Kosmos, Stuttgart 3. Aufl. 2006, S. 30. ISBN 3-440-10838-4
    5. Josef Lipp et al.: Handbuch der Bienenkunde - Der Honig. 3., neubearb. Aufl., Ulmer, Stuttgart 1994, ISBN 3-8001-7417-0, S. 39